Archiv für den Monat: Mai 2014

Köhlbrandbrücke

Ein Hamburger Wahrzeichen, die Köhlbrandbrücke, ist bekanntermaßen in die Jahre gekommen. Der Senat laviert um die erforderliche Erneuerung seit einigen Jahren – die Durchfahrtshöhe der Brücke ist für den Hamburger Hafen angeblich kein Problem. Ein Abgeordneter fragt mit einer schriftlichen kleinen Anfrage erneut nach dem aktuellen Bauzustand und finanziellem Sanierungsbedarf der Brücke.

Parallel verweisen wir auf die aktuelle Sonderbeilage “Hamburger Hafen” des THB (nicht mehr öffentlich zugänglich) vom 09.05.2014. Auf den Seiten 6 und 7 wird ein Interview mit dem Geschäftsführer der Container-Reederei NYK, Herrn Klaus-Peter Barth, geführt.

Auf die THB-Frage “Im Juli wird das Bundesverwaltungsgericht über die Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe entscheiden. Inwieweit ist NYK gegenwärtig durch die tideabhängige Befahrbarkeit der Elbe beeinträchtigt?” antwortet Herr Barth: “Umweltschutz ist sehr wichtig, das ist selbstverständlich. … Es gibt in den wichtigen West-Ost-Verkehren eine klare Tendenz zu immer mehr Schiffen mit einer Ladekapazität von 13 000 TEU oder mehr. … Probleme bereitet die zu niedrige Köhlbrandbrücke, unter der die Containerriesen oft nur mit etwa einem Meter Abstand hindurchpassen. Der Spielraum ist also ausgeschöpft. Wenn man bedenkt, dass die Gesamtkosten für die Elbphilharmonie derzeit mit über 800 Millionen Euro veranschlagt werden, sollten wir uns für einen früheren Ersatz der Köhlbrandbrücke einsetzen.

Hinter der Abkürzung NYK verbirgt sich die japanische Groß-Containerreederei Nippon Yusen Kabushiki Kaisha, die Mitglied der G6-Allianz und mit Hapag-Lloyd ein wesentlicher Kunde des CTA-Terminals in Altenwerder ist. Das zur HHLA gehörende CTA-Terminal ist für Containerschiffe nur mit einer Passage der Köhlbrandbrücke erreichbar.

Schon wieder “MOL”

Am 5. Mai kam es in den Gewässern vor Hong Kong zu einem schweren Schiffsunglück, bei dem ein kleiner chinesischer Zementfrachter unterging. 11 von 12 Seeleuten werden vermisst.

Beteiligt war ein Schiff der MOL-Gruppe, das 300 m lange Containerschiff “MOL Motivator”. Unrühmlich bekannt wurde die MOL-Reederei durch das spektakuläre Auseinanderbrechen der “MOL Comfort” im Indischen Ozean.

Sie fragen, was gehen uns Unfälle im stark befahrenen Gewässer von Hong Kong oder im Indischen Ozean an? “MOL” fährt auch nach Hamburg!

Ausbau Bahnanbindung

Wie NDR 90,3 meldete, plant die Bundesregierung ein neues Finanzprogramm für den Eisenbahn-Seehafen-Hinterlandverkehr aufzulegen. Das Volumen des Programmes soll rund 300 Mio. Euro umfassen und insbesondere den Bahnanbindungen des Hamburger Hafens zu Gute kommen. Die Bauarbeiten sollen bereits in 2015 beginnen und in 2020 abgeschlossen sein.

Bereits in 2008 waren in einem ersten Programm Finanzmittel von rund 300 Mio. Euro durch Bund und Bahn bereitgestellt worden.  Damals wurden die Mittel als Nothilfe verwendet, um die größten Defizite für den vernachlässigten Bahnanschluss des Hamburger Hafens zu beseitigen.

Hafenstatistik Spezial

Das Statistikamt Nord gibt einmal im Jahr zum Hafengeburtstag eine Hafenstatistik heraus. In diesem Jahr ist es eine besondere, es wird die Entwicklung des Schiffs- und Warenverkehrs über den Zeitraum von 1950 bis 2013 in den Tabellen dargestellt, kommentiert werden die Jahre im Vergleich von 1990 (Referenzjahr) bis 2013.

