Olympia und HSH?

Die aktuelle Situation in Griechenland erscheint uns als “dicke Suppe”. Olympia2Zuviel reiche Reeder in Griechenland, die einfach nicht besteuert werden und befremdliche Bankenfinanzen, die wir schon in 2008 nicht verstanden haben. Das hat anscheinend nichts mit der Elbvertiefung und unserer Stadt Hamburg zu tun, oder doch? Die nachfolgende Materie staubt und erscheint normalen Menschen ungenießbar. Versuchen Sie es trotzdem einmal.

1. Im Alphaliner der letzten Woche lesen wir, dass sich in “Griechenland der Markt für Containerschifffinanzierungen glänzend entwickelt” hat. Griechische Gesellschaften bündeln das Kapital von “Heuschrecken” aller Art und Herkunft und kaufen mit dem gesammelten Geld Schiffe auf. Die operative Bereederung, d.h. Ausrüstung, Bemannung, Unterhaltung und Betrieb des Schiffes wird an Dritte outgesourct. Dieses griechische Geschäftsmodell widmet sich somit nahezu ausschließlich der Finanzierung der Schiffe. Diese Finanzunternehmen werden von Alphaliner namentlich benannt: Platz acht nimmt z.B. die Navios Group mit knapp 100.000 TEU Schiffskapazität ein.
So ganz unbekannt ist diese Form der Finanzierung uns Hamburgern nicht. Bis zur Finanzkrise war Deutschland, insbesondere Hamburg, Hauptsitz derartiger Finanzierungsgesellschaften. Unter dem Begriff “German KG” wurden mit der “quasi Steuerbefreiung der Tonnagesteuer” bergeweise Schiffsbeteiligungen als Steuersparmodelle auf den Markt gebracht. Wo das geendet hat, wissen wir nur zu gut.

2. Die in Hamburg ansässige HSH Nordbank war bis zur Finanzkrise in 2008/2009 einer der HSH-Nordbankgrößten Schiffsfinanzierer der Welt. Auch die Folgen sind Ihnen bekannt. Im vergangenen Jahr hat die Bank mit dem “Arbeitstitel Nautilus” ihren Schiffskreditbestand überarbeitet. Die Bank selber beschreibt das wie folgt:Die Nautilus Struktur ist ein von der HSH Nordbank entwickelter Finanzierungsansatz für insolvente oder stark insolvenzgefährdete Schiffe. In der Nautilus Struktur erhalten die Schiffe frisches Eigenkapital von einem Investor und damit eine solide Kapitalstruktur. Darüber hinaus wird die bestehende Kreditfinanzierung teilweise abgelöst, so dass die HSH Nordbank nicht mehr im vollen Umfang des ursprünglichen Kreditvolumens engagiert bleibt. Die Bank reduziert so ihre Risiken und erhält sich die Möglichkeit, abhängig von der allgemeinen Marktentwicklung, das ursprünglich in die Schiffe eingebrachte Fremdkapital später zurückzuerhalten.
Auf Deutsch heißt das: die Schiffe werden zu einem Ramschpreis an einen neuen Eigentümer verkauft. Mit dem Erlös wird ein Bruchteil des Kredites der Ursprungsfinanzierung getilgt. Und der große Rest des Kredites? Der bleibt bei den alten Eigentümern (Steuersparer der German KG) und insbesondere der HSH Nordbank. Die o.a. “Möglichkeit” scheint das Papier nicht wert.

Ein griechischer Käufer der Nautilus-Schiffe ist übrigens die Navios-Group.

3.  Über Reuters wurde am 15.07.2015 bekannt, dass sich die Beobachtung der HSH Nordbank durch die Europäischen Zentralbank EZB nochmals verschärft hätte. Kredite in Höhe von 16,8 Milliarden Euro stehen im Raum, die in eine Art staatliche Bad Bank ausgelagert werden müssen. “Dass die EZB als europäische Institution einen solchen Weg unterstütze, könne in den Verhandlungen mit der EU-Kommmission hilfreich sein, sagte ein HSH-Anleihen-Investor. Er hält es angesichts der Milliarden-Hilfen für Griechland für unwahrscheinlich, dass die EU einen Umbau der HSH ablehnen und – wie bei der WestLB – eine Abwicklung der Bank fordern wird.” Der faulen Schiffskredite müssen weg, und zwar schnell. Aber wer soll die Bad Bank bezahlen?

Zusammenfassung:

  • Gewinne aus der Bereederung von Schiffen werden in Griechenland nicht besteuert.
  • Die verbreitete Form der Schiffsfinanzierung (German KG) hat sich von Deutschland nach Griechenland verlagert. Das Wachstum in Griechenland ist stürmisch.
  • Die HSH Nordbank muss aus ihrem Kreditportfolio viele neue Schiffe verramschen. Wichtiger Abnehmer sind dabei die neuen griechischen Schiffsfinanzierer.
  • Die EZB setzt die HSH Nordbank verschärft unter Druck, das Schiffskreditportfolio in eine von Hamburg und Schleswig-Holstein zu finanzierende Bad Bank zu überführen.

Hamburg mischt also im Griechenland-Poker kräftig mit. Ob dort mit “Olympischer Fairness” gespielt wird, lässt der Senat nicht durchblicken. Zwei Schriftliche Kleine Anfragen in der Bürgerschaft zu den Nautilus-Transaktionen mit der Navios Group wurden extrem sparsam beantwortet.

Hamburg wird mehrere Milliarden für die Bad Bank, für den Mülleimer, brauchen. Nicht für Kindergärten, Altenheime oder Radwege, schon wieder für Banken. Und das alles nur, weil man Anfang 2000 mit dem Schifffahrtsstandort Hamburg in einen vermeintlichen Goldrausch eingetaucht ist. Die anstehende neunte Elbvertiefung ist ebenfalls in diesen Goldrauschtagen geplant worden.