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Schwafeln geht weiter

SchornsteinDas Marine Environment Protection Committee (MEPC) der Weltschifffahrtsorganisation IMO hat in seiner 70. Sitzung Ende Oktober 2016 in London wichtige Beschlüsse zur Luftreinhaltung durch die Schifffahrt getroffen.

Das für die IMO-Interessenvertretung in Deutschland federführende Bundesverkehrsministerium berichtet in seiner Pressemitteilung 161/2016 über die Entscheidungen: “Der Beschluss sieht vor, den zulässigen Höchstwert für den Schwefelgehalt von Schiffskraftstoffen von derzeit 3,5 Prozent auf 0,5 Prozent ab 2020 abzusenken. Damit werden die umwelt- und gesundheitsschädlichen Emissionen von Schwefeloxiden durch die Schifffahrt deutlich gesenkt.” Ist dieses Ergebnis nun zum Jubeln?

In den hiesigen Medien war zu dieser Entscheidung nicht viel zu lesen. Das Magazin “natur” titelt mit “Strengere Umweltauflagen für die Schiffahrt” und bezeichnet die Entscheidung als “Fortschritt für den Umweltschutz“. Klar, eine Absenkung von Schadstoffen scheint schon ein Fortschritt. Aber warum erst ab dem 01.01.2020?

Das Bundesumweltministerium weist in seiner Pressemitteilung 260/2016 darauf hin: “Wäre die Absenkung weiter auf 2025 verzögert worden, hätte es zu mehr als 570.000 zusätzlichen vorzeitigen Todesfällen im Vergleich zum dem jetzt beschlossenen früheren Inkrafttreten von 2020 kommen können.” Nimmt man diese Zahl von rund 115.000 vorzeitigen Todesfällen pro Jahr und rechnet diese auf die drei Jahre bis zum Erreichen des 01.01.2020 hoch, dann haben die IMO-Delegierten in London sozusagen den vorzeitigen Tod von knapp 350.000 Menschen beschlossen… Das kann doch kein Fortschritt sein…

Der NABU sieht die Entscheidung noch differenzierter und spricht von “Anfang vom Ende des Schweröls eingeleitet: “Nach Ansicht des NABU richtige, wenn auch längst überfällige Schritte, die jedoch das grundsätzliche Abgasproblem der Schifffahrt allein nicht lösen werden.” Aber was wären denn die richtigen Schritte?

Komisch, alle Bundesministerien schweigen sich aus. Von unserem Senat … – ach Sie lächeln auch? – bis zu den Spitzenverbänden der maritimen Wirtschaft z.B. dem VDR ist nichts zu finden. Gibt es keine richtigen Schritte? Sind die vielen Toten unausweichlich? Gottgegeben in einer vermeintlich unabänderlichen globalisierten Welt?

Es macht uns schon sehr stutzig, dass unsere Regierenden in Sachen Maritimer Wirtschaft nur Entscheidungen zu Fragen der Tonnagesteuer, Steuersparmodellen und Flussvertiefungen finden, aber sich zur bedrohten Gesundheit der Menschen an Waterkant und im Binnenland ausschweigen.

Wieder beim NABU gibt es Antworten. Im Hintergrundpapier „Luftschadstoffemissionen von Containerschiffen“ wird dann alles erklärt, was die Politik, Ölwirtschaft und die Reeder zu tun hätten.  Es darf weltweit nur noch Treibstoff mit 0,1% Schwefelgehalt verfeuert werden. Unverzüglich müssen “Containerschiffe mit wirksamen Abgasnachbehandlungssystemen ausgerüstet werden. Hierbei kommen derzeit nur Rußpartikelfilter und SCR-Katalysatoren in Betracht. Scrubber sind keine Lösung.” Mit dem “Mythos klimafreundliche Containerschiffe” wird faktenreich aufgeräumt! Für wenig Geld im Übrigen, wenn man z.B. die milliardenschweren Ausfälle der HSH-Nordbank bzw. Subventionen des Bundes an die Reeder über die Tonnagesteuer als Finanzierungsquellen heranziehen würde, wären es wahrscheinlich nur “Peanuts” ….

