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Keine Notbremse – Crash!

Hapag-LloydHeute Abend hat Hapag-Lloyd mit einer Ad-hoc-Mitteilung den Preis für die Einführung der Aktien an der Börse benannt: 20 Euro lautet dieser und liegt erwartungsgemäß am unteren Ende der Spanne von 20 bis 22 Euro. Die Nachfrage nach den Aktien muss dünn gewesen sein. So wurde nicht einmal der von TUI gefüllte Greenshoe benötigt, wie man den Worten “vorbehaltlich der vollständigen Ausübung der Greenshoe-Option” entnehmen kann.

Also liebe Hamburgerinnen und liebe Hamburger, an diesem Abend wurden auf einen Schlag vom Hamburger Senat rund eine halbe Milliarde Hamburger Steuereuros verbrannt. Kein wirklich gutes Gefühl. Es ist sehr bedrückend.

Aber unser Senat weiß genau, wofür das für uns Hamburgerinnen und Hamburger gut sein soll. Egal was passiert, der Senat, egal mit welcher Farbkonstellation, hält stur an seiner Politik fest. Da kann der Sumpf noch so tief sein: aus dem Rathaus schallt weitermachen. Unvorstellbar – was muss denn in so kurzer Schrittfolge noch alles passieren?

Die 800 Mio. € teure Elphi ist immer noch nicht vollständig aufgeklärt (geschweige denn eröffnet), die HSH-Nordbank brennt mit über 3 Milliarden lichterloh und kurz vor dem milliardenschweren Olympia-Referendum zu Ende November wird mal eben eine halbe Milliarde für Hapag-Lloyd entzündet. Für die angebliche Senats-Goldgrube Hafen sind auf der Senatsliste weitere Euro-Großverbrennungen in Planung:

und noch viele “kleine” Millionenprojekte mehr.

Mit diesen riesigen Geldsummen wurde nicht ein Flüchtling in Hamburg menschenwürdig untergebracht, keine Schule oder Universität mit Lehrmitteln ausgestattet und kein Altersheim oder Wohnraum für Familien gebaut.

Die Höhe dieser Senats-Peanuts, zumindest in Sachen Hapag-Lloyd-Börsengang, versucht eine Schriftliche Kleine Anfrage in der Bürgerschaft in Erfahrung zu bringen. Das Ergebnis werden wir in einer Woche lesen können.

 

Maritimer Unsinn?

Am 19. und 20. Oktober 2015 fand die 9. Nationale maritime Konferenz in Bremerhaven satt. Zwei Tage tummelten sich dort rund 800 Vertreter von Häfen, Reedereien, Werften, Schiffsmaklern, Zuliefererunternehmen, Gewerkschaften, Hochschulen und Parteien, um über die Aussichten der sogenannten Maritimen Wirtschaft auszutauschen. Einberufen wurde diese Konferenz von der Bundeskanzlerin Frau Angela Merkel.

Die Bundesregierung veröffentlichte im Vorweg zu der Konferenz den Vierten “Bericht
der Bundesregierung über die Entwicklung und Zukunftsperspektiven der maritimen Wirtschaft in Deutschland“, von einigen Kritikern als inhaltslos bezeichnet. So ganz können wir diese Einschätzung nicht teilen, werden doch viele, vor allem finanzielle Zugeständnisse an die maritime Wirtschaft gemacht.

Hapag-Lloyd12Bereits am Montag konnten wir lesen, dass Frau Angela Merkel in ihrer Eröffnungsrede weitreichende finanzielle Mittel zugesagt hat: eine gesetzliche Neuregelung, nach der Reeder ihren Anteil an der Lohnsteuer zu 100% nicht abführen müssen sowie eine Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen für die Arbeitgeber. Am Dienstag legten Bundeswirtschaftsminister Herr Sigmar Gabriel und Bundesverkehrsminister Herr Alexander Dobrindt noch mal nach.

“So sollen die Reeder um jährlich mehr als 100 Millionen Euro unter anderem bei den Sozialversicherungsbeiträgen entlastet werden, kündigte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf der 9. Nationalen Maritimen Konferenz in Bremerhaven am Dienstag an. 350 Millionen Euro sollen in die Schienenanbindung der Seehäfen, rund 55 Millionen von 2016 an in die Digitalisierung der Hafenlogistik fließen.” lesen wir im Hamburger Abendblatt.

