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Ahnungslos

Hapag-LloydDas es der gesamten Branche der Containerschifffahrt zwei Monate nach dem Börsengang von Hapag-Lloyd nun derart schlecht geht, konnte nun wirklich keiner ahnen. So sind wir froh, dass der Vorstandschef von Hapag-Lloyd, Herr Rolf Habben Jansen gestern nun endlich Klartext gesprochen und uns das, was keiner ahnen konnte, erläutert hat.

Hapag-Lloyd reagiert jetzt sogar auf die schlechte Lage in der Schifffahrt. So erfahren wir, dass 23 große Containerschiffe aus der Hapag-Lloyd Flotte herausgenommen und aufgelegt wurden. Nur noch 175 Frachter von ehemals 198 Schiffen sind derzeit aktiv im Geschäft. “Wir geben Schiffe zurück, lassen sie reparieren und verzichten auf Reisen” und  der “Konzern müsse seine Kapazitäten an die Nachfrage anpassen – und die gehe auch wegen der Wirtschaftskrise in China zurück.” Als Branchenprimus Maersk im Oktober 2015 schwere Turbulenzen im Containergeschäft  einräumte, konnten diese ja in keinem Falle für Hapag-Lloyd gelten, oder?

Ganz offen benennt Herr Habben Jansen nun sogar die Verantwortlichen für diese Entwicklung. So sind wir überrascht, dass wir die Namen der größten Konkurrenten von Hapag-Lloyd, namentlich Maersk, CMA-CGM, MSC sowie der asiatischen Staatsreedereien hören: Die derzeitigen Frachtraten würden zum Teil nicht einmal die Betriebskosten des Schiffs abdecken. “Es macht doch keinen Sinn, Kapazitäten anzubieten, die nur Verluste einfahren“.

Nein, das macht es nicht – da stimmen wir Herrn Habben Jansen vollkommen zu, der uns noch im November 2015 den Börsengang mit der finanziellen Notwendigkeit zur Anschaffung von sechs Riesenschiffen begründet hatte. Nun scheint es sich aber über Nacht alles ganz anders entwickelt zu haben: “Ein Grund für die fatale Entwicklung ist, dass die Großreedereien mehrere Dutzend Schiffe mit Platz für mehr als 20.000 Container angeschafft haben und diese Riesen nun auslasten müssen. Ähnlich, wie es lange Jahre in der Luftfahrt der Fall gewesen ist, bieten diese Reedereien dann Transportplätze für wenig Geld an, nach dem Motto: Wenn das Schiff ohnehin unterwegs ist, sollen wenigstens einige Dollar für die freien Plätze hereinkommen.

Das wird unsere Industrie verändern“, sagte Habben Jansen und meint damit jene vier weltweiten Kooperationen, in denen die Konzern sich verbündet haben. So verliert Hapag-Lloyd durch die jüngsten Übernahmen seinen Allianzpartner NOL.” Ach wirklich? Und wie wird es dann weiter gehen?

Noch am 24.12.2015 hatte uns das Hamburger Hafenblatt mit einem rührenden Artikel zur wundersamen Rettung des Börsenganges beschert. Das was unterm Tannenbaum noch mit viel Lametta vermeintlich glänzte, sieht urplötzlich alles nun ganz anders aus. Jetzt wäre es an der Zeit, dass der Senat seiner Bevölkerung folgende Themen erläutert:

  • Wieviele Millionen Euro müssen nun zum Stichtag 2015 von der HGV, dem Besitzer der städtischen Hapag-Lloyd-Aktien tatsächlich abgeschrieben werden? Reicht die bereits angeführte halbe Milliarde aus, wenn schon der Vorstandschef in der Containerschifffahrt nur dunkle Wolken erkennen mag?
  • Wenn schon der Hapag-Lloyd-Chef die Sinnhaftigkeit von Riesenschiffen in Frage stellt, warum muss dann für diese ökonomisch unsinnigen Schiffe, für die es nachweislich keine Ladung gibt, noch die Elbe vertieft werden?
  • Warum sollen weitere Millionenbeträge an Steuergeldern zum Ausbau des Containerumschlages, z.B. die Westerweiterung ausgegeben werden, wenn diese mangels Containern nicht genutzt werden können?
  • Warum schärft im Hamburger Senat keiner das Profils des Universalhafens Hamburg? Die Containerisierung hat den Zenit erreicht und es wäre höchste Zeit, sich um die Kompetenz in anderen Umschlagsbereichen, z.B. Stückgut zu kümmern.

Sicherlich werden wir in den nächsten Woche viele “teure Antworten” von einem völlig überraschten Senat hören, der das alles ja nicht ahnen konnte.

Maersk hustet

Hapag-Lloyd 15Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher lobte den Börsengang von Hapag-Lloyd am Dienstagabend im Bürgerschaftsausschuss für öffentliche Unternehmen: “Der Börsengang ist insgesamt ein sehr gutes Ergebnis. Fremdkapital in Höhe von rund 300 Millionen Euro kann jetzt durch Eigenkapital abgelöst werden. Das ist ein konkreter Vorteil für das Unternehmen“, sagte er gegenüber der Welt. Perspektivisch bleibe es dabei, dass sich die Stadt bei Hapag-Lloyd zurückziehe. Die Stadt Hamburg wie auch die anderen Aktionäre könnten “in Zukunft von der Möglichkeit profitieren, Aktien zu verkaufen, ohne die Stabilität von Hapag-Lloyd zu gefährden“, sagte Tschentscher heute auf NDR90,3.

Und eine dicke Sahnehaube setzte dann im Bürgerschaftsausschuss noch der HGV-Chef Rainer Klemmt-Nissen laut Welt dem Börsengang auf: “Ich würde nicht davon ausgehen, dass 20 Euro je Aktie eine faire Bewertung des Unternehmens darstellen“, sagte er. Erstnotierungen seien immer mit Preisabschlägen verbunden. Auf die Frage der Abgeordneten, wann und wie stark die Stadt ihre Hapag-Lloyd-Anteile abwerten müsse, sagte Klemmt-Nissen: “Wir stehen nicht unter Zeitdruck. Die Anteile sind bei uns als Anlagevermögen verbucht und nicht als Umlaufvermögen. Entscheidend ist, welche wirtschaftlichen Perspektiven wir und die Wirtschaftsprüfer gemeinsam mit dem Management dem Unternehmen zumessen.” Man werde für den Jahresbericht 2015, der im Frühjahr 2016 erscheint, eine Neubewertung vornehmen. Tschentscher pflichtete dem bei. Es sei durchaus realistisch, über die Entwicklung an der Börse wieder an den Wert von rund 41 Euro heranzukommen, den die Stadt 2012 bezahlt habe, sagte der Finanzsenator.

