Schwafeln geht weiter

SchornsteinDas Marine Environment Protection Committee (MEPC) der Weltschifffahrtsorganisation IMO hat in seiner 70. Sitzung Ende Oktober 2016 in London wichtige Beschlüsse zur Luftreinhaltung durch die Schifffahrt getroffen.

Das für die IMO-Interessenvertretung in Deutschland federführende Bundesverkehrsministerium berichtet in seiner Pressemitteilung 161/2016 über die Entscheidungen: “Der Beschluss sieht vor, den zulässigen Höchstwert für den Schwefelgehalt von Schiffskraftstoffen von derzeit 3,5 Prozent auf 0,5 Prozent ab 2020 abzusenken. Damit werden die umwelt- und gesundheitsschädlichen Emissionen von Schwefeloxiden durch die Schifffahrt deutlich gesenkt.” Ist dieses Ergebnis nun zum Jubeln?

In den hiesigen Medien war zu dieser Entscheidung nicht viel zu lesen. Das Magazin “natur” titelt mit “Strengere Umweltauflagen für die Schiffahrt” und bezeichnet die Entscheidung als “Fortschritt für den Umweltschutz“. Klar, eine Absenkung von Schadstoffen scheint schon ein Fortschritt. Aber warum erst ab dem 01.01.2020?

Das Bundesumweltministerium weist in seiner Pressemitteilung 260/2016 darauf hin: “Wäre die Absenkung weiter auf 2025 verzögert worden, hätte es zu mehr als 570.000 zusätzlichen vorzeitigen Todesfällen im Vergleich zum dem jetzt beschlossenen früheren Inkrafttreten von 2020 kommen können.” Nimmt man diese Zahl von rund 115.000 vorzeitigen Todesfällen pro Jahr und rechnet diese auf die drei Jahre bis zum Erreichen des 01.01.2020 hoch, dann haben die IMO-Delegierten in London sozusagen den vorzeitigen Tod von knapp 350.000 Menschen beschlossen… Das kann doch kein Fortschritt sein…

Der NABU sieht die Entscheidung noch differenzierter und spricht von “Anfang vom Ende des Schweröls eingeleitet: “Nach Ansicht des NABU richtige, wenn auch längst überfällige Schritte, die jedoch das grundsätzliche Abgasproblem der Schifffahrt allein nicht lösen werden.” Aber was wären denn die richtigen Schritte?

Komisch, alle Bundesministerien schweigen sich aus. Von unserem Senat … – ach Sie lächeln auch? – bis zu den Spitzenverbänden der maritimen Wirtschaft z.B. dem VDR ist nichts zu finden. Gibt es keine richtigen Schritte? Sind die vielen Toten unausweichlich? Gottgegeben in einer vermeintlich unabänderlichen globalisierten Welt?

Es macht uns schon sehr stutzig, dass unsere Regierenden in Sachen Maritimer Wirtschaft nur Entscheidungen zu Fragen der Tonnagesteuer, Steuersparmodellen und Flussvertiefungen finden, aber sich zur bedrohten Gesundheit der Menschen an Waterkant und im Binnenland ausschweigen.

Wieder beim NABU gibt es Antworten. Im Hintergrundpapier „Luftschadstoffemissionen von Containerschiffen“ wird dann alles erklärt, was die Politik, Ölwirtschaft und die Reeder zu tun hätten.  Es darf weltweit nur noch Treibstoff mit 0,1% Schwefelgehalt verfeuert werden. Unverzüglich müssen “Containerschiffe mit wirksamen Abgasnachbehandlungssystemen ausgerüstet werden. Hierbei kommen derzeit nur Rußpartikelfilter und SCR-Katalysatoren in Betracht. Scrubber sind keine Lösung.” Mit dem “Mythos klimafreundliche Containerschiffe” wird faktenreich aufgeräumt! Für wenig Geld im Übrigen, wenn man z.B. die milliardenschweren Ausfälle der HSH-Nordbank bzw. Subventionen des Bundes an die Reeder über die Tonnagesteuer als Finanzierungsquellen heranziehen würde, wären es wahrscheinlich nur “Peanuts” ….

Auch wenn die MEPC-Entscheidung ein klitzekleiner Fortschritt zu sein scheint, haben sich erneut die wirtschaftlichen Interessen unserer Maritimen Lobby klar gegen die Gesundheitsinteressen der Bevölkerung durchgesetzt. Unsere Regierungen in Bund und Land kuschen. Und das bei einem Weltgesundheits-Thema, das in der UN und der Schifffahrtsorganisation IMO nachweislich, wie der Guardian schon vor Jahren berichtete, seit 2007 bekannt ist. Da ist es schon bemerkenswert, dass das kommunistische regierte  China neben den bestehenden drei 0,5%-SECA’s vom Frühjahr 2016 um Hongkong eine weiteres Schutzgebiet per 01.01.2017 eingerichtet hat.

Aber es ging auf der Konferenz in London nicht nur um den Schwefelgehalt in Schiffstreibstoffen. Seit dem Jahre 2007 debattiert die HELCOM über die NECA-Ausweisung (Verminderung von Stickoxiden) der Ostsee. Unfassbar – nach 10 Jahren Debatte hat man sich im März 2016 mit den Anrainern unserer Meere Nord- und Ostsee endlich dazu durch gerauft, über die IMO beide Meere zu NECA’s erklären zu lassen. Nein, nicht auf dieser IMO-Konferenz, sondern erst auf der 71. Tagung des MEPC im nächsten Jahr. Toll, und dann startet die NECA Start nicht ab Beschluss. Erst ab dem 01.01.2021 sollen beide Meere zu NECA’s erklärt werden. Ja, und dann auch nur für neu in Betrieb genommene Schiffe. Die existierenden Schiffe dürfen weiter rumstinken und die Athomosphäre vergiften. Immerhin haben sich aber die EU und auch die Port-Authorities von Bremen und Hamburg (mit falschem Logo) mit ihren Kollegen aus Rotterdam und Antwerpen zu einem gemeinsamen Statement durchringen können. Unsere Bundesregierung scheint allerdings keine Meinung zur NECA zu haben.

Was die CO2-Emissionen der Schifffahrt angeht (GHG-Green House Gases), wird man auch in 2017 eine Roadmap verabschieden wollen. Natürlich nicht ab sofort – nein, nein. : Deutschland mit einer der größten ausgeflaggten Handelsflotten der Welt braucht da noch viel, viel Zeit. Da nimmt man sich die gleiche Zeit, wie bei der Luftfahrt. Auch da gibt es wie für die Schifffahrt eine UN-Organisation, die sich ICAO nennt. Deren Klimaziele sind laut der Fernsehsendung Monitor genauso unterirdisch, wie bei der Seefahrt. Abscheulich!

So bleibt eine Bundesumweltministerin, die, drangsaliert von ihren vielen Kabinettskollegen, ihrem Parteivorsitzenden und Ex-Umweltminister, mit einem dramatische entschärften Klimaschutzplan nun nach Marokko fahren muss. Seefahrt, Flugverkehr, Braunkohle und Landwirtschaft müssen sich am Klimaschutz die nächsten Jahrzehnte nicht beteiligen. Die Autolobby wird im Abgasskandal nur mit Wattebäuschen beworfen – na, dann gibt’s eben Klimawandel mit mehr als 2°C, und?

Hauptsache die o.a. Klientels dürfen sich mit der Deckung der o.a. deutschen Politiker zu Lasten der Gesundheit der Menschen und des Klimas die Taschen voll machen. Das soll wählenswerte Realpolitik auf demokratischen Fundamenten darstellen, die sich angeblich deutlich von der Politik eines frischgewählten Kurzdenkers abgrenzt. Verstehen Sie den Unterschied?

Schnäppchen

norddeutsche-vermoegenUnglaublich! Bank erlässt Schulden – er kauft sich Mega-Yacht” – mit diesem Titel berichtet heute die Morgenpost über Herrn Dr. Bernd Kortüm. Der hat sich laut Spiegel gerade für vermutlich über 8 Mio. Euro eine Segelyacht gekauft. “Eigentlich Privatsache des Multimillionärs. Doch der Mann hat gerade von der HSH-Nordbank – also quasi vom Steuerzahler – ein kleines Geschenk bekommen. Die Bank verzichtet mal eben auf die Rückzahlung eines Kredites in Höhe von 547 Millionen Euro.” schreibt die Morgenpost. Und weiter: “Kortüm findet das mit der Yacht gar nicht unanständig. Dem „Spiegel“ sagt er, dass das schöne Schiff (40 Meter lang, 600 PS) ja ein „Gebrauchtboot“ gewesen sei, mehr noch: „Das war ein absolutes Schnäppchen.“. Ah ja, Herr Dr. Kortüm – merken Sie noch etwas?

Auch das Abendblatt hat nun bemerkt, dass Herr Dr. Kortüm seit rund einem Jahrzehnt im HSH-Beirat tätig gewesen ist. Als Hafenblatt mit starken Lobbyeinfluß darf Kritik nicht geübt werden – die überlässt man lieber den Oppositionsparteien.

Armseliger Journalismus, zumal heute über eine neue drohende Insolvenz im Bereich der Schiffsfinanzierung berichtet wird: die Marenave Schiffahrts AG in der Caffamacherreihe, einem an der Hamburger Börse gehandelten Unternehmen. Wir lesen in einer Insiderinformationen gemäß Art. 17 MAR (Market Abuse Regulation), dass “Keine Zustimmung zweier finanzierender Banken zum bislang verhandelten
Sanierungskonzept” gefunden wurde. Ja, welche Banken haben denn da die Bremse gezogen? Wir wissen es nicht – sie werden nicht benannt.

Was wir aber laut Unternehmensregister wissen, ist, dass sich die Eigentumsverhältnisse der Aktien der Marenave Schiffahrts AG keinesfalls so verhalten, wie sie im Hafenblatt dargestellt werden: “88 Prozent der an der Hamburger Börse gehandelten Marenave-Aktien sind im Streubesitz. Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) hält knapp 4,7 Prozent. Vor fünf Jahren kostete das Wertpapier des Schifffahrtsunternehmens noch 57 Euro, heute rangiert es im Pennystock bei 29 Cent.

