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Elbvertiefung: Was riskieren wir?

ElbfischerGestern abend hat der NDR im Dritten in der Reihe “45 Minuten” einen Filmbeitrag mit dem Titel “Elbvertiefung: Was riskieren wir?” gesendet. Der von Sebastian Bellwinkel und Holger Vogt produzierte Film ist ein gelungener Beitrag, um in die Elbvertiefungsdiskussion, die derzeit ausschließlich von wirtschaftlichen Aspekten dominiert wird, ökologische und naturfachliche Komponenten einfließen zu lassen.

Vergessen wir nicht: beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig stehen nur noch diese Umweltfragen zur Diskussion. Die wirtschaftlichen Fragen wurden und werden keiner weiteren gerichtlichen Prüfung unterworfen. Die deutsche Gesetzgebung überlässt den Planfeststellern absolute Narrenfreiheit in der Feststellung von absurd formulierten “überragenden öffentlichen Interessen“, z.B. für die Begründung der Notwendigkeit der aktuellen Elbvertiefung. Der Wahrheitsgehalt von Containerumschlagsprognosen des Jahres 2006 für das Jahr 2015, die zwischen 15 bzw. 18 Mio. TEU liegen sollten und aktuell nicht mal mehr 9 Mio. TEU erreichen werden, können gerichtlich nicht überprüft werden.

Es verbleiben für eine skeptische Haltung zu Großprojekten, wie z.B. der Elbvertiefung, lediglich die ökologischen Fragestellungen. Hier hat der Gesetzgeber, zumindest für die Naturschutzverbände, eine Art Mitspracherecht bis hin zur Verbandsklage eingeräumt. Rechte, die, obwohl diese durch die Verbände sehr sensibel und bedächtig genutzt werden, im Falle der Elbvertiefung über eine öffentliche Dauerbeschallung durch die maritimen und politischen Lobbyisten mehr als perfide in Mißkredit gebracht werden. Wir berichteten stellvertretend vor Kurzem über den Märchenonkel Herrn Gunther Bonz.

In diesem Umfeld begrüßen wir außerordentlich, dass der NDR sich über seine politisch stark beeinflussten politischen Gremien hinwegsetzen konnte und mit dem Film zur Versachlichung der Diskussion beigetragen hat.

Der Film zeigt, dass es sehr viel Meinungsmache rund um die Elbvertiefung gibt. In der Regel läuft diese Form der Diskussion auf 150.000 nicht näher beschriebene Arbeitsplätze versus ein paar “Piepmätzen“, “Blubberfischen” oder “Blümchen” hinaus.

Arbeitsplätze brauchen wir – keine Frage. Aber die müssen zumindest vorhanden sein und nicht in irgendwelchen Gutachten aus fünf Fingern gesogen und für dubiose Interessen vorgeschoben sein. An genau diesen Gutachten haben wir mehr als berechtigte Zweifel! Diese Gutachten produzieren Zahlen, die bar jeglicher Vernunft liegen und sich keiner Nachweisprüfung unterziehen mussten. Sie wurden und werden unkontrollierbar in den Raum gestellt – Basta!

Und die Piepmätze, Blubberfische und Blümchen? Für deren Artenvielfalt tragen wir mindestens genauso eine große Verantwortung, wie für unsere Arbeitsplätze. Von genau dieser Vielzahl an Arten hängt, auch wenn es immer gerne wieder vergessen wird, unser aller gesundes Leben ab. Nein, nicht von einem einzelnen Individuum mit dem Namen Finte, Lachseeschwalbe oder Schierlings-Wasserfenchel. Wir hängen ja auch nicht von der Existenz eines Herrn Olaf Scholz oder eines Herrn Gunther Bonz ab.

Artenvielfalt ist eine immens wichtige Lebensressource! An diesem vermeintlich dehnbaren Begriff hat mittlerweile kein vernünftiger Mensch mehr irgendeinen Zweifel! Er ist einfach “Stand der Technik”. Ein Recht auf “Geldverdienen” über den Hamburger Hafen zu Lasten von uns Menschen, Piepmätzen, Blubberfischen und Blümchen gibt es einfach nicht. Es ist nicht einmal ein Grundrecht.

Wir in Hamburg tragen eine Verantwortung für uns Hamburgerinnen und Hamburger und damit für Schierlings-Wasserfenchel, Finte und Lachseeschwalbe. Wir wollen Arbeitsplätze, die diesen Vorgenannten einen gesunden Lebensraum ermöglichen. Mehr nicht!

Nochmals vielen Dank an Sebastian Bellwinkel und Holger Vogt für diesen Film und stellvertretend den Herren Markus Risch, Veit Hennich, Hanz Niemeyer, Walter Rademacher und Prof. Dr. Ralf Thiel und Frau Jacqueline Neubecker für die Vermittlung von fundierten Einblicken. Wir danken Walter Zeeck und seinen Sohn für den Hinweis auf den Pottwal und den Säbelzahntiger!

PS.: Zur dramatischen Entwicklung des Prielsystemes um die Medemrinne und dem Neufelder Sand haben wir über den Zeitraum von mittlerweile 80 Jahren eine kleine Animation auf unserer Internetseite. Es ist der Lebensraum der im NDR-Beitrag angeführten Lachseeschwalbe. An dieser Stelle möchten wir nochmals auf das Zanke-Gutachten genau zu jenem Gebiet hinweisen.