Also laut Senat beste Vorzeichen für die Erstnotierung von Hapag-Lloyd am kommenden Freitag. Nach der unterbewerteten Erstnotierung  wird die Aktie es allen Skeptikern zeigen!

Wenn da nicht die kleine neue Nachricht vom Branchenprimus Maersk von heute mittag wäre: “Das dänische Transportunternehmen Maersk Line hat Maersk3angekündigt in den nächsten zwei Jahren rund 4000 Arbeitsplätze zu streichen. Man sei daran, die Organisation des Unternehmens zu verschlanken und zu vereinfachen, heisst es in einer Mitteilung.Begründet wird der Schritt mit negativen Marktaussichten. Maersk Line ist die grösste Containerschiffreederei der Welt. Sie besitzt über 600 Containerschiffe und beschäftigt gut 32’000 Angestellte.” Auf den Seiten der Maersk-Line finden wir die Bestätigung zur kleinen Nachricht. Ganz nebenbei lesen wir dann auch noch, dass das Neubauprogramm für neue Containerriesen vollständig gestoppt wurde: “Maersk Line will continue to manage capacity and does not plan to exercise the previously announced options for six (6) 19,630 TEU vessels and two (2) 3,600 TEU feeders and will postpone decision on the optional eight (8) 14,000 TEU vessels.” Wenn Maersk in dieser Situation schon hustet, welches Wundermittel soll denn dann Hapag Lloyd zum Schutz geschluckt haben?

Was für den Branchenprimus gilt, muss natürlich noch lange nicht für “unser” Wunderkind vom Ballindamm gelten. Die Staatsreeder im Rathaus kennen sich mit diesen Themen anscheinend deutlich besser aus. Nein, nicht erst seit dem Ersterwerb der Hapag-Lloyd-Beteiligung im Jahre 2008. Aus dem Hamburger Rathaus belehrt der Senat samt seiner seefahrenden Kaufmannschaft seit nun über 826 Jahren mit maritimer Spitzenkompetenz die Welt! Und dieses macht man seit dem 7. Mai 1189 in hanseatischer Tradition ausschließlich mit Recht und Ehre .

Keine Notbremse – Crash!

Hapag-LloydHeute Abend hat Hapag-Lloyd mit einer Ad-hoc-Mitteilung den Preis für die Einführung der Aktien an der Börse benannt: 20 Euro lautet dieser und liegt erwartungsgemäß am unteren Ende der Spanne von 20 bis 22 Euro. Die Nachfrage nach den Aktien muss dünn gewesen sein. So wurde nicht einmal der von TUI gefüllte Greenshoe benötigt, wie man den Worten “vorbehaltlich der vollständigen Ausübung der Greenshoe-Option” entnehmen kann.

Also liebe Hamburgerinnen und liebe Hamburger, an diesem Abend wurden auf einen Schlag vom Hamburger Senat rund eine halbe Milliarde Hamburger Steuereuros verbrannt. Kein wirklich gutes Gefühl. Es ist sehr bedrückend.

Aber unser Senat weiß genau, wofür das für uns Hamburgerinnen und Hamburger gut sein soll. Egal was passiert, der Senat, egal mit welcher Farbkonstellation, hält stur an seiner Politik fest. Da kann der Sumpf noch so tief sein: aus dem Rathaus schallt weitermachen. Unvorstellbar – was muss denn in so kurzer Schrittfolge noch alles passieren?

Die 800 Mio. € teure Elphi ist immer noch nicht vollständig aufgeklärt (geschweige denn eröffnet), die HSH-Nordbank brennt mit über 3 Milliarden lichterloh und kurz vor dem milliardenschweren Olympia-Referendum zu Ende November wird mal eben eine halbe Milliarde für Hapag-Lloyd entzündet. Für die angebliche Senats-Goldgrube Hafen sind auf der Senatsliste weitere Euro-Großverbrennungen in Planung:

und noch viele “kleine” Millionenprojekte mehr.

Mit diesen riesigen Geldsummen wurde nicht ein Flüchtling in Hamburg menschenwürdig untergebracht, keine Schule oder Universität mit Lehrmitteln ausgestattet und kein Altersheim oder Wohnraum für Familien gebaut.

Die Höhe dieser Senats-Peanuts, zumindest in Sachen Hapag-Lloyd-Börsengang, versucht eine Schriftliche Kleine Anfrage in der Bürgerschaft in Erfahrung zu bringen. Das Ergebnis werden wir in einer Woche lesen können.

 

Direkt ohne Hamburg

Hapag-Lloyd6Während die Hamburger Hafenwirtschaft samt Senat dicke Krokodilstränen über den sinkenden Containerumschlag im Hafen weinen und nicht müde werdend auf das eingebrochene Russlandgeschäft verweisen, hat gestern nachmittag eines der größten Hapag-Lloyd-Schiffe, die “Hong Kong Express” das CTA in Hamburg zu ihrem zweiten Direktanlauf nach Danzig in die Ostsee verlassen. Das Schiff wird dort Container löschen und aufnehmen, die noch wenige Wochen zuvor in Hamburg umgeschlagen und per Feederschiff zwischen Hamburg und Danzig transportiert wurden.

Seit ein paar Wochen wird also anscheinend die  Hamburg mit ihrem Hafen von ihrem Schützling, der Staatsreederei Hapag-Lloyd “links” liegen gelassen. Am 11. August 2015 war es erstmalig soweit: Hapag-Lloyd nahm mit der Hong-Kong-Express den ersten Direktanlauf nach Danzig vor. Kein Wort im hiesigen Hafenblatt oder auf den Seiten von Hamburg-Hafen-Marketing (HHM)! Letztere konnte eine Woche später am 17.8.2015 die oben angeführten Krokodilstränen auf ihrer Halbjahrespressekonferenz 2015 verschütten. Erklärungen und Ursachen von HHM? Da lachen ja nicht nur die heimischen Möwen…!

