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Hamburg Süd 2014

HamburgSüd4Gestern hat die zweite Hamburger Containerreederei, die Hamburg-Süd, zur Pressekonferenz über das abgelaufene Geschäftsjahr eingeladen. Geschäftszahlen wurden, wie immer, nur spärlich veröffentlicht. Aber der Sprecher der Geschäftsführung der Hamburg Süd, Herr Ottmar Gast, fand, auch wie immer, klare Worte zu den Geschäften der Containerreedereien. Wir können Sie in der Pressemitteilung der Hamburg-Süd fast langweilig nachlesen – zielführend zusammengefasst werden sie in der Welt!

Mit dem Titel “Deutschen Reeder droht ein verlorenes Jahrzehnt” finden wir eine  lesenswerte Analyse der Situation der desolaten Situation der Containerschifffahrt. Mit den immer größer werdenden Schiffen, den sogenannten Mega-Schiffen, sorgt die Branche für Überkapazitäten ungeahnten Ausmaßes. Die Folge: die Frachtraten, also der Preis für den Transport eines 20-Fuß-Containers von Asien nach Nordeuropa, sinkt seit Jahren ins Bodenlose. Ein Teufelskreis hat sich gebildet. Es wird versucht, die sinkenden Preise durch Kosteneinsparungen aufzufangen. Man lässt die Schiffe spritsparend zunächst sehr langsam fahren. Reicht nicht. Dann wird die Kapazität der Schiffe durch massenhafte Neubauten in ungeahnten Dimensionen vergrößert. Die Kapazitätssteigerungen betragen nicht nur 10 oder 20 Prozent. Es müssen gleich mindestens 100 Prozent sein. Auch das reicht nicht für einen kostendeckenden Betrieb. Also müssen es 200 %  sein. Auch das reicht nicht. Nun werden sogar 300 Prozent Kapazitätssteigerung angepeilt.

Glauben Sie nicht?
Zum Jahresende 2012 veröffentlichte der Bemessungsschiffe2Insider-Informationsdienst Alphaliner in seinem Newsletter 45/2012 eine Graphik zur Schiffsgrößenentwicklung.
Dort finden wir das erste Post-Panamax-Schiff von 1988, die President Truman mit 4.500 TEU Kapazität. Reicht nicht!
Wenn wir die TEU-Zahl verdoppeln, sind wir bei einer Kapazität von 9.000 TEU. Das wäre eine kleine Gudrun Maersk aus dem Jahr 2005, die absolute Obergrenze für die anstehende Elbvertiefung darstellt. Reicht nicht!
Lassen wir die “Emma Maersk” mit 150 Prozent Steigerung aus. Reicht nicht! 
Gehen wir zur “CMA CGM Marco Polo” mit 16.000 TEU Kapazität aus dem Jahr 2012. Die Taufe des Schwesterschiffes fand in Hamburg statt. 200 %? – Reicht nicht!
Die “CSCL Globe” oder die MSC Oscar sind mit über 19.000 TEU die nächsten Riesen. Sie ahnen es schon: 250 %? – Reicht nicht!
Nun stehen Schiffe mit einer Kapazität von 22.000 TEU bzw. 25.000 TEU kurz vor der Beauftragung – wird das reichen?

Das Schwesterschiff von “MSC Oscar”, die “MSC Oliver“, wurde Ende März 2015 der Reederei übergeben und sollte prompt aus Asien die Jungfernfahrt nach Europa antreten. Diese wurde laut Drewry (letzter Absatz zu Figure 3) verschoben. Im aktuellen Alphaliner dürfen wir dann lesen, das diese wohl auf den 25.04.2015 verschoben worden ist: man hat für das Schiff einfach keine Ladung bekommen. Eine Jungfernfahrt ohne Ladung?

Zurück zu Hamburg Süd, Herrn Gast und den Welt-Artikel:HamburgSüd3Einige Wettbewerber legen keinen Wert auf eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals”, sagte der Manager. Gemeint sind damit aber nicht nur asiatische Reedereien in Staatshand, bei denen Gewinne nicht das wichtigste Geschäftsziel sind. Auch Konkurrent Hapag-Lloyd ist zu rund einem Viertel in öffentlicher Hand und gehört der Stadt Hamburg. “Darüber kann man sich ärgern, es hat aber auch einen Vorteil: Wer frei von Staatsbesitz ist, bleibt gut durchtrainiert”, sagte Gast. Hamburg Süd gehört allein der Familie Oetker.

Die Stadt Hamburg leidet nicht nur unter den unsinnigen Elbvertiefungsplänen, die für Schiffe aus dem Jahr 2006 gedacht war. “Durchdacht” ist die Elbvertiefung damit nun nachweislich wirklich nicht. Da ist auch noch die milliardenschwere Beteiligung der Stadt Hamburg an Hapag-Lloyd. “Durchtrainiert” scheint die mit einem 600 Millionen Euro Verlust im Jahre 2014 nun wirklich nicht. Was mag das alles nur ergeben?

Metropolregion Hamburg

Vor zwei Tagen hatten wir über die Studie des HWWI in Zusammenarbeit mit der ContainerumschlagHSH-Nordbank zum drohenden Verkehrskollaps in der Metropolregion Hamburg berichtet. Gegenstand der Studie war auch die Y-Trasse der Bahn, von der sich die Autoren für den Seehafen-Hinterlandverkehr in Hamburg eine deutliche Entlastung der überbelasteten Zugstrecken versprechen.

Über das Wendland-Net.de erfuhren wir vor einigen Monaten von den weiteren Planungen der Bahn zur Y-Trasse, insbesondere der Installation des Dialogforum-Schiene-Nord, über das sich betroffene Bürger aus der Region an den Trassenplanungen beteiligen sollen.

Auf den Seiten sind die für die Forumssitzungen vorgesehenen Tagesordnungen, Planungsunterlagen und Protokolle einsehbar. So insbesondere die unterschiedlichen Trassenplanungen samt Kosten. Wir erfahren, dass für die Planungen nicht die unhaltbaren Planco-Prognosen des Senates verwendet wurden, sondern die Verkehrsverflechtungsprognose 2030 des Bundesverkehrsministeriums, in die auch die Seeverkehrsprognose 2030 von MWB (Los 2) mit deutlich moderateren Wachstumszahlen für den Containerumschlag eingeflossen ist.

Trotz der moderateren Wachstumszahlen der Seeverkehrsprognose 2030 werden in den Trassenplanungen Verkehrszuwächse ermittelt, die gigantisch anmuten. Wenn man den Ausführungen folgt, bezieht sich das Verkehrswachstum nicht nur auf den Containerumschlag im Hamburger Hafen, sondern auch auf Bremerhaven und Wilhelmshaven.

Alle deutschen Seehäfen, die nach Aussagen der führenden Landespolitiker keine nationale Hafenkooperation und keine Ladungslenkung benötigen, müssen nun für den Seehafen-Hinterlandverkehr doch an einen Tisch. Ohne diesen Tisch würde der Verkehr kollabieren. Von uns Bürgern der Metropolregion Hamburg, die ja bekanntlich von den Bremerhavener Containerterminals bis zum Heidekreis, Uelzen und Dannenberg reicht, werden aber mittels Salamitaktik verschiedene Entscheidungen abgefordert, ohne dass wir den Gesamtzusammenhang erkennen sollen.

  • Die Menschen im Heidekreis, in Lüneburg, in Uelzen und in Lüchow-Dannenberg, aber auch in Cuxhaven und Rothenburg sollen über neue Furchen durch neue Bahntrassen entscheiden.
  • Die Menschen in Dithmarschen, Cuxhaven, Stade, Steinburg, Pinneberg und Harburg sollen eine Elbvertiefung vor ihren Deichen mit verschlickenden Häfen gutsagen.
  • Die Hamburger sollen dem Ausbau der Containerterminals, der Westerweiterung, und der Elbvertiefung ihre Zustimmung erteilen.

Hinzu kommen die Pläne für die Elbquerungen á la A20 für Stade, Pinneberg und Segeberg, die Fehmarn-Belt-Querung samt Autobahn- und Bahntrassenausbau in Stormarn, Lübeck und Ostholstein und der A7-Ausbau in Hamburg, Segeberg und Neumünster.