Die Gesellschaft schreibt selber in in ihrem letzten Zwischenbericht: “Die Anteile der Marenave Schiffahrts AG werden zu rund 45% von Versicherungen, zu rund 30% von Sparkassen, Raiffeiseenbanken und Volksbanken und zu rund 5% von anderen Banken gehalten. Die verbleibenden ca. 20% verteilen sich auf andere institutionelle Investoren sowie auf Streubesitz.” Und nun raten Sie, wer die anderen Banken sind: Im Konzernabschluss lesen wir in den Meldungen nach WPHG, “Die HSH Nordbank AG teilte der Gesellschaft mit, dass ihr Stimmrechtsanteil am 12. September 2008 die Schwelle von 5,00% der Stimmrechte unterschritten hat und nunmehr 4,75% (das entspricht 7.125 Stimmrechten) beträgt.” Am 25.09.2009 sind diese Aktien auf die HSH Finanzfonds AöR übergegangen.

Da es geübte Praxis ist, bei Aktiengesellschaften den Hauptfinanzier (also die Hauptbankverbindung) mit einem kleinen Anteil im Kreis der Aktionäre zu halten, wird die HSH-Nordbank auch der Hauptfinanzier der Marenave Schiffahrts AG sein.

Ja, das passt doch gut! Dem gut im Filz verwobenen Herrn Dr.  Kortüm mit seinem Norddeutschen Unvermögen werden 547 Mio. Euro einfach erlassen und zur Belohnung darf er sich eine Schnäppchen-Jacht kaufen. Das ist einfach Hanseatisch – so durch und durch.

Andere in Hamburg nicht so gut Verfilzte  müssen eben nach Luft schnappen: wen interessieren in Hamburg auch schon Aktionäre (laut Unternehmensregister) wie die DEVK, die Kreissparkassen in Bautzen, Biberach, Heilbronn, die Sparkassen in Heilbronn oder Dresden? Allesamt Sparkassen, die mit Schiffsfinanzierung nichts zu tun haben dürften…

Unter besten Freunden…

HSH-Nordbank…kann man schon mal großzügig sein…

Vor knapp drei Wochen wurde bekannt, dass die HSH-Nordbank drei Reedern Schulden in Höhe von 800 Mio. Euro einfach erlassen hat. Die Namen der reich aus Steuermitteln beschenkten Reeder wurden nicht benannt, jedoch dass einer von ihnen mit 547 Mio. Euro beglückt wurde. Heute war in der SHZ unter dem Titel “HSH Nordbank erlässt Hamburger Reederei 547 Millionen Euro” der Name bekannt: Herr Dr. Bernd Kortüm.

Vor genau 13 Jahren beschrieb das Hamburger Abendblatt Herrn Kortüm mit folgenden Worten “Die scharfe Klinge im Getümmel des harten Finanz- und Schifffahrtsalltags geschickt zu führen und dabei nicht zu vergessen, das Schild über Schutzlose zu halten, entspricht bester hanseatischer Tradition. In Hamburg, der Stadt der Reeder, Kaufleute und Mäzene, ist der zugewanderte “Urwestfale” Dr. Bernd Kortüm in Handumdrehen eine feste Größe geworden.

In 2010, also nur sieben Jahre später, berichtet der Spiegel  im Zuge der Bankenkrise über die angeschlagenen Schiffsfinanzierer, wie die HSH-Nordbank und den “Fall Kortüm”. Wir lesen: “Noch vor weniger als einem Jahr standen Kortüm und seine Firma Norddeutsche Vermögen am Abgrund. Die HSH Nordbank hatte zuvor für seinen milliardenschweren Kreditrahmen eine Risikovorsorge von beinahe 250 Millionen Euro zurückgelegt. “Aufgrund der unzureichenden wirtschaftlichen Verhältnisse” bestünden “akute Ausfallrisiken”, schrieben die Wirtschaftsprüfer von KPMG. Man drohte gar mit der außerordentlichen Kündigung von Darlehensverträgen. … Der Fall Kortüm beschäftigte die Wirtschaftsprüfer dabei besonders intensiv. Mit einem Kreditrahmen von zwei Milliarden Euro zum Ende 2008 gehört der Reeder zu den größten Kunden der Bank.

Themensprung
In der Ärzte-Zeitung war vor Kurzem eine Analyse der HSH-Nordbank über Gewinnmargen beim Betrieb von Pflegeheimen zu lesen: “Das Hamburger Bankhaus ist nach eigenen Angaben “einer der Top 5 Finanzierer von Pflegeeinrichtungen in Deutschland” und begleitet jährlich “um die 20 Transaktionen im deutschen Pflegemarkt”. Ist das ein neuer zentraler Geschäftsbereich für die HSH-Nordbank, damit sie weiterhin eine Existenzberechtigung hat, fragen wir uns?

Wieder zurück.
Die Norddeutsche Vermögen Holding GmbH & Co. KG (NVH), also die Dachgesellschaft von Herrn Dr. Kortüms Unternehmensgeflecht, benennt ihre Kernkompetenzen in den Bereichen Reederei, Immobilienentwicklung, Kapitalanlagen, Private Equity, Hausverwaltung und Treuhandschaft. In dem im Unternehmensregister zum 06.06.2016 veröffentlichten Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2013/2014 finden wir in der Tat eine Vielzahl von Beteiligungen, vorzugsweise mit Schiffen, aufgeführt. Die Schiffe werden wiederum von der NVH-eigenen Norddeutsche Reederei H. Schuldt (NRS) bereedert. Die NVH legt also Schiffsfonds für an Steuerminimierung interessierte Anleger auf und bereedert die Schiffe im eigenen Hause. Für den Rest der Finanzierung wird die Haus- und Hofbank von Herrn Dr. Kortüm eingespannt: die HSH-Nordbank.

Der Vertrieb der Schiffsfonds an die gierigen Anleger erfolgte über die HCI. Wir können dem o.a. Spiegelartikel entnehmen: “…weil die Vertriebsleute von HCI “kein Eigenkapital mehr einwerben konnten”, erzählt Kortüm. Die provisionsgierigen Könige des Fondsgeschäfts stehen jetzt selbst mit dem Rücken zur Wand. Nur ein mit ihren Gläubigerbanken vereinbartes Zahlungsmoratorium bis September 2013 konnte sie im Februar vor dem Untergang retten. Andere Emissionshäuser verhandeln noch.” Die HCI ist die  HCI Capital AG, die am 25.06.2016 auf die Ernst Russ AG (ER) umfirmiert wurde. Und diese Ex-HCI, jetzt ER gehört nun wiederum zu über 38% der bekannten Peter Döhle Gruppe und siehe da, zu über 16% der HSH-Nordbank.

Der Aufsichtsratsvorsitzende der Ernst Russ AG ist Herr Alexander Stuhlmann, der wiederum von 2003 bis 2006 Vorstandschef der frischgegründeten HSH-Nordbank war. Er ist der erste “Dr. NO” der HSH-Nordbank, da er im Untersuchungsausschuss im Jahre 2010 die Aussage verweigerte. Während seiner Ägide waren die meisten der heute kaputten Schiffsfinanzierungen unseres Herrn Dr. Kortüm von der HSH-Nordbank genehmigt worden.

Aber noch nicht genug: Herr Kortüm war von Beginn der HSH-Nordbank in deren Beirat. Sein Mandat im Beirat begann laut Bürgerschaftsdrucksache in 2004 und endete laut aktuellem Geschäftsbericht der Bank am 30.06.2015.

Wir könnten noch viele weitere Verflechtungen zwischen HSH-Nordbank, Reedern und Schiffsfonds aufzeigen. Nein, es geht nicht um die Verschrottung der “Northern”-Schiffe des Herrn Dr. Kortüm auf indischen Strändeninterschalt

Es ist erschreckend, wie nur wenige Männer in Hamburg in sehr enger Verflechtung Milliardendeals gedreht haben, die jetzt alle vom Steuerzahler vollständig bezahlt werden müssen. Wir sind der festen Überzeugung, dass in Hamburg und Schleswig-Holstein kein einziger Abgeordneter bzw. Regierungspolitiker dieses filzige Geflecht durchblickt. Wir auch nicht – aber wie soll das auch geschehen, wenn alle Akten nicht öffentlich zugänglich sind? Den Medien ist zudem alles viel zu kompliziert – Recherche ist einfach nicht mehr angesagt. Aber wo soll das alles enden?

In Sachen Elbvertiefung verhält es sich ähnlich. Es sind genau die gleichen Akteure, die diese vehement fordern: es geht ,wie bei den Reedern, um viel Geld, das den Steuerzahlern mit Null Gegenleistung aus der Tasche gezogen werden soll. Wie bei der Story der HSH-Nordbank glauben Politiker noch an die Story des Hafens und der Elbvertiefung: an das uneingeschränkte Containerwachstum. Dass es das nicht gibt, merken wir an den Insolvenzen und den Steuermilliarden für die Rettung der HSH-Nordbank. Aber wann merken es unsere Politiker?

Da war ja noch der Themensprung: Leser des Konzernabschlusses von der Norddeutschen Vermögen werden es gemerkt haben: da wurden viele Gesellschaften entkonsolidiert, d.h. aus der Holding ausgegliedert. Die Liste der ausgegliederten Unternehmen umfasst knapp 30 Gesellschaften, die in der Firmierung das Wort “INTEGRA” haben. Diese sind in die “INTEGRA Holding GmbH & Co. KG” überführt worden und sind nun von den unternehmerischen Schifffahrtsaktivitäten des Herrn Dr. Kortüm getrennt. Die “INTEGRA” verantwortet die Konzeption, den Bau und den Betrieb von Seniorenpflegeeinrichtungen. Nach eigenen Angaben werden derzeit zehn vollstationäre Pflegeeinrichtungen mit knapp 1.000 Betten sowie einigen Wohnungen für betreutes Wohnen betrieben. Nun raten Sie mal, welche Bank Herrn Dr. Kortüm diese Seniorenheime finanziert…?

Nachtrag: Wer jetzt immer noch Zweifel an der Verfilzung in Hamburg hat, kann einen Blick auf die Wunderseite des Frachtschiff-Kontors werfen. Unser Herr Kortüm hat den Hals noch nicht voll genug: Seine Reederei Schuldt und einige seiner im Filz verwobenen Lobbyisten sind sich nicht zu schade, der Stadt und den Geschädigten noch weitere Millionen mit einem vermeintlich neuen Geschäftsmodell aus der Tasche zu ziehen. Es würde uns nicht wundern, wenn die HSH-Nordbank auch hier wieder mitmischt…

Jetzt auch Maersk…

MaerskNun vermeldet auch Maersk, der Branchenprimus unter den Containerreedereien, erneut schlechte Zahlen: im dritten Quartal 2016 wurde ein Verlust von 122 Mio. USD erwirtschaftet. Obwohl Maersk durch die Hanjin-Insolvenz rund 11% mehr Container transportiert hat, konnte auch der Primus keine höheren Frachtraten durchsetzen. Und auch hier dürfen wir als Ursache wieder lesen, dass die Transportkapazität der Reedereien deutlich die Transportnachfrage überschreitet: “Volume increased 11% to 2.7m FFE mainly driven by increased demand due to the situation with Hanjin and significant increase in backhaul volumes. Global container demand is estimated to have grown by 1-2%, while the global container fleet grew around 3%.