Ladung sucht sich eben ihren Weg” ist das der Naturwissenschaft durch Hamburger Senat samt Hafenwirtschaft entwendete Credo. Mit diesem Satz sollen Naturgesetze aus der Physik, z.B. der Blitz eines Gewitters in ökonomische Sachverhalte überführt werden. Naturgesetze gelten für Jeden gleichermaßen und sind zudem präzise beschrieben – man kann gegen diese bekanntlich nicht verstoßen. Für Politik und Wirtschaft, insbesondere um den Hafen Hamburg und die anstehende Elbvertiefung, gelten mit bestechend anmutender Präzision regelmäßig andere Regeln. Jedenfalls keine Regeln, die etwas mit “Ökonomischer Wissenschaft” zu tun haben könnten.

Nun mag man meinen, dass ein paar wenige Direktanläufe in die Ostsee durch ein Hapag-Lloyd-Schiff keine großen Auswirkung haben könnten. Ein Blick auf die zugehörige Pressemitteilung von Hapag-Lloyd und seiner G6-Allianz beweist das Gegenteil. Einmal in der Woche wird Danzig als Endpunkt auf dem Loop 7 der G6-Allianz, einem Liniendienst mit dem anderen Endpunkt Tsingtau, angelaufen. Götheburg ist ein weiterer Ostseehafen, der zuvor über den Hamburger Hafen gefeedert wurde.

Nicht, dass wir falsch verstanden werden: wir hegen keinerlei Groll gegen das polnische Danzig oder das schwedische Götheburg. Überhaupt nicht. Wir verstehen nur nicht die Hamburger Senatslügen, die uns regelmäßig um den Hamburger Gottesstaat, dem Hamburger Hafen, auf den Tisch gelegt werden.

  • Wie können nur Krokodilstränen geweint werden, wenn meine eigene Staatsreederei kräftig zu diesem Ladungseinbruch beiträgt?
  • Wie verlogen ist das, wenn ich damit meine eigene Umschlagsgesellschaft HHLA, die sich zudem mit Hapag-Lloyd das CTA-Terminal in Altenwerder teilt, schädige?
  • Wie kann ich nur einen Hapag-Lloyd-Börsengang unterstützen, der den Hamburger Haushalt mit hunderten von Millionen Euros an Kosten belastet,
  • nur damit von Hapag-Lloyd Schiffe gekauft werden können, die nicht mehr unter der Köhlbrandbrücke durchpassen? Die dann durch Hamburg neu gebaut werden muss?
  • Warum ist das Feedern größter Schiffe am Jade-Weser-Port zum Weitertransport nach Hamburg aus Senatssicht Teufelswerk? Warum werden Direktanläufe der Staatsreederei in die Ostseehäfen dagegen für so gut befunden, dass man dafür einen Börsengang mit der Brechstange und hundeten von Millionen Euro gutsagt?
  • Warum muss die Unterelbe für einen milliardenschweren Unsinn vertieft werden?

Mit Naturgesetzen oder Wissenschaft hat das nichts zu tun. Hätte sich der Senat die “ökonomischen” Gutachten, z.B. die von ihm in Auftrag gegebene ISL-Potenzialprognose 2015, genau durchgelesen, hätte er diese Sachverhalte sehr einfach erkennen können. In der Potenzialprognose ist auf Pdf-Seite 99 ff. zu finden:

  • Mit Blick auf Direktanläufe in die Ostsee, …, sind mehrere Szenarien denkbar. Liniendienstkostenkalkulationen des ISL zeigen, dass sich dieses Modell nur bei niedrigen Charter- bzw. Opportunitätskosten rechnet – wie sie seit 2009 durch das Überangebot an Schiffsraum praktisch ununterbrochen vorherrschen.
    Das Kriterium ist erfüllt!
  • Eine weitere Rolle spielen die Umschlagtarife in den Ostseehäfen (derzeit v.a. Danzig), die ggf. das Pendel zugunsten der Direktanläufe umschlagen lassen. Es wäre daher aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht durchaus denkbar, dass bei steigenden Charterraten und höherer Auslastung der Containerschiffsflotte der Reederei Maersk die Direkteinläufe in die Ostsee wieder einstellt werden. Dagegen sprechen jedoch einige weiche Faktoren wie das erfolgreiche Marketing für die Direktverladung über polnische Häfen bei den polnischen Verladern und generell die erfolgreiche Einführung dieses Modells im Markt. In der Folge könnten andere große Reedereien oder Allianzen ähnliche Modelle einführen und somit das Volumen noch steigern.
    Die weichen Faktoren haben sich im Markt durchgesetzt – erfüllt!

Die Gutachter kommen zu dem Schluss: “Dies bedeutet auch, dass sich das Modell der Direktdienste nur für sehr große Marktspieler lohnt, die ausreichende Volumen bündeln können. Hier kommen also nur die aktuellen Allianzen oder Reedereiverbunde 2M, O3, CHKYE oder G6 infrage.Hapag-Lloyd mit der G6-Allianz ist ein derartiger Reedereiverbund!

MSC Japan hinter der kurischen Nehrung

Die heutige Geschichte mit den Direktanläufen hat noch kein Ende. Selbst in “der Welt” hat man in “Direkt nach Danzig” die Zeichen der Zeit wahrgenommen, aber nicht verstanden. Im litauischen Klaipeda/Memel ist die 240 Meter lange “MSC Japan” mit 3.400 TEU Kapazität regelmäßig beim 14-tägigen Anlauf zu beobachten. Der Hafennachbar im russischen Kaliningrad/Königsberg plant den erheblichen Ausbau der eigenen Container-Umschlagskapazitäten bis zum Jahr 2018.

Hamburger Senat – bitte wach doch endlich auf! Wir brauchen unsere Haushaltsmilliarden für unsere in Hamburg lebenden Menschen und nicht für die wirtschaftlich unsinnige Zerstörung unserer Unterelbe!

Milchmädchenrechnungen?

Beim Lesen eines Beipackzettels zu einem ärztlich verordneten Medikament beschleicht den Patienten regelmäßig ein ungutes Gefühl. Der kilometerlange kleinbedruckte Zettel hinterlässt einen „versteh ich nicht“-Eindruck bis zu einem „will ich alles lieber gar nicht wissen“. So ist man froh, wenn man sich auf den Arzt seines Vertrauens verlassen kann.

