Schlagwort-Archive: Hafenfinanzierung

Westerweiterung verschoben

Parkhafen12-TaifunGestern sind die Senatsantworten auf eine Große Anfrage aus dem November 2015 zur HPA-Finanzierung öffentlich gemacht worden. Der Einleitungstext zur Großen Anfrage nimmt Bezug auf die geringe Auskunftsfreudigkeit des Senates aber auch von HPA-Chef Herrn Jens Meier.

Hafeninvestitionen
Letzten Spätsommer hatte der Senat die Bereitstellung von Mitteln für die Schaffung von Flüchtlingsunterkünfte durch Einsparungen bei den HPA-Hafeninvestitionen angekündigt: für 2015 mit 5 Millionen Euro und für 2016 mit 23 Millionen Euro. Welche Projekte davon im Hafen betroffen seien, benannte er allerdings nicht – auch im Wirtschaftsausschuss lavierte der Senat mit einer Protokollantwort. In den Antworten zur Großen Anfrage wird nun verkündet, dass für 2015 “keine gezielten Einsparungen” erforderlich waren und für 2016 “konkrete planerische Einsparungen … sich nicht sinnvoll beziffern” lassen würden. Wir gewinnen den Eindruck, dass im Hafen für die Flüchtlinge nichts eingespart werden wird.

Hafenprojekte
Dieser Eindruck verdichtet sich in der Anlage 8 zu den Senatsantworten. In Sachen Hafen-Projekte werden hier nun Teile der bereits für September 2015 erwarteten Informationen bereitgestellt. Die Daten lassen sich mit den Senatsantworten auf die letzte Große Anfrage zur Hafenfinanzierung IV, hier Anlage 4,  von Ende 2014 vergleichen und zeigen die Kostenänderungen auf.

Projektname 2014
[Tsd. €]
2015
[Tsd. €]
Differenz
[Tsd. €]
Kattwykbrücke, südl. Hafenerschließung 219.500 255.500 31.000
Elbvertiefung 208.250 218.500 10.250
Kreetsand 63.300 65.300 2.000
Umbau Waltershof 34.400 36.300 1.900
Rethebrücke 152.630 173.630 20.000

Innerhalb eines Jahres werden bei nur fünf Projekten Kostensteigerungen von über 65 Mio. Euro “mittels Anlage” bekanntgegeben – bei keinem der weiteren angeführten Projekte konnten Kosten eingespart werden. Nein, da muss man wirklich nicht öffentlich drüber reden – zumal wenn der zuständige Wirtschaftssenator Herr Frank Horch anscheinend nicht einmal benennen kann, wo und wie er denn bei den Hafeninvestition sparen will. Verschweigen ist gut – im Bildungs- und Sozialbereich kann man bestimmt leichter sparen.

In Sachen Eurogate-Westerweiterung ist aus dem Vergleich der Anlagen ersichtlich, dass sich die Fertigstellung erheblich verzögern wird. War diese in 2014 noch mit “voraussichtlich nicht vor 2020” angegeben, lesen wir jetzt “vorraussichtlich nicht vor 2023“. Das ist doch ein Schritt in die richtige Richtung – der St. Nimmerleinstag wäre noch passender!

Zukunftsinvestitionen

In der Welt dürfen wir lesen, dass die HPA noch im Jahr 2015 rund 250 Millionen Euro in die NotfallTerminals und Technologie des Hafens investieren will. Das ist ein stolzer Betrag für die staatliche Hafenbehörde HPA, von der wir wissen, dass diese für den Unterhalt des Hamburger Hafens jedes Jahr mindestens 100 Mio. Euro Verlust schreibt. Diese Verluste werden regelmäßig von den Hamburger Steuerzahlern ausgeglichen: in der Vergangenheit erfolgte dieses aus dem Verkaufserlös von über 30% der HHLA-Aktien, der sogenannten “HHLA-Milliarde”.

Die letzten Euros aus der HHLA-Milliarde wurden in 2014 von der HPA aufgebraucht. Seitdem versuchte die gesamte Opposition der Hamburger Bürgerschaft in Erfahrung zu bringen, wie die HPA ab 2015 finanziert werden soll. Im Haushalt 2015/2016 hat der Senat bislang lediglich 100 Mio. Euro für den jährlichen HPA-Verlustausgleich eingeplant.

