Archiv für den Monat: April 2015

Friedrichskoog 3

In der Marner Zeitung ist zu lesen, dass das Land FischkutterSchleswig-Holstein die Schließung des Hafens Friedrichskoog voran treibt. Hatten wir noch am Heiligabend 2014 berichten können, dass sich die Kieler Landtagsparlamentarier beeindruckt von dem Protest der Dithmarscher gezeigt hatten, scheint von diesem Eindruck nicht mehr viel übrig geblieben zu sein.

Im Gegenteil: die Landesregierung Schleswig-Holsteins hat der gegen die Hafenschließung klagenden Gemeinde und weiteren zehn Klägern eine schriftliche Verfügung zum sofortigen Vollzug der Hafenschließung zu kommen lassen.
Die Regierung gibt somit Gas: am 19.05.2015 wird das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichtes in Schleswig erwartet. Und sollte das Urteil die Hafenschließung zulassen, will man seitens der Landesregierung mit dem Umbau des jetzigen Sperrwerkes zu einem Schöpfwerk schnellstmöglich beginnen können. Das Planfeststellungsverfahren für den Umbau zum Schöpfwerk soll vor Verkündung des Gerichtsurteils bereits am 19.04.2015 mit einer vierwöchigen Planauslegung beginnen. Das erinnert an die Hamburger Verhältnisse beim überraschenden neuen Planfeststellungsverfahren zur Westerweiterung. Schnell, schnell – Fakten schaffen. Warum sollten sich die Politiker auch um die Interessen und Sorgen der betroffenen Bürger kümmern?

Wir dürfen nicht vergessen, dass Hamburg mit seinen zahlreichen Elbvertiefungen einen maßgeblichen Anteil an der Friedrichskooger Hafenschließung hat. In Hamburg wird über die Hafenschließung aber noch nicht einmal in den hiesigen Medien berichtet, obwohl Friedrichskoog auch zur Metropolregion Hamburg gehört. Im Koalitionsvertrag können wir dazu auf Seite 110 nachlesen, dass diese Metropolregion vom Senat auf vielen Themenfeldern vorangebracht werden soll. So setzt sich der neue Senat für “nachhaltige Siedlungsentwicklung – Wohnungsbau und Gewerbeentwicklung, Qualität von Natur und Landschaft stärken” ein. “Der Senat will die Zusammenarbeit im Norden, in der Metropolregion und insbesondere mit unserem Nachbarn Schleswig-Holstein weiter zum beidseitigen Nutzen intensivieren“, was laut Koalitionsvertrag auch ein Anliegen der Volksvertretungen sein müsse.

Es scheinen wieder die Nachtigallen zu singen:
Die Hafenschließung von Friedrichskoog ist aus Hamburger Sicht für die Metropolregion nur ein sogenannter Kolateralschaden der Elbvertiefung. Den kann man gepflegt in Hamburg ignorieren. Wichtig ist nur die Zusammenarbeit mit Schleswig-Holstein für die Baggergutunterbringung. Der giftige Hafenschlick soll ja trotz des Ende 2014 ausgelaufenen Einvernehmens weiterhin vor Helgoland bei Tonne E3 verklappt werden. An einer Verlängerung des Einvernehmens scheint man laut Koalitionsvertrag, Seite 25, intensiv zu arbeiten: “Sedimente sollen nachhaltig aus der Elbe ausgetragen werden. Es wird dazu ein Einvernehmen mit den zuständigen Landesregierungen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen in 2015 angestrebt. Dabei werden die Empfehlungen des “Forums Strombau- und Sedimentmanagement Tideelbe” einbezogen, dass seinen Ergebnisbericht Mitte 2015 vorlegen wird.

Vor wenigen Tagen konnten wir in einer Senatsantwort zur E3-Verklappung noch lesen: “Es ist im Übrigen nicht Ziel des Forums, sich auf ein Gesamtkonzept zum Sedimentmanagement zu einigen.” Man muss sich nicht einigen – man nutzt einfach die Meinung der mehrheitlich im Forum vertretenen Befürworter der Elbvertiefung.

Die Nachtigallen singen nicht mehr, sie trapsen.
Sowohl in Friedrichskoog als auch in Hamburg.