Radio Bremen veröffentlichte am 20.10.2015 um 12:00 Uhr einen Bericht zur Maritimen Hummel1Konferenz (Seite 1 und Seite 2), in dem ebenfalls die Äußerungen der Herren Gabriel und Dobrindt im Fokus stehen. Hier erfahren wir dann auch, dass zu den vorgenannten Subventionen noch ganze 8 Mio € für die Umstellung auf abgasarme Schiffsantriebe hinzu kommen sollen. Herr Sigmar Gabriel hat offenbar Ausführungen zum Thema innerdeutsche Hafenkonkurrenz und nationales Hafenkonzept gemacht. Die deutschen Häfen müssten zusammenarbeiten und noch in diesem Jahr soll das von Frau Angela Merkel angekündigte Hafenkonzept vorgelegt werden, welches die Zusammenarbeit regeln solle. Aber er betont dann offenbar anschließend, dass die Weser- und die Elbvertiefung auf jeden Fall kommen müssen. Auch Herr Alexander Dobrindt hat sich zu den Flussvertiefungen geäußert. Sobald das Bundesverwaltungsgericht “grünes Licht” gibt, werden die Maßnahmen umgesetzt. “Dann wird es am Geld auf keinen Fall scheitern. Mein Ministerium hat die nötigen finanziellen Mittel sowohl für die Elbe- als auch für die Weser-Vertiefung vorgesehen.

Diese und weitere Subventionen werden von allen drei Politikern, Frau Angela Merkel, Herr Sigmar Gabriel und Herr Alexander Dobrindt, damit begründet, dass die maritime Wirtschaft im weitestgehenden Auslegungsbereich 54 Milliarden Euro Umsatz erbringe. Leider vergessen sie zu erwähnen, wieviel Steuervolumen dahinter steckt. Denn die Reedereien profitieren neben den vorgenannten Themen auch bei der Versteuerung ihrer Umsätze durch die sog. Tonnagesteuer und sind bei den sog. Schiffserlöspools von der Versicherungssteuer befreit.

Umweltfragen und damit Ihre und unsere Zukunft und das Recht auf eine gesunde Umwelt werden mal wieder mit Füßen getreten. Elbe- und Weservertiefung müssen kommen, egal welche Umweltschäden sie bringen. Der im Verhältnis zu anderen Bereichen minimale Betrag von 8 MilBagger Barent Zanenlionen Euro für die Förderung von abgasarmen Schiffsanträgen mutet wie ein sehr kleines Feigenblatt an. Und dann wurden während der Konferenz auch noch Absichtserklärungen mit Frankreich unterschrieben, wie die Tiefsee gemeinsam nach Rohstoffen ausgebeutet werden kann. Auch wird nicht erklärt, wer die fehlenden Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen ausgleichen soll. Nun, wer schon, Sie und wir, die wir nicht als Reeder aktiv sind.

Herr Sigmar Gabriel wird bei Radio Bremen übrigens mit der Aussage zitiert “Es geht nicht um die Frage Hamburg, Bremerhaven oder Wilhelmshaven. Es geht um die Frage, Deutsche Bucht oder Rotterdam.“Uns gruselt bei solchen Aussagen. Sie vermitteln den Eindruck, dass bei uns alles erlaubt ist, wenn wir nur die Nachbarn schlagen können.

Ach ja, alle diese (Steuer-)Geschenke reichen der maritimen Wirtschaft nicht. Auf Seite 2 des Beitrags bei Radion Bremen wird der Vorstand der Bremerhavener Lloyd-Werft, Herr Carsten Haake, mit der nächsten Forderung zitiert, der Finanzierung von Schiffsneubauten: “Wir müssen darauf drängen, dass die Bundesregierung uns dort stärker unterstützt, weil die Banken selbst sich da sehr stark zurückhalten und auch die Landesregierungen nur überschaubare Mittel zur Verfügung stellen können.” Die HSH-Nordbank lässt grüßen!

Branchenprimus schwächelt?!

