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Arbeitsplätzchen

HHLA-CTB4Der Hamburger Hafen wird regelmäßig als Jobwunder angepriesen. Laut der Bedarfsbegründung für die Elbvertiefung (Pdf-Seite 29) sollen über 109.000 Arbeitsplätze in der Metropolregion Hamburg auf den Containerumschlag (Pdf-Seite 29) zurückzuführen sein. Im aktuellsten Senatsgutachten zur Hafenbedeutung (Pdf-Seite 11 ff.) wird der überwiegende Teil dieser Arbeitsplätze der “Hafenwirtschaft im engeren Sinnen”, also dem Landtransport auf Straße und Schiene sowie den Logistikdienstleistungen der Umschlagsbetriebe, Speditionen und Lagereien, zu geordnet.

CTD2“Im Rahmen von smartPORT-Projekten setzt sich die HPA auch mit dem Thema
Automatisierung auseinander. … Zu einem neuen smartPORT-Projekt mit dem Thema autonomes Fahren von Lkw im Hafen führt die HPA derzeit Gespräche mit möglichen Kooperationspartnern.” können wir in der Senatsantwort sieben zu einer Schriftlichen Kleinen Anfrage lesen. Etwas genauer wird es im Abendblatt: es geht um selbstfahrende Lkw. Führerlose Transportfahrzeuge sollen “für einen Einsatz auf häufig gefahrenen Strecken getestet werden, etwa als Shuttle-Service zum Leercontainerdepot. Die großen Terminals HHLA und Eurogate sind zunächst außen vor, da der laufende Betrieb nicht gestört werden soll.” Das Projekt, bei dem auf den Einsatz von Lkw-Fahrern verzichtet werden soll, sei schon weit fortgeschritten.

Aber nicht nur auf der Straße, sondern auch auf den Containerterminals sollen Arbeitsplätze verschwinden. Bereits im Februar 2016 wurde von Radio Bremen über Planungen einer vollautomatisierten Testanlage bei Eurogate in Wilhelmshaven mit “zwei Container-Brücken und vier Container-Transportern”HHLA-CTB2  berichtet: “Ein menschenleerer Automatik-Terminal mit selbstfahrenden Maschinen.” Laut Bericht soll bei Eurogate auch das Terminal CTH in Hamburg im Gespräch sein. Und was plant die HHLA?

Den Senatsantworten der o.a. Anfrage ist nicht viel zu entnehmen. Das HHLA-Terminal CTA in Altenwerder zeigt, wohin die Reise der Automatisierung gehen wird. Obwohl die Container-Brücken noch von Menschen bedient werden, werden die Container mit sogenannten AGV (Automated Guided Vehicles) vollautomatisiert wie von Geisterhand zu den wiederum vollautomatisierten Blocklagern gefahren. Das Stapeln der Container im Lager über VC (Van-Carrier) hat es am CTA nie gegeben.

VC’s gibt es aber noch beim Eurogate-Terminal CTH und bei der HHLA am CTB in Waltershof und am CTT am Tollerort. Diese stehen aber nicht nur am CTH laut der Radio Bremen Nachricht zur Diskussion. Am CTB werden laut Verkehrsrundschau seit Ende 2015 die existierenden Blocklager um weitere vier erweitert, die in 2017 fertig gestellt sein sollen. Von einem Verzicht auf bemannte VC und einem Einsatz von automatisierten AGV ist noch nichts zu lesen – wie lang noch?

Skuril sind die Begründungen für den Automatisierungszwang. Die Verkehrsrundschau (VR) und der o.a. Bedarf für die Elbvertiefung weisen immer wieder auf die steigenden Schiffsgrößen hin: “Es könne dann auch auf der Landseite Spitzenlasten besser bewältigen, die durch die zunehmende Zahl von Großschiffsanläufen erwartet werden.” schreibt die VR. Toll – Arbeitsplatzabbau und Umweltzerstörung durch eine Elbvertiefung für Großschiffe?

Nein, so ist es nicht. Die großen Schiffe kommen auch ohne Elbvertiefung weiterhin über die Elbe nach Hamburg – aber die Massen an Containern, die diese riesigen Schiffe in Hamburg umschlagen wollen, scheinen vom Hafen einfach nicht mehr bewältigt werden zu können. Als einzigen Ausweg suggerieren Hafenwirtschaft und Politik nun eine Automatisierung der Terminals und der Shuttle-Verkehre im Hafen. Entsprechende Arbeitsplatzverluste  werden in der smartPort-Diskussion weiterhin verschwiegen.

