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Einmal Nummer 1 sein?

Der Hamburger Hafen hatte in den Bilanzen des letzten Jahres nicht viel Positives aufzuweisen. Die Containerumschlagzahlen fielen gegenüber dem Vorjahr um rund 10% zurück auf das Niveau von 2006 und die einst prognostizierten Werte werden niemals erreicht werden.

Doch nun können wir über einen Aufschwung berichten: Der Waffen- und Rüstungsexport über den Hamburger Hafen ist deutlich voran gekommen, gegenüber 2014 kann hier eine Steigerung von 13,2% verzeichnet werden.

AtlanticCompanion2Herzlichen Glückwunsch, Hafen Hamburg – oder besser doch nicht. In der Bundestags-Drucksache 18/7331 zur Frage 26 (Seite 18f) finden wir kurz und knapp eine Übersicht über die Rüstungsexporte, die in 2015 über den Hamburger Hafen verschifft wurden:

  • Flugabwehrpanzer, Sonderwerkzeuge, Automatikgetriebe, Gelenkwellen, Teile für bewaffnete oder gepanzerte Fahrzeuge, Ersatzteile für Panzer = 3.598 Packstücke im Gesamtwert von 90,6 Mio EUR.
  • Küstenschutzschiffe, U-Boote, Ersatzteile / Materialpakete für U-Boote = 2.604 Packstücke im Gesamtwert von 270,3 Mio EUR.
  • Repetiergewehre (Kaliber 7.62x54Rmm und 8x57mm), Büchsen (Kaliber 7,62 x 39 00), inkl. Zubehör = 417 Packstücke im Gesamtwert von 0,4 Mio EUR.

Es ist kniffelig, an diese Informationen zu kommen. Die Abgeordneten müssen die internationalen 8-stelligen Warencodes abfragen. In der Auflistung der Bundestags-Drucksache sind daher nicht alle Rüstungsgüter aufgeführt. “Dazu kommen nach Schätzungen rund 1000 Container pro Jahr mit Munition, die von Hamburg aus exportiert werden – Granaten, Minen und Patronen.” schreibt das Hafenblatt. Letztere muss man sich mühevoll aus schriftlichen kleinen Anfragen zu Rüstungstransporten aus dem GEGIS-Verzeichnis bzw. neuerdings aus den Veröffentlichungen im Transparenzportal (Suchbegriff “Waffen” funktioniert nicht, Suchbegriff “Munition” bringt Ergebnis) zusammen rechnen. “Hinzu kommen Kleinwaffen wie zum Beispiel das Sturmgewehr G36 sowie Waffensysteme und Rüstungsgüter, die nicht in der Datenbank GEGIS erfasst werden, weil sie nicht als Gefahrengut gelten.” finden wir des Weiteren in einem Antrag an die Bürgerschaft vom Januar 2014.

RathausAhnenHamburg muss in Sachen Hafen umsteuern, konnten wir in den letzten Wochen lesen. Nur auf Containerschifffahrt fixiert sein, führt vermutlich gegen die Wand. Aber dabei auf Rüstungsexporte zu setzen, kann keine Lösung sein. Doch die Stadt und die maritime bzw. Hafenwirtschaft in Hamburg sind nicht bereit, auf diesen Exportschlager über den Hamburger Hafen zu verzichten. In dem vorgenannten Antrag sowie in einem Antrag von von Februar 2014, beide wurden am 22.01.2015 beraten, ging es darum, dass der Hamburger Senat Möglichkeiten prüft und Alternativen aufzeigt, den Waffenexport über den Hafen einzustellen. Beide Anträge wurden einvernehmlich abgeschmettert.

Wir halten es da lieber mit dem ehemaligen Hauptpastor der St. Petri Kirche, Christoph Störmer, in der Mönckebergstraße und seinen Mitstreitern im “Hamburger Bündnis gegen Waffenexporte”: “Nummer 1” sein ist sicherlich schön, aber bitte nicht um jeden Preis. Hamburg sollte sich den Titel lieber damit verdienen, die Rüstungsexporte, die ihren Anteil an der Zuwanderung von Flüchtlingen in Deutschland haben, zu beenden. Kein Exporthafen, keine Rüstungsexporte, keine Toten im Krieg durch deutsche Waffen!

Zu Atomtransporten, die nahezu jeden zweiten Tag über den Hamburger Hafen gehen, sind wir heute nicht eingegangen. Sie gehören jedoch ebenfalls zu den Themen, die kein Ruhmesblatt für den Hamburger Hafen sind.