Auch wenn die MEPC-Entscheidung ein klitzekleiner Fortschritt zu sein scheint, haben sich erneut die wirtschaftlichen Interessen unserer Maritimen Lobby klar gegen die Gesundheitsinteressen der Bevölkerung durchgesetzt. Unsere Regierungen in Bund und Land kuschen. Und das bei einem Weltgesundheits-Thema, das in der UN und der Schifffahrtsorganisation IMO nachweislich, wie der Guardian schon vor Jahren berichtete, seit 2007 bekannt ist. Da ist es schon bemerkenswert, dass das kommunistische regierte  China neben den bestehenden drei 0,5%-SECA’s vom Frühjahr 2016 um Hongkong eine weiteres Schutzgebiet per 01.01.2017 eingerichtet hat.

Aber es ging auf der Konferenz in London nicht nur um den Schwefelgehalt in Schiffstreibstoffen. Seit dem Jahre 2007 debattiert die HELCOM über die NECA-Ausweisung (Verminderung von Stickoxiden) der Ostsee. Unfassbar – nach 10 Jahren Debatte hat man sich im März 2016 mit den Anrainern unserer Meere Nord- und Ostsee endlich dazu durch gerauft, über die IMO beide Meere zu NECA’s erklären zu lassen. Nein, nicht auf dieser IMO-Konferenz, sondern erst auf der 71. Tagung des MEPC im nächsten Jahr. Toll, und dann startet die NECA Start nicht ab Beschluss. Erst ab dem 01.01.2021 sollen beide Meere zu NECA’s erklärt werden. Ja, und dann auch nur für neu in Betrieb genommene Schiffe. Die existierenden Schiffe dürfen weiter rumstinken und die Athomosphäre vergiften. Immerhin haben sich aber die EU und auch die Port-Authorities von Bremen und Hamburg (mit falschem Logo) mit ihren Kollegen aus Rotterdam und Antwerpen zu einem gemeinsamen Statement durchringen können. Unsere Bundesregierung scheint allerdings keine Meinung zur NECA zu haben.

Was die CO2-Emissionen der Schifffahrt angeht (GHG-Green House Gases), wird man auch in 2017 eine Roadmap verabschieden wollen. Natürlich nicht ab sofort – nein, nein. : Deutschland mit einer der größten ausgeflaggten Handelsflotten der Welt braucht da noch viel, viel Zeit. Da nimmt man sich die gleiche Zeit, wie bei der Luftfahrt. Auch da gibt es wie für die Schifffahrt eine UN-Organisation, die sich ICAO nennt. Deren Klimaziele sind laut der Fernsehsendung Monitor genauso unterirdisch, wie bei der Seefahrt. Abscheulich!

So bleibt eine Bundesumweltministerin, die, drangsaliert von ihren vielen Kabinettskollegen, ihrem Parteivorsitzenden und Ex-Umweltminister, mit einem dramatische entschärften Klimaschutzplan nun nach Marokko fahren muss. Seefahrt, Flugverkehr, Braunkohle und Landwirtschaft müssen sich am Klimaschutz die nächsten Jahrzehnte nicht beteiligen. Die Autolobby wird im Abgasskandal nur mit Wattebäuschen beworfen – na, dann gibt’s eben Klimawandel mit mehr als 2°C, und?

Hauptsache die o.a. Klientels dürfen sich mit der Deckung der o.a. deutschen Politiker zu Lasten der Gesundheit der Menschen und des Klimas die Taschen voll machen. Das soll wählenswerte Realpolitik auf demokratischen Fundamenten darstellen, die sich angeblich deutlich von der Politik eines frischgewählten Kurzdenkers abgrenzt. Verstehen Sie den Unterschied?

Schwefelgesetzänderung?

In der Bürgerschaft hat heute eine Fraktion einen Antrag auf Präzisierung des Schwefelgesetzes gestellt. Wenige Tage zuvor war ein Bericht des Umweltausschusses zum Schwefelgesetz an die Bürgerschaft veröffentlicht worden, der mit einer “löchrigen” Beschlussempfehlung für die Annahme des Gesetzes versehen war. Lediglich die jetzt antragstellende Fraktion hatte sich bei der Abstimmung enthalten.