Hafen und Olympia

Olympia2Nach wie vor trommeln die Hamburger Medien, wie toll es doch ist, dass der DOSB sich für Hamburg für die Ausrichtung der Olympischen Spiel 2024 ausgesprochen hat. Und der “kleine” Koalitionspartner scheint die Spiele auch ohne Widerstand durchzuwinken. Was aber nach wie vor fehlt, ist der kritische Blick auf den geplanten zentralen Ort: Kleiner Grasbrook.

(N)Olympia und wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass die Durchführung der Spiele bedeuten würde, dass ein wesentlicher Teil des Hamburger Hafens verlagert werden muss. Abgesehen von den Kosten stellt sich Interessierten die Frage, was passiert mit den Unternehmen, die im Moment auf dem Kleinen Grasbrook aktiv sind.

Dem versuchte eine schriftliche kleine Anfrage mit dem Titel “Verlagerung der Hafenumschlagsaktivitäten vom O’Swaldkai” mit vier Fragen auf den Grund zu gehen. Die Antwort ist typisch Hamburger Senat: “Das Verlagerungskonzept wird derzeit erstellt. Insoweit sind die Überlegungen hierzu noch nicht abgeschlossen.” Das war’s!

Auch mit Tschechien hat man über den Moldauhafen noch nicht sprechen können. In der Welt ist unter dem Titel “Olympia-Plan verärgert Tschechen” zu lesen, dass Hamburg über den Moldauhafen am geplanten Olympia-Gelände am Kleinen Grasbrook noch kein Gespräch mit der Tschechischen Republik geführt hat.

Aber auch bei einer solchen lapidaren Senatsantwort gehen bei uns die Alarmleuchten an: Wenn derzeit an einem Verlagerungskonzept gearbeitet wird, wer wird in die Planungen einbezogen? Die möglicherweise betroffenen Moorburgerinnen und Moorburger? Der Wasserschierlingsfenchel? Elbanwohnerinnen und Elbanwohner, die weitere Lärm- und Schiffsabgasemissionen ertragen müssen?… Wir werden die Planungen weiterhin aufmerksam verfolgen und darüber berichten.

Löschboote

Die Bild meldete am 01.04.2015, dass aufgrund eines Motorschadens nun auch das letzte Feuerwehr1Feuerlöschboot im Hamburger Hafen kaputt sei. Zwar könne ein Boot “noch ausrücken, verursacht dabei aber große Umweltschäden. Feuerwehr-Sprecher Thorsten Grams: „Im Motor verbrennt Öl, dadurch gibt es eine enorme Rußentwicklung, außerdem tritt Öl in die Elbe aus.“” Im zweitgrößten Hafen von Nordeuropa steht also kein Boot zur Verfügung.

Zum Vergleich: “Im Hafen von Rotterdam stehen neun und in Amsterdam und Antwerpen je sieben Löschboote zur Verfügung.” berichtete NDR 90,3 im April 2014. Dort wurden auch Expertenstatements zum Löschbootbedarf für den Hamburger Hafen veröffentlicht: “Gefordert werden fünf neue Boote… . Und zwar ein großes mit einer Länge von 37 Metern für die Container-Häfen und kleinere Boote für die inneren Hafenbecken. Die kleineren Boote haben ein absenkbares Steuerhaus und kommen so unter den Hafenbrücken durch.

Noch im Herbst 2014 wurde zumindest ein Neubau für das Jahr 2016 angekündigt. Laut Bild wurde seitdem allerdings noch nicht einmal die Ausschreibung durchgeführt. Der Auslieferungstermin ist sogar jetzt auf 2016/2017 verschoben worden.

In der Hamburgischen Bürgerschaft wurde nun eine schriftliche kleine Anfrage “Löschboote – Zusammenbruch der Einsatzfähigkeit im Hamburger Hafen” gestellt. Es wird nicht nur nach dem Zustand der alten Löschboote gefragt, sondern auch wie die Zukunftsstrategie aussieht.

In einem weiteren Bild-Bericht können wir lesen, dass zumindest ein Boot die Werft kurzfristig verlassen wird. Es ist zu hoffen, dass dieses Boot dann wieder voll einsatzfähig ist und keine Rostschäden an den Rohrleitungen zu den Wasserwerfern mehr hat.