Sehr auffällig ist, dass die Anzahl der Schiffsanläufe in 2013 mit 9.681 der niedrigste Wert in der Übersicht ist, lt. Statistikamt Nord gab es zuletzt 1948 weniger Anläufe.

Der Gesamtumschlag entwickelte sich von 11,0 Mio t in 1950 über 61,1 Mio t in 1990 auf 139,6 Mio t in 2013. Während die Containerisierung des Stückguts erst in 1970 begann (0,8 Mio t) wurden im Referenzjahr 1990 bereits 20,7 Mio t in Containern umgeschlagen. 2013 wurden mit 95,5 Mio t bereits 97 % des Stückguts in Containern umgeschlagen.

War der Warenverkehr innerhalb Europas in 1950 und 1990 noch mit ca. der Hälfte des Warenumschlags in Hamburg dominierend, hat in 2013 der Verkehr mit Asien das europäische Warenvolumen beinahe eingeholt.

Güterverkehr mit Europa, Amerika und Asien im Vergleich

Jahr Europa Amerika Asien Übrige
1950 51,2 % 24,2 % 15,6 % 9,0 %
1990 48,6 % 17,6 % 23,5 % 10,3 %
2013 38,9 % 17,8 % 38,4 % 4,9 %

Das Statistikamt Nord macht auch einen Vergleich von 4 Nordsee-Häfen: Hamburg, Bremen/Bremerhaven, Antwerpen und Rotterdam.

In 2013 entwickelte sich Hamburg über den Gesamtumschlag gesehen am besten mit +6 %, Bremen/Bremerhaven verlor 6 %, Antwerpen legte 3 % zu und Rotterdam hielt knapp den Vorjahreswert. Während Hamburg beim Gesamtumschlag Platz 3 im Vergleich dieser Häfen hält, da Antwerpen deutlich stärkeren Massenumschlag hat, erreicht sie Platz 2 beim Containerumschlag.

Jahr Hamburg Bremen/Bremerhaven Antwerpen Rotterdam
1970 12,1 % 26,5 % 43,2 % 18,3 %
1990 23,6 % 14,2 % 43,7 % 18,5 %
2013 26,3 % 16,5 % 32,9 % 24,3 %

Was fällt auf an diesen Zahlen?

  • Die Anzahl der Schiffsanläufe ist auf die zweitniedrigste Zahl in den letzten 65 Jahren zurück gegangen.
  • Der Gesamtumschlag im Hamburger Hafen hat sich in den letzten 64 Jahren verneunfacht.
  • Der Containerumschlag dominiert die Entwicklungen im Hamburger Hafen. Jedoch gibt es bei 97 % Containerisierungsgrad hier keine Luft mehr nach oben.
  • Der Güterverkehr mit Asien über den Hamburger Hafen hat exorbitant zugenommen.
  • Rotterdam ist keineswegs bedrohliche Konkurrenz für den Hamburger Hafen, eher droht Antwerpen (MSC hat dort ein eigenes Terminal) damit, Hamburg zu überrunden.

Was völlig in den Zahlen des Statistikamt Nord fehlt, ist die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen im Hamburger Hafen. Sie und wir können es uns vorstellen: Die Anzahl der Beschäftigten im Hafen ist dramatisch zurück gegangen. Eine Steigerung des Containerumschlags wird keine bzw. kaum nennenswerte Steigerungen der Arbeitsplätze bringen. Die Containerbrücken neuer Generation können mehrere Container auf einmal bewegen. Wie im CT Altenwerder zu beobachten, benötigt man nur noch Menschen in Computerzentralen, um die Container auf dem Terminalgelände zu transportieren oder auf Züge zu verladen.

Hafenentwicklungsgesetz

In einer sehr dünnen Senatsmitteilung hat der Senat eine 17. Gesetzesänderung zum Hafenentwicklungsgesetz in die Bürgerschaft eingebracht.