Hapag-Lloyd gibt seine Zahlen für das dritte Quartal 2016 erst am 14.11.2016 bekannt. So lesen wir den aktuell erschienen Bericht des Haushaltsausschusses samt der Stellungnahme des Ausschusses für Öffentliche Unternehmen der Hamburger Bürgerschaft. Beide Ausschüsse haben ihre Empfehlungen zur Senatsmitteilung “Zusammenführung der Hapag-Lloyd AG und der United Arab Shipping Company S.A.G.” abgeben. Und der muss sich dann natürlich auch mit dem wirtschaftlichen Umfeld von Hapag-Lloyd beschäftigen – sonst würde ja keine Fusion beabsichtigt werden.

Hapag-LloydBeim Lesen der Stellungnahme des Ausschusses für Öffentliche Unternehmen stellen wir fest, dass das Protokoll nicht von dem Ausschussvorsitzenden bzw. der Schriftführerin gelesen worden sein kann. Nicht nur, dass sich die Buchstaben bei den verwendeten Abkürzungen in sinnentstellender Form verselbständigen: Da wird CSAV dann zu CASC bzw. CASV, oder UASC wird zu USAC, UACS, OASC oder doch CASC? Was verbirgt sich hinter “TU’s “- vielleicht TEU’s? Kaum zu glauben, dass dieses Wirrwarr nicht bemerkt worden sein soll?

Und dann werden Redebeiträge protokolliert, bei denen wir freundlichst unterstellen, dass die Redner derartige Leerphrasen nicht gesagt haben können. Aber was diese Redner den Abgeordneten und damit uns gesagt haben wollen, wissen wir leider auch nicht. Kostprobe gefälligst?

  • Die Senatsvertreterinnen und -vertreter äußerten, sie hielten es nicht für sinnvoll,
    wenn die HGV selbst, um einer Lieferfrist zu genügen, ihren Aktienbestand bewegen
    müsse, denn dieser Vorgang könne aufgrund des Aktienkursverlustes nur zu einem
    Verlust führen.
  • “Die Senatsvertreterinnen und -vertreter antworteten, die wesentlichen Inhalte des
    Vertragswerks seien in der Drucksache aufgeführt, die Quantifizierung der Lasten
    siedelten sie bei einem 50-zu-50-Verhältnis an.”

Alles klar? Nee, da ist nun wirklich nichts zu verstehen. Da wird geschwafelt, geschwurbelt und raumfüllender nichtssagender Unsinn verbreitet. Armselig muten die Antworten der Senats- und Hapag-Lloyd-Vertreter an. Es scheint auch nur die Opposition Fragen zu haben. Die Abgeordneten der roten und grünen Regierungsfraktionen scheint die Dramatik der Lage nicht mal einen feuchten Kehricht zu interessieren.
Die großen Schiffe von UASC würden voraussichtlich nicht unter der Köhlbrandt Brücke fahren können, sondern müssten alternativ am Burchardkai abgefertigt werden.” Ach nee, nun können die UASC-Riesen also doch nicht nach Altenwerder zum Hapag-Lloyd-Terminal CTA fahren. Macht nix, dann müssen die Container eben zwischen dem CTB-Burchardkai und CTA-Altenwerder mit dem Lkw hin- und hertransportiert werden. Nach der Hebung eines Synergiepotentials klingt das nicht.

Zur “Money back”-Forderung unseres Bürgermeisters bleibt nur hohles Gestammel: “Die Senatsvertreterinnen und -vertreter stellten fest, die Äußerung des Ersten Bürgermeisters zur Rückführung der Investitionen habe implizit die Frage aufgeworfen, ob die Ausgabe über 420 Mio. Euro bei der zweiten Beteiligung an Hapag-Lloyd AG gerechtfertigt sei. Aus ihrer Sicht handele es sich um eine andere Art der Ausgabe, nämlich eines Anteils, der wieder veräußert werden könne. Zu welchem Zeitpunkt und in welcher Situation eine solche wertschonende Veräußerung von Anteilen stattfinden werde, könne nicht vorhergesagt werden. Der Aktienwert bei der 420-Mio.-Euro- Transaktion habe damals bei 42,10 Euro gelegen, diesen hätten auch die privaten Anteilseigner gezahlt. Die Wahrscheinlichkeit, diesen Wert erneut zu erzielen, sei höher, als den Wert aus der ersten Transaktion über 50 Euro pro Aktie zu erzielen.” Der Schlusskurs von Hapag-Lloyd-Aktien lag heute bei 17,31 Euro – in welcher Welt lebt dieser Senat?

Wir erahnen für den 14.11.2016, Termin der Bekanntgabe der Hapag-Lloyd-Zahlen, nicht viel Gutes. Mindestens genauso spannend werden die Eurogate-Ergebnisse sein: am CTH geht als Kunde nicht nur Hanjin verloren, sondern ebenfalls in absehbarer Zeit UASC. Ein neu gewonnener Kunde ist nicht erkennbar – wofür braucht Eurogate dann aber noch die Westerweiterung?

Die Westerweiterung ist genauso überflüssig, wie die Elbvertiefung. Beide Vorhaben werden nicht benötigt, schädigen massiv die Umwelt an unserer Elbe und werden Hamburg Unsummen an Geld kosten. Wann wird dieses Hamburger Gekusche vor den am Rande des Abgrund stehenden Reedereien endlich aufhören? Was muss denn noch passieren?

Weitere Großfusion

NYKHermes2Die nächste Megafusion bei den Containerreedereien steht an. Gestern gaben die drei japanischen Reedereien MOL, NYK und K Line in einer gemeinsamen Presseerklärung bekannt, dass sie ihre jeweiligen Aktivitäten in der Containerschifffahrt in ein neues Gemeinschaftsunternehmen (Joint-Venture-JV) einbringen werden. NYK wird 38% der Anteile übernehmen, die beiden anderen Reedereien jeweils 31%. Ein Name für das neue Unternehmen ist noch nicht bekannt.

So überraschend war es dann doch nicht, dass sich die drei stolzen japanischen Reedereien zusammenfinden. Gemeint sind dabei nicht nur die wochenlang schwelenden Insolvenzgerüchte um K-Line oder die Sonderabschreibungen bei NYK oder die Gewinnwarnung bei MOL. Die Schifffahrtsnation Japan, die seit Jahrzehnten weltweit eine der größten Flotten bereedert und Sitz von internationalen maritimen NGO’s (z.B. IAPH) ist, hat in der Containerschifffahrt mit den benannten drei kleinen Reedereien nicht mehr viel zu melden gehabt. Das Handelsblatt wirft einen kurzen Blick auf die japanische Reedereien, die allesamt Mitglied der von Hapag-Lloyd neu gegründeten und geführten “The Alliance” sind.

Quelle: VDR
Quelle: VDR

Die Fusion der drei Reedereien soll zum 1. Juli 2017 erfolgen. Mit einer gesamten Transportkapazität von knapp 1,4 Mio. TEU wird das neue Unternehmen im Ranking der weltweit größten Containerreedereien den sechsten Platz unmittelbar hinter Hapag-Lloyd/UASC mit knapp 1,5 Mio. TEU einnehmen. Das Orderbuch der drei Reedereien lässt jedoch erahnen, dass diese kurz- bis mittelfristig an Hapag-Lloyd vorbeiziehen und erneut auf den in Hamburg so ungeliebten sechsten Platz verweisen werden. Die Fusion der Japaner wird also auch in der gemeinsamen Zusammenarbeit in der Allianz Folgen für Hapag-Lloyd haben: zwei gleich Große statt ein Großer und drei Zwerge werden sich gegenüber stehen!

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Quelle: MOL

Atemberaubend ist die im Anhang der  o.a. gemeinsamen Presseerklärung veröffentlichte Präsentation. Auf Pdf-Seite 11 sind die binnen eines Jahres vorgenommenen Fusion im Markt der Containerreedereien erkennbar. Die Zahl der Reedereien hat dramatisch um ein Viertel abgenommen – Hanjin wird in der Übersicht nicht mal mehr aufgeführt.

Die Erklärung für dieses dramatische Reedereisterben bzw. -fusionieren ist ewig gleich: es gibt einfach zu viele Schiffe. Für diese Schiffe ist nicht genug Ladung da, insbesondere die Riesenschiffe fahren nun seit Jahren mit viel ungenutzter Kapazität.

Und trotzdem versucht man uns einzureden, dass insbesondere die großen Containerschiffe auf der Elbe nur halbbeladen seien, weil unser Fluss aufgrund der fehlenden Elbvertiefung nicht tief genug sei. Das ist Unsinn – die Nachrichten aus Japan belegen dieses auf ein Neues.

Havariebericht CSCL Indian Ocean

CSCL-Indian-Ocean-Havarie-DDass große Containerschiffe havarieren können, ist für uns an der Elbe nichts Ungewöhnliches mehr. Bislang sind wir mit einem blauen Auge davon gekommen. Über die Fehlerursachen gelang so gut wie nichts über Untersuchungsberichte an die Öffentlichkeit. Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) stufte die Havarien z.B. der “YM Wish“, der “NYK Olympus” oder der  “Choapa Trader” regelmäßig als “einfache Seeunfälle” ein, so dass keine Berichte publiziert werden mussten. Die Havarie der “CSCL Indian Ocean” wurde als ein “Schwerer Seeunfall” klassifiziert, so dass ein Untersuchungsbericht durch die BSU veröffentlicht werden muss.

Am 14.10.2016 hat die BSU diesen  Bericht mit einer kurzen Pressemitteilung publiziert. Der Untersuchungsbericht zum Festkommen der “CSCL Indian Ocean” auf der Elbe vor Grünendeich am 03.02.2016 umfasst 33 Seiten und wurde anscheinend nur vom NDR gelesen – beim Hamburger Abendblatt finden wir ein Notizchen. Diese mediale Resonanz ist im Verhältnis zum Zeitpunkt der Havarie von Anfang Februar 2016, über die aus allen Rohren und Kanälen berichtet wurde, erstaunlich. Warum interessiert das keinen Journalisten mehr, zumal wenn man erstmalig offiziell mehr darüber erfahren kann, wie derartige Blackouts an Maschine oder Ruder zu Stande kommen?

Doch zum Bericht selbst. In diesem wird der Havarieablauf samt  Versuchen zur Befreiung des Schiffes umfangreich beschrieben. Alles wirkt dabei minutiös aufgenommen, so dass man große Genauigkeit unterstellen mag.

