See-Sicherheit ohne “öffentliches Interesse”

Im Abendblatt ist zu lesen, dass der rigide Sparkurs der Bundesregierung zu Engpässen beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) führt. Schiffe, die zum Unfall- und Havariekommando auf der Nord- und Ostsee gehören, scheinen nicht mehr ausreichend betankt zu werden. Reparaturen sollen, so ist zu lesen, nur noch gemacht werden, wenn sie im Rahmen eines kostenfreien Wartungsvertrags möglich sind, sonst müssten Schiffe still gelegt werden!

Gleichzeitig wissen wir, dass im Rahmen der Verhandlung über die 9. Elbvertiefung das sogenannte “öffentliche Interesse” als hohe Hürde für die Kläger im Raum steht. Die EU-Kommission, die sich mit der Antragstellung zur Elbvertiefung auseinander setzen musste, hängt dieses “öffentliche Interesse” mit den Worten “zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses” sehr hoch.

Im Moment gibt es drei staatlich finanzierte Projekte, die mit der Frage der seeseitigen Erreichbarkeit des Handelsplatzes Deutschland zu tun haben und in deren Planfeststellungsbeschlüssen “öffentliche Interessen” (Seitenzahlen angegeben) benannt werden: die Elbvertiefung (Seite 1795), die Weservertiefung (Seite 119 ff.) und der Jade-Weser-Port (Seite 112 ff.). In allen drei Projekte sind mit der Begründung des überragenden oder zwingenden “öffentlichen Interesses” bereits viele hundert Millionen, nein, Milliarden Euro an staatlichen Geldern geflossen und sollen in den nächsten Jahren noch fließen.

Wir fragen uns: Liegt es tatsächlich im “öffentlichen Interesse”, dass mit unseren Steuergeldern zwei Flüsse ökologisch zerstört werden sollen und ein Hafen gebaut wurde, der ohne Probleme die Mega-Containerschiffe abwickeln kann, aber z. Zt. nicht ausgelastet ist? Warum stellen die Politiker an Elbe, Weser und Jade diese drei Projekte nicht in einen Kontext und versuchen die offen sichtbare Milliardenverschwendung zu verhindern. Warum folgen sie angesichts von Schuldenbremsen und chronischer Unterfinanzierung nicht ihrem Auftrag, im “öffentliche Interesse” das Wohl des Volkes zu mehren? Was ist an der Alternative, einem nationalen Hafenkonzept unter Einbeziehung des Bundes so verwerflich, dass man diese trotz “öffentlichen Interesses” nicht mal erörtert?

Gleichzeitig scheint es in der Politik kein “öffentliches Interesse” für die Sicherheit auf See zu geben: beim BSH muss bis zur Bewegungslosigkeit gespart werden.
Warum hinterfragt der Bundesrechnungshof die Ausgaben des BSH, aber nicht die Millionen, nein Milliarden, die aufgrund des o.a. unterlassenen nationalen Hafenkonzeptes in unseren Flüsse versenkt werden sollen?