Die Vorlage des Antrages unterstreicht unsere Vermutung, dass in Hamburg eine sehr schifffahrtsfreundliche Auslegung des Schwefelgesetzes zu Lasten der Gesundheit der Hamburger gepflegt wird. Die nun beantragten Präzisierungen nutzen aber weiterhin nicht die volle Gesetzgebungskompetenz, die Hamburg bei der Formulierung des Gesetzes gehabt hätte und lassen weitere Lücken bestehen.

Vielleicht stellt ja noch eine weitere Fraktion einen Antrag, der die verbleibenden Löcher im Kreuzfahrtterminal2Gesetz schließt. Dieser könnte angesichts des Richtfestes am neuen Kreuzfahrtterminal ein Zeichen setzen. Bei der gestrigen Feierlichkeit betonten HPA-Geschäftsführer Herr Jens Meier und Wirtschaftssenator Herr Frank Horch, dass man das neue Terminal doch 20% günstiger als geplant gebaut hätte.

Wir vermuten, dass diese Kosteneinsparung einen sehr einfachen Grund hat. So berichtet das Abendblatt von einem gravierenden Haken am Neubau: “Das kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei dem “CC3” wie das neue Kreuzfahrtterminal heißen wird, eigentlich um einen sehr konventionellen Bau handelt. Es ist weder mit einer Anlage zur Landstromversorgung wie sein Pendant in Altona ausgestattet, noch mit einer Anlegestelle für eine so genannte “Power Barge” wie in der HafenCity, wo der Strom für die Kreuzfahrtschiffe über ein schwimmendes Kraftwerk erzeugt wird, das mit Flüssigerdgas angetrieben wird.

Wir schließen uns der im Abendblatt geäußerten Meinung von Herrn Malte Siegert vom NABU-Hamburg an: “Es ist doch völlig absurd, dass ein Kreuzfahrtschiff auf einer Wasserstraße quasi in der Innenstadt parken und ungestraft die Luft verpesten darf“.

Schwefel oder schwafeln?

Im Dezember 2014 wurde im Umweltausschuss der Bürgerschaft ein Senatsentwurf aus dem Mai 2014 zur Änderung des Schwefelgesetzes diskutiert. Der Bericht des Umweltausschusses an die Bürgerschaft ist erst gestern aufgrund einer von der BSU sehr spät bereitgestellten Protokollerklärung veröffentlicht worden.

Der Zeitpunkt kommt Ihnen sicherlich auch komisch vor, nachdem doch bereits zum 01.01.2015 die neuen Schwefelobergrenzen aus dem MARPOL-Annex-VI für einlaufende Seeschiffe gültig geworden sind. Ja, das ist es auch!

Die EU-Schwefelrichtlinie als Basis für das hamburgische Schwefelgesetz, wurde am 21.11.2012 geändert. Die Umsetzung in nationales Recht, also auch das hamburgische Schwefelgesetz, hätte nach der für Hamburg verbindlichen EU-Gesetzgebung bis spätestens zum 18.06.2014 erfolgen müssen. Aber 19 Monate sind auch ein seeeeehr kurzer Zeitraum. Da haben wir doch vollstes Verständnis für die Verspätung – oder?

Was wurde von der EU geändert? Soweit wir das verstehen, wurde der Wortlaut der EU-Schwefelrichtlinie von einigen nationalen Gesetzgebern bislang semantisch ausgelegt: Wenn die EU-Gesetzgeber, bestehend aus Rat, Parlament und Kommission, in den Häfen ab 2010 nur noch Treibstoffe mit maximal 0,1%-Schwefelanteil verbrannt wissen wollten, hat man in einigen Häfen vor Ort mit Reedern, Aufsichtsbehörden und Brennstofflieferanten vortrefflich darüber gestritten, ob 0,1% Schwefelgehalt nicht auch 0,149% (kaufmännisch gerundet ergibt es 0,1%) bedeuten könnten und in keinem Falle der genaue Wert 0,10% gemeint gewesen sei.
Des weiteren ging es anscheinend um die Frage, wann gilt ein Schiff als festgemacht, so dass die zwei Stunden-Regelung zur Umschaltung auf schwefelarmen Kraftstoff greift? Bei Kommando “Alle Leinen fest” oder doch eher wenn der Kapitän ins Bett geht und zwei Stunden Tiefschlaf genossen hat?

