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Da ist Sie ja…

BaggerOdinKurz vor Weihnachten 2015 fragte ein Bürgerschaftsabgeordneter über eine Schriftliche Kleine Anfrage nach der Vereinbarung zwischen der Wirtschaftsbehörde/HPA und Umweltbehörde über die Verklappung und Baggerung von Hafenschlick. Er wollte in Frage 6 auch wissen: “Wie lautet der Text der Vereinbarung?

Die Senatsantwort war sehr verschwurbelt:”Die Vorlage der Vereinbarung käme im Ergebnis einer Aktenvorlage gleich. Diese ist gemäß Artikel 30 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg an Voraussetzungen gebunden, die hier nicht vorliegen (siehe auch VerfGH Sachsen, Urteil vom 19.07.2012 – Vf. 102-I-11 – juris Rn. 35). Diese interne Verwaltungsvereinbarung kann jedoch auf Antrag bei der HPA oder der zuständigen Behörde eingesehen werden.

Sehr transparent und offen klingt das nicht. Aber das ist ja nun Dezemberschnee von 2015.

Völlig überraschend hat vor zwei Tagen die Hamburg-Port-Authority auf ihrer Internetseite die bislang fast geheim anmutende “Übergangsregelung zum Handlungskonzept Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe” veröffentlicht.

Also íst jetzt etwa keine geschwurbelte Aktenvorlage mehr erforderlich? Wenig vorstellbar.
Sollte es dann eine Leiche im Keller durch die neue Verklappungsvereinbarung bei Tonne E3 vor Helgoland geben, ist es etwa eine Senatsreaktion auf einen absurd anmutenden Bürgerschaftsantrag oder einfach nur … Transparenz? Wir wissen es nicht, aber ahnen schon, dass in Sachen Baggerei in Hamburg in Kürze neues Ungemach droht…!

Morgen wieder Neßsand

Am frühen Mittwochabend berichtet NDR Info darüber, dass die gerichtliche Auseinandersetzung über die nicht ausreichende Tiefe der Hafenbecken zwischen der HHLA-Tochter Hansaport und der HPA durch einen Vergleich beigelegt wurde.

Die HPA hat eine Ausnahmegenehmigung von der Umweltbehörde bekommen und kann ab morgen den Schlick aus den Hafenbecken vor Neßsand verklappen, einen Monat früher, als normal. Begründung: Die derzeitige Wassertemperatur und der Sauerstoffgehalt würden das zulassen. Wir lesen dagegen AlexandervonHumboldtBaggergerade 7 mg Sauerstoff/Liter Wasser und eine Temperatur von um die 15° Celsius ab – letztes Jahr um diese Zeit waren es mit rund 8,5 mg deutlich höhere Sauerstoffkonzentrationen.

Und dann wird uns in der NDR-Meldung wieder vorgegaukelt: “Hansaport muss für die Baggerarbeiten den Betrieb stoppen, zunächst für zwei Tage müssen voll beladene Schiffe in der Nordsee warten. Das wird aber nicht ausreichen, um die höchsten Schlickberge zu beseitigen. Um die größten Hügel wegzubaggern, würde man einen Monat brauchen, sagte ein Vertreter der HPA.” Es wartet genau ein Bulker auf der Außenelbe-Reede in der Nordsee: die Sunshine mit 178 m Länge und 10 m Tiefgang. Was für eine Lüge, die von der HPA und Hansaport öffentlich über den NDR publiziert wird.

Der Baggerplan war bereits in den auf den 25.09.2015 datierenden Senatsantworten auf eine schriftliche kleine Anfrage angedeutet worden.  Die unsinnige Kreislaufbaggerei vor Neßsand soll bereits einen Monat früher, als zwischen Umwelt- und Wirtschaftsbehörde vereinbart, beginnen. Die Alternative, den Schlick aus den Hafenbecken landseitig zu entsorgen, wird aus kurzfristigen Kostengründen von der HPA nicht verfolgt.  Einzig Erfreuliches an der Meldung: Schleswig-Holstein bleibt (noch) hartnäckig beim NEIN zur Verklappung des Schlicks aus den Hafenbecken bei Tonne E3. Wir sind gespannt, wie lange dieser Widerstand noch anhalten wird.