Auf der Grundlage des Hafenentwicklungsgesetzes (HafenEG) wird der Ausbau des Hafens vom Hamburger Senat betrieben. Mit dem HafenEG räumt sich der Senat seit Jahrzehnten  Sonderrechte ein, über die er außerhalb des Hafens nicht verfügt.
So ist im dritten Abschnitt dieses Gesetzes mit dem Titel “Planfeststellung und Enteignung” der §14  HafenEG zu finden,  mit dem sich der Senat Sonderrechte zur Planfeststellung und für Vorbereitungsmaßnahmen bei Hafenerweiterungsflächen einräumt.

Diese erweiterten Sonderrechte aus §14 HafenEG fanden bislang “nur” für die Hafenerweiterungsgebiete Altenwerder und Moorburg Anwendung. Mit der 17. Gesetzesänderung sollen diese Sonderrechte nun auf das gesamte Hafengebiet ausgeweitet werden.

Eine Begründung für die Gesetzesänderung ist der Senatsmitteilung als Anlage beigefügt und inhaltlich noch dünner als die Mitteilung formuliert. Nachvollziehbare Gründe für diese Gebietsausweitung sind nicht erkennbar.   Wahrschau!

Buchempfehlung Wahr-Schau

Wahr- Schau, so heißt das aktuell erschienene Buch, das sich mit den derzeitigen Planungen zur Elbvertiefung auseinander setzt. Menschen die an der Niederelbe leben und arbeiten, und zugleich Fachleute aus Seefahrt, Obstanbau, Wirtschaft und Politik sind, haben die vielen Aspekte zur 9. Elbvertiefung beleuchtet.

Wer meint, dass es dabei nur um seltene “Blümchen” und “Tierchen” geht, liegt falsch. Es werden krasse Planungsfehler a la BER und Elbphilharmonie aufgezeigt, nautische Fehlplanungen für große Pötte dargelegt und gravierende ökonomische Mängel zu Arbeitsplatzprognosen, Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Kosten erläutert.

Statt sich durch hübsche einseitige Hochglanzbroschüren oder durch über 2.500 Planfeststellungsbeschluss quälen zu müssen, kann der interessierte Mensch auf rund 250 Seiten alle Facetten der Elbvertiefung nachlesen. So lernt der Leser die Probleme der Fischer und Obstbauern kennen, erfährt wie patente Alternativen von Politikern über deren Alternativlosigkeit ignoriert werden und Jogger den Deichen mehr Schaden zufügen, als Sog- und Wellenschlag von  Großcontainerschiffen. Die Lektüre eröffnet Einblicke, wie Hamburg über eine nicht zeitgemäße Pfeffersack-Politik gepaart mit hanseatischer Arroganz den Nachbarn in Niedersachsen und Schleswig-Holstein aber auch den Hamburgern das Wort im Munde umdreht. Alle Beiträge sind mit vielen Tabellen und Graphiken und natürlich mit zahlreichen Quellen mit Internetlinks versehen.

Wahr-Schau erhalten Sie bei Ihrem Buchhändler. Die Bestelldaten lauten:

“Wahr-Schau zur geplanten Elbvertiefung”,
Dokumentation von Wissenschaftlern und Zeitzeugen
Kerstin Hintz und Ernst-Otto Schuldt (Herausgeber)
ISBN: 978-3-7357-2084-9
erschienen bei BoD, Norderstedt 2014
Preis: 15,70 €

Auch als E-Book erhältlich.

Langfristiges Engagement

Mit einer Senats-Mitteilung hat der Senat Einblick in die Fusion zwischen Hapag-Lloyd und der CSAV gegeben und in wenigen dürren Sätzen die Strategie seines Milliarden-Engagements dargelegt:

„Der Standort Hamburg profitiert in doppelter Weise, weil nicht nur das Unternehmen gestärkt wird, sondern die Führung der neu entstehenden globalen Nummer 4 in der Containerschifffahrt aus Hamburg heraus erfolgt. Damit werden alle Management-Funktionen vor Ort gestärkt und die vom Senat beschriebenen positiven Effekte für den Wirtschaftsstandort (siehe Drucksache 19/3922) auch für die Zukunft sichergestellt.“ In der Drucksache 19/3922 vom August 2009 hatte der Senat seinen Kapitaleinstieg und die Übernahme von Landesbürgschaften mit der aus der Elbvertiefungsdiskussion bekannten Alternativlosigkeit begründet.