PS: Am 11.04.2015 wurden in der Morgenpost die neuesten Löschbootpläne vorgestellt.

Riesenfrachter…

…bereiten Hamburger Hafen Probleme” lautete gestern eine Schlagzeile im Hamburger CSCLGlobe3Abendblatt. Ein inhaltsgleicher Artikel erschien parallel in der Welt.

Über die neuen nachdenklichen Töne im Hamburger Abendblatt und in der Welt freuen wir uns. Der guten Ordnung halber führen wir an, dass der Bericht eine Ungenauigkeit enthält: “Kurz vor Hamburg dürfen zwei Schiffe mit einer addierten Breite von mehr als 90 Metern derzeit aus Sicherheitsgründen einander nicht passieren.” Mit diesem “Kurz vor Hamburg” ist die Strecke zwischen der Störkurve (zwischen Brokdorf und Glückstadt) bis zur Landesgrenze nach Tinsdal gemeint. Hier ist die Fahrrinne derzeit 300 m breit und soll durch die Elbvertiefung um 20 m auf 320 m verbreitert werden. Mit diesen zusätzlichen 20 Metern kann die die addierte Schiffsbreite der Befahrensregelung auf 92 m erweitert werden. Mit diesen zwei zusätzlichen Metern gewinnt man bei den 20.000 TEU-Schiffen mit einer Breite von 60 m und mehr natürlich überhaupt nichts.

Der richtigen Aussage “Hamburgs Hauptproblem sind derzeit gleichwohl die Schiffsbreiten” folgt zugleich wieder eine Ungenauigkeit: “Ohne die geplante Elbvertiefung, die zugleich auch eine Verbreiterung der Fahrrinne vor allem zwischen Wedel und Wittenbergen umfassen soll, würde es für die Schifffahrt auf dem Weg von und nach Hamburg sehr eng werden.” Mit der von Herrn Preuss umschriebenen Verbreiterung der Fahrrinne ist die sogenannte “Begegnungsbox” gemeint. Von der Lühekurve bis Blankenese soll die Fahrrinne auf 385 m verbreitert werden. Dieses würde unter extremer Auslegung der Sicherheitsanforderungen eine addierte Begegnungsbreite von 100 m ermöglichen. Aber auch das wird nicht reichen, damit zwei 60 m breite Containerriesen aneinander vorbeifahren können. Nachzulesen ist dieses auf Seite 11 in der Broschüre “Fahrrinnenanpassung Unter- und Außenelbe” der Elbvertiefung, die von den Planern der Elbvertiefung herausgegeben worden ist.

Es wäre schön, wenn Herrn Preuss und seine Kollegen beim Hamburger Abendblatt und der Welt sich auch weitere interessante Fragen rund um Großschiffe, deren Havarierisiken und die Elbvertiefung stellen würden. Denn: Wird der Hamburger Hafen wirklich zum befürchteten Biotop werden, wenn die Elbvertiefung nicht kommen sollte?

Mad Dabelstein, Geschäftsführer der Hamburger Reederei MarConsult Schiffahrt GmbH & Co. KG, hat zu dieser Frage bereits im August 2014 eine klare Antwort gefunden: “Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Hamburger Hafen künftig nicht mehr konkurrenzfähig ist, nur weil die Elbvertiefung Schiffen mit einem Tiefgang von mehr als 13 Meter das Anlaufen nicht ermöglicht. Hamburg wird nicht einbrechen und zum Biotop werden, nur weil diese Megaboxer den Hafen nicht anlaufen können.

Interessierten und auch den Redaktionen des Abendblatts und der Welt möchten wir freundlich das Ordemann-Gutachten “Szenario für eine Seehafenkooperation im Bereich des Containerverkehrs” aus dem Jahr 2013 empfehlen, dass bislang von den Betreibern der jetzigen Elbvertiefung regelmäßig verrissen wurde. Herr Dabelstein scheint das Gutachten gelesen und kritisch gewürdigt zu haben. Ob das Abendblatt und die Welt das auch gemacht haben?

Choapa Trader II

Nein, in der Havariesache der Choapa Trader hätten wir uns wirklich Feuerwehr1keine Sorgen machen müssen. Konjunktive gibt es nicht – im Katastrophenfall hat Hamburg wirklich alles voll im Griff.