Alles das soll scheibchenweise entschieden werden, um den “moderaten” Prognosen im Containerverkehr gerecht zu werden. Sind Sie in Dannenberg zur Elbvertiefung befragt worden? Sind Sie in Cuxhaven zur Fehmarn-Belt-Querung befragt worden? Sind Sie in Neumünster zur Y-Trasse befragt worden? Hat man uns Bürger in der Metropolregion überhaupt zu irgendetwas befragt?

Nein, das scheint laut unseren Politikern nicht erforderlich zu sein. Jede Landesregierung wurstelt vor sich hin. Unsere neue Hamburger Landesregierung hat im Koalitionsvertrag auf Seite 31 nur mit Blick auf die Hafeninteressen ihre Handlungsmaximen formuliert: “Hamburg muss erreichbar sein. Die Schienenhinterlandverkehre bestimmen wesentlich die Wettbewerbsfähigkeit der Seehäfen. … Der Senat setzt sich für den mittelfristigen Aus-oder Neubau der Schienenstrecken zwischen den Metropolregionen Hamburg, Bremen und Hannover ein. Das von der niedersächsischen Landesregierung im Januar 2015 gestartete Dialogverfahren zur Trassenfindung wird von Hamburg unterstützt. Hamburg unterstützt Niedersachsen darin, eine schnelle und in wirksamen Teilschritten realisierbare möglichst hochleistungsfähige, natur- und anwohnerverträgliche Variante zu wählen, die zusätzliche Bahnkapazitäten für den Güterverkehr nach Süden schafft.

Wir Hamburger Bürger und Bürger der Metropolregion Hamburg werden vorgeführt. Wir sollen die “Katzen im Sack” kaufen – wir von “Hamburg für die Elbe” wollen diese Katzen nicht!

PS: Von einer geneigten Leserin erhielten wir heute den Artikel “Kläger warten weiter auf Antworten” aus der Marner Zeitung zur Hafenschließung in Friedrichskoog. Wir lesen die Stellungnahme des Sprechers der Initiative BIHZ zum anstehenden Gerichtsurteil zur Hafenschließung des Verwaltungsgerichtes Schleswig zum 19. Mai 2015, dass die Bemühungen der Bürgerinitiative BIHZ zur Landesregierung erneut im Sande verlaufen sind: “In recht knapper Form wiederholt das Ministerium, warum eine Hafenschließung unumgänglich sei” sagt Herr Dirk Eggers.  “Man möchte scheinbar am liebsten die Sache hinter den Gerichtstüren sitll und abgeschieden erledigen“. Wie zuvor beschrieben: auch die Menschen in Dithmarschen und Fischer sollen nach dem Willen ihrer Landesregierung die “Katze im Sack” kaufen. (Der Artikel der Marner Zeitung ist leider mit keinem kleinen Antexter online erschienen.)

Verkehrskollaps

Das Abendblatt berichtete am 15.04.2015 von derAutobahn Verkehrsstudie “Verkehrsinfrastruktur und ihre Auslastung” in der Metropolregion Hamburg. Die Studie ist vom HWWI in Zusammenarbeit mit der HSH-Nordbank erstellt und am Wochenende im Internet veröffentlicht worden.

Bei den in dieser Studie unterstellten Wachstumsraten für den Handel und die Hafenumschläge werden bei unverändertem Verhalten der Verkehrsteilnehmer im Zeitpunkt 2020 … alle Autobahnen in und um Hamburg in den Tagesstunden Auslastungen im Staubereich aufweisen. Auch auf den Schienenwegen kommt es zu deutlichen Zuwächsen, vor allem gen Süden und gen Osten. Hier besteht vor allem bei der Trasse von Hamburg nach Hannover akuter Handlungsbedarf.” wird im Executive Summary festgestellt.

Wir erfahren, dass es viele mit dem Pkw pendelnde Arbeitnehmer gibt (Privater Verkehr), die zusammen mit dem Güterverkehr in den Morgen- und Abendstunden zu Staus auf den Straßen führen. Obwohl Hamburg sich weltweit als Eisenbahnhafen bezeichnet, werden nur 25% der umgeschlagenen Container mit der Bahn ins Hinterland transportiert. “Gerade bei den Gütertransporten deuten die Daten darauf hin, dass der Lkw nicht nur im Nahbereich, sondern erstaunlich häufig auch bei Entfernungen von mehr als 200 km als Transportmittel genutzt wird.” stellen die Autoren auf Seite 43 fest.

Die Autoren übernehmen für ihre Verkehrsprognose die Umschlagsprognosen des Senates für den Hafenumschlag von 4,1 bzw. 6,1 % pro Jahr und ermitteln daraus die jährlichen Steigerungsraten im Güterverkehr bis in das Jahr 2020. Der Personenverkehr, so wird angenommen, wird sich in seiner Struktur bis 2020 nicht wesentlich verändern und auf einem ähnlichen Niveau wie heute sein. Mit diesen Annahmen werden z.B. für 5 Messpunkte an den Autobahnen A1, A7 und A24 die Auslastungen im tageszeitlichen Ablauf ermittelt: An allen Autobahnen wird werktäglich zwischen 6:00 und 19:00 Uhr der Auslastungsgrad von 100% überschritten – es herrscht Dauerstau!

Um die für das Jahr 2020 vorhergesagten Zuwächse zu vermeiden oder zumindest zu lindern, werden in der Studie verschiedene verkehrspolitische Optionen diskutiert. Das wichtigste Ergebnis ist hierbei, dass ein Ausbau der Autobahnen zwar höhere Kapazitäten schafft, diese jedoch kaum ausreichen werden, um zähflüssigen Verkehr oder Staus zu Hauptverkehrszeiten zu vermeiden. Flankierend werden daher weitere Maßnahmen zur Lenkung und Verteilung der Verkehrsströme auf unterschiedliche Verkehrsträger und Tageszeiten angeregt.” finden wir zu Beginn der Studie. Doch welche mögen das sein?

Wir erfahren es in der Schlussbetrachtung auf Seite 41:

  • Neue Verbindungen schaffen, wie beispielsweise die Verlängerung der A20 und der A26 (inklusive Hafenquerspange), die bestehende Verkehre umlenken und die Belastung anderer Straßen und Nadelöhre, wie z.B. die Elbquerungen, mindern.
  • Instrumente zur Steuerung der Verkehrsflüsse und Verteilung auf unterschiedliche Verkehrsträger einführen – die Maut. Die gewerblichen Güterverkehre sind bereits mit dieser Gebühr belegt. Die für 2016 geplante Ausweitung für private Personenverkehre wird in Form einer Jahrespauschale die privaten Autofahrer nicht vom Autobahn-Fahren abhalten. Um die Belastungsspitzen in den Morgen- und Abendstunden zu entzerren wird eine tageszeitabhängige Maut vorgeschlagen: zu Stoßzeiten wird die Nutzung der Infrastruktur verteuert und zu ruhigeren Zeiten vergünstigt oder kostenfrei ermöglicht.
  • Geschwindigkeitsbegrenzungen auf den Autobahnen zu Hauptverkehrszeiten sollen
    strikter durchgesetzt werden, um die Aufnahmefähigkeit der Schnellstraßen zu maximieren. Dies wäre bei Geschwindigkeiten zwischen 80 und 90 km/h gegeben.

Wir pflichten den Autoren vollkommen zu, dass mit den Umschlagsprognosen des Senates für den Hamburger Hafen die Verkehre in und um Hamburg vollständig zum Erliegen kommen. Die Autoren haben aber nach unserer Einschätzung wesentliche Dinge unberücksichtigt gelassen: welche Kosten sind mit den vorgenannten Maßnahmen verbunden,  rechnen sich die zu ergreifenden Maßnahmen überhaupt noch, was müsste im ÖPNV getan werden und wollen wir in der Metropolregion Hamburg diesen Verkehrszuwachs überhaupt noch ertragen?

Mit den Ausführungen der Studie zum drohenden Verkehrskollaps hat die Elbvertiefung mit dem angeblich grenzenlos steigenden Containerumschlag auch die “deutschen heiligen Kühe” erreicht: Maut und Tempolimits. Wir begreifen die Studie als Vorschlag, dass die Autobahnen um die Metropolregion Hamburg ein tageszeitliches Tempolimit von 80 bis 90 km/h erhalten und eine tageszeitliche Maut für private Pendler eingeführt wird.

Der Vorschlag ist interessant – mal hören, was der Senat und die Bundesländer der Metropolregion Hamburg, namentlich Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern dazu sagen! Wir sind sehr gespannt.

Rot-Grün, quo vadis?

