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Weservertiefung rechtswidrig

Bremerhaven1Heute hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zum Fortgang der Weservertiefung entschieden. In der Pressemitteilung des Gerichtes ist zu lesen, dass der Planfeststellungsbeschluss zur Weservertiefung rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass “der Planfeststellungsbeschluss gegen Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, Vorschriften zum Schutz Europäischer Vogelschutzgebiete und FFH-Gebiete, wasserrechtliche Vorschriften und das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot verstößt. Die Planfeststellungsbehörde hat insbesondere verkannt, dass die Planung drei selbständige Vorhaben im Sinne des Fachplanungsrechts umfasst, nämlich die Vertiefung der Außenweser einschließlich der hafenbezogenen Wendestelle, die Vertiefung der Unterweser von Bremerhaven bis Brake und die Vertiefung der Unterweser von Brake bis Bremen. Um drei Vorhaben handelt es sich, weil mit diesen Maßnahmen je verschiedene Ziele verfolgt werden und die Maßnahmen unabhängig voneinander verwirklicht werden können, ohne dass das Ziel einer Maßnahme durch Verzicht auf die anderen vereitelt würde.

Das Gericht hält diese und andere Mängel für behebbar und hat den bestehenden Planfeststellungsbeschluss nicht aufgehoben, sondern für rechtswidrig erklärt.

Einen ersten Bericht haben wir bei Radio Bremen gefunden sowie im Weser-Kurier. Wir gratulieren den klagenden Verbänden!

Und was ist mit der Elbe? Die nächste Gerichtsverhandlung beim in Leipzig ansässigen Bundesverwaltungsgericht ist für den 19. Dezember 2016 angesetzt. Wir freuen uns sehr, dass dann in Sachen Elbvertiefung weitere Klarheit geschaffen wird.

Maritimer Unsinn?

Am 19. und 20. Oktober 2015 fand die 9. Nationale maritime Konferenz in Bremerhaven satt. Zwei Tage tummelten sich dort rund 800 Vertreter von Häfen, Reedereien, Werften, Schiffsmaklern, Zuliefererunternehmen, Gewerkschaften, Hochschulen und Parteien, um über die Aussichten der sogenannten Maritimen Wirtschaft auszutauschen. Einberufen wurde diese Konferenz von der Bundeskanzlerin Frau Angela Merkel.

Die Bundesregierung veröffentlichte im Vorweg zu der Konferenz den Vierten “Bericht
der Bundesregierung über die Entwicklung und Zukunftsperspektiven der maritimen Wirtschaft in Deutschland“, von einigen Kritikern als inhaltslos bezeichnet. So ganz können wir diese Einschätzung nicht teilen, werden doch viele, vor allem finanzielle Zugeständnisse an die maritime Wirtschaft gemacht.

Hapag-Lloyd12Bereits am Montag konnten wir lesen, dass Frau Angela Merkel in ihrer Eröffnungsrede weitreichende finanzielle Mittel zugesagt hat: eine gesetzliche Neuregelung, nach der Reeder ihren Anteil an der Lohnsteuer zu 100% nicht abführen müssen sowie eine Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen für die Arbeitgeber. Am Dienstag legten Bundeswirtschaftsminister Herr Sigmar Gabriel und Bundesverkehrsminister Herr Alexander Dobrindt noch mal nach.

“So sollen die Reeder um jährlich mehr als 100 Millionen Euro unter anderem bei den Sozialversicherungsbeiträgen entlastet werden, kündigte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf der 9. Nationalen Maritimen Konferenz in Bremerhaven am Dienstag an. 350 Millionen Euro sollen in die Schienenanbindung der Seehäfen, rund 55 Millionen von 2016 an in die Digitalisierung der Hafenlogistik fließen.” lesen wir im Hamburger Abendblatt.

Radio Bremen veröffentlichte am 20.10.2015 um 12:00 Uhr einen Bericht zur Maritimen Hummel1Konferenz (Seite 1 und Seite 2), in dem ebenfalls die Äußerungen der Herren Gabriel und Dobrindt im Fokus stehen. Hier erfahren wir dann auch, dass zu den vorgenannten Subventionen noch ganze 8 Mio € für die Umstellung auf abgasarme Schiffsantriebe hinzu kommen sollen. Herr Sigmar Gabriel hat offenbar Ausführungen zum Thema innerdeutsche Hafenkonkurrenz und nationales Hafenkonzept gemacht. Die deutschen Häfen müssten zusammenarbeiten und noch in diesem Jahr soll das von Frau Angela Merkel angekündigte Hafenkonzept vorgelegt werden, welches die Zusammenarbeit regeln solle. Aber er betont dann offenbar anschließend, dass die Weser- und die Elbvertiefung auf jeden Fall kommen müssen. Auch Herr Alexander Dobrindt hat sich zu den Flussvertiefungen geäußert. Sobald das Bundesverwaltungsgericht “grünes Licht” gibt, werden die Maßnahmen umgesetzt. “Dann wird es am Geld auf keinen Fall scheitern. Mein Ministerium hat die nötigen finanziellen Mittel sowohl für die Elbe- als auch für die Weser-Vertiefung vorgesehen.