Warum dann in einer weiteren schriftlichen kleinen Anfrage zum Havariefall vom Senat ab Frage 3 nur im Konjunktiv geantwortet wurde, können wir nicht verstehen. Würde, hätte, sollte, könnte, müsste sind doch keine Worte für Krisen- und Notfallpläne. Hier ist nur der Indikativ angebracht: der Senat ist, hat, kann und will. Kein Fackeln.

Noch weiter beunruhigend finden wir die Antwort 6 zu den Notfallmaßnahmen: “Diese Maßnahmen wären von der zuständigen Schifffahrtspolizeibehörde – HPA/Oberhafenamt – in enger Abstimmung mit der Behörde für Inneres und Sport und weiteren Fachberatern durchgeführt worden. Im Übrigen siehe Drs. 20/11471.

Na, wir hatten gedacht, dass zumindest die Wasserschutzpolizei, die Feuerwehr und Katastrophen- und Evakuierungseinheiten bei Notfallmaßnahmen dabei gewesen wären. Nee, sind sie alle nicht!

Hoffentlich müssen wir derartige Notfallpläne in Hamburg niemals zum Einsatz bringen.

Gefahrguttransporte

2.620 Fälle von falsch deklariertem Gefahrgut hat Hapag Lloyd allein im Jahre 2014 bei ihren weltweiten Transporten gefunden. Dies entnehmen wir einer Pressemitteilung der Reederei vom 01.04.2015. Als einer der weltweit führenden Gefahrguttransporteure entwickelte Hapag Lloyd die Software “Watchdog”, mit der falsch oder nicht deklarierte Containerfrachten automatisiert erkannt werden können. “„Angesichts von jährlich rund sechs Millionen transportierten Standardcontainern von Hapag-Lloyd mag die Quote falsch deklarierter Gefahrgutladungen insgesamt nicht allzu groß erscheinen. Wenn man aber bedenkt, dass ein einziger falsch deklarierter Container ausreicht, um eine Katastrophe auszulösen, ist die Brisanz klar, die von jeder einzelnen Falsch- oder Nicht-Deklaration ausgeht“, sagt Ken Rohlmann, Leiter der Gefahrgutabteilung von Hapag-Lloyd.

Wir begrüßen diese private Initiative der Reederei Hapag-Lloyd ausdrücklich: Bisher scheinen sich die öffentlichen Hamburger Behörden samt HPA für die Sicherheit bei Gefahrguttransporten nicht sonderlich zu interessieren. Ob und in welchem Umfang Gefahrguttransporte über den Hamburger Hafen abgewickelt werden, ist lediglich über die regelmäßigen Schriftlichen kleinen Anfragen über Atomtransporte durch die Stadt zu erfahren. Der Senat fügt jeder Antwort die Aussage bei, dass er selbst bzw. die HPA über diese Informationen nicht verfügt und nur für drei Monate auf die im GEGIS-System (outgesourct an die DAKOSY AG) zugreifen kann.

Die Daten im GEGIS-System beruhen ausschließlich auf Selbstauskünften der Reedereien bzw. Transporteuren. Wenn das Gefahrgut weder am Container noch auf der Transportliste korrekt deklariert sind, kann auch das GEGIS-System keine Antwort geben. Wie wir der Pressemitteilung von Hapag-Lloyd entnehmen können, scheint es nicht mal eine Plausibilitätskontrolle im GEGIS-System zu geben. Und auf Basis des GEGIS-Systems gibt der Senat in seinem blinden Systemvertrauen regelmäßig falsche Antworten.