Heute, am späten Nachmittag, ist die zweite Ergänzung zum Börsenprospekt von Hapag-Lloyd veröffentlicht worden. Begleitet von einem NDR-Radiobericht zur Senkung der Preisspanne auf nunmehr 20 bis 22 Euro, lesen wir den Börsenprospekt und versuchen zu verstehen. Schnell werden wir an oben beschriebenen Beipackzettel erinnert.Hapag-Lloyd1

Aber wir finden die im Radio und nun auch in Zeitungsmeldungen berichteten Inhalte grundsätzlich wieder. Neues aber auch in Hülle und Fülle. So auf Seite Pdf-11:„Im Rahmen eines Vertrags über ein unbesichertes revolvierendes Darlehen in Höhe von bis zu US$ 125.000.000, mit Hapag-Lloyd AG als Darlehensnehmerin und u. a. mit Deutsche Bank Luxembourg S.A., Goldman Sachs Bank USA und Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG als Darlehensgeber, haben sich die Darlehensgeber verpflichtet, der Hapag-Lloyd AG eine unbesicherte revolvierende Darlehensfazilität im Gesamtbetrag von bis zu US$ 125.000.000 für allgemeine Unternehmenszwecke, mit Ausnahme der Übernahme von Gesellschaften oder Unternehmen, bereitzustellen. Dieser Vertrag ist Mitte Oktober 2015 unterzeichnet worden. Die Unbesicherte Revolvierende Darlehensfazilität steht nicht zur Ziehung zur Verfügung und wird am 1. Juli 2016 automatisch aufgehoben, wenn der Börsengang der Hapag-Lloyd nicht spätestens bis zum 30. Juni 2016 stattgefunden hat.“ Oh, was ist denn das für ein Darlehnsvertrag der drei für den Börsengang führenden Konsortialbanken mit dem Börsenneuling über 125 Mio. US$, der nicht in Anspruch genommen werden darf? Warum wurde dieser Darlehensvertrag direkt im Anschluss an die Veröffentlichung des ersten Börsenprospekt abgeschlossen?

Bei dem zu platzierenden Aktienvolumen und der Funktion der Ankeraktionäre (“Cornerstone Investors” im Prospekt), d.h. dem Schweizer Michael Kühne und der chilenischen CSAV, entgleisen wir erneut. Überrascht lesen wir auf Pdf-Seite 12 bzw. 14: „Von den den Cornerstone Investoren zugeteilten Neuen Aktien werden bis zu 1.725.480 Neue Aktien nicht im Rahmen dieses Prospekts, sondern unmittelbar im Anschluss an dieses Angebot separat zugelassen.“ Warum das? Steht in der weiteren Zulassung etwas anderes drin? Verändern sich Bedingungen für die Käufer?

Wir sind ja doof und vermuten ganz schlicht, dass die zwei Ankeraktionäre von den für sie angedachten 2,6 Mio. Aktien nur 920.255 Stück zum Einführungspreis erwerben wollen. Die verbleibenden 1,7 Mio. Aktien können dann zu einem anderen Preis erworben werden.

Rathaus1Warum hat Hapag-Lloyd es so eilig? Warum hört man nichts von unserem Staatsreeder Herrn Olaf Scholz? Wo bleibt eine Regierungerklärung zur Situation seines persönlich zu verantwortenden Milliardeninvestments? Die Situation für unsere Stadt gestaltet sich immer bedrohlicher: wenn der Hapag-Lloyd-Aktienpreis mit 20 Euro festgestellt wird, steigt der Abschreibungsbedarf von 444 Mio. Euro aus dem letztgenannten Preis von 23 Euro für die Stadt Hamburg um 73 Mio. Euro auf nunmehr 517 Mio. Euro an. Und dieser wird spätestens zum Jahresende für die Stadt kostenwirksam gebucht werden müssen!

Die Notbremse wurde am 27.10.2015 leider nicht gezogen. Mit der heutigen Prospektergänzung für den Hapag-Lloyd- Börsengang, die den Preis praktisch auf 20 Euro festgelegt hat, geht’s jetzt mit quietschenden Reifen direkt auf den Abgrund zu. In den nächsten Tagen, es wird der 6.November 2015 gemunkelt, wissen wir es noch genauer.

Als Doofe dürfen wir noch Folgendes anführen: Ein ehemals engagierter Abgeordneter erfragte im Mai 2014 die Mitarbeiterzahlen von Hapag-Lloyd und CSAV in Hamburg und Deutschland. Ingesamt 1.505 Mitarbeiter waren in Deutschland für das fusionierte Unternehmen tätig. Hamburg hat in Hapag-Lloyd mittlerweile einschließlich Dividendenverzicht und Finanzierungskosten rund 1,5 Mrd. Euro versenkt.WrackBlankenese

Statt dieses erfolglosen Staatsinvestment hätte ein Bürgermeister die 1,5 Mrd. Euro auch an die 1.505 Mitarbeiter von Hapag-Lloyd verschenken und damit 1.505 Mitarbeiter zu Millionären machen können. „Milchmädchenrechnung“ kann man sagen – wie würden Sie die aktuelle Hamburger Politik beschreiben?

Notbremse?

Vor wenigen Minuten hat Hapag-Lloyd eine Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht: Hapag-Lloyd4

Hapag-Lloyd gibt die Verlängerung des Angebotszeitraums bekannt. Der Angebotszeitraum wird bis zum 3. November 2015 verlängert. Das Unternehmen plant, in Kürze eine Ergänzung zum am 14. Oktober veröffentlichten Wertpapierprospekt zu veröffentlichen.

Mit der Verlängerung verschiebt sich auch der für den 30.10.2015 vorgesehene Börsengang. Ein neuer Termin ist nicht bekannt.

Senatszockerei

Hapag-Lloyd2Es war einmal ein Bürgerschaftsabgeordneter in der Hamburger Bürgerschaft, der war in der 20. Legislaturperiode ein sehr, sehr fleißiger Oppositionspolitiker, der sehr zum Wohl dieser Stadt kritische Themen in die öffentliche demokratische Diskussion hob. Dieser Politiker beteiligte sich in den vier Jahren zwischen 2011 und 2015 an 443 Schriftliche Kleine Anfragen und 52 Großen Anfragen. Mit somit fast 500 parlamentarischen Anfragen, zumeist zu Themenstellungen rund um den Hamburger Hafen, war er ein Hamburger Spitzenreiter in unserer Bürgerschaft. Chapeau!

In der 21. Legislaturperiode ist es sehr still um diesen bislang umtriebigen Politiker geworden. Als ein Fraktionsvorsitzender der jetzigen aus zwei Parteien bestehenden Regierungskoalition, scheint ihm das demokratische Gewissen durch öffentlichen Diskurs zum Wohl der Stadt nicht mehr so ganz am Herzen zu liegen. Eine einzige Schriftliche Kleine Anfrage in den vergangenen acht Monaten muss da schon den anscheinend bei Seite geschobenen Demokratieansprüchen genügen. Ein krasses und anrüchig riechendes Gefälle.AnjesTjarks

Gestern veröffentlichte das Manager Magazin, dass die Preisspanne der Aktien für den Börsengang von Hapag-Lloyd am unteren Preisende bei 23 Euro pro Aktie liegen wird. Nach der Reduktion des Emissionsvolumens verwundert uns angesichts der Vielzahl der Nachrichten um die am Boden liegende Containerschifffahrt dieser Niedrigstpreis nun wirklich nicht. Aber wir sind nur einfache Bürger!