Wie wir dem hamburgischen Schwefelgesetz und dessen Interpretation über die zwischen 2010 und 2013 durchgeführten Prüfungshandlungen entnehmen konnten, hatte man sich in Hamburg auf eine gesundheitsgefährdende, dafür aber wirtschaftsfreundliche Interpretation der EU-Schwefelrichtlinie festgelegt.

Dieser weiten, u.a. in Hamburg vorgenommenen, Interpretation hat die EU-Gesetzgebung nun versucht, mit ihrer aktuellen EU-Schwefelrichtlinie einen Riegel vorzuschieben.

Ja, und was macht der Senat? Er legt seiner Gesetzgebung, der Bürgerschaft, erst Mitte Mai 2014 einen neuen Gesetzentwurf zur Entsprechung der präzisierten EU-Richtlinie vor. Das spricht nach 1,5 Jahren Formulierungszeit, laut eigener Aussage geht es um eine “1:1 Umsetzung”, eigentlich schon Bände…

Dann wälzt er weiterhin sein Handlungspotential für die schwefelarme Brennstoffversorgung der “Hafeninternen Verkehre” vollständig auf den Bund ab. Er nutzt seine gesetzgeberische Kompetenz erneut nicht aus! Wir erinnern uns an die Senatsmitteilung für das erste hamburgische Schwefelgesetz. Dort steht: “Für die von einer 1:1-Umsetzung der geänderten Richtlinie 1999/32/EG nicht erfassten hafeninternen Verkehre mit Wasserfahrzeugen hätte Hamburg die Gesetzgebungskompetenz. Für eine Ausdehnung des Verwendungsverbots für Schiffskraftstoffe, deren Schwefelgehalt 0,1 Massenhundertteile überschreitet, auf die von einer 1:1-Umsetzung der geänderten Richtlinie 1999/32/EG nicht erfassten hafeninternen Verkehre mit Wasserfahrzeugen besteht jedoch kein Bedarf. Der Bund ist seiner Umsetzungspflicht u. a. mit der Ersten Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Schwefelgehalt bestimmter flüssiger Kraft- und Brennstoffe (3. BImSchV) vom 3. Juli 2009 (BGBl. I S. 1720) nachgekommen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass zukünftig auch für die von der Umsetzung nicht direkt erfassten hafeninternen Verkehre mit Wasserfahrzeugen nur entsprechend schwefelarme Schiffskraftstoffe zur Verfügung stehen werden.” Sprich, der Bund trägt dafür Sorge, dass im Hafen nur noch 0,1%-Brennstoff zur Verfügung steht – deswegen müssen wir uns um die hafeninternen Verkehre nicht kümmern. Aber: Das wird nicht kontrolliert!  Auch nicht durch Hamburg!

Dieses Loch wird auch durch das neue hamburgische Schwefelgesetz nicht geändert. Können Sie sich vorstellen, dass ein großer Hafen wie Hamburg, der die großen Schiffe mit allen gewünschten Bunkertreibstoffen versorgt, keinen derartigen Treibstoff für hafeninterne Verkehre zur Verfügung stellen kann? Wir nicht. Zu den hafeninternen Verkehren gehören viele Schiffe. Denken Sie mit uns nach: Waschpo, Hadag-Fähren, Lotsen, Schlepper, HPA-Schiffe, Festmacher, Barkassen, Barges, Feeder… Wir könnten auch anders fragen: warum hat man das Loch nicht einfach mit einem Satz im Gesetzestext zugestopft?

In dem Bericht der Bürgerschaft wird auch Auskunft zu den Kontrolldichten der Wasserschutzpolizei im Hamburger Hafen gegeben. Das Ergebnis des Jahres 2014 schließt nahtlos an die desolaten Ergebnisse der Vorjahre an. Kontrolliert wurden 363 Schiffe = 4,2% der Schiffsanläufe.

Es ist traurig, wie man in Hamburg mit der Gesundheit der Menschen umgeht. Vergessen wir nicht: wir haben einen Hafen mitten in der Stadt. Die giftigen Abgase treffen uns Hamburger direkt in die Lunge, egal ob in der Hafen-City, Bergedorf, Sasel oder Blankenese.