Ob das zum 01.06.2015 einzuführende neue Meldewesen, das “National Single Window” die von Hapag-Lloyd angeführten Prüfungen durchführen wird, ist uns nicht bekannt. Aber auch das scheint die Hamburger HafenBehörden nicht zu interessieren.
In der Pressemitteilung haben wir auch lesen können, dass die Hapag-Lloyd Software in einer Sitzung einer “Hafensicherheitskommission” vorgestellt wurde und mehrere Reedereien Interesse gezeigt hätten. Die Hafensicherheitskommission wurde im Anschluss an die Terroranschläge des 11. September 2001 aufgrund einer Verschärfung der SOLAS-Konvention von 1974 gegründet und hat den Hamburger Hafen zu dessen SOLAS-Entsprechung (siehe auch “Elbvision oder Albtraum?“) vorbereitet .
Eine Terrorgefahr können wir nicht erkennen. Es gibt aber genügend weitere Ursachen, dass Schiffe mit Gefahrguttransporte zu einer Gefahr für die Bevölkerung werden können. An dieser Stelle sei auch an die “Atlantic Cartier” erinnert. Wir würden uns daher freuen, wenn auch der öffentliche Hafenbetreiber, die Wasserschutzpolizei, Aufsichtsbehörden und Terminalbetreiber an einer solchen Sicherheitseinrichtung immenses Interesse zeigen würden.
Auch wenn es nicht direkt zu Gefahrguttransporten passt: es wäre ebenso zu begrüßen, dass die Ladungsgewichte der Container spätestens beim Verladen überprüft werden würden. Falsch deklarierte, also zu schwere Container gefährden die Stabilität des Schiffes und sind eine mögliche Ursache für das Auseinanderbrechen der MOL Comfort.

Elbekirchentag 2015

Der diesjährige Elbekirchentag 2015 wird am 12.09.2015 in Dessau stattfinden. Der nunmehr achte Elbekirchentag wird unter dem Motto “Die Elbe im Fluss” im Dessauer Kornhaus durchgeführt.

Wir bitten “neudeutsch” um ein “save the date” für den 12.09.2015 zum achten Elbekirchentag in Dessau!

Unsere erste Teilnahme am letzten, siebten  Elbekirchentag in MagdeburgWP_20140713_10_11_50_Internet hat uns gezeigt, wie eng die Menschen über unsere Elbe miteinander verbunden sind.

Es sind eben nicht die kurzfristigen Interessen von Wirtschaft und Politik, die uns über das Transportmedium Elbe eine Zukunft vorsäuseln. Im Gegenteil: es sind die Anwohner, deren gemeinsame Kultur, Geschichte und eben auch die Kirchen zwischen Hohenelbe, Schmilka und Cuxhaven, die uns seit Jahrhunderten zeigen, wie wir gemeinsam mit unserer Elbe die Zukunft gestalten können.

In diesem Sinne wünschen wir allen unseren Lesern “Frohe Ostern”!

Choapa Trader I

Eine schriftliche kleine Anfrage in der Bürgerschaft fragt Track Choapa Trader 6 knnach den Umständen der Havarie der “Choapa Trader“. Dieses unter liberianischer Flagge fahrende Containerschiff der Reederei MSC (294,10m / 32,20m / 13,61m) war am 19.03.2015 beim Verlassen des Predöhlkais am Waltershofer Hafen direkt vor Oevelgönne auf Grund gelaufen und hatte eine zeitlang quer im Fahrwasser gelegen.

Acht Tage nach dem Unfall sind die Ermittlungen der Polizei zu den Ursachen des Unfalls nicht abgeschlossen. Zu den Aktivitäten der zwei an Bord befindlichen Hafenlotsen liegen dem Senat im Detail keine Erkenntnisse vor. Es waren Gefahrgüter in Containern geladen.  Trotz der noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen bestand nach Auffassung der WSP
durch diese Container zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Bevölkerung. Prima – alles also ganz harmlos und von allen Beteiligten hervorragend und präzise bearbeitet?

Auf dem o.a. Marinetraffic-Screenshot ist zu erkennen, dass die Choapa Trader schon um 10:27 Uhr mit 6 Knoten in Fahrt war und daher spätestens um 10:30 Uhr bei Oevelgönne aufgelaufen sein muss. Warum aber laut Senatsantwort zu Frage 9 der beratende Hafenlotse erst nach über einer Stunde, also um 11:36 Uhr, die Nautische Zentrale informierte, ist ein Rätsel. Das Schiff konnte zwei Stunden nach der Havarie  befreit werden und gegen 12:30 Uhr wieder am Predöhlkai festmachen. Ein Film von der Befreiung der Choapa Trader können Sie auf YouTube nachsehen.

Warum die Polizei dann nochmals eine Stunde gewartet hat, um die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft, Abteilung Schiffssicherheit und die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) zu informieren, erschließt sich dann schon gar nicht mehr.