Man traut seinen Augen kaum noch, wenn man sich die Frachtraten für Container zwischen CSCL3China und Nordeuropa ansieht: Seit Jahresbeginn ist die Frachtrate, also der Preis,  für den Seetransport eines zwanzig-Fuss Containers von Shanghai nach Hamburg von 1.149 US-Dollar auf 466 US-Dollar eingebrochen. Das ist die niedrigste Frachtrate, die von der Shanghaier Schiffsbörse seit der großen Finanz- und Wirtschaftskrise in 2009 festgestellt worden ist.

Diese Börse, die Shanghai Shipping Exchange (SSE), ermittelt seit 2005 wöchentlich die Entwicklung der Frachtraten für Containertransporte, die vom Hafen von Shanghai, dem größten Containerhafen der Welt, in die verschiedenen Regionen der Welt gezahlt werden müssen und bildet daraus den Index SCFI. Die o.a. Frachtrate Shanghai-Hamburg ist dem “Line Service” Europe (Base-Port) zu entnehmen. Als Base-Port wird Hamburg in der Fußnote benannt. Als Ursache dieser Frachtratenentwicklung werden regelmäßig von der SSE das Überangebot, d.h. zu viele und zu große Schiffe auf der Strecke zwischen Asien und Nordeuropa, benannt.

Von den Reedereien wurden die in 2014 gesunkenen Bunkerkosten bereits vollständig an die Kunden weitergegeben. Der Ratenpreisverfall im ersten Quartal 2015 von mehr als 60% konnte durch den Wertgewinn des US-Dollar gegenüber dem Euro um rund 20% nur gemildert werden. Im Seetransport zwischen Nordeuropa und China wird somit von den Reedereien richtig Geld verbrannt.

Wir erinnern, dass rund 30% der in Hamburg umgeschlagenen 9,7 Mio. Standardcontainer aus dem Handel mit China stammen. Hamburgs Staatsreederei Hapag-Lloyd mit ihren G6-Allianzpartnern ist einer der wichtigen Hamburger Akteure im Containerumschlag mit Asien. Die wirtschaftlichen Belastungen aus den Asienverkehren über Hamburg müssen für Hapag-Lloyd immens sein.

Viele Reedereien und Allianzen suchen ihr Heil im Kosten sparen. Sparpotentiale sollen durch immer größere Mega-Schiffe mit 20.000 TEU und mehr gehoben werden. Klar, wenn diese wachsende Zahl an Schiffen vollbeladen wäre, könnten Bunkerkosten gespart werden.

Aber die Ladung scheint im Asienverkehr mit China nicht vorhanden zu sein. Die Welt und andere Medien meldeten vor wenigen Tagen beunruhigende Prognosen: der Im- und Export mit China ist im ersten Quartal 2015 um über 10% eingebrochen – so stark wie zuletzt in der Finanz- und Wirtschaftskrise in 2009. Die Mega-Schiffe sind derzeit nicht vollbeladen und werden es auch nicht in der nächsten Zeit sein.

Der Hamburger Hafen steckt damit in einem Dilemma:

  1. Hamburg ist Umschlagsweltmeister mit China und wird von der drohenden chinesischen Wirtschaftskrise der hauptbetroffene deutsche Hafen sein. Prognosen a la PLANCO mit immensen Umschlagssteigerungen sind fern jeglicher Realität.
  2. Hamburg ist maßgeblicher Eigentümer der Reederei Hapag-Lloyd, die stark unter dem defizitären Asienverkehr leidet. Weder eine Dividendenfähigkeit noch ein Börsengang sind kurzfristig erkennbar.
  3. Hamburg ist auch mit der geplanten 9. Elbvertiefung nicht auf die Mega-Schiffe vorbereitet. Im Gegenteil: Eine milliardenschwere Elbvertiefung würde an der heutigen Breitenbeschränkung für Mega-Schiffe nichts ändern.

SenatDer mit großer Mehrheit gewählte neue Senat muss einen Weg aus diesem Dilemma finden, in das sich Hamburg durch seine Vorgängerregierungen, auch durch den alten und neuen Bürgermeister, Herr Olaf Scholz, und durch die Grünen in Zeiten eines schwarz-grünen Senates hineinmanövriert haben.

Wenn nun schon die Bedenken der Hafenwirtschaft zur Elbvertiefung von den Umweltverbänden aufgenommen werden und sogar das Hamburger Abendblatt Sorgen zur Hafenentwicklung formuliert, wäre es begrüßenswert, wenn der frisch gewählte Senat nun zu Gesprächen einladen würde.  Der nächste Monat würde sich sehr anbieten:

Alles neu macht der Mai
macht die Seele frisch und frei
Laßt das Haus, kommt hinaus,
windet einen Strauß!

Eurogate, Elbe, Westerweiterung

Eurogate hat am 14.04.2015 seine Geschäftszahlen für das Berichtsjahr 2014 JWP2veröffentlicht. Mit 8,1 Mio. umgeschlagene TEU an den deutschen Terminals ist Eurogate weiterhin die Nummer 1 im deutschen Containerumschlag. Rund 7 Mio. TEU schlägt Eurogate außerhalb Deutschland in seinen Terminals in Italien, Marokko, Portugal und Russland um. Warum Eurogate über 11% seines Eigenkapitals in 2014 verloren hat, wollen wir an dieser Stellen nicht hinterfragen. Hier warten wir auf die Ergebnispräsentation der konsolidierenden Muttergesellschaft Eurokai.

Viel interessanter waren die Ausführung des Geschäftsführers der Eurogate Gruppe, Herrn Emanuel Schiffer. Herr Schiffer, der dieses Amt als Vorsitzender seit 1999 ausübt, ist somit im Containerumschlagsgeschäft ein erfahrener Manager. Im Weser-Kurier dürfen wir an diesen Erfahrungen teilhaben. Positiv äußert er sich zu den Umschlagsentwicklungen am Jade-Weser-Port: Bis zu 500.000 TEU Umschlag werden für 2015 erwartet. Trotz des nunmehr zunehmenden Anlaufens des Wilhelmhavener Tiefseehafens erwartet er, dass auch Hamburg und Bremerhaven die nächsten Jahre von den größten Containerschiffen angelaufen werden. “Allerdings unter erschwerten Bedingungen. Und daran werde auch nicht die mögliche Vertiefung von Weser und Elbe etwas ändern.

CSCL Pacific Ocean3Der Weser-Kurier berichtet weiter: “Auf der Elbe gibt es nach Angaben Schiffers schon heute zwischen der Insel Neuwerk und dem Hamburger Hafen ein Begegnungsverbot für die Riesen. Wartezeiten seien so unvermeidbar. Jedes Großcontainerschiff brauche zudem jedes Mal eine Ausnahmegenehmigung. Im Hafen müssten beim Ein- und Auslaufen sämtliche Ausleger der Containerbrücken hochgefahren werden. „Jedes Mal gehen drei Stunden Produktionszeit verloren.“ Die geplante Elbvertiefung um einen Meter reiche für die Mega-Schiffe nicht aus, um mit mehr Ladung die Elbe befahren zu können. Dass dennoch Hamburg und Bremerhaven die nächsten Jahre angelaufen werden, liege daran, “weil die Reeder mehr Angst davor haben, Ladung zu verlieren, als etwa einen Tag in Hamburg zu warten.

In einem Abendblatt-Artikel wird uns der letzte Satz von Herrn Schiffer unterschlagen. Mit “Bild-Zeitungsniveau” könnte man derartige Verkürzungen umschreiben.
In der Welt wird das jedoch mehr als kompensiert. Das von Herrn Schiffer angeführte Begegnungsverbot für die Mega-Schiffe zwischen Neuwerk und Hamburg wird erläutert. Im Fahrwasserabschnitt zwischen Neuwerk und der Störkurve dürfen sich nur Schiffe mit einer addierten Breite von 111 Metern begegnen, auf der Folgestrecke von der Störkurve bis nach Hamburg sind es aktuell nur noch 90 Meter und 92 m bei der vertieften Elbe. Bei 60 Meter breiten Mega-Schiffen hilft in der Tat die Elbvertiefung nicht, zumal eine Verbreiterung zwischen Neuwerk und der Störkurve nicht geplant ist.