Schon zu Beginn des Berichtes finden wir in der Zusammenfassung auf Seite 5, letzter Satz das Ergebnis “Diese Unfalluntersuchung brachte zutage, dass ein zusätzlich eingebautes Sicherheitssystem, die SAFEMATIC, so falsch installiert war, dass es bei Aktivierung die Ruderanlage blockierte.” Ein Sicherheitssystem soll bei einem Riesenschiff der neuesten Generation, das gerade in den Dienst gestellt wurde, falsch installiert worden sein und keiner merkt etwas? Doch es kommt noch doller.

Ab Berichtsseite 19, Kapitel 3.3.2.2 erfahren wir dann etwas über das Ausmaß der Fehlinstallation. Zunächst lesen wir von zwei gravierenden Fehlinstallationen an der Ruderanlage, wovon eine einen groben Verstöße gegen die SOLAS- Schiffsicherheitskonvention darstellt.

  • Die vier autarken und redundant ausgelegten Hydrauliksysteme des Ruders wurden  zusammengeschaltet. Die BSU umschreibt dieses mit ungewöhnlich, die wir nicht erkennen können. Zur Präzisierung dieser BSU-Auffälligkeit hätten wir uns gewünscht, dass geprüft worden wäre, ob durch den Ausfall eines Masters der jeweilige Slave in Funktion bleibt.
  • Einen Absatz weiter lesen wir: “Eine zweite Auffälligkeit wurde in der sog. Hydraulik-Locking-Installation (HL) gefunden. HL ist eine Anforderung von SOLAS zur Feststellung von Abweichungen zwischen dem gegebenen Ruder und der aktuellen Bewegung des Ruders. Es wurde festgestellt, dass alle Kabel, die in einem Schaltschrank endeten, dort nicht weiter geführt wurden.” Mit anderen Worten: auf der Brücke des Containerriesen gab es keine Kenntnis, ob das Ruder wirklich das tut, was die Schiffsführung befehligt hat.

Diese erschreckend zu lesenden Passagen über die SOLAS-Verstöße enden in der BSU-Bewertung: “Beide Auffälligkeiten hatten aber keinen Einfluss auf diesen Seeunfall. Die Ruderanlage an sich arbeitete fehlerfrei.

Der eigentliche Fehler soll in einem weiteren Sicherheitssystem, das nicht von der SOLAS-Konvention gefordert ist, aufgetreten sein: die Safematic. “Die SAFEMATIC ist ein nicht vorgeschriebenes zusätzliches System innerhalb der Ruderanlage, das im Falle einer Leckage im Hydrauliksystem der Ruderanlage dafür sorgt, dass das Ruder weiter genutzt werden kann.” Und diese war ebenfalls falsch installiert: Von der BSU “…wurde erkannt, dass die SAFEMATIC so falsch geschaltet war, dass nicht nur der vorgesehene Hydraulikzylinder Nummer 2 angesteuert wurde, sondern auch Hydraulikzylinder Nummer 4. Dieser unglücklicherweise so, dass beide Zylinder gleichzeitig in dieselbe Richtung auf den Ruderschaft drückten. Das Ruder konnte sich so nicht drehen. Die Belastung für die Befestigung des Ruders war enorm. … Im dazugehörenden Schaltschrank konnte dann der Fehler in der Anschlussleiste … festgestellt werden, der dazu führte, dass zwei Ventile falsch geschaltet wurden.”

Aber auch hier wird von der BSU keine eindeutige Fehlerursache gefunden: “Es wurde keine andere Möglichkeit gefunden als die einer zufälligen Fehlfunktion des Schwimmerschalters.” Und so finden wir auf Seite 28 unter der Überschrift “4. Auswertung” “Allerdings hätte weder die falsche Verkabelung noch das zufällige Auslösen des Schwimmerschalters allein das Ruderversagen verursacht. Nur die Verkettung dieser Fehler führte dazu.

Auch die Auswertung des Voyage Data Recorder (VDR), die von Flugzeugen bekannte Black Box für Schiffe, scheint im Falle der Havarie der CSCL Indian Ocean nicht weiter geholfen zu haben. Auf Berichtsseite 31 lesen wir in den Schlussfolgerungen: “Dafür werden im Voyage Data Recorder (VDR) nicht detailliert genug Daten gespeichert. Auch die Fehlerlogs der Maschinenraum-Computer zeigten keine Ursache an. Es wurde ebenfalls nicht aufgezeichnet, ob die Schiffsführung mit dem Ausfall der Ruderanlage versuchte, diese mittels der vorgeschriebenen Redundanzen zu reaktivieren.” Insbesondere letzterer Satz macht uns stutzig – wurde das nicht weiter untersucht?

Der anfängliche Eindruck der großen Genauigkeit des Berichtes relativiert sich. Zu viele Fragen und Wirkungsketten bleiben offen:

  • Die Wirkungsweise und die Ansteuerung der Hydraulikventile der Safematic wird nicht beschrieben.
  • Es wird nicht berichtet, ob eine induktive Einstörung z.B. durch andere Bordausrüstung möglich war und gegebenenfalls noch vorhanden ist.
  • Ebenso ist nicht erkennbar, ob die Anlage über einen Rechner gesteuert wird, die bekannterweise Betriebsstörungen verursachen oder erleiden können.
  • Was hat sich der VDR von den Brückengesprächen tatsächlich aufgezeigt.

CSCL-Indian-Ocean-HeckAber auch der vielgerühmte Schiffs-TÜV, d.h. die Klassifikationsgesellschaft des Flaggenstaates, findet im BSU-Bericht keine Erwähnung: In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass die Flaggenstaaten die mit den Prüfungen beauftragten Institute nicht ausreichend kontrollieren. Haben der BSU für die Untersuchung der Havarie die internationalen Zeugnisse des Schiffes, insbesondere über die ausreichende Ausrüstung und deren Zustand in aktueller Version vorgelegen und wurden die Besichtigungsprotokolle eingesehen? Kein Wort der Erwähnung, ob diese Dokumente vorgelegen haben und was in diesen zur Ruderanlage, zur Safematic und dem VDR protokolliert worden ist. So bleiben auch hier Fragen:

  • Die Ausrüstung mit zugelassenen Ruderanlagen ist genauso vorgeschrieben wie die Ausrüstung mit zugelassenen VDR. Der Flaggenstaat hat nach SOLAS einen „Initial Survey“ vor der Zeugniserteilung durchzuführen. Dieser besteht aus einer Planprüfung und einer Erprobung.  Die Safematic als Zusatzausrüstung darf nach SOLAS die vorgeschriebene Ausrüstung nicht in der Betriebssicherheit und in der Wirksamkeit beeinträchtigen. Die Prüfung der Pläne muss die zusätzliche Ausrüstung mit der Safematic beschreiben. Was steht da? Ist die fehlerhaft installierte Anlage etwa abgenommen worden? Von wem?
  • Die Ruderanlage wird bei der Werftprobefahrt geprüft. Bei der technischen Erprobung, die dokumentiert wird, werden auch Notfälle simuliert, mit denen das automatisierte Einschalten der redundanten Ausfallsysteme erprobt wird. Auch der Anschluss der Ruderanlage an den VDR wird im Plan und in der Praxis erprobt. Wurde in den Reports über den „Initial Survey“ die von der BSU festgestellten Mängel an der Ruderanlage (Master/Slave-Schaltung der Hydraulikanlagen, Ende der Verkabelung der “Hydraulik-Locking-Installation” in einem Schaltschrank, statt auf der Brücke) dokumentiert? Wenn ja, welche Auflagen wurden der Reederei für den Betrieb gemacht?
  • Wurde der kabelsparend installierte Ruderanlagenanzeiger auf der Brücke etwa verbotener Weise durch die Rückmelder der Selbststeueranlage gespeist? Gibt es hier Protokolleinträge? Oder ist die CSCL Indian Ocean wirklich ohne diesen Anzeiger über die Weltmeere gefahren?

Es gibt noch eine Vielzahl weiterer offener Fragen zu dem BSU-Bericht, mit denen wir Sie hier nicht langweilen wollen. Zum Fazit des BSU-Berichtes wollen wir aber noch zwei wesentliche Anmerkung machen.

  1. Die BSU stellt fest: “Daher soll betont werden, dass sich dieser Seeunfall nicht aufgrund der Größe des Schiffes ereignete, sondern auf der fehlerhaften Installation…”Hier wird intendiert, dass der Fehler unabhängig von der Schiffsgröße vorgekommen ist. Dieses mag, trotz der unvollständigen Berichtsangaben, richtig sein. Wir weisen aber, wie es unsere Mitstreiter im Regionalen Bündnis schon seit Jahren tun, an dieser Stelle darauf hin, dass ein derartig gravierender Fehler bei Riesenschiffen in einem engen schmalen Fahrwasser wie der Elbe wesentlich dramatischere Auswirkungen haben kann, als bei einem kleinen Feeder! Und an dieser Havariegefahr wird sich auch durch die geplante Elbvertiefung insbesondere im Gewässerabschnitt zwischen Störkurve und Hamburg nicht ändern. Die Fahrwasserbreite für die 400 m langen Riesen wird lediglich um 20 m erweitert.
  2. Für die Bergung der CSCL INDIAN OCEAN wurde es nicht erforderlich, Container zu
    löschen, um den Tiefgang weiter zu verringern. Sollte dies in einem ähnlichen Fall
    notwendig werden, ist zu bedenken, dass es in Europa bislang nur einen
    Schwimmkran gibt, der die erforderliche Arbeitshöhe erreicht, um Container aus
    dieser überdurchschnittlichen Höhe zu löschen.”  lesen wir in den Schlussfolgerungen auf Berichtseite 31. In den unmittelbar folgenden Sicherheitsempfehlungen finden wir die Bundesregierung als Adressaten: “Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung empfiehlt dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, die bestehenden Fachkonzepte zur Thematik „Havarien von Großcontainerschiffen“ ständig weiter zu entwickeln, insbesondere den Schwerpunkt: Löschen von Containern aus einer überdurchschnittlichen Höhe.

Warum Hamburg für seine Delegationsstrecke in diese Empfehlung nicht mit einbezogen worden ist, ist uns ein Rätsel. Eine derartige Havarie kann jederzeit auf der Delegationsstrecke zwischen der Landesgrenze bei Tinsdal und Finkenwerder stattfinden.