Unser Senat, also die von uns gewählte Regierung und damit Verwalter unseres Staatsvermögens, sollte die Risiken und die Zusammenhänge mit einem Börsengang doch sehr, sehr viel besser als wir kennen. Wir kennen nur Brot- und Butterpreise.

Zurück zu unserem ehemals fleißigen Abgeordneten und seiner einzigen Schriftlichen Kleinen Anfrage. In dieser fragte er, wie hoch der Buchwert der Hamburgischen Hapag-Lloyd-Beteiligung sei und wie der aktuelle Bewertungspreis der Aktien in der Bilanz der HGV sei, die im Auftrag und Eigentum der Stadt Hamburg die Aktien an Hapag-Lloyd hält. Die Senatsantworten vom 16.06.2015 lauten ganz einfach:

  • Laut Antwort 3 sind die Hapag-Lloyd Aktien mit einem Wert von 1.004.152.804 Euro bilanziert
  • Laut Antwort 2 wurde „mit Blick auf die letztjährigen Entwicklungen aus kaufmännischer Vorsicht im März 2015 eine Abwertung vorgenommen und bewertet die an Hapag-Lloyd gehaltenen Anteile nunmehr einheitlich mit dem Kaufpreis im Zusammenhang der Kapitalmaßnahmen im Jahr 2012 (siehe Drs. 20/3306) in Höhe von 41,22 Euro je Aktie.

Nun dürfen wir, die sich mit Brot- und Butterpreise auskennen, wieder ran: Unsere Stadt besitzt gut 24,4 Mio. Stück Hapag-Lloyd-Aktien zum Preis von 41,22 Euro. Das ergibt die HGV-Bilanzierung von 1.004.152.804 Euro.

Wie müssen denn 24,4 Mio. Stück Hapag-Lloyd-Aktien zum Preis 23 Euro bilanziert werden? Richtig, das ergibt einen Betrag von 560.298.750 Euro. Die Differenz zwischen 1.004.152.804 Euro und 560.298.750 Euro macht genau 443.854.054 Euro aus.Hapag-Lloyd

Das ist der Verlust, den unsere Stadt Hamburg aufgrund dieses „Husch-Husch-Börsenganges“ von Hapag-Lloyd in den Wind schreiben kann. Das ist, sehr großzügig gerechnet, der Wert einer halben Elbphilharmonie. Glauben Sie nicht? Dann lesen Sie den Beitrag von NDR 90,3. Die kommen auf genau das gleiche Ergebnis durch den anstehenden Börsengang. Da bei den Öffentlich-Rechtlichen derartige Recherchen leider immer schnell verschwinden, hier das Pdf.

Wir danken dem ehemals engagierten Abgeordneten für diese seine einzige kleine Anfrage in diesem Jahr in der Hamburger Bürgerschaft. NDR 90,3 hat in seinem Beitrag nämlich noch weitere 150 Mio. Euro Verluste aus den zuvor erfolgten Aktienabwertungen ermittelt. Diese führen wir heute nicht einmal an. Auch lassen wir die fehlenden Dividendenzahlungen seit dem Jahr 2008 völlig außen vor.

Die Endabrechnung können wir erst machen, wenn der erste Börsenkurs notiert worden und der 31.12.2015 für die Bilanzbewertung in der HGV verstrichen ist. Erst dann können wir feststellen, ob die Hamburgische Staatsbeteiligung an Hapag-Lloyd uns Hamburger Bürgerinnen und Bürger eine halbe Milliarde oder eher doch eine ganze Elbphilarmonie gekostet hat. Wird besagter Bürgerschaftsabgeordneter jemals eine weitere Anfrage zu den verzockten Millionen stellen oder traut er es sich ob der Regierungsbeteiligung nicht mehr?

Branchenprimus schwächelt?!

Während Hapag-Lloyd den Börsengang für den Maersk30.10.2015 vorbereitet und nun auch für private Anleger lauter laue Luft über den Börsengang verbreitet wird, lesen wir über den Branchenprimus, der weltgrößten dänischen Containerreederei Maersk, sehr verhaltene Nachrichten: die Gewinnprognose für das Jahr 2015 wurde um 15 % zurückgenommen. “Das Containerschiffahrts-Geschäft habe sich in den vergangenen Wochen eingetrübt, teilte das Unternehmen am Freitag mit.” lesen wir im Handelsblatt.

Der Guardian wird konkreter: Hier werden schwächelnder Welthandel und bestehende Überkapazitäten in der Weltcontainerschifffahrt angeführt: “A toxic mix of overcapacity, low demand and aggressive pricing is depressing profits in the industry that carries up to 90% of global trade.

Lauer Wind weht also gerade nicht in der Containerschifffahrt. CSCL3Hapag-Lloyd, im ersten Quartal noch die Nummer vier der Branche und jetzt durch Evergreen auf Platz 5 verdrängt, bekommt weiteren Druck über die chinesischen Konkurrenten COSCO und CSCL. Die Fusionsgerüchte aus dem Frühjahr sind nun in Fusionsgespräche überführt worden. Der Aktienhandel der beiden halbstaatlichen Reedereien wurde seit dem 10.08.2015 ausgesetzt. Die chinesische Hochzeit würde Hapag-Lloyd auf Rang 6 zurückwerfen, also auf den Stand vor der Fusion mit der chilenischen CSAV. Der chinesische Fusionsdruck ist stark: in den letzten fünf Jahren sollen beide Reedereien einen Verlust von nahezu 1 Mrd. US$ eingefahren haben. Und Hapag-Lloyd? Die tiefroten Zahlen der vergangenen Jahre kennen Sie!

COSCO2Der Hapag-Lloyd-Börsengang, der ja ausdrücklich für den Bau von bis zu sechs eigenen Riesenschiffen mit 19.000 TEU Kapazität gedacht ist, wird durch den von COSCO vergebenen Auftrag für den Bau von 11 Riesenschiffen mit 19.000 TEU Kapazität zudem in den Schatten gestellt.