Die Welt macht das Fazit von Herrn Schiffer plausibel:

  • Die von den Reedern heftig geforderte Vertiefung der Elbe wird nach dieser Meinung wenig an den Problemen ändern. “Die Einschränkungen für diese Großschiffe werden bleiben, sowohl was die Breite als auch was die Tiefe betrifft.
  • “Diese Schiffe werden den Fluss auch nach einer Ausbaggerung höchstens mit einem Tiefgang von knapp 13 Metern befahren dürfen. Gebaut sind sie aber für 16 Meter Wassertiefe, wenn sie voll beladen unterwegs sind. “Wenn gesagt wird, dass mit der Elbvertiefung alles erledigt ist, dann ist das falsch“, sagte der Eurogate-Chef.”

Die Schlussfolgerungen zum Hafenausbau von Herrn Schiffer schließen wir uns an. Neue Kapazitäten sind bei den derzeitigen Reserven von 10 Mio. TEU in der Tat nicht angebracht. Vor allen Dingen brauchen wir mit den von Herrn Schiffer angeführten Restriktion des Befahrens der Elbe keine neuen Kapazitäten am Eurogate-Terminal CTH in Hamburg. Die sogenannte Westerweiterung ist bei der derzeitigen Auslastung des CTH von knapp 50% mehr als überflüssig. Zumal, wenn der Hamburger Steuerzahler in diese “angehende Elbphilarmonie” über eine halbe Milliarde Euro investieren soll und aktuell das Planfeststellungsverfahren im vollen Gange ist.

Leider mehr statt weniger

CMACGM MarcoPoloDer Wahnsinn im Containerschiffbau scheint weiter zu gehen. Gestern wurde über das WSJ bekannt, dass die Reederei CMA CGM einen Letter auf Intent über den Neubau von drei Schiffen mit über 20.000 TEU Kapazität mit der südkoreanischen Werft Hanjin Heavy Industries & Construction abgeschlossen hat. Der Auftragspreis für die drei neuen Zwanzigtausender soll bei rund 420 Mio. US-Dollar liegen.

Erinnern wir uns daran, dass die Reederei MOL vor wenigen Tagen einen Neubauauftrag für  vier Zwanzigtausender zum Stückpreis von 155 Mio. US-Dollar abgeben hatte. Binnen weniger Tage scheint sich der Stückpreis pro Schiff für CMA CGM um 15 Mio. US-Dollar auf 140 Mio. US-Dollar reduziert zu haben. Wer kann bei dieser Preisinflation noch an ein solventes Geschäftsmodell glauben? Und wie war das noch mit dem Appell von Herrn Ottmar Gast, weniger sei mehr? Unser “Willkommen” hat unverändert Aktualität.

Und so erinnern wir wieder einmal an das “Bemessungsschiff” für Bemessungsschiffdie auf Gerichtsentscheidung wartende neunte Elbvertiefung. Jenes Bemessungsschiff können wir mittlerweile hinter den Neubauaufträgen von MOL bzw. CMA CGM locker verstecken. Es ist gegenüber den o.a. Neubauaufträgen um mindestens 50 m kürzer, um über 10 m schmaler, hat bei Vollbeladung einen um 2 Meter geringeren Tiefgang und kann weniger als die Häfte der Container (TEU’s) tragen. Dennoch: Ohne Elbvertiefung konnten wir trotzdem das zweitgrößte Containerschiff der Welt vor acht Wochen im Hamburger Hafen begrüßen. Das Größte, die MSC Oscar, hat uns aus anderen Gründen den Besuch “verweigert”.

Wenn also die Größten den Hamburger Hafen mit unveränderter Leidenschaft besuchen können und vor allen Dingen wollen, warum müssen wir dann die Elbe überhaupt vertiefen? Das fragen wir uns und insbesondere die an einer neuen Regierungskoalition für Hamburg arbeitenden frischgewählten Politiker.

Haben Sie bislang zum Thema Elbvertiefung eine andere Antwort außer “Basta” vernommen?

Globe, Oscar, Barzan…

Am kommenden Sonnabend wird das Containerschiff MSC Oscar in Wilhelmshaven zum “Antrittsbesuch” erwartet: die MSC Oscar hat den Titel des weltgrößten Containerschiffs von der CSCL Globe übernommen, die den Titel nur wenige Tage innehalten konnte. Über die inflationären Tendenzen im Containerschiffbau hatten wir berichtet: der Nachfolger der MSC Oscar steht mit dem UASC-Schiff “Barzan” bereits fest…

Vorgestern hat die Mitsui O.S.K. Lines, Ltd. (MOL), die Nummer 9 der Rangliste der größten MOL1Containerreedereien und G6-Allianzmitglied, bekannt gegeben, sechs neue Schiffe mit einer Kapazität von 20.150 TEU in Auftrag zu geben. Damit würde die 20.000-TEU-Grenze erstmals überschritten werden. Dabei unterscheiden sich die angegebenen Maße der MOL-Neubauten mit 400 m Länge, 58,8 m Breite und 16 m Tiefgang bei Vollbeladung nur wenig von den vorhergehenden bzw. angehenden Titelträgern des “weltgrößten Containerschiffes”. Sind die TEU-Angaben der Reederei für die neuen Schiffe, die bei unveränderten Maßen 1.000 TEU mehr transportieren können, somit nur “Aufschneiderei” oder können die neuen Schiffe mit neuer Technik noch eine weitere Lage (Leer-?)Container mehr in die Höhe stapeln?

MOL als Mitglied der G6-Allianz wird seine neuen Riesen mit großer Sicherheit auch nach Hamburg fahren lassen wollen. Wie die CSCL Globe mit einem Nenntiefgang von 16 m, werden die neuen MOL-Riesen auch die Elbe ohne neue Elbvertiefung befahren.

Aber diese neuen Riesen werden, wie bislang alle Schiffe der G6-Allianz, auch das CTA in Altenwerder wegen der vermutlich günstigeren Konditionen anlaufen wollen. Mit dem Anlauf des CTA müssten die Riesen die Köhlbrandbrücke unterfahren können. Und da könnte ja bekanntermaßen ein gewaltiges Problem liegen. Wir kennen die Antwort nicht, können Ihnen aber mit dieser Präsentation von DNV-GL, einem in Hamburg ansässigen wohlbekannten Unternehmen, ein Gefühl für diese knifflige Thematik geben. Das Thema der Höhe von Containerschiffen – googlen Sie mal nach der “Air Draft” oder “Air Draught” von Containerschiffen – ist undiskutiert. Kein Politiker, kein Lobbyist, Infrastrukturplaner und Terminalplaner wagt sich öffentlich an dieses Thema.

Es ist aber nicht nur die Höhe der Köhlbrandbrücke. Sind die Höhen und Längen der MOL2gerade ausgetauschten Hamburger Containerbrücken für das Be- und Entladen der anstehenden MOL-Riesen und insbesondere den wohl noch anstehenden Schiffsneubauplanungen der Reedereien für noch größere Containerschiffe wirklich gewachsen? Sind diese Planungen und deren Folgen allen Hamburger Menschen bewusst?

Nach unserer Einschätzung sind sie dieses nicht. Das Thema wird ausgeschwiegen und ausgesessen. Die Köhlbrandbrücke, die Höhe der Stromtrasse Elbekreuzung 1 und 2 zwischen Hetlingen/Grünendeich, die Dimensionen der Containerbrücken an den Terminals und die “niedlich” anmutende Fahrwasserbreite der Elbe sind die Engpässe der Zukunft für den Hamburger Hafen.

Die anstehende neunte Elbvertiefung ist es nachweislich nicht. Mit den neuen MOL-Riesen und den angedeuteten Planungen von Hapag-Lloyd wird die G6-Allianz mit ihrem Hamburger Umschlag an ganz anderen Themen scheitern. Glauben Sie, dass wir in absehbarer Zeit aus Politik und Hafenwirtschaft erste (Kosten-)Aufschreie hören? Wir nicht – noch geht es ja um “Teufel komm raus” darum, die 9. Elbvertiefung durch zu setzen.

Optimierungspotential

Wieder läuft ein Containerriese den Hamburger Hafen an. Der “CSCL Globe” folgt nun die CSCL Pacific Ocean2“CSCL Pacific Ocean”, ein Schwesterschiff. Liest man die Bild-Zeitung, scheint aber doch ein wenig der Wurm in der Termintreue der Riesen zu stecken, so dass wir den zeitlichen Ablauf des aktuellen Anlauf der “CSCL Pacific Ocean” in Hamburg betrachten.