Und dann sind da ja auch noch die Hafenschlepper. Da könnte doch auch noch Personal eingespart werden. Die Senatsantworten auf eine Schriftliche Kleine Anfrage bestätigen diese Vermutung nicht. Aber es wäre doch sicherlich ein sehr interessantes smartPort-Projekt, dass der Senat bestimmt gerne fördern würde – insbesondere für die großen Containerschiffe könnten doch noch ein paar weitere “Arbeitsplätzchen” beseitigt werden?! Merkt ja, außer den Betroffenen, eh keiner so richtig. Wir werden es hören…

Kapazitätsausbau CTB

Hamburg soll in 2015 um die 9 Mio. TEU Container umschlagen, so sagt es Hamburg-Hafen-Marketing (letzter Absatz) voraus. Eurogate hat letztes Jahr am CTH knapp 2,3 Mio. TEU umgeschlagen und will diesen Umschlag auch in diesem Jahr erreichen. Für die HHLA verbleibt nach den verhaltenen Aussichten des Vorstandes ein Umschlag von 6,7 Mio. TEU.

HHLA-CTB2Am 01.10.2015 lesen wir im Hamburger Hafenblatt die Überschrift “100 Millionen für den Hamburger Hafen” zu den Ausbaumaßnahmen am HHLA-Terminal CTB am Burchardkai.

Schon wieder werden Millionen in die Hand genommen, um die Kapazitäten am CTB zu auszubauen. Die Bestellung neuer Containerbrücken für die Abfertigung der immer breiter werdenden Ultra-Large-Containerships (ULCS) von Anfang Juni 2015 und den Ausbau des Containerbahnhofs am Terminal (Stand September 2015) um weitere Gleise samt Straßenanbindungen sind bekannte Bauprojekte mit Millionenbeträgen. Vor diesem HIntergrund ergibt auch das Hafenbahnausbauprogramm der HPA im Rahmen des Gesamtprojekt Verkehrsanbindung Burchardkai (Stand September 2015) einen Sinn.

Und nun lesen wir vom Bau vier weiterer automatisierter Lagerblöcke. Diese weitere Maßnahme soll die Kapazitätsverdoppelung des Terminals im Vergleich zum Stand von 2007 nochmals voran treiben. Ziel ist es, das CTB auf eine Kapazität von 6 Millionen TEU pro Jahr auszubauen. Woher die Summe von 100 Millionen Euro kommt, können wir aus der Pressemitteilung der HHLA nicht ableiten. Die aufgelisteten drei Maßnahmen erscheinen uns deutlich teurer, zumal ja auch anscheinend die Anschaffung neuer automatisierter Transportfahrzeuge als Ersatz für die Van-Carrier hinzu kommen.

Angesichts des Planfeststellungsverfahrens zur CTH-Westerweiterung ist das Vorgehen der HHLA am CTB begrüßenswert. Statt immer mehr Fläche zu fressen – wie bei der geplanten Westerweiterung von Eurogate – werden die vorhandenen Flächen effizienter durch den Einsatz von automatisierten Laberblöcke genutzt: Bisher sollen auf den Flächen 4.000 TEU gelagert werden können, nach dem Umbau sollen es 8.200 TEU sein.

Acht dieser automatisierten Lagerblöcke soll es bereits geben – jetzt kommen noch einmal vier dazu. Auf gleicher Fläche würde das zu einer Kapazitätssteigerung von mehr als 100% führen. Respekt, das ist eine beeindruckende Steigerung der Flächeneffizienz. Völlig anders, als beim Nachbarn und Konkurrenten Eurogate, der seine Terminalkapazität nur ineffektiv über eine massive Flächenausweitung steigern kann.

HHLA-CTB4Es gibt aber auch einen großen Haken an der Maßnahme der HHLA. Bisher werden die Container zwischen Schiff und Lagerplatz mit einem Van-Carrier (Bild) befördert. Diese “Ungetüme” werden aus einer Fahrerkanzel in über 10 m Höhe von Menschen gefahren. Jeder im Einsatz befindliche Van-Carrier bedeutet also Arbeitsplätze: Wir rechnen, dass für einen 24-Stunden-Betrieb mit drei Schichten drei Fahrer pro Van-Carrier beschäftigt sind. Urlaub, Krankheit etc. nicht einberechnet.