Recht und Transparenz

SchornsteinErinnern Sie noch die Rauchschwaden der Yang Ming Utmost beim Auslaufen des Hafens am 04.10.2014? Große Worte von Schadensersatz für die Umweltverschmutzung waren damals im Raum. Rund ein dreiviertel Jahr später erfahren wir ganz versteckt, dass das Verfahren gegen die Besatzung eingestellt wurde. Ob es noch ein Verfahren gegen die Reederei oder den Kapitän gibt ist unbekannt. Es scheint also kein Gerichtsverfahren angestrengt zu werden – kein Bußgeld! In Hamburg haben alle Verantwortlichen die Augen fest zugedrückt – so eine Rußwolke kann doch wohl mal jedem passieren, oder?

AtlanticCompanion2Da brennt ein mit Uranhexafluorid beladener Frachter namens “Atlantic Cartier” nur wenige Meter vom Hauptverantstaltungsort des Kirchentages in der HafenCity am 01.05.2013 lichterloh ab und…?  Richtig, nichts passiert- es werden alle Augen feste zusammengedrückt. Dass kein Feuerwehrboot einsatzfähig ist, dass das Havariekommando keine Ursache ermitteln kann… All das wäre bei einem Flugzeugabsturz unvorstellbar – im Hamburger Hafen ist das normal.

Augen zu drücken tut man ja auch gern mal bei den Atomtransporten.Hapag-Lloyd6 Da werden denn schon gern mal ein paar Waggons mit atomarer Ladung im Hafen am Terminal nicht abtransportiert, sondern einfach stehen gelassen. Psst, kein Wort darüber verlieren – so ein kleines Zwischenlager kann doch wohl mal jedem passieren? So in der Art muss der Senat in seiner damaligen Antwort auf eine kleine Anfrage gedacht haben.

Es ist aber doch rausgekommen, weil engagierte Menschen am 15.08.2014 am Süd-West Terminal bei der Firma C. Steinweg die dort verbliebenen vier Containerwagen genau angesehen haben. Die unwahren Senatsantworten zu Frage 7 kamen durch diese Menschen an das Tageslicht und wurden durch eine nachträgliche Korrektur berichtigt. Na und?

Die Menschen, die diese engagierte Aufklärung betrieben haben, werden nun über das Konstrukt “Hausfriedensbruch” am 11. Dezember 2015 vor Gericht gestellt werden. Einen Vorgeschmack auf dieses Verfahren gibt ein aktuelles Gerichtsurteil, über das heute in der Mopo berichtet wurde. Am 18. August 2014, also drei Tage nachdem das o.a. atomare Zwischenlager im Hafen samt Senatsunwahrheiten aufgeflogen war, hatten wiederum engagierte Menschen den Abtransport eines weiteren mit atomaren Material bestückten Containerzuges blockiert. Diese Menschen wurden gestern zu 50 Tagessätzen verurteilt.

In Hamburgs Hafen geht alles prima und gerecht zu: eine saftige Rußwolke, eine Beinah-Katastrophe auf dem Kirchentag oder falsche Antworten des Senates gegenüber der Bürgerschaft werden flugs unter den Teppich gekehrt – Menschen, die diesen Teppich aufdecken wollen und z.B. auf atomare Zwischenlager in unmittelbarer Nähe der Hafen-City hinweisen, wird dagegen eine kräftige Harke gezeigt.

Ach ja, das Vierteljahr in Sachen Atom- sowie Waffen- und Munitionstransporten ist wieder um. Abgeordnete der Hamburger Bürgerschaft haben dankenswerterweise mit ihren Schriftlichen Kleinen Anfragen erneut die Entwicklung des Hafenumschlages bei diesen zweifelhaften Gütern nachgefragt. Während die Senatsantworten zu den Atomtransporten wieder einer lange erschreckende Liste als Anlage enthalten, die die Notwendigkeit des Engagements der o.a. Menschen erneut deutlich unterstreichen, scheint der Senat bei den Gefahrguttransporten keinen “Bock” mehr auf schriftliche kleine Anfragen zu haben. In den Senatsantworten wird erstmalig auf ein im Transparenzportal hinterlegtes Berichtswesen verwiesen. Ups? Das ist neu? Nee, der Senat hat es nur erst jetzt bekannt gemacht – wir Deppen scheinen wirklich zu doof zu sein. Da macht der Senat mal so richtig einen auf Transparenz und keiner nimmt es wahr. Ja warum wohl nicht? (Wer diese Frage nicht versteht, möge selber einmal das Transparenzportal bemühen.)

Falls Sie das neue Berichtswesen des Senates zu den Waffen- und Munitionstransporten nicht auf Anhieb finden konnten, finden Sie die Berichte nachfolgend: