Premiere

QueenElizabethLandstromIn Hamburg hat es noch keiner gemerkt und es ist eigentlich auch gar nicht mehr zu glauben. Aber wie das Stader Tageblatt berichtet, soll am morgigen Freitag die Landstromanlage am Kreuzfahrtterminal in Altona mit der “AIDAsol” erstmalig in Betrieb genommen werden. Wir drücken die Daumen, dass alles funktionieren wird!

Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Anlage aufgrund krasser Fehlplanungen eine Investitionsruine bleibt. Auch das Stader Tageblatt berichtet über die Nutzbarkeit des Terminals lediglich für kleinere Kreuzfahrtschiffe und stellt fest, das mit der AIDAsol nur ein einziges Schiff in diesem Jahr bei lediglich sechs Anläufen das Landstromangebot nutzen wird und die Reedereien mit vorgeschobenen Kostenargumenten alles unternehmen werden, möglichst keinen Landstrom zu beziehen.

Im Hamburger Senat guckt man betreten beiseite. Genauso die Reedereien. Beide scheinen sich nicht in der Verantwortung für saubere Luft bei Einwohnern bzw. Passageieren zu fühlen. Aber wer soll es denn dann richten? Der liebe Gott, oder schauen wieder alle auf die böse EU?

Landstrom Altona 1Dass es seit dem Jahr 2011 auch anders geht, können wir in Oslo wahrnehmen. Der Osloer Hafen liegt wie der Hamburger Hafen mitten in der Stadt. Hier haben die Stadt Oslo und die Reederei Color-Line einen Landstromanschluss realisiert, dessen Kosten lediglich einen Bruchteil der Hamburger Kosten ausmachen. Kiel, als Endhafen der Color-Line, will nun endlich auch das Gegenstück in seinem Innenstadthafen realisieren – aktuell sollen zumindest Gespräche mit der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung anstehen.

Wir werden weiterhin das Gefühl nicht los, dass die Regierenden in Hamburg das Thema Landstrom samt Luftreinhaltung nicht ernst nehmen. Da hier nichts passiert, muss also wieder die EU herhalten. Und das tut sie auch: Die EU-Richtlinie 2014/94/EU vom 22. Oktober 2014 über den “Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe” versucht auch für den Landstrom Bedingungen zu schaffen. So ist in Ziffer 34 zu lesen: “Landstromanlagen können für die saubere Stromversorgung im Seeverkehr und in der Binnenschifffahrt genutzt werden, insbesondere in See- und Binnenschifffahrtshäfen, in denen die Luftqualität schlecht und die Lärmpegel hoch sind. Die landseitige Stromversorgung kann zur Verringerung der Umweltauswirkungen von See- und Binnenschiffen beitragen.” Sicherlich ist es feste Überzeugung unseres Senats, dass im stadtnahen Hafen die Luftqualität gut und die Lärmpegel gering sind und somit die Richtlinie nicht für Hamburg gültig sein muss.

Aber die Richtlinie lässt keinen Ausweg. In Artikel 4 Nummer 5 ist zu lesen: “Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in ihren nationalen Strategierahmen die Notwendigkeit der landseitigen Stromversorgung von Binnen- oder Seeschiffen in See- und Binnenhäfen untersucht wird. Diese landseitige Stromversorgung wird vorrangig in den Häfen des TEN-V-Kernnetzes und in anderen Häfen bis zum 31. Dezember 2025 eingerichtet, es sei denn, dass keine Nachfrage danach besteht und die Kosten im Vergleich zum Nutzen, einschließlich des Nutzens für die Umwelt, unverhältnismäßig sind.

Klar, Hamburg ist Kernhafen und ein zentraler Bestandteil des TEN-V-Kernnetz. Der Senat muss also wirklich etwas tun in Sachen Landstrom. Nicht Investitionsruinen sind gefragt, sondern funktionstüchtige Anlagen. Da nützt es auch nichts, wenn man laut Stader Tageblatt auf 24.000 Euro jährlichen Fixkosten für eine Landstromanlage hängen bleibt. Oder ist die Investitionsruine bewusst so geplant worden, um nachzuweisen, dass angeblich für Landstrom in Hamburg kein Bedarf und das Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Umwelt somit “unverhältnismäßig” ist.

Saubere Luft für die Menschen ist einfach gefragt. Und die Frage nach sauberer Luft für die Menschen sollte sich nicht nur der Senat stellen, sondern endlich auch dringlich eine Oppositionspartei, die, angesichts von “nur” 24.000 Euro, die Kostenfrage aufbauscht und kein Manko angesichts der Schiffsgrößenrestriktionen bei der Investitionsruine erkennen zu scheint. Von Gesundheit der Hamburgerinnen und Hamburger ganz zu schweigen.

Wohlgemerkt: es geht nicht nur um Kreuzfahrtschiffe, sondern auch um Containerschiffe!