In der Pressemitteilung der HHLA ist zu lesen, dass die Van-Carrier von automatisierten führerlosen Fahrzeugen abgelöst werden, wie es diese schon jetzt am Containerterminal Altenwerder mit der Bezeichnung AGV HHLA-CTB3gibt. Wenn z. Zt. also noch 134 Van-Carrier in Betrieb sind, bedeutet das, dass für mindestens 402 Menschen der bisherige Arbeitsplatz am CTB wegrationalisiert wird. Die Fahrerkanzeln bleiben leer! Stillschweigen in Hamburg bei der Gewerkschaft aber auch der HHLA über diese Rationalisierungsinvestition am CTB.

Wer kann in dieser Stadt überhaupt noch denken und rechnen?
Die HHLA schlägt dieses Jahr in Hamburg rund 6,7 Mio. TEU um. Warum muss dann überhaupt das CTB auf eine Kapazität von 6 Mio. TEU ausgebaut werden, wenn es dann zugleich noch zwei weitere HHLA-Terminals, CTA und CTT, mit jeweils 4 Mio. TEU Kapazität gibt? Warum müssen wir rund 500 Mio. Euro für die Westerweiterung des CTH ausgeben, wenn Eurogate die bestehenden Kapazitäten von 4 Mio. TEU bei ineffizientester Terminalorganisation gerade zur Hälfte nutzt?

Hamburg und der Bund wollen Milliarden dafür ausgeben, dass die Elbe vertieft und die Hinterlandkapazität ausgebaut wird. Die HHLA nimmt hundert Millionen für die arbeitsplatzsparende Optimierung der Terminalkapazität aus. Das alles nur für ULCS, die niemals im Leben Hamburg voll beladen anlaufen werden und es mit der anstehenden Elbvertiefung auch nie können werden? Das alles für den vermeintlichen Job-Motor Hafen, mit dem alle Vorhaben begründet werden?

In Berlin in Sachen BER scheint langsam das Denken einzusetzen. Erste Gedanken zu einer Neukonzeption des unglaublichen Flughafenprojektes werden sogar von staatstragenden Politikern geäußert. Hoffentlich wird dieses “Nachdenken” zu dem unglaublichen Projekt Elbvertiefung endlich auch in Norddeutschland einsetzen.

PLANCO’s Peinlichkeit

Vor wenigen Tagen wurde auf den Seiten der HPA das “berühmt-berüchtigte PLANCO-Gutachten”, das für das Rumgeistern von sagenumwobenen 150.000 und am CTHArbeitsplätzen durch die Existenz des Hamburger Hafens verantwortlich ist, veröffentlicht. Um es genauer zu beschreiben: es ist lediglich die jährliche Fortschreibung des in 1997(!) von PLANCO erstellten Gutachtens. Das ursprüngliche Gutachten wurde für die Begründung der achten Elbvertiefung verwendet, und mit wenigen Modifikationen in 2004 auch für die jetzt vor Gericht stehende neunte Elbvertiefung produziert.

Mit der jetzt veröffentlichten Aktualisierung bekommen wir erneut die Arbeitsplatzzahlen des Jahres 1997, multipliziert mit Produktivitäts- und Umschlagssteigerungen auf das Jahr 2013 hochgerechnet, so lesen wir auf Seite 2 der Hauptstudie: “Generell orientiert sich die Methodik der Untersuchung zu Arbeitsplätzen und Wertschöpfung sowie Einkommens- und Steuereffekten durch den Hamburger Hafen an der Vorgehensweise der Studie „Bestimmung der regional- und gesamtwirtschaftlichen Bedeutung des Hamburger Hafens“ aus dem Jahr 2003. Hierbei handelte es sich um eine methodisch leicht modifizierte Variante der Studie aus 1997.” Die Form der Fortschreibung ist dabei seit einigen Jahren ein dicker Fauxpas für die Wirtschaftswissenschaften. Es gibt wenig bessere Beispiele, wie Wissenschaftler, hier die Ökonomen, ihre wissenschaftliche Disziplin öffentlich der Wissenschaftlichkeit berauben. Zum Schämen.

Die Veröffentlichung jener mit Steuergeldern bezahlten  “Fortschreibung der Berechnung zur regional- und gesamtwirtschaftlichen Bedeutung des Hamburger Hafens für das Jahr 2013” nimmt in Hamburg aufgrund der Peinlichkeit nicht einmal mehr das Abendblatt oder der NDR zur Kenntnis. Lediglich Hamburg-Hafen-Marketing berichtet in einer Pressemitteilung von diesem “Fortschreibungs-Ereignis“.

