Sch(olz)inesisch und APL

APL2Nun ist es wohl amtlich: die singapurische NOL samt der Containerreederei APL, wird von der Nummer drei in der Containerschifffahrt, der französischen CMA CGM, für rund 2,2 Mrd. Euro übernommen werden. So wird es in gleichlautenden Pressemitteilung von CMA CGM und von NOL/APL vom heutigen Tage bestätigt.

Und was geht das Hamburg an?

  • APL ist eines von sechs Mitgliedern der G6-Allianz um Hapag-Lloyd.Gemeinsam beschicken die sechs Partner rund 21% der Containerflotten nach TEU weltweit. Davon gehen jetzt mit APL rund 2,7% an die Konkurrenzallianz Ocean-Three, bestehend aus CMA CGM, UASC und CSCL, die bislang 16% der TEU-Kapazitäten vereinigten. Es verbleiben von den Sechsen um Hapag-Lloyd lediglich fünf Partner – beide Allianzen wären dann gleich groß. Eine Stärkung von Hapag-Lloyd scheint das nicht zu sein!
  • Allianzen schlagen ihre Container aus Kosten- und Logisitikgründen zumeist an einem Terminal um. Die CKHYE-Allianz um COSCO macht das am CTT am Tollerort, die 2M-Allianz von Maersk und MSC nutzt das CTH am Predöhlkai. Die G6-Allianz schlägt ihre Container in Hamburg ausschließlich am CTA in Altenwerder um.
    Bei Ocean Three sieht das anders aus: CMA CGM schlägt am CTB am Burchardkai um, während die Partner UASC und CSCL gegenüber am CTH am Predöhlkai die Ladung löschen. Wird es jetzt nennenswerte Ladungsverschiebungen an den von der HHLA bzw. Eurogate betriebenen Terminals geben?

Wem das alles als Spökenkiekerei erscheint, sei an die Fusionsbestrebungen zwischen den chinesischen Reedereien COSCO und CSCL erinnert, die jeweils unterschiedlichen Allianzen angehören. COSCO’s CKHYE-Allianz ist treuer HHLA-CTT-Kunde, während CSCL am CTH von Eurogate umschlägt. Man könnte meinen, dass CSCL nach einer erfolgreichen Fusion ebenfalls das CTT nutzen wollen würde!

So erinnern wir uns an den Bürgermeisterbesuch vom November 2015  in Peking und Shanghai. Herr Olaf Scholz traf, wie wir der Welt entnehmen dürfen, auch die Präsidenten der Reedereien COSCO und CSCL: “Die Elbvertiefung, die Infrastruktur rund um den Hafen oder die Drehkreuz-Thematik am Terminal Tollerort: Scholz und Hafenchef Jens Meier kamen in wichtiger Mission. Sie mussten den beiden großen fusionswilligen Reedereien Cosco und China Shipping vermitteln, dass sie alles im Griff haben. Ab 2018, so die Botschaft, sollen auch die Unternehmen mit ihren 400 Meter langen Containerschiffen in den Hafen einfahren können.

COSCO verfügt derzeit über keine 400 Meter langen Containerschiffe. CSCL dagegen, wie wir noch von dem Besuch des für kurze Zeit größten Containerschiffes “CSCL Globe“, erinnern, sehr wohl für den Anlauf des Hamburger Hafens. Was passiert denn jetzt, wenn diese 400 Meter langen CSCL-Riesen aufgrund der Enge des Hamburger Hafens nicht das von COSCO präferierte Terminal am Tollerort anlaufen könnten? Das hatte sich wohl auch ein Abgeordneter der Bürgerschaft gedacht und mit einer Schriftlichen Kleinen Anfrage in der Bürgerschaft nachgefragt. Neben den Kosten für die dortige Baumaßnahme “Einfahrt Vorhafen” hatten ihn die Manöver für die Schiffe und die Drehkreise für das Rückwärts-Einparken der Riesen am CTT interessiert.