Haben Sie anläßlich der Hamburger Bürgerschaftswahl eigentlich schon Ihren Abgeordneten zu dem Thema befragt?

Neue Abgasregelung

Prost Neujahr 2015 wünschen wir verbunden mit den besten Grüßen allen Leserinnen und Lesern!

Waren Sie schon vor der Tür und haben nach der schwefelreichen Feuerwerksnacht bereits die schwefelärmere Seeluft genießen dürfen? Am 01.01.2015 sind für Schiffe weitere neue Abgasregelungen in sogenannten ECA’s (Emission Control Areas) in Kraft getreten. Was genau aus welchem Anlass passiert und welche Auswirkungen dieses auf Hamburg hat, versuchen wir Ihnen in diesem Dossier-Beitrag zu erläutern. Wir beginnen mit den Rechtsgrundlagen und enden bei den Maßnahmen der maritimen Wirtschaft.

Rechtsgrundlagen
Die neuen Schiffsabgasregelungen basieren auf internationalen Abkommen der International Maritime Organisation (IMO), einer Unterorganisation der UNO mit Sitz in WaSchpo3London. Im Umweltausschuss der IMO werden weltweit gültige Vorkehrungen zum Schutz der Meere vor den schädlichen Auswirkungen der Schifffahrt geschaffen. Das zentrale Regelwerk ist das MARPOL-Übereinkommen aus den Jahren 1973, ergänzt in 1978 (International Convention for the Prevention of Marine Pollution from Ships), das in seinen mittlerweile sechs Anhängen Regeln und Maßnahmen gegen die Hauptverschmutzungsursachen der Schifffahrt festlegt.

Am 27.09.1997 wurde das MARPOL-Übereinkommen um „Annex VI-Regulations for the Prevention of Air Pollution from ships“ ergänzt. In dieser Anlage wurden für Schiffsabgase erstmalig Grenzwerte für NOx und SOx-Emissionen geschaffen, die Möglichkeit zur Einrichtung von SECA (Sulphur Emission Control Area) und ein Verbot für die Ozonschicht schädigende Emissionen festgelegt. Das Abkommen konnte am 19.05.2005 mit einer mehrheitlichen Ratifizierung zum 19.05.2006 in Kraft treten. Wesentliche Inhalte waren:

  • Festlegung einer weltweit gültigen Obergrenze von 4,5% Schwefel-Massenanteil im Schiffstreibstoff oder alternativ die Einführung von technischen Maßnahmen an den Schiffsmotoren zur Einhaltung der Obergrenze.
  • Schaffung der ersten SECA in der Ostsee mit der Obergrenze von 1,5% Schwefel-Massenanteil. Die Nordsee wurde rund zwei Monate später zur SECA ernannt.

Der Annex VI wurde am 10.09.2008 mit Erweiterungen versehen und, völkerrechtlich ratifiziert, zum 01.07.2010 in Kraft gesetzt. Mit der Überarbeitung wurde die Schaffung von ECA (Emission Control Area) beschlossen. Die SECA wurde durch die sogenannten ECA abgelöst: die Schwefelgrenzwerte können durch NOx- und Feinstaubgrenzwerte erweitert werden. Des Weiteren wurden Anforderungen an die Qualitäten von Schiffstreibstoffen und ein Standard für NOx-Emissionen von Schiffsmotoren über Stufen (Tier/Stufe I bis III) festgelegt, sowie ECA-Befahrensregelungen für Schiffsneubauten ab dem 01.01.2016.