Zusammengefasst: in der Metropolregion Hamburg, die bekanntermaßen rund 500 Meter vor dem Bremerhavener Containerterminal CT4 in Weddewarden endet, sind nun 153.300 Arbeitnehmer hafenabhängig beschäftigt. Genau 126.921 Arbeitnehmer arbeiten dabei in Hamburg. Als indirekt Hafenabhängig Beschäftigte gelten weiterhin die Bäcker, die in Hamburg den Schleppermatrosen das Brot backen, die Bankangestellten, die den Hafenbeschäftigten das Bargeld auszahlen, die HADAG-Fährkapitäne, die die Hafenarbeiter und “Losten” von und zum Hafen bringen, aber auch das Personal am Rastplatz Hochfelln-Süd an der A8, das einem Trucker die Tankabrechnung aushändigt.

3 von 153.300
Drei von den 153.300 Beschäftigten?

Losten kennen Sie nicht? Wir auch nicht, aber dieser Tippfehler ist nun seit mehreren Jahren in den jährlich aktualisierten PLANCO-Fortschreibungen immer wieder auf der Seite 18 zufinden: der Gutachtentext zu den PLANCO-Fortschreibungen 2011 und 2012 scheint weder vom Auftraggeber, der HPA und dem Senat, noch vom Ersteller PLANCO selber gelesen worden zu sein. Er wurde jeweils nur marginal verändert. Nein, nicht auf die Jahreszahlen – die sind an vielen Stellen über die Jahre unverändert und falsch geblieben. Nicht einmal die Herleitung der Zahlen ab dem Kapitel 3. ist korrekt angegeben.

In Hamburg scheint das alles egal zu sein. Da liest man gerade Kapitel 1 und achtet darauf, dass die Zahlen auf den bunten “Sahne-Torten” (Kreisdiagramme) dargelegt sind. Wie PLANCO die Zahlen auf den Torten ermittelt hat, also die Ausführungen ab Kapitel 3, die interessieren bei den Verantwortlichen schon keinen mehr. Schön, dass diese Zahlen aber immer wieder verwendet werden: vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig und beim Planfeststellungsverfahren zu Westerweiterung…

Eurogate – toller Rekord?

Am 21. Mai verkündet Eurogate Hamburg einen (vermeintlich) tollen Rekord und das Hamburger Abendblatt bricht in unkritischen Jubel aus: Innerhalb von 52 Stunden, einschließlich An- und Ablegen, wurden bei einem einzigen Containerschiff, einem großen Containerschiff mit 9.500 TEU Kapazität, insgesamt 11.624 TEU ent- und beladen. Eurogate klopft sich auf die Schulter, wie reibungslos alles verlaufen ist und verkündet, dass das die Zukunft des Hamburger Hafens ist.

Aber – der aufmerksame Mensch bemerkt:

  • Binnen 52 Stunden konnte nur 1 Lotsenteam zum Einsatz kommen.
  • Binnen 52 Stunden wurde lediglich für 1 Schiff Festmacher angeheuert,
  • Binnen 52 Stunden wurde nur für 1 Schiff Schlepperunterstützung benötigt.
  • Binnen 52 Stunden hatte lediglich eine Schiffscrew die Möglichkeit zum Landgang (wenn überhaupt) und somit die etwaige Möglichkeit, den stationären Einzelhandel zu nutzen.
  • Innerhalb von 52 Stunden gab es lediglich für 1 Schiff Bunkerbedarf – im Bereich Lebensmittel sicherlich nur begrenzt.

Üblicherweise werden 2.000 bis 4.000 Container pro Schiff bewegt. Das heißt, in der Zeit des “Rekords” hätten 2 bis 3 Schiffe abgefertigt werden können. Das hätte folgende Zahlen bedeutet:

  • Zwei bis drei Lotsenteams in Arbeit
  • 2 – 3 Mal Schleppereinsatz,
  • 2 – 3 Festmachergruppen vor Ort,
  • 2- 3 Crews (in der Summe sicher deutlich mehr Menschen), die den Einzelhandel hätten stärken können und
  • 2 – 3 Mal mehr Bunkerumsatz.

Die Containerschiffe werden immer größer. Die potenzielle Zahl der Container, die somit bei nur einem Schiff bewegt werden können, steigt . Die Kehrseite: Die Schiffszahl wird weniger. Damit sinkt auch die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer. Ist das wirklich die von uns gewünschte Zukunft in der Hafenwirtschaft?