So fragen wir uns spätestens an dieser Stelle, was das alles für ein ökonomischer Unsinn ist. Wir sollen in Norddeutschland die Elbvertiefung finanzieren, damit hoch defizitäre Reedereien mit immer größeren Schiffen ohne Ladung nach Hamburg fahren können? Dafür sollen wir noch deutlich mehr giftige Sedimente aus der Elbe baggern und in der Nordsee bei Helgoland verklappen? Wir sollen die Hamburger Hafenanlagen für die Westerweiterung am Bubendeyufer bezahlen, damit dann noch deutlich weniger Container umgeschlagen werden? Wir sollen es toll finden, dass das HHLA-Terminal am CTB noch mehr automatisiert wird und Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren? Und nun sollen wir auch noch Aktien einer dieser Reedereien als “Hamburgensie” kaufen?

Warum sollen wir diesen Unsinn toll finden? Der vermeintliche wirtschaftliche Sachverstand in Regierungpolitik und Hafenwirtschaft führt immer wieder nur zu weiteren utopischen Forderungen nach unserer Staatsknete. Ein Ende ist, wie man auf dem maritimen Gipfel (morgen mehr) erneut sehen konnte, nicht erkennbar. Wie die Lemminge rennen alle auf einen tiefen Abgrund zu. Farin Urlaub hat bestimmt nicht an die Elbvertiefung oder die Containerschifffahrt gedacht. Ähnlichkeiten finden wir allerdings in der Refrainzeile “Sie wissen nicht, Sie raten” mehr als wieder.

Frachtratenabsturz

Die Preise für den Containertransporte von Hapag-Lloydund nach China haben ein erneutes Rekordtief erreicht. Die im SCFI-Index wöchentlich abgebildeten Frachtraten für die Hauptrouten von und nach China sanken am 09.10.2015 nach Recherchen des Branchendienstes Alphaliner auf den niedrigsten seit 2009 festgestellten Indexwert von 534 Punkten.

Der Preis für den Transport eines TEU  zwischen Shanghai und den Nordrangehäfen (einschließlich Hamburg), der zum Jahreswechsel 2014/2015 bei über 1.200 US$/TEU lag, ist auf 259 US$/TEU abgestürzt. Eine ähnliche Entwicklung nahmen die Raten zu den Mittelmeerhäfen, die bei 244 US$/TEU (Jahresanfang 1.300 US$/TEU) notierten und die Raten nach Südamerika, die auf 158 US$/TEU (Jahresanfang 1.200 US$/TEU) abstürzten. Alphaliner berichtet in seinem Newsletter sogar von Raten nach Südamerika von 50 US$/TEU und in das Mittelmeer von um die 100 US$/TEU.

Beste Voraussetzungen für den geplanten Hapag-Lloyd-Börsengang?
Dieser soll nun noch in dieser Woche mit der Veröffentlichung der Spanne, innerhalb der der Aktienpreis liegen wird, durch die konsortialführenden Banken gestartet werden. In der FAZ ist dazu zu lesen: “Hapag-Lloyd-Chef Jansen hält deshalb die Anteile an der Reederei nichts für unerfahrene Anleger. “Wir sind sicher keine Aktie für jedermann”, sagte er der “FAS”. “Wir hängen von den Zyklen der Weltwirtschaft ab, das kann schwanken. Wir glauben jedoch an die Containerschifffahrt als globaler Wachstumsbranche.” Das Papier werde zudem kein Dividendentitel werden. Es sei zwar geplant, die Aktionäre am Gewinn zu beteiligen. Erstmals sei dies für 2016 vorgesehen. Zur Höhe konnte und wollte er sich nicht äußern. “Aber vermutlich wird die Hapag-Aktie kein dividendenstarkes Papier für vorsichtige Anleger sein.

In einer Schriftliche Kleine Anfrage in der Bürgerschaft wird der Senat nach weiteren Widersprüchlichkeiten zum Börsengang befragt.

Der Börsengang

Heute morgen berichtet das Hamburger Abendblatt zum für Mitte November 2015 geplanten Hapag-LloydBörsengang von Hapag-Lloyd. Details sind nicht bekannt, außer dem Termin und dass die Ankeraktionäre, die chilenische CSAV und der schweizer Unternehmer Herr Michael Kühne vorab für je 50 Mio. US-Dollar zeichnen werden. Ohne genaueres Wissen gibt dann daraufhin der Hafenblatt-Redakteur bekannt: “Hapag-Lloyd ist Hamburg“.

Immerhin erwähnt er, dass mit dem Norddeutschen Lloyd eine der Wurzeln der heutigen Reederei in Bremen liegt und weiterhin im Firmennamen geführt wird. Was hat es den “Bremern” genutzt?

Nichts, nach der Fusion des bremischen “Norddeutsche Lloyd” und der hamburgischen “Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft” (HAPAG) zur Hapag-Lloyd AG wurde Hamburg als Sitz gewählt. Obwohl man sich bei der Fusion auf Hauptverwaltungen in Hamburg und Bremen geeinigt hatte, wurden in den Folgejahren alle Abteilungen von Bremen nach Hamburg verlagert, d.h. der Standort Bremen vollständig aufgegeben.

Und nun sollen wir in Hamburg für unsere vermeindliche “Hamburgensie Hapag-Lloyd” leidenschaftlich brennen? Wir haben mit diesem Staatsinvestment unseres Senates schon genug Geld verbrannt, das für die Hamburger Menschen nicht mehr zur Verfügung steht. Wir fordern alle vermeintlichen Patrioten, sollten Sie Scholz, Habben-Jansen oder auch nur Kopp heißen, auf, uns diese widerliche Heuchelei zu ersparen.

HSH-NordbankDie weitere “Hamburgensie”, die HSH-Nordbank brennt derzeit in Brüssel lichterloh. Die Milliardenbeträge, die Hamburg und Schleswig-Holstein voraussichtlich aufzubringen haben, sind atemberaubend. Das hamburgische Milliardchen für Hapag-Lloyd scheint dagegen klitzeklein – es folgt aber der gleichen Logik, wie bei der HSH-Nordbank. Und diese vermeintlich so “knallhart ökonomisch kalkulierte Logik” führt uns immer in den Abgrund.