Wir hätten gedacht, dass bei einem derartigen GAU auf der Elbe unverzüglich, d.h. um 10:35 Uhr, sofort alle in der Anfrage angeführten Instanzen informiert werden müssen und vor allen Dingen sofort Notfallpläne gestartet werden. Und zwar mit höchster Priorität.

In Hamburg scheint es bei derartigen Havarien doch eher besinnlich zu zugehen. Erstmal gewährt der Hafenlotse rund eine Stunde Zeit. Vielleicht schafft man es selber unauffällig vom Schiet zu kommen? Die Nautische Zentrale mit Sitz in Sichtweite vom Havarieort, laut Senatsantwort “eine der weltweit modernsten Verkehrsleitzentralen“, merkt auch mit angeblich modernsten Hilfsmitteln, wie AIS, nicht, dass die Choapa Trader auf Grund sitzt und sich nicht mehr bewegt. Warum hat die Nautische Zentrale nichts bemerkt und  Hilfsmaßnahmen unverzüglich eingeleitet? Schaut man dort nicht mehr aus dem Fenster, sondern nur noch auf ausgewählte Computerbilder?

Wir dürfen nicht vergessen, dass wir in Hamburg schönstes ruhiges Wetter mit bester Sicht hatten. Was wäre passiert, wenn die Stürme der letzten Tage über die festgefahrene Choapa Trader gefegt wären?

Wir ahnen, dass die Ursachen dieser Havarie mit großem Gefahrenpotential für die Hamburger Bevölkerung erneut unter den Teppich gefegt wird. Genauso, wie wir es schon bei den tiefschwarzen Rauchwolken der “Yangming Utmost” im Oktober 2014 erleben durften oder bei dem Brand des Atomfrachters “Atlantic Cartier” im Mai 2013 neben dem Hamburger Kirchentag.

Die Statistiken zu den Grundsitzern aus den Senatsantworten für Frage 1 und 2 beruhigen dabei keineswegs. Wir dürfen nicht vergessen, dass seit Jahren die Zahl der Schiffsanläufe aufgrund der Schiffsgrößenentwicklung regelmäßig abnimmt – für 2014 gehen wir von 9.500 Schiffsanläufen aus. Wenn dann die Zahl der Grundberührungen auf Unterelbe und im Hamburger Hafen mit 12 Fällen in 2014 angegeben wird, haben wir nur durch Grundsitzer eine Havariequote von 1,26 Promille. Das ist beachtlich! Vor allem, wenn man berücksichtigt, dass sich die Anzahl der Grundberührungen mit Ausnahme von 2011 permanent erhöht.

Nehmen wir dann noch die Brände a la “Atlantic Quartier”,  die schwarzen Abgasfahnen der “Yangming Utmost”, die Wellenschläge von der “Christophe Colomb” und die Schleusenrammings der “Saint George” mit den gleichen Quoten  von 1,26 Promille hinzu, ermitteln wir eine Havariequote von 0,5%. Mit derartigen Quoten dürften in Europa und Deutschland keine Züge und Busse fahren, Flugzeuge fliegen oder Lastwagen auf der Autobahn fahren.

Schiffe dürfen das aber. Sie bekommen dafür von der Politik sogar schützende Hände und dicke Teppiche bereitgestellt. Was soll hier zugedeckt werden?

PS: Uns erreichten heute viele Mails die auf die Uhrzeitangaben in UTC  bei Marinetraffic hingewiesen. Wir danken diesen aufmerksamen Menschen!
Die Zeitangabe in UTC bei den AIS-Angaben ist uns wohlbekannt. Der Senat kennt den Unterschied zwischen UTC und MEZ bzw. MESZ anscheinend nicht. So ist zu vermuten, dass die vorliegende Senatsantwort erneut nicht qualitätsgesichert wurde.

Wir haben unsere heutigen Schlussfolgerungen ausschließlich aus den Senatsantworten abgeleitetund sind gespannt, ob unter dem Hafenteppich in Hamburg überhaupt noch jemand reagiert.

Risiken großer Schiffe 2

Vor etwa einem Jahr haben wir erstmals die InformationenCSCLGlobe2 der Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS), einer Tochter der Allianzversicherung, in ihrem “Safety and Shipping Review 2014″, vorgestellt, in welchem Schiffsunglücke ausgewertet und vor allem ein Ausblick auf kommende Risiken in der Schifffahrt verwiesen wird. Dieser Tage ist nun der “Safety an Shipping Review 2015” erschienen.