Diese und weitere Subventionen werden von allen drei Politikern, Frau Angela Merkel, Herr Sigmar Gabriel und Herr Alexander Dobrindt, damit begründet, dass die maritime Wirtschaft im weitestgehenden Auslegungsbereich 54 Milliarden Euro Umsatz erbringe. Leider vergessen sie zu erwähnen, wieviel Steuervolumen dahinter steckt. Denn die Reedereien profitieren neben den vorgenannten Themen auch bei der Versteuerung ihrer Umsätze durch die sog. Tonnagesteuer und sind bei den sog. Schiffserlöspools von der Versicherungssteuer befreit.

Umweltfragen und damit Ihre und unsere Zukunft und das Recht auf eine gesunde Umwelt werden mal wieder mit Füßen getreten. Elbe- und Weservertiefung müssen kommen, egal welche Umweltschäden sie bringen. Der im Verhältnis zu anderen Bereichen minimale Betrag von 8 MilBagger Barent Zanenlionen Euro für die Förderung von abgasarmen Schiffsanträgen mutet wie ein sehr kleines Feigenblatt an. Und dann wurden während der Konferenz auch noch Absichtserklärungen mit Frankreich unterschrieben, wie die Tiefsee gemeinsam nach Rohstoffen ausgebeutet werden kann. Auch wird nicht erklärt, wer die fehlenden Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen ausgleichen soll. Nun, wer schon, Sie und wir, die wir nicht als Reeder aktiv sind.

Herr Sigmar Gabriel wird bei Radio Bremen übrigens mit der Aussage zitiert “Es geht nicht um die Frage Hamburg, Bremerhaven oder Wilhelmshaven. Es geht um die Frage, Deutsche Bucht oder Rotterdam.“Uns gruselt bei solchen Aussagen. Sie vermitteln den Eindruck, dass bei uns alles erlaubt ist, wenn wir nur die Nachbarn schlagen können.

Ach ja, alle diese (Steuer-)Geschenke reichen der maritimen Wirtschaft nicht. Auf Seite 2 des Beitrags bei Radion Bremen wird der Vorstand der Bremerhavener Lloyd-Werft, Herr Carsten Haake, mit der nächsten Forderung zitiert, der Finanzierung von Schiffsneubauten: “Wir müssen darauf drängen, dass die Bundesregierung uns dort stärker unterstützt, weil die Banken selbst sich da sehr stark zurückhalten und auch die Landesregierungen nur überschaubare Mittel zur Verfügung stellen können.” Die HSH-Nordbank lässt grüßen!

ZDS-Lobbyisten

Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe e.V., Kurzform ZDS, hat gestern auf seiner diesjährigen Jahresmitgliederversammlung sehr viel Gehör beim NDR und im Abendblatt für seine ablehnende Haltung zu einer deutschen Seehafenkooperationen gefunden.JWP1

Wer ist denn nun dieser ZDS, der so viel Raum in den Medien eingeräumt bekommt?
Wir gucken auf die Landkarte der angeblichen Mitgliedshäfen und stellen fest, dass die “riesigen” Häfen wie Bremen und Hamburg Mitglieder im ZDS sind, wie auch Brake, Lübeck und Stralsund. Häfen, wie Husum, Stade, Glückstadt und Travemünde scheinen zu fehlen.

Nun würde man glauben, dass diese Mitglieder die staatlichen Hafengesellschaften, wie die hamburgische HPA oder die bremenports wären. Aber, weit gefehlt. Mitglieder sind die privaten Umschlagsbetriebe bzw. über Unternehmensverbände organisierte Unternehmen, wie z.B. unser bekannter UVHH, Unternehmensverband Hafen Hamburg. Der ZDS ist also eine reine Lobbyvereinigung von Hafenumschlagsunternehmen, die gegenüber der Politik ihre Interessen durchsetzen will. Das ist legitim – man muss es nur wissen!

Und diese selbsternannten “Hafenchefs” haben sich gestern vehement gegen eine deutsche Hafenkooperation geäußert. Nein, das verwundert nun wirklich nicht. Da wird laut Abendblatt über die Hafenkooperation vom ZDS-Präsidenten, Herrn Klaus-Dieter Peters, sinniert: “Die Forderungen nach einer dirigistischen Ladungslenkung seien jedoch extrem interessengeleitet und stünden nicht im Einklang mit dem deutschen und europäischen Kartellrecht sowie und den Anforderungen der Kunden.Ach ja?