Grüner Schwefel

SchornsteinSeit dem 01.01.2010 soll die EU-Schwefelrichtlinie sicherstellen, das Schiffe an ihren Liegeplätzen in EU-Häfen, also auch in Hamburg, nur noch noch Treibstoffe mit einem Schwefelgehalt von 0,1% verbrennen dürfen. Ergänzt wurde diese für Liegezeiten in Häfen geltenden Regelungen um die ECA-Abgasregelungen vom 01.01.2015.

Einmal im Jahr muss auch Hamburg gemäß der o.a. EU-Schwefelrichtlinie über die Bundesregierung an die EU-Kommission einen Bericht über die durchgeführten Kontrollen im Hamburger Hafen abgeben. Die Berichte der Jahre 2012, 2013 und 2014 haben sich bislang dadurch ausgezeichnet, dass bei nicht einmal 5 % der den Hamburger Hafen angelaufenen Schiffe Kontrollen durchgeführt wurden. Diese wenigen Kontrollen wiesen dabei regelmäßig gute Erfolgsquoten aus. Bei Verstößen gegen die Schwefelgesetzgebung wurden den ertappten “Drecksschweinen” allerdings mit Ordnungswidrigkeiten lediglich ganz klitzekleine “Strafen” von nicht einmal durchschnittlich 2.000 Euro auferlegt. Diese erzeugen bei den Reedern in der Regel schmunzeln – insbesondere wenn diese locker einen fünfstelligen Eurobetrag an Bunkerkosten gespart hatten.

Nun haben wir seit Frühjahr 2014 einen “grünen” Umweltsenator im Amt, der jetzt für diese o.a. Schwefelkontrollen und den Bericht an die EU zuständig ist. Ob er wohl nach zweieinhalb Jahren Amtszeit, die er bislang ohne einen gültigen Luftreinhalteplan absolviert hat, dann aber wenigstens bei den Schwefelkontrollen etwas bewegt hat?

Nein, natürlich nicht. In seinem ersten Bericht für das Jahr 2015 ist die Kontrolldichte unverändert: sie liegt bei 4,4%. Auch die verhängten Bußgelder aus den eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren (Owi) sind mit durchschnittlich 1.515 Euro weiterhin unterirdisch. Es hat sich in Hamburg im Vergleich zu den deutlich rabiater auftretenden dänischen Umweltbehörden nichts geändert.

So mutet es ganz putzig an, dass unsere Umweltbehörde die vielgeschmähte EU ganz hilflos tuend um Unterstützung bittet. Wir lesen in dem Bericht: “Im Übrigen bitte ich Sie um eine Rückmeldung, aus der sowohl ein Vergleich der Kontrolltätigkeiten als auch der erhobenen Bußgelder der einzelnen Bundesländer und der europäischen Nachbarländer hervorgeht. Hamburg ist bemüht, die gesetzlichen Anforderungen durchzusetzen, hält jedoch ein vergleichbares Vorgehen europäischer Hafenstädte für notwendig, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Das ist wahrlich couragierte und engagiert grüne Politik. Statt selber grüne Maßstäbe in Europa zu setzen, fragt man lieber beim ungeliebten Oberlehrer nach. Dabei könnte unsere grüne Umweltbehörde ganz leicht selber das Heft des Handelns in die Hand nehmen und einfach nur die gesetzlichen Möglichkeiten ausnutzen. Nach § 6 Abs. 3. des Gesetzes über die Verwendung von schwefelhaltigen Schiffskraftstoffen können Bußgelder von bis zu 50.000 Euro verhängt werden.

Die Antwort der EU-Kommission werden wir wohl nie erfahren. Die Antwort der EU-Kommission müsste sich für Hamburg, der der drittgrößte EU-Nordrange-Hafen ist und damit Maßstäbe in Europa setzt, gewaschen haben. So eine Frage könnte der Hafenmeister von z.B. Otterndorf stellen dürfen – macht der aber nicht, der ist deutlich schlauer.

Weitere Wackelkandidaten?

NYKOlympus1Die Hanjin-Insolvenz hat weltweit für große Aufruhr in der maritimen Logistikszene gesorgt. Bis zum Fall Hanjin galt die Annahme, mit “too big to fail” sei alles ausreichend geschützt. Wie die Bankenkrise mit der Lehmann-Pleite gezeigt hat, ist das ein Irrglaube. Süd-Koreas Regierung hat die Reißleine gezogen und einer der weltweit größten Reedereien aus interessanten Gründen die Systemrelevanz versagt.

All das ist nach einem Monat Schnee von gestern. Nicht ganz, es gibt weitere Reedereiriesen, die massive Probleme mit ihrem Geschäftsmodell haben. Ein Mitglied der von Hapag-Lloyd geführten G6-Allianz, die japanische NYK-Line, hat in einem auf den 7.10.2016 datierenden Aktionärsbrief mit dem Titel “Notice of Impairment Loss and Provision for Losses Related to Contracts” erhebliche außerordentliche Abschreibungen und Wertberichtigungen in Höhe von nahezu 1 Milliarde US-$ angekündigt.

Der überwiegende Anteil der Korrekturen wird in der NYK-Containersparte vorgenommen. Wenn wir die Ausführungen richtig verstehen, werden die bilanziellen Wertansätze der eigenen Schiffe sowie die in Charterverträge vereinbarten Raten auf den Prüfstand gestellt. Wenn dann schon eine Milliarde US-$ in Aussicht gestellt wird, müssen die Alarmglocken läuten. Insbesondere bei den vielfach in Hamburg ansässigen Vercharterern.

Der wohlinformierte Branchendienst Alphaliner berichtet in seinem aktuellen Newsletter von weiteren erschreckenden Zahlen. Bei den größten 20 Containerreedereien werden Wertkorrekturen in Höhe von 32 Milliarden US-$ als möglich erachtet: wie wir der Graphik entnehmen können, werden allein bei Hapag-Lloyd gut 3 Milliarden US-$ angeführt – dagegen wäre die NYK-Line ein kleiner Fisch.

Die daraus resultierenden Auswirkungen auf die von der Stadt Hamburg gehaltene Beteiligung an Hapag-Lloyd wird vermutlich wieder keinen interessieren – es muss wieder erst eine Bombe platzen. Wir gehen fest davon aus, dass diese platzen wird und im Jahresabschluss unserer Staatsbeteiligungsholding HGV werden wir dann mindestens weitere 140 Mio. Euro Wertberichtigungsbedarf finden können.

Und das alles nur, weil die weltweit 20 größten Reedereien mit dem Bau von Riesen-Containerschiffen unglaubliche Transport-Überkapazitäten geschaffen haben, die sie jetzt nicht mehr am Markt platzieren können. Die Tiefgangsstatistik auf der Unterelbe belegt es: die Containerriesen haben nur wenig Ladung an Bord – sie werden nicht benötigt.

Für diesen gesamten wirtschaftlichen Unsinn soll die Elbe vertieft werden. Die für die Vertiefung gemachten Umschlagsprognosen für den Hamburger Hafen werden auch für das Jahr 2016 Luftschlösser bleiben. Eine Perspektive, dass sich das jemals ändern wird, ist nicht erkennbar.

Apropos Prognosen: Düsseldorf soll auch einen neuen Containerhafen bekommen. Wie in Hamburg sind die Prognosen für den Umschlagszuwachs wieder richtig sportlich gerechnet. Das wundert aber auch nicht, sie stammen aus der Feder des Hauses, das in Hamburg für die Hafen- und Vertiefungsplanungen genutzt wird. Die engagierte Bürgerinitiative in Düsseldorf mit dem Namen Hafenalarm hat an diesen Prognosen und Auswirkungen ebenfalls Zweifel! Lesen Sie einfach mal die “10 Fragen und 10 Antworten zum Containerterminal”Es ist der gleiche gequirlte Unsinn der den Düsseldorfern präsentiert wird, wie uns an der Niederelbe von Cuxhaven bis nach Hamburg.

Klimaschutz?

Am 4.10.2016 stimmte das Europäische Parlament für die Ratifizierung des Pariser Klimaschutz-Abkommens von Dezember 2015. Das dort festgehaltene zentrale Ziel, 1,5 oC weltweite Temperaturerhöhung durch Ausstoß von Treibhausgasen bis zum Jahr 2100, zu erreichen, bedeutet große Anstrengungen, wie wir in einer Kurzstudie von Greenpeace zum Pariser Abkommen lesen können.

Doch wie ernst werden diese Ziele von europäischer, deutscher und Hamburger Politik genommen?

AIDAbellaHamburg
Wir erfahren am 21.07.2016 beim BUND:

„Luftschadstoffe: BUND-Zwangsgeldantrag erfolgreich, Hamburg muss Luftreinhalteplan schneller vorlegen.”

Das Hamburger Verwaltungsgericht hat den Zwangsgeldantrag des BUND Hamburg in Sachen Luftreinhaltung mit heutigem Beschluss positiv entschieden. Danach ist die Stadt angehalten, deutlich früher als bisher in Aussicht gestellt, einen neuen Luftreinhalteplan mit wirksamen Maßnahmen vorzulegen. Ansonsten wird ein Zwangsgeld verhängt.
„Wir sehen uns mit der heutigen Entscheidung bestätigt. Der Hamburger Senat und vor allem die zuständigen Fachbehörden tun zu wenig für die Luftreinhaltung in Hamburg. Die Verantwortlichen in den Fachbehörden aber auch im Hamburger Rathaus sollten endlich aufwachen und das Thema ernst nehmen. Bei den Überlegungen dürfen auch ordnungspolitische Maßnahmen wie Fahrverbote und die Blaue Plakette kein Tabu mehr sein“, so Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg.”

Dieser Pressemitteilung gehen ein langwieriger Prozess und diverse Aktionen voraus, in der die “Dicke Luft” in Hamburg Thema sind. Die Hamburger Politik hält sich indes weiterhin diskret zurück und findet “blaue Plaketten” unsozial. Wir finden ungebremste Luftverschmutzung unsozial. Und im Hafen werden nur halbherzige Maßnahmen ergriffen.

Europa
Im Vorfeld der Abstimmung im EU-Parlament lesen wir am 30.09.2016 in der TAZ von Widerstand innerhalb der EU-Mitglieder gegen die schnelle Umsetzung der Klimaziele von Paris. Ob Polen, um das es im Artikel vor allem geht, gegen die Ratifizierung gestimmt, sich enthalten oder zugestimmt hat, weil es nicht zu fürchten hat, wissen wir nicht. Aber am Ende des Artikels lesen wir zur Dringlichkeit der Umsetzung der Pariser Vereinbarungen:

Der Klimawandel macht derweil keine Atempause. Gestern (Anm.: 29.09.2016) wurde bekannt, dass die Konzentration des Klimagases CO2 in der Luft endgültig die symbolische Schwelle von 400 ppm (parts per million) überschritten hat.