Wir wünschen natürlich den Mitarbeitern von Hapag-Lloyd und der Containersparte der CSAV für die Zukunft alles erdenklich Gute. Wir lassen uns aber von den Börsengang-Verantwortlichen nicht vorführen. Erst recht nicht mit Eiapopeia-Pressemitteilungen. Was soll das Schöngerede, die immer wiederkehrenden Wiederholungen, das Gesülze? Ist die Pressemitteilung schon ein Vorab-Börsenprospekt ohne Warnhinweise? Ob dieser Politik schütteln wir uns.Der Börsengang mit der Brechstange kann für die Stadt Hamburg keine sinnvolle Lösung sein:

  • Der VW-Abgas-Betrug rüttelt ein Monat vor der Erstnotierung der Hapag-Lloyd-Aktie die Börsen durch.
  • Die Frachtraten sind – entgegen der Behauptungen der o.a. Pressemitteilung – auf allen Strecken im tiefsten Keller. Insbesondere auf den Südamerika-Routen.
  • Die CSAV-Integration ist weiterhin nicht abgeschlossen. Die Kostenprogramme und Synergieeffekte können bei dem kurzfristig angelegten Horizont nicht das Papier wert sein, auf dem sie stehen.

Unserer Stadt werden mit Hapag-Lloyd, Olympia 2024 und der HSH-Nordbank in den nächsten Wochen bis zum Jahresende die Milliarden um die Ohren fliegen. Alle drei Themen hängen mittel-, wenn nicht sogar unmittelbar, am Thema Hafen und insbesondere der Elbvertiefung. Was muss geschehen, damit Hamburg endlich aufwacht?

Hapag-Lloyd-Rehe?

Diese Tiere kennen wir nicht. Liest man aber Kaffeesatz interpretierende Börsen-News, muss es zumindest scheue TF-Bank-Rehe geben, Hapag-Lloyddie eine enge Verwandschaft mit den uns unbekannten Hapag-Lloyd-Rehen haben könnten. Wenn uns kaffeesatzlesende Reh-Experten schon vor Blasen warnen, fürchten wir, dass wir diese scheuen Rehe in diesem Jahr nicht mehr zu Gesicht bekommen werden. Und das ist doch schade für so gutgläubige Hamburger.

Zum Glück gibt es das Hamburger Hafenblatt mit einem Redakteur, der in Hafenfragen immer so wunderschönes Wetter macht und dafür nicht einmal Kaffeesatz braucht. So besteht weiterhin noch die Hoffnung, dass das “Scheue Reh des Kapitals” am Ballindamm, unmittelbar an der Grenze zum 34. Hamburger Naturschutzgebiet “Hamburger Rathaus, Senatsflügel” am Rathausmarkt gesichtet werden kann.

Und was erzählt unser Hamburger Senat unseren Volksvertretern in der Hamburger Bürgerschaft? Das können wir in dem aktuell veröffentlichten Protokoll des Ausschuss für öffentliche Unternehmen von der Sitzung vom 27.08.2015 nachlesen. Dort finden wir eine Vielzahl der positiv klingenden Phrasen zur Unternehmenssituation aus dem Hamburger Hafenblatt wieder.

Wir finden an dem Protokoll samt Präsentation interessant, dass auf spannende Fragen der Opposition mehrfach von der Hapag-Lloyd Geschäftsführung oder den Senatsvertretern keine Antworten gegeben, bzw. diese nicht mitprotokolliert wurden. Protokolliert wurden aber die Antworten auf die Fragen der größeren Regierungsfraktion:

  1. CTA-Nutzung durch Hapag-Lloyd:Die SPD-Abgeordneten nahmen Bezug auf die Aussage hinsichtlich einer Zahlung an die Hapag-Lloyd AG durch die HHLA, wenn der Container Terminal Altenwerder (CTA) angesteuert werde. Um einschätzen zu können, ob es sich dabei um einen erheblichen Betrag handle, seien die genauen Modalitäten und die Höhe dieser Zahlung von Interesse. Die Vertreter der Hapag-Lloyd AG erläuterten, mit der HHLA sei ein Anteil von 25 Prozent vereinbart worden. Würden jedoch über 60 Prozent der Ladung zum CTA gebracht, gebe es für die Hapag-Lloyd AG einen höheren Gewinnanteil oder Dividendenanteil von dann 50 Prozent. Zurzeit würden etwa 100 Prozent der Ladung zum CTA gebracht. Auf Nachfrage der SPD-Abgeordneten hin erklärten die Vertreter der Hapag-Lloyd AG, dass es sich im ersten Halbjahr um einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag gehandelt habe.” (Seite 9, Mitte) “Die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE fragten außerdem, warum Hapag-Lloyd zu 100 Prozent den CTA beliefern würde. Die Vertreter von Hapag-Lloyd führten aus, dass die Lieferungen zusammen mit ihren Partnern von G6 erfolgten. Der Grund liege in der sehr guten Inlandsverbindung und der hohen Effizienz des  Terminals. Hamburg sei eine wichtige Drehscheibe und es helfe, wenn alle Container dicht beieinander seien.” (Seite 13)
  2. Schiffsgrößenentwicklung:Die SPD-Abgeordneten nahmen in ihrer Fragestellung Bezug auf das Schiffsportfolio…Sie schlossen die Bitte um eine Einschätzung der
    Schiffsgrößenentwicklung an, insbesondere hinsichtlich eines Wachstums jenseits der 20 000 TEU. Die Vertreter von Hapag-Lloyd stellten dar, die Flotte von Hapag-Lloyd sei mit ihrer Mischung aus ganz neuen und älteren Schiffen sicher wettbewerbsfähig. Mit Blick auf die Schiffsgrößenentwicklung machten sie deutlich, ihrer Auffassung nach würden die zusätzlichen wirtschaftlichen Vorteile von immer größeren Schiffen immer kleiner werden. Dadurch werde die Investitionswelle irgendwann nicht mehr so hoch sein. Die Hapag-Lloyd-Flotte brauche möglicherweise irgendwann einige 20 000-TEU-Schiffe, aber nicht sehr viele. Viel größere Schiffe werde es nicht geben. Den von den Medien dargestellten Vorteilen von Großschiffen läge in der Regel kein sauberer Vergleich zugrunde, weil dort der Einsatz eines 20 000-TEU-Schiffs dem von vier 4500-TEU-Schiffen gegenüber gestellt werde. Richtig sei, die Kostenvorteile eines 20 000-TEU-Schiffs gegenüber eines14 000- oder 18 000-TEU-Schiffs zu berechnen. Hier sei festzustellen, dass der Kostenvorteil immer kleiner werde. Auch MAERSK beschränke sich in seiner Neubeschaffung von Großschiffen auf das optimierte gleiche Modell und erweitere nicht auf 24 000 oder 26 000 TEU. Das sei eine gute Entwicklung. Die Vertreter von Hapag-Lloyd hoben hervor, es dürfe nicht aus dem Blick genommen werden, dass 18 000- und 20 000-TEU-Schiffe lediglich auf dem Fernost-Dienst genutzt werden können und nicht für Fahrten in die USA, durch den Panamakanal, auf dem Atlantik
    oder nach Südamerika, weil dafür entweder die Reisezeit zu kurz oder die Häfen zu klein seien. Diese positive Entwicklung werde ihrer Einschätzung nach in den nächsten zwei bis drei Jahren spürbar werden. Sie erwarteten ähnliche Flotten der Reedereien, sodass die Faktoren Costumer Service, Kundenorientierung, IT oder Produktivität entscheidend seien. Hier sei Hapag-Lloyd fast am Maximum aufgestellt.” (Seite 9 und 10) “Die Vertreter von Hapag-Lloyd sahen einen breiten Konsens, in der Schiffsgröße kaum über eine Größe von 20 000 TEU zu gehen. Vor zehn Jahren sei mit einer Steigerung von 4 000-TEU-Schiffen auf 8 000-TEU-Schiffe eine Ersparnis von fünfzig Prozent möglich gewesen. Heute handele es sich um sehr viel kleinere Unterschiede und damit kleinere Ersparnisse.” (Seite 10) “Die CDU-Abgeordneten baten um Auskunft, wie viele 19 000- bis 20 000- TEU Containerschiffe Hapag-Lloyd voraussichtlich ordern werde. Die Vertreter von Hapag-Lloyd betonten, die Planung erfolge gemeinsam mit den Partnern der G6-Alliance im Rahmen eines Investitionsplans für die nächsten drei bis fünf Jahre. Zurzeit werde erörtert, wer wie viel investieren werde. Sie hielten es nicht für unlogisch, den Kauf von zwölf Schiffen eines Loops zwischen zwei Partnern mit jeweils sechs Schiffen zu teilen. Die CDU-Abgeordneten baten die Vertreter von Hapag-Lloyd um eine Konkretisierung ihrer Ausführungen hinsichtlich der Einsetzbarkeit großer Schiffe. Die Vertreter von Hapag-Lloyd machten deutlich, derzeit sei ein Einsatz großer Schiffe lediglich im Asien-Europa-Verkehr möglich. Auch dort sei eine Abfertigung lediglich in zehn bis zwölf Häfen möglich. Eine Durchfahrt des Panamakanals sei ebenso wenig möglich wie die Abfertigung in Häfen an der US-Ostküste oder in Südamerika. Der Vorteil großer Schiffe sei auch abhängig von der Dauer der Überfahrt, sodass Routen wie Shanghai-Hamburg oder Shanghai-Rotterdam mit 30 bis 35 Reisetagen für eine effiziente Nutzung sorgten, hingegen die Atlantikroute Rotterdam-New York mit sieben Reisetagen keine ausreichende Ersparnis generiere.” (Seite 11)