Natürlich – Dirigismus ist Teufelswerk östlicher Steinzeit-Provenienz, brrr!
Gewinnmaximierung mittels Lobbyisten auf Kosten der Lebensbedingungen der Anwohner und der Umwelt ist dagegen ganz harmlos.  Das ist nicht interessengeleitet. Zudem kundenfreudlich und umweltrechtlich total einwandfrei. Das kann man als ZDS machen.

Anscheinend wohl doch nicht, wie das Bundesverwaltungsgerichtes in Sachen Elb- und Weservertiefung mittels Aussetzungsbeschlüssen entschieden hat.

Fazit:
Die Herrn vom ZDS wollen “quick and dirty” die Vertiefung von Weser und Elbe und zwar kostenfrei vom Staat. Sich einen Kopf machen, wie man unter Einbeziehung von Wilhelmshaven für alle deutschen Seehäfen und unter Umgehung der jetzigen Vertiefungsplanungen etwas Positives erzeugen kann – nee, das ist nicht Sache des ZDS.

Zum weiteren Verständnis haben wir Ihnen einige Infos über die ZDS-Treiber zusammengetragen. Wir beginnen mit….

1. Gunther Bonz
Die Hamburger Interessen im ZDS werden über den UVHH e.V. “korporativ” vertreten, d.h. kein Hamburger Unternehmen ist dort Einzelmitglied (mit entsprechenden Rechten), sondern nur der Gesamtverband UVHH, der die Mitgliedsrechte im ZDS für alle Hamburger Unternehmen auf sich vereinigt. Der im Jahre 1968 gegründete UVHH e.V.  wurde bislang nahezu ausschließlich von Vorständen der HHLA geführt. In 2011 trat der damalige HHLA-Vorstand überraschend nicht mehr als Präsident für den UVHH an und wurde von Herr Gunther Bonz abgelöst. Herr Bonz, als für die Elbvertiefung verantwortlicher Staatsrat, war zuvor Ende August 2008 vom damaligen Ersten Bürgermeister, Herrn Ole von Beust sehr kurzfristig entlassen worden (siehe PS am Ende des Textes). Man sprach von einer unehrenhaften Entlassung. Zum 1. Juni 2009 wurde er Generalbevollmächtigter der EUROGATE-Holding und gleichzeitig in die Geschäftsführung von EUROGATE-Tochtergesellschaften berufen. Nach der Wahl von Herrn Bonz zum Präsidenten des UVHH in 2011 und der “Abschiebung” von Herrn Peters zum ZDS schwelt in der Hamburger-Hafen-Lobby ein schwerer Konflikt. In der Folge wird von einem “Machtkampf” zwischen Herrn Peters als HHLA-Chef und Herrn Bonz als UVHH-Präsidenten gesprochen.

Herr Bonz ist für seine demagogischen Äußerung in Sachen Elbvertiefung wohlbekannt.

2. Herr Klaus-Dieter Peters
Der heutige ZDS-Präsident Herr Klaus-Dieter Peters, zugleich seit dem Jahre 2003 HHLA-Vorstandsvorsitzender, blickt auf eine lange Hafenkarriere zurück. Beginnen wir im Jahr 2006 nach dem erfolglosen Bahn/Hafen-Deal. Der Vertrag wurde zunächst nicht verlängert – registrieren Sie die angeführten Namen im Welt-Artikel. Gewählt wurde er dann doch. Im Anschluss an die HHLA-Privatisierung in 2009 wurden in Sachen HHLA-Privatisierung Klüngeleien zwischen Herrn Peters und Arbeitnehmervertretern der HHLA, die gleichzeitig Bürgerschaftsabgeordnete, HHLA-Aufsichtsrat und Gewerkschaftsfunktionäre waren, bekannt. Ein diffuses Dickicht, das immerhin zum Rücktritt von Betriebsräten führte, die heute noch ein Mandat in der Bürgerschaft innehaben und bis vor Kurzem eng mit der gewerkschaftlichen Führung verwoben waren. Herr Peters verblieb angeschlagen im Amt. Ein weiterer Deal mit der Bahn in 2012 blieb bislang medial unberücksichtigt, obwohl hier zahlreiche Fragen angebracht wären.

3. Herr Jan Müller
Für das ZDS-Präsidiumsmitglied Herr Jan Müller, Vorstandsvorsitzender  der J. Müller AG, Motor der Weservertiefung , verweisen wir auf die Kollegen in Sachen Weservertiefung.

PS: die Pressemitteilung der Stadt Hamburg mit dem Titel “Ergebnis des Gespräches zwischen…”über die Entlassung von Herrn Bonz vom 27.07.2008  wurde am 07.06.2015 aus dem Internetarchiv gelöscht. Ältere Pressemitteilungen sind im Archiv weiterhin zu finden.