Das bereits für den 02.02.2015, 03:30 Uhr angekündigte Schiff konnte erst am 05.02.2015 gegen 19:00 Uhr festmachen. Die Verspätung von über 3 Tagen erscheint bemerkenswert: mit der Elbvertiefung soll doch zumindest für das Bemessungsschiff eine Ausweitung der Zeitfenster um einige Minuten pro Tide für die Befahrbarkeit ermöglicht werden. “Damit soll die überwiegende Mehrzahl der künftig eingesetzten Containerschiffe in der Lage sein, bei einer wirtschaftlich attraktiven Auslastung Hamburg jederzeit bedienen zu können” ist in der Informationsbroschüre zur Elbvertiefung auf Seite 9 vermerkt.

Zwischen einigen Minuten, die durch die Elbvertiefung gewonnen werden sollen, und über drei Tagen Verspätung klafft aber ein erheblicher Unterschied. Wie kommt diese eklatante Differenz zu Stande?

29.01.2015, 04:52 Uhr: Ankunft in Felixstowe.
31.01.2015, 04:37 Uhr: Abfahrt Felixstowe.
01.02.2015, dümpeln auf See. Warten auf einen freien Liegeplatz in Rotterdam.
02.02.2015, 14:06 Uhr: Ankunft in Rotterdam.
03.02.2015, 12:02 Uhr: Abfahrt Rotterdam.
04.02.2015, 05:00 Uhr dümpeln vor Spiekeroog. Warten auf einen freien Platz in Hamburg.CSCL Pacific Ocean1
05.02.2015, 19:00 Uhr Ankunft in Hamburg CTH
Es wird von einem Sturm berichtet, der zu Verzögerungen führte. Wir stellen aber fest, dass die “CSCL Pacific Ocean” über drei Tage auf See auf einen freien Liegeplatz zunächst in Rotterdam und dann in Hamburg gewartet hat. Der für die “CSCL Pacific Ocean” vorgesehene Liegeplatz 1 am CTH war durch die  “CSCL Mars” besetzt. Die “CSCL Mars” war ebenfalls um mehrere Tage verspätet in Hamburg eingelaufen: statt am 26.1.2015 traf sie am 03.02.2015 ein.
Verzögerungen scheinen ein Standardfall im Containerverkehr zu sein: Verzögerungen durch Terminals, Stürme und Kanaldurchfahrten von mehreren Tagen sind normal und scheinen von jedem Beteiligten akzeptiert zu werden. Uns will man aber erzählen, dass Zeitfenstererweiterungen um einige Minuten durch die Elbvertiefung eine wesentliche Entlastung bringen würden.
Betriebswirte bei Reedereien, Häfen und Kanalverwaltungen müssten andere offensichtlichere Optimierungspotentiale erkennen. So könnte eine Hafenkooperation deutliche Entlastung bringen: wenn in Hamburg alle Liegeplätze belegt sind, wird ein freier Liegeplatz in Wilhelmshaven genutzt. Warum wird das, was in anderen Logistikbereichen selbstverständlich ist, im Containerverkehr nicht praktiziert? Denken und Nachdenken scheint für die Hafen-Verantwortlichen deutlich schwerer zu sein, als einen Fluss auszubaggern. Das kann weder richtig noch betriebswirtschaftlich vernünftig sein!
Nachtrag: die “CSCL Pacific Ocean” haCSCL Pacific Ocean3t erst am 08.02.2015, 13:00 Uhr den Hamburger Hafen nahe Niedrigwasserzeit in tidenunabhängiger Fahrt mit Kurs Zeebrugge verlassen. Die Verspätung wurde damit um einen weiteren Tag ausgeweitet.
Niedrigwasser Hamburg-St. Pauli war am 08.02.2015 um 14:16 Uhr.

So schnell gehts…

UASC-Umm Salal
Umm Salal in Hamburg

… manchmal doch. Im Zusammenhang mit dem Anlauf der CSCL Globe, dem derzeitig größten Containerschiff der Welt,  in Hamburg, geraten nun auch zunehmend in den Medien die Havariegefahren von derart großen Containerschiffen im engen Fahrwasser der Elbe in den Fokus.

Nehmen wir mal an, dass am 26.01.2015 ein Containerschiff mit der Länge von 366 m und 51 m Breite, 13.296 TEU Kapazität morgens den Hamburger Hafen mit einem Frischwassertiefgang von 13 m den Predöhlkai am CTH verläßt. Es ist eine Stunde vor Hochwasser. Die Hauptmaschinen laufen – das Schiff wird mit Schlepperhilfe im Drehkreis des Parkhafens in die Elbe eingedreht. Es weht ein strammer böiger Nordwind, so dass die zwei Schlepper das große Schiff noch etwas länger, deutlich bis hinter den Finkenwerder Pfählen auf den Haken haben. Gerade ist nahe Mitte Fahrwasser beim Mühlenberger Hafen gegenüber der Nase der Landebahn bei Airbus passiert, fallen die Maschinen des Schiffes aus. Die Schlepper, schon auf das Leineneinholen eingestellt, bekommen dieses nicht sofort mit. Der Riese geht mit dem Rest Vorwärtsfahrt auf Drift gen Südwest und setzt schnell und sanft  mit seinen 13m Tiefgang an der steilen Wattkante zum Mühlenberger Loch auf. Kurz vor Hochwasser wird…

Diese “Phantasie” können wir leider nicht mehr zu Ende erzählen, da bereits ein lautes Tosen einsetzt: “Das ist frei erfunden, das kann bei uns in Hamburg nicht passieren, …”

Aber keine fünf Tage später passiert es in Antwerpen! Und nun zu einer wahren Geschichte: Am Morgen des 31.1. lief der unter Malta-Flagge registrierte Containerfrachter “Umm Salal” der Reederei UASC, nachdem er in Antwerpen vom Gateway Terminal mit Ziel Suez abgelegt hatte, auf der Schelde mitten in Antwerpen bei Lillo auf Grund. Der Frachter hatte das Durchgangsdock des Containerhafens um 8:40 Uhr passiert und sollte von zwei Schleppern Richtung Nordsee gedreht werden, als die Maschinen ausfielen und das Schiff mit seinem Tiefgang von 14,9 Metern in der Tideschelde außerhalb des Fahrwassers im Schlamm festkam.

Fünf Schlepper von URS eilten in einem Rennen gegen die Zeit zu Hilfe, da ab 10 Uhr das Wasser fallen würde. Es gelang, die Maschine wieder zu starten, und um 9.20 Uhr konnte der 366 Meter lange tief abgeladene Frachter wieder flottgemacht werden. Er wurde anschließend zur Inspektion zurück zum PSA Deurganck Terminal geschleppt, wo er um 10.15 Uhr festmachte. Während der Bergung musste die 366 Meter lange „CMA CGM Rabelais“ ihre Fahrt auf der Schelde verlangsamen, um die Manöver im Deurganckdock nicht zu behindern.”

Es ist zum Glück alles glimpflich abgelaufen – toi, toi, toi. Niederländische und viele Belgische Zeitungen berichten über diesen Vorfall, aber auch Internetforen. Es wird sogar vom Inkraftsetzen eines Notfallplanes berichtet.

Wir mögen uns nicht vorstellen, wie man in Hamburg mit einem derartigen Problem umgegangen wäre. Den 366 m langen Pott hätte man im nicht einmal 300 m breiten Elbfahrwasser vor Hamburg-Blankenese nicht drehen können. Auch nicht vor Wedel, Stade oder Glückstadt und vor allend Dingen: auch nicht mit einer Elbvertiefung!

Regelmäßig müssen wir in allen Wirtschaftsbereichen Notfallübungen und -tests im Alltag durchführen und es wird darüber berichtet. Sei es am Notstromgenerator im Krankenhaus, bei Flugzeugen zur Evakuierung, Brandschutzübungen am Arbeitplatz oder bei Rauchmeldern in der Mietwohnung. Lediglich bei Containerschiffen und Havarien auf der Elbe scheint es diese nicht zu geben – oder haben Sie mal etwas von einer Übung oder einem Notfallplan gehört?

Elbvertiefung teurer…

Der Senatsanworten auf die Anfang Dezember 2014 in der Hamburger Bürgerschaft gestellte Große Anfrage zur Hafenfinanzierung legen dar, dass der Hamburger Anteil für die Baukosten der geplanten Elbvertiefung innerhalb von zehn Monaten um weitere 4,3 Mio. Euro auf nunmehr 208,25 Mio. Euro angestiegen ist (siehe Anlage 4 der Anfrage).