Seit dem 10.09.2008 gibt es für Schwefelemissionen (Massenanteil) aus Schiffstreibstoffen folgende verbindliche Einführungshorizonte:

Außerhalb ECA Innerhalb ECA
4.50% Massenanteil bis zum 01.01.2012 1.50% Massenanteil bis zum 01.07.2010
3.50% Massenanteil ab dem 01.01.2012 1.00% Massenanteil ab dem 01.07.2010

0.50% Massenanteil ab dem 01.01.2020

0.10% Massenanteil ab dem 01.01.2015

Als ECA gemäß Annex IV gelten derzeit weltweit folgende Regionen

ECA für Schadstoff Datum der Einführung
Ostsee für SOx 19.06.2006
Nordsee für SOx 22.11.2007
USA mit Hawaii, großen Seen und Kanada für SOx, NOx und Feinstaub Kalifornien ab 01.07.2009,
Rest 01.08.2012
US Karibische See für SOx, NOx und Feinstaub 01.01.2014

Auf Initiative der Europäischen Kommission wurde in 2008 festgelegt, dass vor den ab 01.01.2015 geltenden Annex-VI-Regeln bereits ab dem 01.01.2010 alle Schiffe während der Liegezeit in den Häfen der EU ausschließlich mit einem Brennstoff mit max. 0,1 Prozent Schwefelgehalt betrieben werden dürfen. In Hamburg wurde diese EU-Regelung über das „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2005/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2005 zur Änderung der Richtlinie 1999/32/EG hinsichtlich des Schwefelgehalts von Schiffskraftstoffen“ am 11.05.2010 eingeführt.

WaSchpo2Die Einhaltung der Annex-VI-Regelungen wird nach Angaben der Bundesregierung in Drucksache 18/2854 im Rahmen der MARPOL-Kontrollen nach Artikel 4 des MARPOL-Übereinkommens durch die Wasserschutzpolizeien der Länder und im Rahmen der Hafenstaatkontrolle durch die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft überprüft.

Zukünftige Erweiterungen
In den Annex-VI-Regelungen der IMO zu den Schiffsabgasen sind bereits heute Grenzwerte für Stickoxide (NOx) festgeschrieben. Tier/Stufe II ist Anfang 2011 in Kraft getreten, zum 01.01.2016 wird Tier/Stufe III in Kraft treten. Diese gilt für Neubauten mit Kiellegung ab dem 01.01.2016, wenn sie in einem ECA zur See fahren wollen und diese ECA als NOx-ECA definiert worden ist. Außerhalb dieser Gebiete gelten die Regelungen von Tier/Stufe II fort. Singapur soll bei der IMO für die Straße von Malakka einen Antrag auf Einrichtung einer SECA-Zone eingereicht haben. Als weitere SECA-Kontrollgebiete stehen die noch nicht erfassten Teil Alaskas, der südliche Teil Nordamerikas (Mexiko), das Gebiet um Australien sowie das Schwarze Meer und Südjapan in der Diskussion. Des Weiteren ist die Einrichtung von ECA-Zonen für den gesamten Mittelmeerraum sowie vor Hongkong und in Südkorea angedacht.

Auswirkungen für die Elbe und Hamburg
Die neuen Regelungen müssten für die Niederelbe deutliche Abgasentlastungen bedeuten. Das bedeutet, dass im Hamburger Hafen ordentliche Kontrollen durchgeführt werden müssten. Wir erinnern uns dabei an die Rauchwolken der YM Utmost und die Ruhe der WaschPo. Was wird die bislang uns nicht geläufige Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft unternehmen? Wir schließen uns der Einschätzung der Reeder-Selbsthilfeorganisation “Trident-Alliance” und ihrer bislang recht wenigen Mitglieder an. In einem Beitrag des Geschäftsführers der Selbsthilfeorganisation liest man einen deutlichen Appell an das Reederkollegium, die Regeln einzuhalten und an die Aufsichtsbehörden der ECA-Häfen,  die Einhaltung konsequent zu überprüfen.

Wir begrüßen diesen Aufruf der Trident-Alliance und fragen uns, wo die “Ehrbaren Kaufleute” in ihrer gestrigen Jahresschlussveranstaltung irgendeinen Bezug hergestellt haben. Waren unseren “Ehrbaren”, wie bei der Elbvertiefung und der EU-WRRL erneut 15 Jahre Umstellungszeit nicht ausreichend und so “richtig überraschend”? Wir nehmen die Ankündigungen der Stena Line für die Preiserhöhungen samt Erläuterungen wohlwollend zur Kenntnis, genauso wie die Einstellung von Fährdiensten, wie z.B. beim Nord-Ostsee-Kanal-Poweruser “Transfennica“. Das ist ehrlicher, als die unerträgliche und unlautere Aussitzerei von “ehrbar” erscheinenden Kaufleuten.