Erfreulicheres hingegen berichtete der Stern am 26.09.2016. (Link zwischenzeitlich gelöscht.) In Venedig protestieren die Bürgerinnen und Bürger wirksam und sichtbar gegen die Gefährdung ihrer Gesundheit und der Stadt durch Kreuzfahrtschiffe:

So haben sich die Passagiere der Thomson Celebration ihre Ankunft in Venedig sicherlich nicht vorgestellt. Dutzende wütende Demonstranten versperrten am Sonntag (Anm.: 25.09.2016) die Zufahrt des 33.000-Tonners zum internationalen Kreuzfahrtschiffterminal. Die Menschen protestieren in den Kleinen Booten gegen den zunehmenden Kreuzfahrttourismus in der italienischen Stadt. Die großen Schiffe machen der fragilen Bausubstanz Venedigs zu schaffen und sind schlecht für die Umwelt, sagen sie. 2013 gab es bereits ein Verbot für die Durchfahrt besonders großer Schiffe von mehr als 96.000 Tonnen Gewicht. Die Anzahl erlaubter Durchfahrten kleinerer Schiffe war auf 5 täglich begrenzt. Dieses Gesetz wurde 2015 allerdings wieder aufgehoben. Seitdem kommt es verstärkt zu Demonstrationen von Bürgern.”

Gern würden wir von Herrn Jens Kerstan, Hamburger Umweltsenator, erfahren, wie er die Proteste der Venezianer bewertet. Herr Kerstan: Finden Sie die Prosteste der venizianischen Bürgerinnen und Bürger verständlich? Wie bewerten Sie die Aktionsform? Und, falls Sie diese gut heißen, wie würden Sie eine vergleichbare Aktion im Hamburger Hafen bewerten?

Und wir fragen uns, wie wir unsere Herren und Damen Politiker stärker in die Verantwortung für unser Leben und unsere Gesundheit nehmen können. Ob es dem Staatsanwalt als Anfangsverdacht reicht, gegen den Bürgermeister zu ermitteln, weil er u.a. wegen des verschleppten Luftreinhalteplan gegen seine amtseidlichen Pflichten verstoßen hat?

HSH Bermuda-Dreieck

Das Dickicht um die HSH-Nordbank ist dank der Geheimniskrämerei der regierenden Politiker in Hamburg und Schleswig-Holstein für uns Bürgerinnen und Bürger schon lange nicht mehr nachvollziehbar. Eine unfassbare Nachricht jagt die andere – ein Tollhaus scheint gegenüber der HSH-Nordbank ein aufgeräumter Raum zu sein:

HSH-NordbankWir lesen am vergangenen Donnerstag im Hamburger Abendblatt unter der Rubrik Kommunales versteckt”HSH erlässt Reedern 800 Mio. Euro“. Was ist passiert? Von den 256 Schiffen, die aus dem HSH-Nordbank Schrottkreditportfolio an die von Hamburg und Schleswig-Holstein gegründete Bad Bank (hsh-Portfoliomanagement AöR) verkauft wurden, scheinen nur 253 Schiffe angekommen zu sein. Drei Schiffe im Buchwert von 800 Mio. Euro sind verschwunden. Das Abendblatt schreibt: “Diese Summe wurde den Kreditnehmern erlassen.” … “Mit 547 Millionen Euro entfiel der Löwenanteil der erlassenen Forderungen auf einen einzigen Kreditnehmer.” Die SHZ und der NDR berichten ähnlich lautend.

Nochmals: diese Schulden eines Reeders sind mit einem Fingerschnipp verschwunden und bei uns Hamburger Bürgerinnen und Bürger gelandet. Wie ist das nur möglich? Was macht diesen Kreditnehmer für Hamburg derart wertvoll, dass dieser von unserem Senat mit einem Schnipp aus der Verantwortung für 547 Mio. Euro entlassen wird?

Es stellen sich weitere Fragen:

  • Drei Schiffe aus einem “Schrottportfolio” mit überwiegend kleineren Container-schiffen, die im Mittel 9,3 Jahre alt sind, sollen einen Buchwert von 800 Mio. Euro haben. Dieses würde bedeutet, dass jedes Schiff im Schnitt um die 260 Mio. Euro (800 Mio. € / 3 Schiffe) gekostet haben muss. Das müssten Containerschiffe sein, die mit goldenen Wasserhähnen und diamantbesetzten Ankern versehen sind. Wir hatten bislang keine Kenntnis von der Existenz derartiger Luxuscontainerschiffe, die anscheinend auf einer uns bislang nicht bekannten “Cartier-” oder “Prada-Werft” gebaut worden sein müssen.
  • Diese drei Schiffe sind nicht bei der Bad Bank angekommen. Wo sind sie aber geblieben? Sind sie im HSH-Bermuda-Dreieck zwischen Hamburg und Kiel verschwunden oder hat man diese einfach den Reedern belassen? Können diese somit auch noch die Verschrottungserlöse für das vermutete Gold und die Diamanten einstreichen?
  • Jeder Schuldner wird bis an das Lebensende durch seine Gläubiger verfolgt, es sei denn, er durchläuft ein Insolvenzverfahren. Warum gelten hier andere Regeln?
  • Wer sind die Schuldner? Wer hat diese Entscheidungen mit welcher Legitimation getroffen? Was muss passieren, dass dem grundgesetzlich fixiertem Volk die Hintergründe und Namen öffentlich benannt werden, ohne dass von unseren Regierenden ein nicht grundgesetzlich geschütztes Bankgeheimnis zum Schweigegelübde umgedeutet wird?

Wir lesen abschließend im Abendblatt, dass der Pressesprecher der Hamburger Finanzbehörde feststellt: “Hamburg und Schleswig-Holstein ist durch diese Restrukturierung kein wirtschaftlicher Schaden entstanden.” Den Vorwurf, die HSH-Rettung sei ein verkappter Rettungsschirm für die maritime Wirtschaft, wies Stricker zurück: “Es gibt keine politische Intervention zugunsten einzelner Kreditnehmer.” Die PoMa bewerte die Forderungen allein nach bankfachlichen Gesichtspunkten: “Wer nicht zu retten ist, wird auch nicht gerettet.

Nee, dass verstehen wir sofort: Mal eben mit Fingerschnipp werden mit 800 Mio. Euro die Baukosten der Elbphilharmonie erlassen, drei Schiffe ohne Schrotterlös sind spurlos verschwunden und eine Gläubigerverfolgung bis an das Lebensende wird durch Schuldenerlass ausgeschlossen. Dieses Gebaren scheint für eine Stadt und ein Bundesland, dass von Regierungschefs geführt wird, die sich vermeintlich dem Sozialen und der Demokratie verpflichtet fühlen, alles ganz normal zu sein. Wir finden es demokratiefeindlich und sozialstaatsgefährdend!

Soziale Hafengebühren

HHLA-CTT-CoscoGestern durften wir auf Fokus-Online lesen, dass das Hafengeld im Hamburger Hafen um 0,9% steigen wird: “Nach einer Nullrunde 2016 steigen die Grundtarife für die Hafennutzung um 0,9 Prozent, so die Hafenbehörde HPA. Das sei ein Signal für Reedereien und Hafenwirtschaft. „Unser Ziel ist, Hamburg als Anlaufhafen weiterhin attraktiv zu halten“, sagte HPA-Finanzchef Tino Klemm. Für besonders große Schiffe gebe es weiterhin Preisnachlässe, wenn auch etwas reduziert, so lange die Entscheidung über die Elbvertiefung noch ausstehe.

Im Jahr 2012 wurden die Hafengebühren erstmals deutlich gesenkt. In den Folgejahren wurden die Hafengebühren aufgrund gewährter Großschiffsrabatte ebenfalls nicht erhöht. Nun also erstmals eine Erhöhung um sage und schreibe nullkommaneun Prozent?

Themenwechsel: Auch der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) passt seine Preise an. Die Preiserhöhung für Fahrkarten beim Hamburger Verkehrsverbund (HVV) beträgt 1,4%. Wir lesen: “Die Anpassung fällt im Vergleich zu den Vorjahren relativ niedrig aus. Zum Vergleich: 2014 stiegen die Preise um 3,2 Prozent, 2015 um 2,6 Prozent, 2016 um 1,9 Prozent. Grund dafür sind der niedrige Dieselpreis und das nur geringe Ansteigen der Verbraucherpreise.” In der zugehörigen Senatsmitteilung ist allerdings detailliert zu lesen, warum trotz gesunkener Energiekosten und erheblich gestiegenen Einnahmen die Fahrpreise um genau 1,4% erhöht werden müssen: Am vom SPD-Senat in 2011 von 66% auf 72% angehobenen HVV-Kostendeckungsgrad wird gebetsmühlenartig festgehalten. Warum diese Erhöhung insbesondere bei den Monatskarten von Pendlern, Rentnern und Hilfebedürftigen vorgenommen wird, bleibt ein umwelt- und sozialpolitisches Geheimnis des rot-grünen Senats.

weihnachtens-bahnDer angeführten Senatsmitteilung zur Fahrpreiserhöhung ist am Ende in Bezug auf die HGV folgendes zu entnehmen: “Eine Nichtanhebung würde die Ergebnisse der Verkehrsunternehmen mit Hamburger Beteiligung ab dem Geschäftsjahr 2017 mit rd. 5,5 Mio. Euro netto zusätzlich belasten. Mit Ausnahme der AKN betrifft dies die Verkehrsunternehmen im Konzern der HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens und Beteiligungsmanagement mbH.” Ja, Sie haben richtig gelesen: es geht um 5,5 Mio. Euro, die bei einem Aussetzen der Fahrpreiserhöhung bei der hamburgischen Staatsholding HGV zusätzlich ergebniswirksam angekommen wären. Und laut dem aktuell veröffentlichten Geschäftsbericht für das Jahr 2015 weist die HGV einen Verlust von 192,8 Mio. Euro aus. Die Mopo berichtet in “Dank Hapag-Lloyd und Co. Hamburg macht Millionen-Verluste” von Sonderabschreibungen auf den Hapag-Lloyd-Aktienbesitz in Höhe von 140 Mio. Euro. Unerwähnt bleibt, dass der gesamte Zuschuss an die Hamburger Hochbahn (HHA) gerade 60,2 Mio. Euro in 2015 ausgemacht hat und die HHA einen Kostendeckungsgrad von nahezu 90% hat (siehe HGV-Geschäftsbericht, Pdf-Seite 17).