In der Begründung des Senates wird angeführt, “Die Erhöhung des Ansatzes für Ausgleich und Ersatz, u.a. Ausgleichszahlungen an die Landwirtschaft und die Berücksichtigung einer fortgeschriebenen Inflationsrate durch Verzögerungen sowie die Fortschreibung des Risikobudgets haben zu Kostensteigerungen geführt. … Die Kostensteigerung gegenüber dem HPA-Wirtschaftsplan 2014 (Grundlage der Drs. 20/10595) ist zurückzuführen auf eine Fortschreibung des Inflationsannahmen, welche aus einer weiteren Verzögerung des Projektes resultieren.

Rechnen wir den Kostenanstieg von 4,3 Mio. Euro der letzten zehn Monate auf ein ganzes Jahr hoch, ermitteln wir eine Steigerung von über 2,5%. Ein stolzer Wert angesichts der für das Jahr 2014 offiziell angegebenen Preissteigerung von 0,9%.

Für den Bundesanteil der Baukosten zur Elbvertiefung gelten weiterhin die Kostenangaben aus den Regierungsantworten (3. und 4.) zu einer Kleinen Anfragen aus dem April 2014: “Im Haushaltsentwurf 2014 sind für die Elbvertiefung … Investitionsausgaben des Bundes in Höhe von 248 Mio. Euro (Preisstand des Jahres 2005) veranschlagt. Seither erfolgte Preissteigerungen und notwendige Planänderungen unter Berücksichtigung von Einwendungen und Stellungnahmen aus dem Planfeststellungsverfahren werden sich auf die voraussichtlichen Investitionsausgaben auswirken. Eine belastbare neue Ausgabenermittlung ist jedoch derzeit nicht möglich, da zuvor die Auswertung des laufenden gerichtlichen Verfahrens mit allen darin evtl. enthaltenen Auflagen für die Bauausführung abgewartet werden muss.

Während die Bundesregierung in ihrem Haushalt lediglich mit Elbvertiefungskosten auf Basis eines Preisstandes aus dem Jahr 2005 kalkuliert, wagen wir eine Anpassung des Betrages auf den Preisstand des Jahres 2015. Basis für unsere Kalkulation ist die bei der Ausgabenschätzung in der Planungsphase von Bundesregierung und Senat dargelegte Drittelteilung der Kosten: 2/3 trägt der Bund, 1/3 trägt Hamburg. Der Bund müsste somit den doppelten Betrag von Hamburg bezahlen. Und das wären dann nicht mehr 248 Mio. Euro sondern 416,5 Mio. Euro.

Die reinen Baukosten der Elbvertiefung ohne Berücksichtigung der direkt und indirekt zu zuordnenden weiteren Kosten betragen somit mittlerweile 624.750.000 Euro. Wir finden, dass das ein wirklich sportlicher Betrag ist.

CSCL Globe II

Die “CLCS Globe”, das größte Containerschiff CSCLGlobe3der Welt der Reederei “China Shipping Line” haben wir heute am Morgen auf unserer unvertieften Elbe und gegen 9:00 Uhr in Hamburg begrüßen dürfen.

Es ist noch nicht einmal zwei Jahre her, da durften wir Hamburger die Taufe des damaligen größten Containerschiffes der Welt, der “CMA CGM Alexander von Humboldt” bewundern. Hamburg zweite Bürgermeisterin, Frau Dorothee Stapelfeldt taufte das Schiff am Athabaskakai des Containerterminals Burchardkai.  Erinnern Sie sich auch an das Bild mit den photogenen blauen Containerwänden und “nix dahinter”? Wir dürfen uns vermutlich bei der “CSCL Globe” auf ein ähnliches Photoshooting einstellen.

Dass die Globe nicht das Ende der Fahnenstange in der Schiffsgrößenentwicklung ist, CSCLGlobe1berichtete der Informationsdienst Alphaliner in seinem letzten Newsletter in 2014. Noch in diesem Monat soll ein Neubau der Reederei MSC mit dem Namen “MSC Oscar” und einer Kapazität von 19.200 TEU in See stechen, gefolgt im April 2015 von einem Neubau der Reederei UASC mit dem Namen “Barzan”. “Barzan” soll nach Informationen von Alphaliner die TEU-Kapazität von “MSC Oscar” übertreffen. Es werden für beide Schiffe weitere Schwesterschiffe angekündigt.

Die beiden o.a. Schiffe haben ähnliche Maße wie die Triple-E-Schiffe von Maersk: Um die 400 m Länge, knapp 60 m Breite und eine Kapazität um die 19.000 TEU. Niedlich, geradezu zwergenhaft wirkt dagegen das Bemessungsschiff für die geplante Elbvertiefung: Mit einer maximalen Länge von 350 m und einer maximalen Breite von 46 m kann es mit einer Kapazität von nicht einmal 10.000 TEU knapp die Hälfte an Containern der o.a. Schiffe der neuesten Generation transportieren. Diese Schiffsgrößenentwicklung ist inflationär.

Und die neunte Elbvertiefung? Ja, die war für das o.a. Bemessungsschiff geplant. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Schiffe in der Größe des Bemessungsschiffes den Hamburger Hafen auch ohne die neunte Elbvertiefung problemlos anlaufen können.

In der Informationsbroschüre der Planer der neunten Elbvertiefung dürfen wir auf Seite 8 ff. zur Schiffsgrößenentwicklung lesen:CSCLGlobe2Wie die Abmessungen der Containerschiffe in ferner Zukunft sein werden, kann heute noch nicht genau eingeschätzt werden. Es gibt aber technische und wirtschaftliche Anzeichen dafür, dass neue, noch größere Schiffseinheiten sich vom Bemessungsschiff eher in der Länge und in der Breite, nicht aber im Tiefgang unterscheiden werden. So ist die Stapelhöhe von Containern aus statischen Gründen begrenzt. Zudem schwindet der Rationalisierungseffekt großer Schiffe, wenn aufgrund extremer Tiefgänge nur noch wenige Häfen angelaufen werden können, möglicherweise überwiegend solche, die nicht im Zentrum der Märkte liegen – denn dann steigt der Kostenanteil des teuren Hinterlandtransports. Schließlich wird es mit steigender Schiffsgröße generell schwieriger, eine durchgehend hohe Auslastung sicherzustellen. Das Bemessungsschiff wird deshalb auf absehbare Zeit das typische Containerschiff in der Fernostfahrt repräsentieren.

Die Einschätzung der Elbvertiefungsplaner war, freundlich formuliert, nicht so ganz zutreffend. So freuen wir uns heute auf die CSCL Globe, freuen uns mit der Reederei CSCL über das für sie unverändert bestehende große Rationalisierungspotential des Hamburger Hafens und lassen unsere Elbe ganz einfach unvertieft!

Halbwahrheiten

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NYK Hermes am 03.01.2015 bei starkem Nordwest an den Finkenwerder Pfählen…

Die Hamburger Senate und die Hafenlobbyisten werden nicht müde zu behaupten, dass die Fahrrinnenanpassung, also Vertiefung und Verbreiterung des Fahrwassers der Elbe, notwendig ist, damit die größten Containerschiffe mit nur geringen Restriktionen den Hamburger Hafen anlaufen können. Dabei verschweigen sie Wesentliches:

  • Das Bemessungsschiff für die geplante 9. Elbvertiefung hat rechnerisch folgende Daten: Länge 350m, Breite 46m, Tiefgang 14,50m, Tragfähigkeit maximal 9.000 bis 10.000 TEU.
  • Die derzeit größten Containerschiffe haben eine Länge bis 400m, erreichen eine Breite von nahezu 60m, einen Tiefgang von 16,00m und können mittlerweile über 19.000 TEU tragen.

Was hat das mit Halbwahrheiten zu tun? Nun, wir haben bereits ausführlich darüber berichtet, dass bereits heute die großen Containerschiffe (ULCS) den Hamburger Hafen anlaufen. Die Kunden schätzen den Service und die Hinterlandanbindung. Gerade erst haben chinesische Reedereien bestätigt, dass sie Hamburg auch ohne Elbvertiefung treu bleiben werden.

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…Schlepper Rover drückt mit Kraft gegen den Wind.