So mutet es abenteuerlich an, wenn im Jahr 2015 mit 100 Mio. Euro Haushaltsbudget auf wundersame Art und Weise 250 Mio. Euro Zukunftsinvestitionen bezahlt werden können. Und wir fragen uns, ob in den letzten Tagen ein neues HPA-Finanzierungskonzept beschlossen worden ist? Fehlanzeige – in der Bürgerschaft ist nichts zu finden. So erinnern wir uns an die Diskussionen aus September 2014, wo als Finanzierungslösung für die geplanten HPA-Investitionen die Aufnahme von Krediten in Aussicht gestellt wurde: dabei räumte  Wirtschaftsstaatsrat Herrn Bernd Egert ein, dass es “ein gewisses Finanzierungsdelta für die Hafenausbauprojekte” gebe. Dies sei aber kein Problem, denn alle Projekte würden bezahlt. “Die Fahrrinnenanpassung ist gesetzt, da gibt es kein Vertun”, sagt Egert. Im Übrigen gebe es verschiedene Lösungswege, um das Finanzierungsdefizit auszugleichen. So bestünde unter anderem die Möglichkeit, benötigtes Geld aus einem anderen Topf zu nehmen. Und gelinge auch dies nicht, könnte die HPA einen Teil der Kosten ja auch vorfinanzieren, so Egert. Notwendige Mittel für Zinsen und Tilgung müsste die Stadt dann später bewilligen.

Nun ist es also soweit. Der o.a. Plan vom Wirtschaftsstaatsrat Herrn Bernd Egert kommt zum Tragen. In den Zeiten der gesetzlichen Schuldenbremse, mit der sich der Senat und die Bürgerschaft auf eine strenge Haushaltsdisziplin verpflichtet haben, nutzt der Senat nun die erste Möglichkeit, diese zu umgehen. Die HPA als eine rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts nimmt ohne Zustimmung der Bürgerschaft Kredite auf. Der Senat als Eigentümer der HPA und mehrheitlich im Aufsichtsrat der HPA vertreten, hat genaue Kenntnis von diesen neuen Schulden und weiß bereits heute, dass diese vom Steuerzahler getilgt werden müssen.

Da die Budgetierung aber nicht mehr über die Bürgerschaft erfolgt, erfahren wir auch nicht mehr, wofür die 250 Mio. Euro im Hamburger verwendet werden sollen. Der NDR und das Abendblatt werfen uns ein paar Knochen hin. Undifferenziert werden einfach Straßen, Brücken und Schienen benannt, obwohl es doch laut Welt eigentlich Terminals und Technologie sein sollten.

So etwas könnte man mit dem Begriff “Schattenhaushalt”, “Trickserei” oder “Katze im Sack” umschreiben. Anscheinend ganz normal für die “grundsolide” Hafenpolitik des Hamburger Senates. Wie sagte Herr Egert oben? “…kein Problem, denn alle Projekte würden bezahlt.” Genau!

Hafengier ohne Grenzen?

Im Zusammenhang mit der Bewerbung Hamburgs für die Olympischen Spiele wurden doch erste Zahlen zu den Kosten genannt. Nein, es geht nicht um die Kosten, die der Bau von Stadien, Olympischem Dorf, Infrastruktur,  Ausbau des ÖPNV … bedeuten würden, es geht um “Entschädigungen für Hafenbetriebe”.

Bereits am 28. September 2014 veröffentlichte die Welt ein Interview mit Gunther Bonz, Präsident Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) und Generalbevollmächtigter bei Eurogate, unter dem Titel “Olympia darf nicht schaden”. In diesem Interview legt er sich mit den Hamburger Bürgerinnen und Bürgern, der HPA und der Handelskammer an.

In der Welt erhält Herr Gunther Bonz einen breiten Raum, um dreist Schelte zu verteilen und Forderungen zu formulieren:

  • Zunächst beschwert er sich darüber, dass die Handelskammer die Olympia-Bewerbung Hamburgs unterstützt, ohne die Interessen des Hafens zu vertreten.
  • In der nächsten Frage weist er auf die derzeitige Nutzung des Kleinen Grasbrook und des Übersee-Zentrums hin, sowie in diesem Zusammenhang auf die Beteiligung einer ausländischen Gesellschaft (Grimaldi) an einem Terminal (UNIKAI) hin. “… Was sollen wir denen sagen? … Oder sollen wir gar empfehlen, den Standort Hamburg zu verlassen weger der Investitionsunsicherheit?”
  • Er fordert “…dass Investitionen in den nächsten Jahren während der weiteren Planungs- und der Bewerbungsphase vollumfänglich erstattet werden, wenn Hamburg den Zuschlag für Olympia erhält.” und droht mit Stillstand, wenn diesen Interessen nicht nachgekommen wird.
  • Auf die Frage nach alternativen Hafenflächen für holt er zu einem Rundumschlag aus: Herr Jens Meier von der HPA sei sich auch nicht sicher, ob es ausreichend alternative Flächen gäbe. Die Hafenerweiterungsflächen in Hamburg-Moorburg müssten für den Hafenausbau genutzt werden: “Sie sind ja auch bereits gesetzlich als Hafenerweiterungsflächen definiert. Dies wird sicher nicht einfach werden, da die Stadt es dann wieder mit den “üblichen Verdächtigen” wie den Umweltverbänden zu tun haben wird, die bisher immer eine Hafenerweiterung in dieses Gebiet hinein abgelehnt haben.” Den in der Frage angesprochenen Anwohnerinnen und Anwohnern widmet er übrigens keine Silbe. Und er bedauerte, dass die Hafenflächen nicht den Hafenbetrieben gehören, sondern der Stadt bzw. der HPA.
  • Natürlich ist auch das Thema verkehrliche Hafeninfrastruktur dabei: Hafenbetriebe dürfen nicht durch eine Olympia-Baustelle beeinträchtigt werden. Sie hätten bereits jetzt genügend Probleme. Die Baufirmen müssten eben über den Wasserweg ihre Materialien und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer transportieren.
  • Auf die Frage, wer denn die Kosten für den zusätzlichen Aufwand bei der Infrastruktur tragen solle, antwortet Herr Gunther Bonz: “Das ist in diesem Fall nicht das Problem der Unternehmen.”
  • Und danach bestätigt Herr Gunther Bonz die ersten verhaltenen Äußerungen aus Hamburger Dienststellen zu den möglichen Kosten für die Verlagerung der Hafenbetriebe in Höhe von fünf bis sieben Milliarden: “Das ist nicht unrealistisch. Hinzu kommen gegebenenfalls die Kosten für die Erschließung neuer Hafenflächen.”
  • Zum Schluss geht es noch um die vorgesehene Nachnutzung der olympischen Gebäude, vor allem des Olympischen Dorfs, als Wohngebiet. Selbstverständlich kommt hier die Forderung, dass Beschwerden über Lärm und Verschmutzung für den Industrie- und Hafenstandort Hamburg nicht in Frage kommen.

Was hat das mit der Elbvertiefung zu tun? In gewohnter “Bonz-Manier” wird selbstverständlich auch in Verbindung mit den Olympischen Spielen die Elbvertiefung als ein Beispiel für das “unternehmerunfreundliche Planungsrecht” in Deutschland heran gezogen: “Die Stadt hat zu spät realisiert, dass für die Olympiabauten und die Zufahrtswege Ausweichmöglichkeiten geschaffen werden müssen. Und wie schwierig solch langwierige Planungen sind, sieht man ja an der Elbvertiefung. 14 Jahre haben allein die Planung und die Gerichtsverfahren gedauert. Und gebaut worden ist noch nicht ein Zentimeter. Wie soll also so ein Mammutprojekt wie Olympia bis 2024 realisiert werden? Mit unserem antiquierten Planungs- und Genehmigungsrecht sicher nicht.”

Dazu kommt, dass wir Herrn Bonz und den von ihm vertretenen Hafenbetrieben durchaus zutrauen, dass sie ihre Investitionsplanungen erst vornehmen, wenn sie eine Zusicherung für die Übernahme der Kosten bei der Realisierung von Olympia bekommen. Denn uns ist nicht bekannt, dass in der Vergangenheit auf dem Kleinen Grasbrook oder am Überseezentrum große Investitionen geplant waren, die jetzt durch die potenzielle Olympiabewerbung in’s Stocken geraten. Hier geht es also wieder einmal darum, uns Hamburger Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für die Hafenwirtschaft zu melken.

Hafenfinanzierung

Unter dem Titel “Hafenfinanzierung” wird Michel1einmal jährlich, zumeist im Frühjahr, eine Große Anfrage in der Bürgerschaft zu den aktuellen Themen des Hafens gestellt. Angesichts des bevorstehenden Wahlkampfes (der Senat hat für die Beantwortung einen Monat Zeit) scheint diese nun ein paar Wochen vorgezogen worden zu sein – wir freuen uns!