Anfangs werden wieder Totalverluste und Vorfälle in 2014 analysiert und in eine längerjährige Auswertung eingefügt. Dann folgen mehrere Seiten mit der Aufzählung von diversen Risiken in der Schifffahrt. Im Fokus stehen erneut Risiken, die sich aus der Schiffsgrößenentwicklung ergeben.

Eingeleitet werden die offenen Fragen und Risiken, die sich aus immer größeren Containerschiffen ergeben, mit der Überschrift “How big is teu big?” auf Seite 24. Zunächst folgen Fragestellungen, welche Schiffsgrößen realisitisch sind bezüglich der technischen Umsetzung (mehr Breite, mehr Länge, mehr Tiefe?). Es folgen Aussagen über Restriktionen, z.B. wenn Häfen nicht ausreichend Tiefgang haben oder Containerbrücken keine ausreichenden Höhen bzw. deren Ausleger keine ausreichenden Längen haben gefolgt von der Frage, ob die Hafen- und Hinterlandinfrastruktur überhaupt die angelieferten Mengen abtransportieren kann (das hatten wir doch gerade?).

Mehrere Beispiele werden angeführt, welche Verlustbeträge bei einem Totalverlust bzw. bei Havarien entstehen können. Experten der AGCS vermuten, dass schnell Summen von über 1 Milliarde US$ zusammen kommen. ““For us, exposure is a concern, not just on the total loss, but also on a partial loss or general average claim,” explains Dr Sven Gerhard, Global Product Leader, Hull & Marine Liabilities, AGCS. “A machinery claim or water ingress on such a large ship means that it will need to be unloaded, but where are the facilities to do it, how long will it take, and how much will it cost?”

Weiter geht es mit “Warnungen”, es gäbe weltweit nur sehr wenige Tiefwasserhäfen, die die übergroßen Schiffe noch aufnehmen könnten, wodurch sich die Risiken nochmals konzentrieren würden. Hinzu käme, dass es nur sehr wenige gut ausgebildete Seeleute gäbe, die solch großen Schiffe fahren könnten. Darum solle man lange und genau überlegen, ob man die nächstgrößere Schiffsgeneration auf den Weg bringe.

Ausgehend von 19.000 TEU Containerschiffen werden dann mehrere Havarieszenarien und deren Versicherungskosten berechnet (Seite 26).

Beispiel 1 – Totalverlust, Auslastung 80%
Schiffsrumpf = 200 Mio US$,
Frachtverlust 35.000 US$/Container = 532 Mio US$,
Bergung des Wracks und Haftungskosten = 300 Mio US$ -> Gesamt: 1.032 Mio US$

Beispiel 2 – Kollision zweier 19.000 TEU-Schiffe, Auslastung 80%, Kosten wie oben
Schiffrümpfe = 150 Mio US$,
Frachtverlust = 150 Mio US$,
Berge-/Unterstützungsansprüche nach “Lloyds Open Form” = 250 Mio US$,
weitere geschätzte Havarieausgaben = 250 Mio US$ -> Gesamt: 800 Mio US$

Kosten von 2 Milliarden US$ und mehr werden nicht ausgeschlossen, wenn beispielsweise der Frachtwert pro Container höher liegt, Umweltschäden hinzu kommen und/oder sich das Bergemanöver deutlich schwieriger gestaltet (Beispiel Costa Concordia).

Ein weiterer Block befasst sich ab Seite 30 mit der Frage der zunehmenden Digitalisierung der Schifffahrt (Überautomatisation): Fernüberwachung der Maschinen und Navigation, elektronisches Seekarten Display und Informationssystem, elektronische Wach- und Prüfsysteme (Radar, AIS), vollautomatisierte Häfen und Containerterminals. In der Regel werden diese via Internet laufend aktualisiert. Diese Systeme sind hackeranfällig und es fehlt bisher oft an der notwendigen Sensibilität für Cybersicherheit. Hackerangriffe können ganze Flotten von Reedereien gleichzeitig beeinträchtigen, nicht nur einzelne Schiffe oder ganze Häfen lahm legen und somit weit größere finanzielle Schäden ausrichten. (Siehe hierzu auch Die Welt “Hacker zielen auf das Herz der Industrie“)