Bei diesem hohen Verlust von 140 Mio. Euro nur allein aus dem maritimen Engagement des Senates über die Hapag-Lloyd-Beteiligung war es einfach nicht mehr möglich, die Fahrpreiserhöhung für Pendler, Rentner und Hilfebedürftige, d.h. die o.a. 5,5 Mio. Euro HGV-Belastung, auszusetzen. Dafür muss man schon Verständnis haben.

Zurück zu den Hafengebühren. Die Einnahmen der HPA aus diesen mal gerade um 0,9% erhöhten Hafennutzungsentgelten (in 2015 machten diese Hafengebühren lediglich 51 Mio. Euro aus, siehe Pdf-Seite 6 des HPA-Geschäftsberichtes) reichen bei weitem nicht aus, die Kosten des Hafenbetriebes zu decken. Ein Zuschuss aus Steuergelder von jährlich 100 Mio. Euro ist nahezu selbstverständlich und wird ohne große Nachfragen gezahlt. Mit diesem Zuschuss wird der defizitäre Hafenbetrieb der HPA zum Wohl der großen, vielfach börsennotierten Reedereien am Leben gehalten.  Erstaunlicherweise fragt dabei kein Senator, Politiker und Journalist nach dem Kostendeckungsgrad des Hafens. Einer derartige Relation, wie wir sie aus dem öffentlichen Nahverkehr kennen, ist beim Hafenbetrieb gänzlich unbekannt.

HPA4Wir entnehmen der HPA-Gewinn- und Verlustrechnung für 2015 einen Materialaufwand von 170 Mio. Euro, Personalaufwendungen von 112 Mio. Euro und 122 Mio. Euro für Abschreibungen, Zinsen und Sonstiges. Der gesamte Hafenbetrieb kostet also rund 405 Mio. Euro. Diesen Kosten stehen Einnahmen aus Hafengebühren von gerade einmal 51 Mio. Euro gegenüber. Der Kostendeckungsgrad des Hafens beträgt dann nicht einmal 13%, während die Hochbahn fast 90% schafft..

Die große freudige Akzeptanz in Politik und Wirtschaft über die Nullrunden bei den Hafengebühren in 2016 samt den Rabattschlachten der Vorjahre ist anrüchig. Das Pudern und Füttern von börsennotierten Reedereien mit besonders großen Schiffen von Seiten unseres Senates ist auffällig. Und so schauen wir in Sachen Hafengebühren doch einfach mal in das Hamburger Gebührengesetz (GebG). Dort ist in § 6 GebG Abs 1 zu lesen, dass “Bei der Ermittlung der durch Gebühren abzudeckenden Kosten sind die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Gesamtkosten der betreffenden Verwaltungseinheit anzusetzen.” Das klingt gut und vernünftig. Und in Absatz 3 lesen wir: “Bei der Festlegung der einzelnen Gebühr können in besonderen Fällen aus sozialen Gründen geringere Gebührensätze oder Gebührenbefreiung für bestimmte Gruppen von Gebührenpflichtigen vorgesehen werden.” Auch das klingt vernünftig!

Aber sind denn nun die börsennotierten Reedereien, z.B. Hapag-Lloyd, Maersk wirklich förderungswürdige Fälle, bei denen die HPA aus sozialen Gründen geringere Hafengebühren für Großschiffe berechnen darf? Ist die bislang ausgeblieben Elbvertiefung Ursache für die Sozialfälle “Großschiffe”? Daran haben wir doch erhebliche Zweifel…

EntBehrbarer Kaufmann

HandelskammerDie Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmann zu Hamburg kennen Sie und wir bislang als Polterstunde einer Hamburger Kaufmannschaft, die wir aufgrund der Wortwahl des Präses anlässlich seiner alljährlichen Rede als nur wenig ehrbar erachtet haben. Wir erinnern an die markigen Worte des Handelskammer Präses, Herrn Fritz Horst Melsheimer von Ende 2014 zum Verbandsklagerecht in Sachen Elbvertiefung und von Ende 2015 zum Olympia-Referendum.

Dass dieser unser Polter-Eindruck uns auch nicht in unserem Rechtsempfinden getäuscht hat, können wir heute dem Hamburger Abendblatt entnehmen. Dort lesen wir: “Das Verwaltungsgericht Hamburg wertete am Dienstag Teile der Rede von Präses Fritz Horst Melsheimer bei der Versammlung eines Ehrenbaren Kaufmanns am 31. Dezember 2015 als rechtswidrig.” In dem gut geschriebenen Artikel freuen wir uns nicht nur über die klaren Worte des Richters zu den Worten von Herrn Melsheimer.

Handelskammer2Die ” Fundamentalkritik” an der direkten Demokratie und der Ausdruck ” Hamburg-Syndrom” allerdings seien rechtswidrig, da damit die gesetzlichen Grenzen des erlaubten überschritten worden seien. ” Syndrom” sei ein Begriff aus der Medizin für eine Krankheit, der hier nicht passe, so der Richter. Die Aussage des Präses, die direkte Demokratie sei “strukturell für sachgerechte Entscheidungen untauglich” sei zudem “empirisch schlicht nicht belegbar”“.

Wir denken, dass etwas ähnliches zu den Aussagen von Herrn Melsheimer zum Verbandsklagerecht in Sachen Elbvertiefung gesagt werden könnte. Da war es keine Krankheit, sondern die EU, auf der rumgedroschen wurde. Nimmt man die damaligen Worte des Herrn Melsheimer und vergleicht diese mit den geplanten Schiedsgerichten bei TTIP und Konsorten, kann man ahnen, wo im Freihandel der Hammer hängen soll.

Ein gutes Urteil. Wir danken dem Kläger, dass er mit dem heutigen Urteil einem wesentlichen Teil der Hamburger Kaufleute wieder zu Ehren verholfen hat und gratulieren!

Baggermenge steigt

AlexandervonHumboldtBaggerIn der Bürgerschaft wurde eine Schriftliche Kleine Anfrage zu den bislang in 2016 im Hafen und auf der Hamburger Delegationsstrecke gebaggerten Sedimenten gestellt. Die Senatsantworten lassen aufmerken:

In den Monaten Januar bis März 2016 wurden vor Neßsand bereits 6,22 Mio. Kubikmeter Laderaumvolumen verklappt. Hinzu kommen dann noch die Verklappungen vor Helgoland bei Tonne E3: hierhin wurden von März bis Juli 2016 rund 1,38 Mio. Kubikmeter verbracht. In den ersten sieben Monaten des Jahres 2016 wurden somit 7,6 Mio. Kubikmeter Sedimente gebaggert. Zum Vergleich: Im Jahr 2015, dem bisherigen Rekordjahr der Hamburger Unterhaltungsbaggerei waren es gut 10 Mio. Kubikmeter für 85 Mio. Euro.

Der Senat gibt keine Prognose ab, ob 2016 nahtlos an den Kosten- und Mengenrekord des Jahres 2015 anschließt. Wir wagen eine Prognose, bei der wir vermuten, dass keiner dagegen halten wird: Wir gehen von 11 Mio. Kubikmeter Sedimenten und Baggerkosten von über 90 Mio. Euro aus.

cetattip-demo17092016Natürlich soll das alles so gar nichts mit der vorangegangen Elbvertiefung zu tun haben. Es gibt auch Menschen, die glauben, dass mit einer neuen Elbvertiefung die Baggervolumina und -kosten deutlich abnehmen werden. Das müssen solche Menschen sein, die glauben, dass Freihandelsabkommen viele, viele Arbeitsplätze schaffen werden. Die ebenfalls glauben, dass man mit der Privatisierung von öffentlichen Aufgaben noch viel mehr Arbeitsplätze und Wachstum schafft.

So scheint derzeit auch der Glaube in Australien zu sein. So lesen wir in einer Reuters-Nachricht, dass der “Hafen von Melbourne für 6,55 Milliarden Euro verkauft” worden ist. Und zwar vom Bundesstaat Victoria an eine Investorengruppe unter Beteiligung eines chinesischen Staatsfonds. 6,55 Milliarden Euro für einen Hafen, der, nach eigenen Angaben, nur schlappe 2,64 Mio. TEU umschlägt und für Beschäftigung von lediglich 12.800 Menschen sorgt. Hamburg kann mehr: hier schafft man über das dreifache an Containerumschlag und beschäftigt dafür über zehnmal so viele Menschen. Na, das reizt doch zur Privatisierung, oder?

Nehmen wir den über dreimal so großen Containerumschlag und rechnen diesen auf den in Melbourne erzielten Preis um: das wären fast 20 Milliarden Euro für den Hamburger Hafen. Beeindruckend: mit diesem Kauferlös könnte sich Hamburg nahezu 80% seiner Staatschulden entledigen. Ja, und während die Sozialdemokraten mit maßgeblicher Unterstützung aus Hamburg heute Abend in Wolfsburg das Freihandelsabkommen CETA durchgewunken haben (lt. SZ mit einer 2/3-Mehrheit, ausgezählt wurde aber nicht), dürfen wir uns auf eine derartige Privatisierungsdiskussion in nicht allzu ferner Zukunft sicherlich freuen.

Glauben Sie nicht? Diese Diskussion hat es bereits in 2006 gegeben. Lesen Sie in der Zeit, was damals die Argumente gegen eine Privatisierung gewesen sind. Diese Argumente sind alle voll eingetreten: “Der Fall HHLA ist ein Musterbeispiel für das Dilemma, in dem die Kommunen stecken. Der Hafen ist das wirtschaftliche Herz der Hansestadt, knapp 145.000 Arbeitsplätze hängen von ihm ab. Doch damit er die immer größeren Containerschiffe aufnehmen kann und konkurrenzfähig bleibt, bedarf es in den kommenden zehn bis 15 Jahren Investitionen in Höhe von rund einer Milliarde Euro – viel Geld für die verschuldete Stadt. Gleichzeitig wäre es verheerend, wenn der künftige HHLA-Eigner nicht auch das Wohl Hamburgs im Blick behielte. Wenn er sein Engagement allein unter Renditegesichtspunkten betriebe, bei einer Flaute im Containergeschäft das Interesse verlöre oder gar, weil ihm andere Häfen wichtiger sind, schlicht die Konkurrenz aus Hamburg ausschalten wollte. Nur wenn die Stadt selbst die Mehrheit behält, ist sie vor solchen Entwicklungen geschützt. Wer aber investiert derartige Summen, wenn er nicht das Sagen hat? Zumal Befürworter des Marktes stets damit argumentieren, dass private Unternehmen wirtschaftlich erfolgreicher seien. Geld oder Einfluss – die Stadt hat die Wahl.

