Dicke Luft im Greenport

Das NDR-Fernsehen wiederholte am 26.01.2015 einenQueenMary2 Filmbeitrag aus dem Vorjahr über die Luftverschmutzung durch Schweröl verbrennende Kreuzfahrtschiffe. Der Titel des Beitrags “Alles Öko auf dem Traumschiff?” beschäftigt sich zunächst mit den gesundheitlichen Folgen für die Menschen, die in Innenstadthäfen wie Hamburg von den Kreuzfahrern direkt vor der Haustür “geräuchert” werden. Forscher und Wissenschaftler legen mit Messwerten und Laborergebnissen nüchtern dar, welchen extremen Schadstoffbelastungen in Hafennähe lebenden Menschen ausgesetzt sind.

Es wird auch dargelegt, dass die Kreuzfahrtschiffe nicht die alleinig “Bösen” sind. Die Containerschifffahrt unterscheidet sich bei den Abgasen nicht von den Kreuzfahrern (ab Sendeminute 29:45). Für Feinstaub werden die Emissionen der Schifffahrt mit 10.000 Schiffen in Relation zum Straßenverkehr mit 50 Mio. Pkw gesetzt (ab Sendeminute 30:45) und festgestellt, dass es den vielbeschworenen Umweltvorteil für die Schifffahrt nicht gibt.

Die Politik hat nur ein geringes Interesse, die Situation für die innerstädtischen Container- und Kreuzfahrtterminals zu ändern. Mit dünnen wirtschaftlichen Argumenten, die fatal an die Begründung der Elbvertiefung erinnern, verkauft uns die Hamburger Politik (ab Sendeminute 21:45) die direkt im Stadtgebiet von Hamburg ausgestoßene “dicke Seeluft” als vorteilhaft. Wir lernen gegen Ende des Filmes auch, dass was für Oslo gut ist, noch lange nicht für Hamburgs “Greenport” gelten muss. Ja, warum eigentlich nicht?

Ein kurzer Film des ARD-Weltspiegels mit dem Titel “USA – Kreuzfahrtschiffe: moderne Luftverpester?” vom September 2014 nennt ähnliche Gründe für diese befremdliche Politik. Wie bei der Containerschifffahrt scheint der Markt für die Kreuzschifffahrt nur auf wenige große Reedereien aufgeteilt zu sein. Marktführer mit großem Abstand ist hier die britisch-amerikanische Reederei Carnival Corporation & plc, in deren Besitz auch die Reedereien Cunard (Queen Mary 2) und die deutsch anmutende AIDA-Cruises ist.

Müssen wir von den in Verhandlung stehenden Freihandelsabkommen TTIP oder CETA erwarten, dass die Kreuzfahrtreedereien die Häfen auf Schadensersatz verklagen, wenn den Kreuzfahrtschiffen entsprechende Auflagen gemacht werden?? Es ist schon sehr wahrscheinlich.

Die Hamburger Entscheider halten sich jedenfalls weiterhin alle Türen offen und zeigen mehr Verständnis für die Reedereien, als für die Anwohnerinnen und Anwohner. Erinnern wir uns an den Krebsgang Hamburgs in Sachen Landstrom-Anschluss: Im Mai 2011 war sich Herr Horch noch sicher: “Für Hamburg ist das nichts”. 3,5 Jahre später schwärmt er von Landstrom am Kreuzfahrtterminal Altona: Wir haben die besondere Verantwortung, die Menschen vor Emission zu schützen.” Und Herr Jens Meier, Chef der HPA, ergänzt: “Hamburg hat heute einen Meilenstein gesetzt. Wir bauen wirklich die weltweit modernste Landstromanlage.” Gemeint war wohl “nur einen Meilenstein”, denn der neue Kreuzfahrtterminal CC3, der im Sommer 2015 fertiggestellt sein soll, wird gar nicht erst für Landstrom oder LNG-Versorgung per Power Barge vorbereitet. Rolle rückwärts, prima gemacht!