Auf Seite 33 werden dann die Hauptrisiken für die zukünftige Schifffahrt benannt, deren Risikogründe teilweise aus den einführenden Seiten abzuleiten sind. Hier einzelne, die insbesondere auf die Mega-Containerfrachter zutreffen:

  • “Catfines”: feinste Metalle, die dem Treibstoff beigemischt werden und nicht verbrennen, sondern verschmelzen. Wenn diese nicht regelmäßig entfernt werden, führen sie zu Maschinenausfällen.
  • “Cyberattacken”: siehe oben
  • “Slow steaming”: Die modernen Motoren können bestimmte Geschwindigkeiten nicht mehr überschreiten. Daher werden dann Schlechtwettergebiete durchfahren, statt auszuweichen, um den Zeitplan einhalten zu können.
  • “Stromausfall”: Da i.d.R. alle Technik mittlerweile auf Stromversorgung angewiesen ist, besteht die Gefahr eines Totalausfalls und somit Kontrollverlusts über das Schiff
  • “Zu geringe Crew-Stärke”: Die Schiffe werden immer größer, die Anzahl der Crewmitglieder steigt nicht mit, im Gegenteil es wird immer weiter versucht, Bordpersonal abzubauen. Dann sind die Mannschaften nicht mehr in der Lage, in schwierigen Situationen angemessen zu reagieren, weil sie entweder überarbeitet sind oder Personalausfälle nicht kompensieren können.

Wir danken den Berichterstattern der AGCS für die Unterstützung unserer Arbeit gegen die geplante 9. Elbvertiefung. Viele dieser Argumente haben wir in unterschiedlichen Artikeln auf unserer Internetseite bereits ebenfalls als kritisch beschrieben. Und die vielen möglichen “Vorfälle” würden auf der Elbe gleich noch fatalere Folgen haben, als auf dem offenen Meer, da die Zufahrt zu Hamburg sowie die Ausfahrt gestört würden, die Umwelt unmittelbar sichtbar geschädigt würde und die Sicherheitseinrichtungen auf solche Katastrophen nicht vorbereitet sind. Im Übrigen sind wir nicht die Ersten, die über den Bericht der AGCS geschrieben haben und das Thema Kostenrisiken aufgegriffen haben.

1. April 2015

Heute ist der 1. April. In jedem Jahr ist das der Tag, an dem viele Menschen einem guten Brauch folgen und Ihre Mitmenschen beherzt in den April schicken. Das hat auch etwas mit einem “hinters Licht” führen zu tun – es wird aber an diesem Tag grundsätzlich mit einem wohlmeinenden Aufschrei verziehen.

Was müssen wir von einer Zeitung, deren Wirtschaftsredaktion und insbesondere einem Redakteur halten, die am Vortag jenes Tages ihre Leserschaft besonders eifrig in den April schicken wollen?

Gestern berichteten wir  über das HHLA-Jahresergebnis von 2014, das nachweisbar sehr, sehr verhalten ausgefallen ist. In der Welt dürfen wir aber an diesem Tag gleich vier Artikel lesen, wie hervorragend dieses Ergebnis ausgefallen ist. Irgendwann muss es der Leser doch glauben, oder? Hier das Feuerwerk der Berichterstattung:

31.03.15, Die WELT kompakt

Et löppt

31.03.15, Die WELT kompakt
Containergigant

31.03.15, Die WELT kompakt
 
30.03.15 (08:46), Hamburger Abendblatt und WELT Regionales
 Liebe Leser – auch wenn der Autor der Artikel, Herr Martin K., uns mit der Welt im Arm in den April schicken wollte, verbleibt bei dieser Art des Journalismus ein sehr schaler Nachgeschmack. Fünf Tage zuvor hatte uns das Hamburger Abendblatt unter der Überschrift “Hamburger HHLA gehört zu den größten Kapitalvernichtern” von einem traurigen Rekord berichtet. Platz 45, deutschlandweit.
Wir freuen uns lieber über gut recherchierte Welt-Artikel und verweisen gerne noch einmal auf “Hamburgs große Lüge“.