Diese Stadt hat ihre Krankenhäuser und Altersheime privatisiert – warum nicht eigentlich auch den Hafen privatisieren? Dann wäre man nahezu alle Sorgenkinder wie die HHLA und die HPA los und könnte sich sicherlich problemlos aus dem Hapag-Lloyd-Investment desinvestieren. Wir sind gespannt, was wir nach dem SPD-Parteikonvent in  Wolfsburg von unseren freihandelsfreundlichen Bürgermeister noch so alles hören werden…

 

Von Hamburg bis Kiribati

hanjin5So ähnlich hieß ein lesenswerter Artikel im Manager-Magazin aus dem Jahre 2004, der die Traumkarriere eines an Land sitzenden Hamburger Reeders beschreibt und dem Leser ein unwirkliches  “per aspera ad astra” vermittelt.

Nach der Hanjin-Insolvenz von Ende August 2016 scheint aber genau dieser Reeder nun das nächste, sehr prominente Opfer im Spekulationkarussell geworden zu sein. Das Hamburger Abendblatt meldet: “Hermann Ebel hat für sechs seiner mehr als ein Dutzend Schiffe, sowie für die Hermann Ebel Schiffahrts Holding GmbH & Co. KG ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt.

Wir erfahren, von Hermann Ebel, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Hansa Treuhand, dass “Von der Anfang des Jahres noch 55 Schiffe umfassenden Flotte, darunter 43 Containerfrachter”, … “durch Verkäufe in absehbarer Zeit” noch die Hälfte übrig bleiben” sollDie hauseigene Pressemitteilung der Hansa Treuhand bestätigt dieses.

Der DVZ ist im vorletzten Absatz zu entnehmen, dass die Hansa Treuhand nicht in vercharterte Schiffe an Hanjin engagiert war, um dann im letzten Absatz mit einer weiteren schlechten Botschaft abzuschließen: “In Schieflage ist indes auch der zur Hamburger Rickmers-Gruppe gehörende Rickmers Maritime Trust in Singapur. Das Management warnt die Anleihegläubiger, dass eine Liquidierung drohe, sollten sie einer angestrebten Liquidierung nicht zustimmen. Demnach kann die Finanzierungsgesellschaft Schulden in Höhe von 179,7 Mio. USD, die im März 2017 fällig werden, nicht bedienen.Genaueres und Dramatisches ist in der Hansa zu finden. Wir lesen, “Ein Konsortium unter Führung der HSH Nordbank hat RMT eine Finanzierung in Höhe von 260,2 Mio. $ bis zum Jahr 2021 in Aussicht gestellt.” Rickmers ist stark in Hanjin engagiert und bekommt immer noch Unterstützung durch die HSH-Nordbank? Aus unseren Steuergeldern? Unfassbar…!

Während wir in den letzten Tagen über die Hanjin-Insolvenz viel über vergammelte Ladung, von Diffusem , wie unterbliebene koreanische Staatshilfen, gestrandete Seeleute und vermisste Konsumartikel für das Weihnachtsgeschäft lesen konnten, scheint nun die Lawine über die Schiffsfinanzierer hereinzubrechen. Das Geschäftsmodell “German KG” wurde sehr häufig in und aus Hamburg als Steuersparmodell betrieben. Aus Hamburg gesteuerte Briefkastenfirmen in Billigflaggenländern waren das Vehikel, um steuerunwillige Anleger mit vermeintlichen Höchstrenditen zu Schiffsinvestments zu bewegen.

Mit den seit Jahren sinkenden Charterraten für Schiffe scheint diese Blase nun endlich zu platzen. Mit ihr platzen nicht nur die ehemaligen vollberauschten HSH-Nordbank-Träume, sondern auch alle anderen Themen rund um den Hamburger Hafen. Dazu gehört die Elbvertiefung genauso wie das Hapag-Lloyd-Investment des Senates, die Privatisierung der HHLA oder das Aufblasen der Hamburger Hafenverwaltung zur Hamburg-Port-Authority (HPA).

Wir sind gespannt, wann die nächste Bombe in bzw. unmittelbar um Hamburg platzen wird. Sie wird platzen, das ist sicher! Schade, mit einem großen Hafen, wie dem Hamburger Hafen, könnte man wirklich anderes machen, als unsägliche Finanzblasen zum Platzen zu bringen.

Nachschau Brand CCNI Arauco

feuerwehr-historisch3Der Brand auf der “CCNI Arauco” wurde nach über 80 Stunden Feuerwehreinsatz gelöscht. Ein langer Zeitraum für einen Löscheinsatz – beim gewaltigen Brand auf der Peute vom Mai diesen Jahres wurden 30 Stunden benötigt.

Zeit der Oppositionsparteien einfach mal beim Hamburger Senat nachzufragen, wie der Brand entstanden ist, und ob wirklich alles so perfekt abgelaufen ist, wie es uns bislang von Offiziellen, z.B. in der MOPO  dargestellt wurde. Sind die drei museal anmutenden Hamburger Feuerlöschboote wirklich für den Welthafen Hamburg ausreichend?

Wir lesen dazu heute bei den Menschen, die es aus beruflichen Gründen wissen müssten, etwas genaueres: im Feuerwehr-Magazin steht “Nach Frachter-Brand: Berufsverband Feuerwehr Hamburg fordert bessere Ausstattung. Es überrascht uns nicht wirklich, wenn wir lesen:  “Vor allem wurden nach Ansicht des Verbandes schon bekannte Probleme erneut sichtbar. Dazu gehört eine zu dünne Personaldecke und das seit Jahren fehlende große Löschboot. Schiffe der Größenordnung „Arauco“ sind im Hamburger Hafen keine Seltenheit mehr.” Ergänzt sei angeführt, dass der Havarist, die “CCNI Arauco”, mittlerweile zu den kleinen Schiffen gehört.

Zwei Oppositionsabgeordnete haben in der Bürgerschaft zum Brand eine Schriftliche Kleine Anfrage in der Bürgerschaft gestellt. Wir erfahren nun, dass nicht Schweißarbeiten an einem Container durchgeführt wurden, wie ursprünglich behauptet, sondern an den Cellguides. Des Weiteren lesen wir in der Senatsantwort: “Im Rahmen der Ermittlungen ist festgestellt worden, dass bei einer der für die Schweißarbeiten eingesetzten Fachfirmen die bestehende, zeitlich begrenzte Ausnahmezulassung abgelaufen und noch nicht verlängert worden war. Hierbei handelt es sich um einen Formalverstoß, der für sich keine Auswirkungen auf die Sicherheit hat.” Wirklich nur eine Formalie?

Es sind schon knackige Feststellungen in der Pressemitteilung einer der beiden Abgeordneten zu lesen. “Erst nach vollen 28 Stunden wurden die Werkfeuerwehren von Airbus und Holborn angefragt. Diese lieferten dann ausreichenden Schaum, um das Feuer zu ersticken. Da hätte aber auch früher gefragt werden können. Seine Einschätzung deckt sich mit der der  Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung, wonach es „über einen Zeitraum von Stunden keine wirksamen Abwehrmaßnahmen im betroffenen Deck gab. Das Feuer konnte sich somit ungehindert ausbreiten.”

Feuerwehr1„Geradezu skandalös ist die Ansicht, dass die Wirkung der vorhandenen  Feuerlöschboote angemessen war. Sie sollten laut Senat ja nicht den Brand löschen, sondern nur ,erste Kühlungsmaßnahmen an der Bordwand‘ vornehmen“, um dann aus der Senatsantwort zu Frage fünf zu erfahren, dass das erste neue Feuerlöschboot nach Ende der Ausschreibung und 21 Monaten Bauzeit frühestens Ende des Jahres 2018 zur Verfügung stehen könnte. Mindestens weitere zwei Jahre werden also verstreichen, bis die Feuerwehr über ausreichende Ausrüstung verfügen wird! Über die ehemals geplanten zwei weiteren kleinen Boote, wird nicht mal ein Wort verloren.

So ist es doch bemerkenswert: die Politiker, die sich regelmäßig und wortgewaltig über das Verbandsklagerecht von Verbänden und die damit einhergehenden Verzögerungen bei der Umsetzung von milliardenschweren Infrastrukturprojekten im vermeintlich öffentlichen Interesse  echauffieren, z.B. bei der Elbvertiefung, schaffen es selber nicht mal ein kleines Projekt zum Schutz der Bevölkerung, z.B. ein Feuerlöschboot für 15 Millionen Euro, in kürzester Zeit anzuschaffen. Und bei diesen kleinen Projekten klagt keiner – im Gegenteil: alle Menschen erachten es als zwingend erforderlich!

Aus den Senatsantworten entnehmen wir ebenfalls, dass die Schweißarbeiten nach §§ 15 und 16 der GGBVOHH bei der Wasserschutzpolizei angemeldet und geprüft worden sind. Wir zitieren §15 (2) Nr 3 a) und d) GGBVOHH:

(2) Das Rauchen sowie feuergefährliche Arbeiten sind in folgenden Bereichen verboten:

3. auf Wasserfahrzeugen
a) mit gefährlichen Gütern, ausgenommen in geschlossenen Aufenthalts-, Unterkunfts- und Werkstatträumen, …
d) in den Laderäumen, an offenen Ladeluken und in der Nähe von Decksladung, wenn in diesen Bereichen dadurch eine Entzündung der Ladung eintreten kann

Wurden nicht genau diese Schweißarbeiten auf einem Schiff mit Gefahrgut an Bord in einem Laderaum unterhalb der Wasserlinie durchgeführt? Wahrscheinlich verstehen wir schon wieder alles nicht richtig, was in dieser Verordnung steht.

 

Und so fühlen wir uns schon fast wieder an die Havarie der “CSCL Indian Ocean” und deren langwieriger Bergung erinnert. Da fielen sich im Anschluss auch alle, vom Senator bis zum Lotsen, in die Arme und beklatschten sich gegenseitig für ihr professionelles Handeln. Situatives Handeln ersetzte hier das fehlende Notfallkonzept samt fehlender Ausrüstung. Letztere wurde im Falle der “CSCL Indian Ocean” mit viel Verzögerung aus den Niederlanden  herbeigeschafft.

Eine ähnliche Vorgehensweise bei der CCNI Arauco. Hier mussten Holborn, Airbus und Spezialgruppen zur Schiffsbrandbekämpfung aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein um Unterstützung gebeten werden. Zudem wurde die “Neuwerk” mit ihren hohen Löschkanonen und Equipment aus Cuxhaven herbeigerufen. Klar, im Notfall hilft man sich gegenseitig aus! Aber warum verfügt der schwerreiche Stadtstaat Hamburg nicht über die Brandbekämpfungsressourcen, die er seinen auf seinem Gebiet wirtschaftenden Privatunternehmen aufdrückt bzw. ärmere Bundesländer für “Provinzhäfen” vorhalten?