Zugegeben, die in der Großen Anfrage gestellten Fragen schmeicheln uns. Schließlich behandeln diese Fragen einen Teil der auf unserer Internetseite unter Hafen21 beschriebenen milliardenschweren Themen rund um die Hafenfinanzierung.

Leider werden in der Großen Anfrage nicht alle Kostenthemen rund um unseren Hafen angefragt, sondern in Frage 5 lediglich mit einem “et cetera” abgehandelt – warum? Es ist doch bekannt, dass unser Senat nur auf sehr konkrete Fragen antwortet und mit “et cetera” angefragte Kostendetails ignoriert. So werden zahlreiche Hafen-Projekte wie

in den Senatsantworten unberücksichtigt bleiben. Dabei ist doch unbestritten, dass ohne die vollständige Umsetzung dieser milliardenschweren Projekte die Elbvertiefung überhaupt keinen Sinn macht! Wie wir  dem Abendblatt aktuell entnehmen, sieht auch die Hafenlobby genau diesen Zusammenhang: “Vor allem Bonz griff die Grünen in gewohnt scharfer Manier an, für ihre ablehnende Haltung zur Elbvertiefung wie auch zu anderen Großprojekten, etwa der Westerweiterung des Eurogate-Containerterminals, der Hafenquerspange, dem zurückliegenden Bau einer vierten Elbtunnelröhre oder anderen Autobahnprojekten rund um Hamburg.” So wird erneut die bekannte Leier der Großprojekt-Verzögerungen angestimmt und mit Krokodilstränen beteuert, dass die geplante Elbvertiefung für die Menschen unserer Stadt und Region doch immense “Vorteile” bringt.

Schauen wir uns diese vermeintlichen “Vorteile” genauer an, stellen wir regelmäßig fest, dass Vorteile nur für die Portemonnaies der von dem Hafenlobbyisten Herrn Bonz vertretenen Hafenwirtschaft entstehen. Herr Bonz sorgt sich nicht um unser aller Wohl.  In Zeiten der Schuldenbremse sorgt er sich um die staatliche Finanzierung der Milliarden für die Infrastruktur, die er doch mit seinem Hafenkollegen weiter kostenfrei nutzen möchte.

Dass die Befürchtung der Hafenlobby wirklich groß sind, zeigt die aktuelle Diskussion einer Schiffsmaut auf Elbe und Weser. Was war das für ein Aufschrei! Der Aufschrei wurde aber noch getoppt: In einem DVZ-Bericht über den  Maritimen Logistikgipfel vom  01.12.2014 durften wir ein Stimmungsbild aus der Hafenwirtschaft lesen: “ZDS-Hauptgeschäftsführer Daniel Hosseus forderte die Bundesregierung auf, der Infrastrukturpolitik auch finanziell mehr Bedeutung beizumessen. Sie müsse auf eine Stufe mit Bildung, Sicherheit und sozialem Ausgleich gestellt werden. “Dies ist eine Frage der Standortpolitik. Infrastruktur muss Staatsauftrag werden”, betonte der DSVK-Vorsitzende Gerd Deimel. Konkretere Vorschläge zur Umschichtung von Geldern zwischen den Ressorts kamen aus dem Publikum. Dort gab es Stimmen, die Potenzial im Bereich Arbeit und Soziales sehen. Anstatt Gelder dort für geringe Anhebungen auszugeben, die Milliarden kosten, seien die Mittel besser in eine zuverlässige Infrastruktur investiert.

Mit dieser Aussage im Hinterkopf, begrüßen wir die Große Anfrage in der Bürgerschaft sehr, zumal ein weiterer Fokus auf der Finanzierung der HPA liegt. Wir werden zumindest einen Teil der Milliarden für die Hafenprojekte dargelegt bekommen. Wollen wir Hamburger, mit Yagmur, Chantal und weiteren Kindern im Herzen und Kopf, dem obigem Vorschlag der Hafenlobbyisten zu Potenzialen “im Bereich Arbeit und Soziales” folgen? Anläßlich des Festes der Liebe scheint eine zugespitzte Frage für uns Hamburger angebracht und zulässig: Kinder und menschliches Leben zuerst oder doch lieber die Elbvertiefung?