Während Hapag-Lloyd den Börsengang für den Maersk30.10.2015 vorbereitet und nun auch für private Anleger lauter laue Luft über den Börsengang verbreitet wird, lesen wir über den Branchenprimus, der weltgrößten dänischen Containerreederei Maersk, sehr verhaltene Nachrichten: die Gewinnprognose für das Jahr 2015 wurde um 15 % zurückgenommen. “Das Containerschiffahrts-Geschäft habe sich in den vergangenen Wochen eingetrübt, teilte das Unternehmen am Freitag mit.” lesen wir im Handelsblatt.

Der Guardian wird konkreter: Hier werden schwächelnder Welthandel und bestehende Überkapazitäten in der Weltcontainerschifffahrt angeführt: “A toxic mix of overcapacity, low demand and aggressive pricing is depressing profits in the industry that carries up to 90% of global trade.

Lauer Wind weht also gerade nicht in der Containerschifffahrt. CSCL3Hapag-Lloyd, im ersten Quartal noch die Nummer vier der Branche und jetzt durch Evergreen auf Platz 5 verdrängt, bekommt weiteren Druck über die chinesischen Konkurrenten COSCO und CSCL. Die Fusionsgerüchte aus dem Frühjahr sind nun in Fusionsgespräche überführt worden. Der Aktienhandel der beiden halbstaatlichen Reedereien wurde seit dem 10.08.2015 ausgesetzt. Die chinesische Hochzeit würde Hapag-Lloyd auf Rang 6 zurückwerfen, also auf den Stand vor der Fusion mit der chilenischen CSAV. Der chinesische Fusionsdruck ist stark: in den letzten fünf Jahren sollen beide Reedereien einen Verlust von nahezu 1 Mrd. US$ eingefahren haben. Und Hapag-Lloyd? Die tiefroten Zahlen der vergangenen Jahre kennen Sie!

COSCO2Der Hapag-Lloyd-Börsengang, der ja ausdrücklich für den Bau von bis zu sechs eigenen Riesenschiffen mit 19.000 TEU Kapazität gedacht ist, wird durch den von COSCO vergebenen Auftrag für den Bau von 11 Riesenschiffen mit 19.000 TEU Kapazität zudem in den Schatten gestellt.

So fragen wir uns spätestens an dieser Stelle, was das alles für ein ökonomischer Unsinn ist. Wir sollen in Norddeutschland die Elbvertiefung finanzieren, damit hoch defizitäre Reedereien mit immer größeren Schiffen ohne Ladung nach Hamburg fahren können? Dafür sollen wir noch deutlich mehr giftige Sedimente aus der Elbe baggern und in der Nordsee bei Helgoland verklappen? Wir sollen die Hamburger Hafenanlagen für die Westerweiterung am Bubendeyufer bezahlen, damit dann noch deutlich weniger Container umgeschlagen werden? Wir sollen es toll finden, dass das HHLA-Terminal am CTB noch mehr automatisiert wird und Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren? Und nun sollen wir auch noch Aktien einer dieser Reedereien als “Hamburgensie” kaufen?

Warum sollen wir diesen Unsinn toll finden? Der vermeintliche wirtschaftliche Sachverstand in Regierungpolitik und Hafenwirtschaft führt immer wieder nur zu weiteren utopischen Forderungen nach unserer Staatsknete. Ein Ende ist, wie man auf dem maritimen Gipfel (morgen mehr) erneut sehen konnte, nicht erkennbar. Wie die Lemminge rennen alle auf einen tiefen Abgrund zu. Farin Urlaub hat bestimmt nicht an die Elbvertiefung oder die Containerschifffahrt gedacht. Ähnlichkeiten finden wir allerdings in der Refrainzeile “Sie wissen nicht, Sie raten” mehr als wieder.

Hamburg ganz hinten

OlafScholzDie DVZ veröffentlicht aktuell ein Interview mit unserem ersten Bürgermeister Herrn Olaf Scholz, das er bereits Mitte September 2015 anläßlich eines Besuches in St. Petersburg gab. Der Artikel mit dem Titel „Wir sind bei der Elbvertiefung weiter als je zuvor“ hat uns schon erstaunt. Selbst unangebrachten Zweckoptimismus muss man dem Träger dieses Vorhabens zugestehen. Der Titel des Artikels war es aber nicht, der uns stutzig gemacht hat.