Außerdem wird die geplante Elbvertiefung keine Erleichterung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Hamburger Hafens bringen. Viel schwerwiegender als die Wassertiefe ist die Breite des Fahrwassers hinderlich. Im Streckenabschnitt zwischen der Störkurve und der Landesgrenze Hamburgs bei Tinsdal beträgt die Breite der Fahrrinne 300m. Hier besteht ein Begegnungs- und Überholverbot für Fahrzeuge mit addierten Schiffsbreiten von 90m und mehr, sofern beide Fahrzeuge auf Grund ihres Tiefgangs auf die tiefe Rinne angewiesen sind.

Die geplante Verbreiterung dieser Strecke um 20m bedeutet lediglich eine Zunahme der zulässigen Begegnungsbreite um 2m. Da die neuen großen Containerschiffe aber bereits die 60m Breite “kratzen”, dürfen ihnen lediglich Schiffe mit höchsten 32m Breite entgegen kommen. Das bedeutet, dass die Einschränkungen für diese Schiffe auf jeden Fall bestehen bleiben, egal wie tief die Elbe gebaggert wird.

Junckers Plan 2

Vor einigen Tagen berichteten wir Ihnen über Junckers Liste, in der alle europäischen Europa1Staaten ihre Wunschprojekte für eine gehebelte EU-Finanzierung über Privatisierungen einbringen durften. Auf dieser Liste sollte, so wurde gemunket, bei den deutschen Projektvorschlägen auch die Elbvertiefung angeführt sein. Mittlerweile sind auf den Internetseiten der EU-Kommission offizielle Details des Juncker Planes veröffentlicht, die wir nachfolgend versuchen zu erläutern.

In einer Gesamtanalyse wird zunächst festgestellt, dass in einigen EU-Staaten die Investitionstätigkeit seit der Finanzkrise 2007/2008 stark gesunken ist: “Während Bruttoinlandsprodukt (BIP) und privater Verbrauch in der EU im zweiten Quartal 2014 im Vergleich zu 2007 in etwa gleich geblieben sind, gingen die Gesamtinvestitionen um rund 15 % zurück.” Als EU-Staaten mit dem stärksten Investitionsschwund werden Griechenland, Irland, Italien, Portugal, Spanien benannt. “Eine schwache Investitionstätigkeit im Euro-Währungsgebiet … dämpft das Wachstumspotenzial, die Produktivität, die Beschäftigungslage und die Möglichkeiten zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in Europa.” Als Ursache wird geringes Investorenvertrauen benannt, das insbesondere Auswirkungen auf die KMU (Kleine und Mittlere Unternehmen) haben soll. Das Vertrauen der Kapitalgeber insbesondere in die KMU soll durch die Bereitstellung von EU-Bürgschaften wieder verbessert werden. Kommissionspräsident Juncker hat in seiner Rede vom 15. Juli 2014 vor dem EU-Parlament die Investitionsprojekte benannt, die im Fokus der Förderung stehen sollen:

  • Infrastrukturmaßnahmen (insbesondere Breitband- und Energienetze und Verkehrsinfrastruktur in Industriegebieten),
  • Bildung, Forschung und Innovation und
  • Förderung der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz fließen.

Vor allem aber muss in großem Maßstab in Maßnahmen investiert werden, die Arbeitsplätze für die junge Generation schaffen.

Mit diesen Vorgaben wurden die EU-Mitgliedsstaaten aufgefordert, einer von Herrn Juncker eingesetzten “Task-Force” kurzfristig realisierungsfähige Investitionsprojekte zu benennen, die den Staaten als besonders relevant und passend erscheinen. Die gemeldeten Projekte wurden von der “Task-Force” in einer Projektliste aufbereitet und nun veröffentlicht. Diese als Annex 2 bezeichnete Liste wird englischsprachig in drei Teilen zur Verfügung gestellt (Ende Mai 2015 wurden die Download-Links der EU gelöscht):

Teil 1 und Teil 2 können wir uns noch mit einer Aufteilung des Gesamtdokumentes erklären. Aber was soll die Liste 3, die ausdrücklich als Projektliste der EU-Kommission benannt wird?

Zunächst betrachten wir den Teil 1 des Annex2, da Germany in dieser Liste enthalten ist. Auf Seite 204 beginnen die Deutschen Vorschläge – für die Elbvertiefung ist ein Eintrag mit einem Budget von 400 Mio. Euro finden (Doppelklick zum Vergrößern):

Annex2-1 Im Teil 3 des Annex 2 (Projektliste der EU-Kommission) suchen wir ebenfalls nach der Elbvertiefung. Auch hier werden wir fündig. Die Elbvertiefung wird gleich dreimal angeführtAnnex2-2. Einmal von der Bundesregierung und zweimal von Hamburg.

Jetzt sind wir sehr erstaunt. Der Bundesanteil mit 248 Mio. Euro und der hamburgische Anteil von 199 Mio. Euro sind nach den bisherigen Veröffentlichungen korrekt angegeben. Aber warum ist der Hamburger Anteil der Vertiefungskosten gleich zweimal angeführt? Und wieso ergeben 250 Mio. Euro Bundesanteil und 199 Mio. Euro Landesanteil zusammen 400 Mio. Euro? Noch schwindelig von dieser Form der Zahlenakrobatik finden wir im Teil 3 des Annex 2 zahlreiche weitere Hamburger Hafenprojekte:

  • Hamburg New Kattwyk railbridge mit 205 Mio. Euro,
  • Hamburg Anpassung Einfahrt Vorhafen mit 98 Mio. Euro,
  • Hamburg Core Network, Adjustment of gateway offshore terminal (turning radius) Widening of gateway form the Norderelbe into the offshore terminal to meet the requirements of ship size development and to ensure safety and ease of ship traffic mit 98 Mio. Euro,
  • Hamburg Transport links Burchardkai (planning and construction) / Renovation and redesign of road and rail connections of the container terminal Burchardkai (CTB) mit 104 Mio. Euro,
  • Hamburg node, Extension of the rail infrastructure within the Hamburg node, strengthening of the rail connections to the sea port mit 545 Mio. Euro,
  • Hamburg, A 7 Dreieck Hamburg-Nordwest – Schleswig-Holstein border / Upgrade (6 lanes); partly tunneling for noise protection mit 211 Mio. Euro,
  • Hamburg A 7 Dreieck Hamburg-Nordwest – Hamburg-Stellingen / Upgrade (8 lanes); partly tunneling for noise protection mit 192 Mio. Euro.

Alle Hamburger Forderungsanmeldungen für den Juncker-Plan ergeben zusammen 2,1 Mrd Euro aus einem Junckers-Gesamtbudget von 300 Mrd. Euro, also rund 0,7%! Na, das ist doch für Hamburg mit seinen 1,8 Mio. Einwohner und seinem Bevölkerungsanteil von 0,35% an der Gesamt-EU-Bevölkerung mehr als angemessen. Warum sollte die Hamburger Devise für die Zusammenarbeit mit den norddeutschen Bundesländern, “immer das Doppelte beanspruchen, auch wenn einem nur die Hälfte zusteht” gegenüber der EU anders lauten?

Kommen wir zurück zu den o.a. Investitionsleitlinien des Kommissionspräsidenten Herrn Juncker. Die von Hamburg und dem Bund angeführten Investitionsprojekte klingen nicht danach, dass Sie auch nur eines der Kriterien erfüllen würden. Weder sind über die von Hamburg durch die Elbvertiefung getriebenenen Investitionsprojekte Förderungen von KMU, noch Arbeitsplätze insbesondere für die junge Generation erkennbar. Es fällt uns auch schwer, eine Investition in die Verkehrsinfrastruktur eines Industriegebietes zu erblicken, welches dann ja im Stadthafen mitten in der Hamburger Stadt liegen würde…

Wir gewinnen den Eindruck, dass man in Hamburg  – in Analogie zur Auslegung der EU-Wasserrahmenrichtlinie anläßlich der jetzigen Elbvertiefung –  wieder einmal mit ganz wenig Respekt, zudem egoistisch und in jedem Falle sehr flüchtig mit Europa umgegangen ist. Ob wir für wohl für dieses unsägliche Gebaren eine Erklärung des Senates erhalten werden?