Also, was wird Hamburg unternehmen, um ehrliche Kaufleute im Sinne der Trident-WaSchpo4Alliance, zu der im Übrigen auch Hapag-Lloyd gehört, durch Kontrollen vor schwarzen Schafen zu unterstützen? Wann hören wir von den bislang nicht bei Trident als Mitglieder in Erscheinung getretenen Containerreedereien, wie COSCO, K-Line, Yangming, CMA CGM und vielen mehr? Wann werden die ach so “progressiven” Kreuzfahrtreedereien endlich Trident-Mitglied? Wie setzt sich Hamburg dafür ein, dass Nord- und Ostsee endlich eine voll umfängliche ECA werden und nicht auf dem schwächeren SECA-Level bleiben?

Viele Fragen – wenige Antworten. Nutzen Sie Ihre Stimme für die Wahl am 15.02.2015 und fragen Sie vor Ihrer Wahl-Entscheidung Ihren Bürgerschaftsfavoriten!

Schiffsabgase

Mit den schwarzen Abgaswolken bei der Abreise der “YangMing Utmost” aus dem Hamburger Hafen ist die Umweltfreundlichkeit der Fracht- und Passagierschifffahrt wieder zurück in den medialen Fokus gelangt, obwohl deren giftigen Abgase aus der Verbrennung von Treibstoffen, die die Bezeichnung Sondermüll verdienen, bereits seit Jahrzehnten  in der öffentlichen Diskussion stehen. Ein Stichwort hierfür ist SECA, Sulphur Emission Control Area, der 6. Anlage des UN-MARPOL-Abkommens. Die Stadt Hamburg zeigt auf ihren Internetseiten sehr plastisch auf, um welche dramatischen Mengen an Schiffsabgasen es geht.

In zwei kleinen schriftlichen Anfragen in der Bürgerschaft wird nun der Hamburger Senat Bügeleisennach den Bemühungen für eine umweltfreundlichere Schifffahrt in seinem Einflussbereich befragt: namentlich die HADAG-Fähren im Personenverkehr und die Hamburger Hafenschlepper. Beide Schiffstypen legen täglich eine Vielzahl von Seemeilen im Hamburger Hafen in direkter Nachbarschaft zu Wohngebieten in Altona, St. Pauli, Wilhelmsburg, Hafen-City, der Veddel oder Finkenwerder zurück. Ergänzend zu diesen Schiffstypen könnte man noch die Fahrzeuge der Wasserschutzpolizei, die Lotsenboote, Löschboote, FestmaSchleppercherboote u.v.a. aufführen. Alles nur Peanuts, was diese Schiffe an Abgasen produzieren?

Neue Außenbordmotoren für Motor- und Segelboote dürfen seit Jahren nur noch als abgas- und verbrauchsarme Viertakt-Motoren verkauft werden. Bei Kraftfahrzeugen jagt eine verschärfte EU-Abgasnorm die andere. Vernünftig, keine Frage nach einem St. Florian!

Im Vergleich zu den Abgasen und den Abgasmengen der o.a. Schiffe und der Seeschiffe, insbesondere der Containerschiffer, darf aber die Frage zu den zahlreichen Ausnahmen und Übergangsfristen für eine Schadstoffreduzierung gestellt werden. Mal sehen, ob der Senat für Hamburgs Wohngebiete wirklich alles getan hat… Auf den o.a. Internetseiten unserer Stadt findet man jedenfalls keinen Hinweis zur Anlage 6 des UN-MARPOL-Abkommens – diese beschäftigt sich mit den Schadstoffen in Schiffsabgasen.

Und was stellt der ZDS (Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe), bei dem unsere Stadt Hamburg über den UVHH, (Unternehmensverband Hafen Hamburg), vertreten ist, zum Thema SECA fest? Lesen Sie hierzu in der Zusammenfassung auf Seite 79 der vom ZDS beauftragten ISL-SECA-Studie nach: Na klar, es wird mehr Lkw-Verkehr geben. Als Leser unserer Seiten kennen Sie diese wirklich armselige Argumentation bereits und können diese mit einem “Krokodilstränen”-Taschentuch in der Hand gut einordnen.