“Brave” Giftstoffe

Unmittelbar an der westlichen Stadtgrenze von Hamburg, also genau bei der SchnallesHafenHPA-Verklappungsstelle für den Hafenschlick vor Nesssand und wenige Kabellängen östlich von der sogenannten “Schlickfalle” vor Wedel entfernt, liegt das Kohlekraftwerk Wedel. Im Zusammenhang mit dem Neubau eines Gaskraftwerkes auf dem Gelände des Kohlekraftwerkes berichtet das Hamburger AbendblattBei Niedrigwasser lässt es sich am besten beobachten. Dann blubbern Schadstoffe aus dem Schlick im Wedeler Hafenbecken. Es sind Rückstände der ehemaligen Ölraffinerie, die sich Jahrzehnte nach der Betriebsschließung ihren Weg aus den Tiefen der Erde bahnen und bei Flut als Ölfilm auf dem Wasser schwimmen.” Als Schadstoffe werden Mineralölkohlenwasserstoffe, Benzol und halogenierte Kohlenwasserstoffe benannt.

Mit dem Wedeler Hafenbecken ist der vor Jahren geschlossene “Schnalles Hafen” gemeint, der gemeinsamen mit den anschließenden Flächen der Geest den geplanten “ElbeBusinessPark” bildet. Auf diesen Flächen wurde in 1906 die “Mineralöl-Raffinerie Wedel” (später Mobil-Oil) gebaut und mit einer Vacuum-Destillieranlage Motorenöl SchnallesHafen2produziert. Über 140 Tanks sollen hier gestanden haben. Bei einem Kriegsangriff im August 1944 wurde die Raffinerie gezielt bombardiert und schwer getroffen. Die Belastung der Fläche ist sehr lange bekannt – dass die Elbe ebenfalls von auslaufenden Giftstoffen betroffen ist, haben wir bislang nicht gehört oder gelesen.

Wir wissen, dass die im Jahre 2013 vor Nesssand verklappten 5 Mio. m³ Hamburger Hafenschlick (Seite 7 mit Karte) regelmäßig mit der Flutstromdominanz der Elbe wieder in den Hamburger Hafen zurückwandern. Gleichzeitig sollen wir annehmen, dass die in nicht einmal 300 m Entfernung zur Verklappungsstelle austretenden giftigen Stoffe im Gegensatz zu dem verklappten Hafenschlick ganz “brav” vor bzw. in dem offenen Wedeler Hafenbecken bleiben. Die Giftstoffe lagern sich nicht einmal an die dortigen Sedimente an. Und das bereits seit mehreren Jahrzehnten!

In den jährlichen HPA-Monitoringberichten zur Umlagerung bei Nesssand wird nur über Schadstoffbelastungen durch das Wasser aus der Mittel- und Oberelberegion berichtet.  Einleitungen aus Hamburg und der Tideelbe scheint es nicht zu geben. Was dieses für die Kreislaufbaggerei im Hamburger Hafen doch sehr freundliche Verhalten der bei Wedel austretenden Giftstoffe seit Jahrzehnten beeinflusst, wissen wir somit nicht. Hätten Sie eine Erklärung?

PS: Nach Veröffentlichung dieses Textes wurde noch eine schriftliche kleine Anfrage zum Thema Kraftwerksbau in der Bürgerschaft gestellt. Auch die Giftstoffe spielen eine Rolle.

Lex Nesssand?

Über Hafenbaggerei fertigt die HPA jährlich nachträglich, zumeist im Mai, einen

Radarstation Nesssand
Radarstation Nesssand im November

Bericht über den “Umgang mit Baggergut aus dem Hamburger Hafen” an. Aus diesem Gesamtbericht werden auf den Internetseiten der HPA lediglich zwei Teilberichte veröffentlicht, namentlich den “Teilbericht Umlagerung von Baggergut nach Neßsand” und den “Teilbericht Verbringung von Baggergut zur Tonne E3”.