Die im Interview von Herrn Scholz gewählten Worte, die als vermeintliche Antworten nun so gar keinen Bezug zu den gestellten Fragen hatten, erweckten den Eindruck, dass in St. Petersburg etwas sehr Unerfreuliches geschehen sein muss: Herr Scholz war mächtig durch den Wind.

Anders lässt es sich nicht erklären, dass unser erster Bürgermeister nicht mehr erinnert, wofür die Elbvertiefung geplant war. Herr Scholz erklärt uns “Der Fahrrinnenanpassung der Elbe, um die es momentan geht, wurde der Tiefgang eines Schiffs zugrunde gelegt, das so beladen ist, wie es bereits heute der Realität entspricht. Und dabei handelt es sich nicht um ein voll beladenes 19.000-Teu-Schiff.

Ach ja? In den Planzeiten der anstehenden Elbvertiefung um das Jahr 2004 war bekannt, dass Schiffe wie die CSCL Globe jemals Bemessungsschiff3existieren würden? Mit Ladekapazitäten um die 19.000 TEU, Schiffslängen um die 400 m,bei einer Breite von 58,6 m und einem Tiefgang von 16 m hat keiner in Hamburg geplant. Im Gegenteil, die Planer gingen von einem Schiffchen aus: Bemessungsschiff„Als Bemessungsschiff für den geplanten Ausbau der Fahrrinne dient daher ein Schiff mit einem Tiefgang von 14,50 m, einer Breite von bis 46 m und einer Länge von bis 350 m. Es orientiert sich damit genau an diesem besonders dynamisch wachsenden Größensegment der Weltcontainerflotte.“

Wer so einen Unsinn erzählt und dann noch “Wir sind bei der Elbvertiefung weiter als je zuvor” erklärt, den muss es zuvor hart getroffen haben – quasi ein K.O. Und so erinnern wir uns an einen anderen DVZ-Artikel vom 21.09.2015 zum Containerhafen Bronka in direkter Nachbarschaft von St. Petersburg und den im Artikel angeführten Besuch von unserem Bürgermeister.

Wenige Tage später berichtet das Hamburger Hafenblatt von den schlechten Zahlen der HHLA. Ganz am Ende ist zu lesen: “Zuletzt scheiterte die HHLA mit dem Versuch, sich am Hafen Bronka in Sankt Petersburg zu beteiligen. Die geplante Expansion entwickelte sich zur Posse: Die Verhandlungen blieben ergebnislos, hatten aber zur Folge, dass die HHLA ihren Strategiechef verlor. Der Leiter der Unternehmensentwicklung, Stefan Wilkens, schmiss seinen Job. Er managt künftig den Hafen Bronka.” Ach?

Dabei entwickelte sich bislang das Russland-Geschäft seit September 2003 doch für die HHLA sehr erfolgreich. Man begann sogar mit einer Terminalbeteiligung in St. Petersburg. Dass der aktuelle HHLA-Fehlschlag in Bronka mit den bislang ausgebliebenen Besuchen von unserem Bürgermeister Scholz zu tun haben könnte, würden jetzt nur böse Zungen behaupten. Um ein “Welthafen” zu sein und bleiben zu wollen, reicht es nicht, die unsägliche Elbvertiefung als alleinigen Allheilsbringer zu titulieren.

Man muss eben doch etwas mehr tun, damit  “Hamburg weiter vorn” bleibt.

Was ist los mit der Elbvertiefung?

BVerwGLeipzig4Vor einem Jahr, am 2. Oktober 2014 hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Aussetzung des Verfahrens zur Elbvertiefung bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union in Luxemburg C-461/13 (Weservertiefung) ausgesetzt. Zudem hatte das Gericht mit seinem Beschluss den Betreibern der Elbvertiefung, dem Bund und der Stadt Hamburg, u.a. umfangreiche Hausaufgaben (Hinweisverfügungen) zu Brutvögeln, der Finte, dem Schierlings-Wasserfenchel samt Kohärenzsicherungsmaßnahmen mitgegeben. Nachzulesen in der Zusammenfassung von Herrn Weyland.