Haben Sie nach dem Lesen des Protokolls das Gefühl, dass am CTA in Altenwerder mit der Rückvergütung an Hapag-Lloyd und der Schiffsgrößenentwicklung noch alles mit rechten Dingen zugeht? Wenn Sie sich jetzt auch fragen, wie die Höhe der Köhlbrandbrücke, wo heute die “kleinen” Riesen der G6-Allianz nur mit “Ach und Krach” drunter durchpassen, mit der Elbvertiefung, die ja nur für die “Riesen” benötigt wird, mit der “HHLA-CTA-Rückvergütung” an Hapag-Lloyd zusammenhängen, sitzen wir im gleichen Boot. Können Sie jetzt auch das 34. Hamburger Naturschutzgebiet am Rathausmarkt sehen?

P.S.: Hapag-Lloyd und seine G6-Allianzpartner machen über 50% des Containerumschlages im Hamburger Hafen aus.

Börsengang Hapag-Lloyd

Ende Juli 2015 gab es bereits die ersten Hapag-Lloyd14Insiderinformationen um einen schnellen Börsengang von Hapag-Lloyd noch in diesem Jahr. Nun ist im Handelsblatt zu lesen, dass dieser bereits für Ende September 2015 geplant ist. Wir erinnern noch die Worte des Vorstandschefs Herrn Rolf Habben Jansen vom Anfang des Jahres: „Wir müssen erst unser Geschäft verbessern und drei bis fünf Quartale mit Erfolg abschließen.

Nächste Woche wird das Halbjahresergebnis von Hapag-Lloyd bekannt gegeben. Es scheint angesichts dieser Berichte zu den ehrgeizigen Börsenplanungen fulminant zu sein. Ist der Frachtratenzusammenbruch im zweiten Quartal 2015 völlig spurlos an Hapag-Lloyd vorbeigegangen? Konnten die günstige US-Dollar/Euro-Relation, nur leicht steigende Brennstoffpreise und die CSAV-Integration das Ratendesaster überkompensieren?

Kaum vorstellbar. Wir werden das Gefühl nicht los, dass die drei Hauptaktionäre CSAV, Kühne und die Stadt Hamburg angesichts der schwelenden Wirtschaftskrise in China und den anstehenden Fusionsplänen der beiden chinesischen Reedereien COSCO und CSCL die noch bestehende Gunst der Stunde nutzen wollen, um weiteres Kapital für Hapag-Lloyd von Dritten über die Börse zu gewinnen.

Die drei Hauptaktionäre würden weiterhin die Stimmrechtsmehrheit bei Hapag-Lloyd halten. Es käme einem Rückzug in Raten gleich, der durch den Verzicht des Bezugsrechtes mit erheblichen Wertverlusten verbunden ist. Folgt man den Ausführungen von Alphaliner würde allein Hamburg mit seiner milliardenschweren Staatsbeteiligung an Hapag-Lloyd auf Verlusten im deutlich zweistelligen Euro-Millionenbereich sitzen bleiben.

So sind die Senatsantworten auf schrifliche kleine Anfragen zum Stand der CSAV-Integration und den geplanten Börsengang äußerst schmallippig.
Wir wollen die Anteile der Stadt in einem absehbaren Zeitraum an seriöse Partner veräußern und/oder im Rahmen eines Börsengangs breit gestreut am Markt platzieren. Yes, we do want our money back.“ sagte unser Bürgermeister noch im Februar 2012. Jetzt, dreieinhalb Jahre später scheint sich dieses Bürgermeisterwort vollständig in Luft aufzulösen.