Petersilienbegleitgrün

Gestern haben die Grünen auf ihrer Mitgliederversammlung im Bürgerhaus Wandsbek über den Koalitionsvertrag diskutiert. Vor dem Eingang erinnerten Vertreter von “Recht auf Stadt, never mind the papers” mit Flugblättern an grüne Aussagen zur Flüchtlingspolitik.

Vom zehnköpfigen Verhandlungsteam um Fegebank2Frau Katharina Fegebank war viel über die Belastungen der letzten Wochen zu hören. Es seien harte und schwere Verhandlungen gewesen, in dem es gelungen sei die grüne Handschrift zu platzieren. Bei Zuhörern stellte sich das Gefühl ein, dass das Verhandlungsteam eher mit einem Picknick als mit Herrn Olaf Scholz gerechnet hatte.

Die diskutierenden Mitglieder störte das in der Mehrzahl nicht. Sie könnten das zarte Grün im Koalitionsvertrag ausreichend erkennen. Es wäre allemal besser mitzuregieren, als in der Opposition nichts zu bewegen. Viel Weichspüler und Schönrednerei war in diesen Statements zu finden. Einen ökologischen grünen Schwerpunkt oder streitbare Parteiwurzeln waren nur in den kritischen Beiträgen zu finden.

SchittekUnd davon gab es nur wenige: „Wenn wir den Vertrag unterschreiben, verkaufen wir uns an den Hafen“, warnte Frau Gudrun Schittek aus Harburg mit einem klaren Faktenstatement gegen die Elbvertiefung. Frau Stefanie von Berg, MdBü, bewertete die Verhandlungsergebnisse zur Schulpolitik: die Grünen sind nicht einmal mehr Sättigungsbeilage der SPD. „Wir sind Petersilienbegleitgrün.“ Zuvor bemängelte ein Eimsbütteler Mitglied die vielen Konjunktive und unverbindlichen Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag zu grünen Themen. Ein grünes Hamburger Urgestein, Herr Lars Andersson aus Altona, schaffte es, mit Witz und Verstand die Situation der Partei auf den Punkt zu bringen.

Von den ehemaligen klaren grünen Positionen zur Stadtbahn, Elbvertiefung, Luftreinhaltung, Schule und Bildung, Grünflächen aber auch der Flüchtlingspolitik und der Bürgerbeteiligung sind nur noch Fragmente übrig geblieben. Sehr etabliert wurde von einem „soliden und ehrlichen Vertrag, mit deutlichen grünen Mehrwerten“ gesprochen. Und so wurde auch abgestimmt. Rund 70% der Mitglieder sprachen sich für den Koalitionsvertrag aus. Politische grüne Leidenschaft geht irgendwie anders – des Kerstans neue Kleider wurden von der Mehrheit der Parteibasis bewundert.

In der vergangenen 20. Legislaturperiode der Hamburgischen Bürgerschaft gab es einen Spitzenreiter für schriftliche kleine Anfragen zur Elbvertiefung und zum Hamburger Hafen. Ein auffälliger Parlamentarier, der für viel Transparenz gesorgt hat.
In der 21. Periode wurde von diesem Herren noch nicht eine Frage gestellt. Stehen die parteipolitischen und vermutlichen neuen Kleider dem bisherigen kritischen Blick etwa entgegen?

Am Dienstag wird der Landesparteitag der SPD über den Koalitionsvertrag abstimmen. Am Mittwoch soll dann Herr Olaf Scholz zum neuen ersten Bürgermeister gewählt werden.