ZDS-Lobbyisten

Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe e.V., Kurzform ZDS, hat gestern auf seiner diesjährigen Jahresmitgliederversammlung sehr viel Gehör beim NDR und im Abendblatt für seine ablehnende Haltung zu einer deutschen Seehafenkooperationen gefunden.JWP1

Wer ist denn nun dieser ZDS, der so viel Raum in den Medien eingeräumt bekommt?
Wir gucken auf die Landkarte der angeblichen Mitgliedshäfen und stellen fest, dass die “riesigen” Häfen wie Bremen und Hamburg Mitglieder im ZDS sind, wie auch Brake, Lübeck und Stralsund. Häfen, wie Husum, Stade, Glückstadt und Travemünde scheinen zu fehlen.

Nun würde man glauben, dass diese Mitglieder die staatlichen Hafengesellschaften, wie die hamburgische HPA oder die bremenports wären. Aber, weit gefehlt. Mitglieder sind die privaten Umschlagsbetriebe bzw. über Unternehmensverbände organisierte Unternehmen, wie z.B. unser bekannter UVHH, Unternehmensverband Hafen Hamburg. Der ZDS ist also eine reine Lobbyvereinigung von Hafenumschlagsunternehmen, die gegenüber der Politik ihre Interessen durchsetzen will. Das ist legitim – man muss es nur wissen!

Und diese selbsternannten “Hafenchefs” haben sich gestern vehement gegen eine deutsche Hafenkooperation geäußert. Nein, das verwundert nun wirklich nicht. Da wird laut Abendblatt über die Hafenkooperation vom ZDS-Präsidenten, Herrn Klaus-Dieter Peters, sinniert: “Die Forderungen nach einer dirigistischen Ladungslenkung seien jedoch extrem interessengeleitet und stünden nicht im Einklang mit dem deutschen und europäischen Kartellrecht sowie und den Anforderungen der Kunden.Ach ja?

Natürlich – Dirigismus ist Teufelswerk östlicher Steinzeit-Provenienz, brrr!
Gewinnmaximierung mittels Lobbyisten auf Kosten der Lebensbedingungen der Anwohner und der Umwelt ist dagegen ganz harmlos.  Das ist nicht interessengeleitet. Zudem kundenfreudlich und umweltrechtlich total einwandfrei. Das kann man als ZDS machen.

Anscheinend wohl doch nicht, wie das Bundesverwaltungsgerichtes in Sachen Elb- und Weservertiefung mittels Aussetzungsbeschlüssen entschieden hat.

Fazit:
Die Herrn vom ZDS wollen “quick and dirty” die Vertiefung von Weser und Elbe und zwar kostenfrei vom Staat. Sich einen Kopf machen, wie man unter Einbeziehung von Wilhelmshaven für alle deutschen Seehäfen und unter Umgehung der jetzigen Vertiefungsplanungen etwas Positives erzeugen kann – nee, das ist nicht Sache des ZDS.

Zum weiteren Verständnis haben wir Ihnen einige Infos über die ZDS-Treiber zusammengetragen. Wir beginnen mit….

1. Gunther Bonz
Die Hamburger Interessen im ZDS werden über den UVHH e.V. “korporativ” vertreten, d.h. kein Hamburger Unternehmen ist dort Einzelmitglied (mit entsprechenden Rechten), sondern nur der Gesamtverband UVHH, der die Mitgliedsrechte im ZDS für alle Hamburger Unternehmen auf sich vereinigt. Der im Jahre 1968 gegründete UVHH e.V.  wurde bislang nahezu ausschließlich von Vorständen der HHLA geführt. In 2011 trat der damalige HHLA-Vorstand überraschend nicht mehr als Präsident für den UVHH an und wurde von Herr Gunther Bonz abgelöst. Herr Bonz, als für die Elbvertiefung verantwortlicher Staatsrat, war zuvor Ende August 2008 vom damaligen Ersten Bürgermeister, Herrn Ole von Beust sehr kurzfristig entlassen worden (siehe PS am Ende des Textes). Man sprach von einer unehrenhaften Entlassung. Zum 1. Juni 2009 wurde er Generalbevollmächtigter der EUROGATE-Holding und gleichzeitig in die Geschäftsführung von EUROGATE-Tochtergesellschaften berufen. Nach der Wahl von Herrn Bonz zum Präsidenten des UVHH in 2011 und der “Abschiebung” von Herrn Peters zum ZDS schwelt in der Hamburger-Hafen-Lobby ein schwerer Konflikt. In der Folge wird von einem “Machtkampf” zwischen Herrn Peters als HHLA-Chef und Herrn Bonz als UVHH-Präsidenten gesprochen.

Herr Bonz ist für seine demagogischen Äußerung in Sachen Elbvertiefung wohlbekannt.

2. Herr Klaus-Dieter Peters
Der heutige ZDS-Präsident Herr Klaus-Dieter Peters, zugleich seit dem Jahre 2003 HHLA-Vorstandsvorsitzender, blickt auf eine lange Hafenkarriere zurück. Beginnen wir im Jahr 2006 nach dem erfolglosen Bahn/Hafen-Deal. Der Vertrag wurde zunächst nicht verlängert – registrieren Sie die angeführten Namen im Welt-Artikel. Gewählt wurde er dann doch. Im Anschluss an die HHLA-Privatisierung in 2009 wurden in Sachen HHLA-Privatisierung Klüngeleien zwischen Herrn Peters und Arbeitnehmervertretern der HHLA, die gleichzeitig Bürgerschaftsabgeordnete, HHLA-Aufsichtsrat und Gewerkschaftsfunktionäre waren, bekannt. Ein diffuses Dickicht, das immerhin zum Rücktritt von Betriebsräten führte, die heute noch ein Mandat in der Bürgerschaft innehaben und bis vor Kurzem eng mit der gewerkschaftlichen Führung verwoben waren. Herr Peters verblieb angeschlagen im Amt. Ein weiterer Deal mit der Bahn in 2012 blieb bislang medial unberücksichtigt, obwohl hier zahlreiche Fragen angebracht wären.

3. Herr Jan Müller
Für das ZDS-Präsidiumsmitglied Herr Jan Müller, Vorstandsvorsitzender  der J. Müller AG, Motor der Weservertiefung , verweisen wir auf die Kollegen in Sachen Weservertiefung.

PS: die Pressemitteilung der Stadt Hamburg mit dem Titel “Ergebnis des Gespräches zwischen…”über die Entlassung von Herrn Bonz vom 27.07.2008  wurde am 07.06.2015 aus dem Internetarchiv gelöscht. Ältere Pressemitteilungen sind im Archiv weiterhin zu finden.

Mehr Macht …

…für Umweltverbände wünschen sich laut einer repräsentativen Umfrage des Abendblattes die Hamburgerinnen und Hamburger. Die Ergebnisse der Umfrage wurden am 14.11.2014 sehr versteckt im Abendblatt veröffentlicht – gefunden haben wir die Umfrageergebnisse bei den Kollegen von Umweltfairaendern.de, die eine umfassende Kommentierung auch in Sachen Elbvertiefung abgegeben haben. Die “lesefreundlichen” Links finden Sie hier: zum Artikel im Abendblatt und zu den beiden angeführten Kommentaren, Pro von Herrn Jens Meyer-Wellman und Contra von Herrn Matthias Iken.

Damit die Naturschutzverbände, BUND und Nabu, ihre gesellschaftpolitische Arbeit fortsetzen können und beispielsweise ein Herr Manfred Braasch, Geschäftsführer des BUND Hamburg, dem unsäglichen “Druck von ZEITlosen Demagogen”ZEITHamburg (anklicken zum Vergrößern) standhalten und weiterhin machtvoll für unsere Elbe und gegen deren weitere Vertiefung arbeiten kann, benötigt der BUND unsere finanzielle Unterstützung. Stärken Sie die klagenden Streiter mit einer Spende, wie wir es von Hamburg für die Elbe bereits gemacht haben. Wir danken Ihnen!

Für eine Bindung der Spende an das Klageverfahren gegen die Elbvertiefung geben Sie bitte bei Ihrer Überweisung den Verwendungszweck “Klage Elbvertiefung” an.

Spendenkonto des BUND Hamburg: Nr. 1230 122 226
Hamburger Sparkasse, BLZ 200 505 50
Kontoverbindung nach dem europäischen SEPA-Format:
IBAN: DE 2120 0505 5012 3012 2226 ● BIC: HASPDEHHXXX

PS: der abgebildete ZEIT-Beitrag stammt von dem Redakteur, den unser Erster Bürgermeister, Herr Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung zum Aussetzungsentscheid des Bundesverwaltungsgerichtes  namentlich auf Seite 4, Mitte, zitiert hat!