Einfahrt Vorhafen2Und nun wird es kompliziert: wir haben versucht, die Komplexität des Drehmanövers eines 400 Meterriesen mit einer Graphik darzustellen: In der Bildmitte sehen Sie das CTT gegenüber vom Fischmarkt. Mit der blau umrahmten dunklen Fläche ist der Rückbau des jetzigen Geländes am CTT markiert – mit grüner Farbe ist die Fläche der Zuschüttung des einstigen Kohlenschiffhafens bezeichnet. Es sind drei Drehkreise in gelber Strichellinie erkennbar: Der kleine obere Kreis beschreibt den Ist-Zustand, der zweite größere Kreis den Ausbauzustand. Der untere Kreis ist der innere Drehkreis.

In der Senatsantwort lesen wir zur derzeitigen Situation: “Die derzeit maximale Schiffslänge in dem Manövrierbereich auf der Norderelbe (Drehkreise inklusive angrenzender Wasserflächen) beträgt 368 m. Der innere Drehbereich (Vorhafen) wird von Großschiffen, die zum Container Terminal Tollerort (CTT) gehen, nicht genutzt.” Derzeit können also die 400 Meter-Riesen nicht einlaufen. Glück gehabt, die längsten COSCO-Schiffe sind 366 Meter lang.

Wir lesen weiter, dass der jetzige nördliche kleine Drehkreis einen Durchmesser von 320 Metern hat und auf 450 Meter erweitert werden soll: “Ziel der Maßnahme ist nicht eine Verbreiterung der Einfahrt zum Kuhwerder Vorhafen, sondern eine Ausweitung ihrer westlichen Begrenzung. Gegenwärtig beträgt der Drehkreis dort 320 m und wird durch die Umbauarbeiten auf 450 m erweitert. Mit der Maßnahme wird eine wesentliche Verbesserung der Zu- und Ablaufbedingungen von Großcontainerschiffen in den Vorhafen (Areal mittlerer Freihafen/Steinwerder) geschaffen. Für Drehmanöver von Großcontainerschiffen, die rückwärts in den KuhwerderVorhafen einlaufen, ist zu beachten, dass neben dem eigentlichen Drehkreis sowohl die Wasserfläche im östlichen als auch im westlichen Einfahrtbereich genutzt wird.

Wir können zusammenfassend festhalten, dass im Hamburger Hafen bei Anlegemanövern die derzeit 367 Meter lange Schiffe in einem Drehkreis von 320 Metern samt angrenzender Wasserflächen genutzt werden. In Zukunft sollen 400 Meter lange Schiffe in einem Drehkreis von 450 Meter samt angrenzender Wasserflächen gedreht werden.

Drehkreis FischmarktDas klingt wahrlich verrückt. So wissen wir doch, dass derartige Drehkreise laut internationaler Standards mindestens das 1,5-fache der Schiffslänge betragen müssen. Das wären 600 Meter Durchmesser für den Drehkreis vor dem CTT am Tollerort. Ein derartiger Drehkreis würde demnach erfordern, dass Teile vom Fischmarkt abgetragen werden. Genau die Stelle, wo wir das Bild der 366 Meter langen  “COSCO Netherlands” neben der Fischauktionshalle am Speicher gemacht haben. Nein, das geht nicht.

Wie sollen denn die CSCL-Riesen nun zum CTT kommen? Mit einem ähnlichen Manöver, wie die jetzigen Containerriesen vor Oevelgönne in dem viel zu kleinen Drehkreis rückwärts in den Parkhafen einfahren. Ist ja noch nichts passiert, mögen jetzt Menschen feststellen. Wir entgegnen: warum muss immer erst etwas passieren, damit international für sinnvoll erachtete Standards auch in Hamburg einziehen können?

Wir vermuten, dass Herr Olaf Scholz den chinesischen Reedereipräsidenten im November 2015 mitgeteilt hat, dass auch mit dem Abschluss der  Ausbaumaßnahme “Einfahrt Vorhafen/Innerer Hafen” keine 400 Meter langen CSCL-Riesen an das Tollerort-Terminal CTT einlaufen können. Na gut, er und sein HPA-Chef würden beide Augen zu drücken. Mehr geht nicht.” – heißt das auf Sch(olz)inesisch! Gut, dass da in der Bürgerschaft nachgefragt wurde.