Nach nunmehr fünf Jahren ist keine Änderung der Situation eingetreten, geschweige denn sichtbar. Somit scheint unser Senat Herrn Kühne bei seinen Plänen weiter mit viel Geld begleiten zu wollen und die nächste Reederei-Fusion vorzubereiten: „Sollten sich in den kommenden Jahren weitere Konsolidierungen für HL als sinnvoll herausstellen, ist damit zugleich eine gute Voraussetzung dafür geschaffen worden, dass eine solche Entwicklung aus Hamburg (und nicht gegen Hamburg) gestaltet werden kann.“ Wir Hamburger können uns vermutlich auf die nächste alternativlose Milliarde vorbereiten.

Ach wäre es schön, wenn der Bau eines Kindergartens, eines Altersheimes oder einer U-Bahn-Strecke ebenfalls mal alternativlos wäre und binnen weniger Wochen gebaut werden würde.

Eurogate 2013

Dieser Tage hat die Eurokai & Co. KGaA, die Muttergesellschaft des Terminalbetreibers Eurogate, ihren Geschäftsbericht für das Jahr 2013 veröffentlicht.

Zusammengefasst kann man sagen, dass die schwarzen Zahlen von Eurogate nicht durch die deutschen Terminaltöchter in Bremerhaven, Hamburg und Wilhelmshaven erwirtschaftet wurden, sondern durch die ausländischen Terminalbeteiligungen.

Auffällig ist, dass die Umschlagszahlen der zwei gemeinsam mit den P3-Mitgliedern Maersk und MSC betriebenen Bremerhavener Terminals, NTB und MSCgate, gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert geblieben sind. Bei den anderen deutschen Eurogate-Töchtern haben sich jedoch Ladungsverschiebungen ergeben:

  • Das Bremerhavener Eurogate-Terminal CTB weist Einbrüche von 200.000 TEU aus,
  • das Hamburger Terminal CTH dagegen einen Zuwachs von 150.000 TEU und weitere 50.000 TEU Zuwachs für Wilhelmshaven.

Nach dem Lesen der Einleitung des Geschäftsberichtes (Seiten 5 bis 9) kann man den Eindruck gewinnen, dass Eurogate, dessen größtes Umschlagsvolumen über Bremerhaven abgewickelt wird, politischen Einfluss durch diese Ladungsverschiebungen ausüben will. Eurogate soll doch von Hamburg, obwohl dort nicht einmal die Hälfte der Terminalkapazität genutzt wird, die Westerweiterung finanziert bekommen. Da muss man sich doch zum Standort Hamburg bekennen und etwas Umschlag vom Bremerhavener CTB zum Hamburger CTH umleiten.

Obwohl dort ja laut dem Generalbevollmächtigten von Eurogate, Herrn Gunther Bonz, beim Containerumschlag die “Behinderung durch die fehlende Elbvertiefung … inzwischen absurde Züge” annimmt…

Brandursache ungeklärt

Zur Ursache des Brandes auf dem Atomfrachter Atlantic Cartier ist nach nunmehr einem Jahr Untersuchung heute durch die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung ein Zwischenbericht veröffentlicht worden. Wie NDR 90,3 meldet, konnte die Ursache bislang nicht geklärt werden. Da aufgrund gesetzlicher Bestimmungen ein Abschlussbericht nornalerweise spätestens ein Jahr nach einem derartig gravierenden Unfall vorliegen muss, wurde nun von der Bundesstelle ein Zwischenbericht veröffentlicht.

Es erfüllt uns mit Sorge, dass man die Unfallursache bislang nicht finden konnte. Angesichts dieser Ahnungslosigkeit zur Brandursache mutet der weiterhin unveränderte Umgang des Hamburger Senates mit Atomtransporten im Hamburger Hafen – direkt in unserer Stadt – als zynisch  und menschenverachtend an. Die Arroganz der aktuellen Senatsantworten auf die kleine Anfrage zu den defekten Löschbooten bezeugt, dass dieser Eindruck nicht falsch sein kann.