Für das Jahr 2013 sind diese Berichte bislang (Stand 30.11.2014, 10:00 Uhr) nicht erschienen. Eine schriftliche kleine Anfrage fragt nach, wann diese Berichte veröffentlicht werden sollen. Die kleine Anfrage versucht zudem zu ergründen, welche spezifischen, bislang nicht öffentlichen Vorschriften, Vereinbarungen und Verträge als rechtliche Basis zur Beurteilung der Giftigkeit des Hamburger Baggerguts herangezogen werden und aus denen Verklappungsgenehmigungen vom Senat ausgesprochen werden.

Eigentlich müsste die HABAB, die “Handlungsanweisung für den Umgang mit Baggergut im Binnenland vom August 2000“(bitte als Programm zum Öffnen den Acrobat Reader auswählen), im Hamburger Hafen zur Anwendung gebracht werden. Die HABAB hat mittels Erlass des Bundesverkehrsministeriums vom August 2000 bundesweite Rechtsgültigkeit erlangt.

In den von HPA bekannt gegebenen o.a. Teilberichten wird als Rechtsgrundlage für das Berichtswesen zur Verklappung bei Nesssand ein Handlungskonzept „Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe“ sowie in der schriflichen kleinen Anfrage 20/5888 die “Übergangsregelung zum Handlungskonzept zur Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe“ angeführt. In dem Teilbericht für Nesssand finden wir kein Wort über die bundeseinheitliche Regelung der HABAB. Bricht Hamburger Recht mittlerweile Bundesrecht?

Eine ähnliche Situation ergibt sich für die Verklappung des giftigen Hamburger Hafenschlicks vor Helgoland bei der Tonne E3. Hier würde normalerweise die GÜBAK, die “Gemeinsamen Übergangsbestimmungen zum Umgang mit Baggergut in Küstengewässern” aus dem Jahr 2009 gelten. Als Berichtsgrundlage gilt der Vertrag zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg zur Verbringung von Elbesedimenten aus dem Bereich Hamburgs zur Verbringstelle E3 – die Regelungen der GÜBAK werden einbezogen. Nachweislich wird gegen diese GÜBAK-Regelungen verstoßen. Mit welchem Recht? Ist dieses als Abrede im bislang geheimen Vertrag zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein geregelt?

Wir wissen, dass wir als Bürger aus der HABAB und GÜBAK keinerlei Rechte gegenüber dem Staat ableiten können. Es sind eben interne Handlungsanweisungen: vergleichbar mit dem Baurecht, wo die zahlreichen Landschaftsprogramme gegenüber den Flächennutzungs- und Bauplänen keinerlei Rechtswirkung für Sie und uns bewirken.

Wenn man dann feststellt, dass Behörden gegen ihre eigenen, bislang nicht veröffentlichten Regeln verstoßen, hätte das ein sehr strenges Geschmäckle…

Denken Sie mal an den 15.02.2015, Wahltermin in Hamburg…!

Baggersaison eröffnet

Am 15.11.2014 hat laut aktueller Beobachtungen des BUND Cuxhaven die neue Baggersaison begonnen. Der Bagger Ijsseldelta wird nun bis Ende März 2015 seine 20141115 Bagger Ijsseldelta Runden auf der Elbe drehen und die niemals endende Kreislauf-Baggerei zwischen Hafen-Nesssand und zurück betreiben.

Der Schlick wird aus verschiedenen Hafenbecken entnommen, bei ablaufend Wasser vor Nesssand verklappt und mit den folgenden Tiden über das Tidal-Pumping wieder in die Hafenbecken zurückgetrieben.
Zur Erinnerung: in 2012 wurden mit dieser Baggerei knapp 4.000.000 m³ vor Nesssand verklappt. In 2013 wird nach unseren Schätzungen eine weitere Million m³ Hafenschlick dazukommen: Wir rechnen mit 5.000.000 m³, trotz der Sedimentfalle vor Wedel. Was mag bloß im laufenden Jahr 2014 kommen?

Der BUND-Cuxhaven weist zudem auf den Widerspruch zu den Planungen für die ausstehende Elbvertiefung hin: das Baggergut wird bei Nesssand abgeladen. Dort soll die Elbe nach Vorstellungen der Planer doch für die “Begegnungsbox” verbreitert werden soll.