Ein dreiviertel Jahr später hat der Europäische Gerichtshof am 1. Juli 2015 sein Urteil zum o.a. Aktenzeichen C-461/13 gesprochen. Am 17. September 2015 wurden aus dem Wirtschaftsausschuss der Bürgerschaft die weiteren Pläne des Senates zur Beschleunigung des  Gerichtsverfahren bekannt , die jedoch umgehend vom Bundesverwaltungsgericht nicht akzeptiert wurden. Wie diese Pläne des Senates ausgesehen haben, sollte im aktuell veröffentlichten Protokoll des Wirtschaftsausschuss nachzulesen sein. Im Protokoll finden wir für den relevaten Tagesordnungspunkt 1 lediglich den Vermerk: “Keine Niederschrift; siehe Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Innovation und Medien an die Bürgerschaft.” Und dieser Bericht ist selbsverständlich noch nicht erschienen…!

Die Senatsantworten auf die Schriftliche Kleine Anfrage mit dem Titel “Weitere Verzögerungen bei Fahrrinnenanpassung der Elbe: Vorgehen des Senats wirkt planlos und bleibt undurchsichtig!” liegen hingegen jetzt vor.

Und da dürfen wir so Einiges lesen.
Uns überrascht nicht, dass die Überarbeitung der Fachbeiträge aufgrund der gerichtlichen Hinweise fast fertig sein sollen und die bisherige Luschigkeit des Senates mindestens 1,5 Mio. Euro kosten wird. Das ist in Hamburg nicht der Rede wert.
Die Antwort auf die Fragen 7 und 8 sind relevant: Daraus entnehmen wir, dass “nur” die klagenden Verbände NABU und BUND die ergänzenden Fachbeiträge in einem Planergänzungsverfahren vorgelegt bekommen sollen. Die Bürger bleiben außen vor. Nach Abschluss dieses Verfahrens werden Planergänzungsbeschlüsse durch die Behörden getroffen werden, um diese dann dem Gericht vorzulegen.

Nicht falsch verstehen: Die von den Verbänden im bisherigen lang andauernden Verfahren zur Elbvertiefung vor Gericht vertretenen Argumentationen decken sich mit den Unsrigen. Die klagenden Verbände genießen unser Vertrauen: wir als Gegner der Elbvertiefung unterstützen diese in Ihrem Gerichtsverfahren, dass damit ebenfalls das Unsrige ist!

In der Senatsantwort auf Frage 9 dürfen wir aber lesen: “Seit Beginn der Planungen der Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe informieren die Träger des Vorhabens (Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und HPA) in regelmäßigen monatlichen Sitzungen den Unternehmensverband Hafen Hamburg e.V. als Vertretung der Hamburger Hafenwirtschaft über den Fortgang des Vorhabens.

Und so fragen wir unseren Senat: Wo haben Sie uns Bürger dieser Stadt denn je über den Fortgang des Vorhabens zur Elbvertiefung regelmäßig monatlich informiert? Sie informieren als Senat ja nicht einmal regelmäßig monatlich die von uns gewählten Volksvertreter in der Bürgerschaft, geschweige denn uns Bürger!

Sie, sehr verehrter Senat, scheinen es als ganz normal zu empfinden, dass die Stakeholder und Profiteure der Elbvertiefung mehr wissen, als die Bürger, die Sie mittelbar über die Bürgerschaft gewählt haben. Dass Sie dann auch noch die Bürger von diesem weiteren Verfahren zur Elbvertiefung ganz bewusst fernhalten, zeugt von einem sehr befremdlichen Demokratieverständnis – insbesonders angesichts des 25. Jahrestages der Deutschen Einheit, der seine Quellen insbesondere in einer Bürgerbewegung hatte, die auch Bündnis 90 und die SDP einschloss.

Tiefgangstatistik und Baggerei

KeineElbvertiefungDas Regionale Bündnis gegen die Elbvertiefung (ReBügEl) und die Gesellschaft für Natur- und Umweltschutz (GNU) informierten am 29.09.2015 in einer Pressemitteilung über die aktuelle Tiefgangstatistik der großen Containerschiffe auf der Unterelbe. Wie der Artikel im Stader Tageblatt in seiner Überschrift feststellt war in 2015 genügend “Wasser unter dem Kiel” der Containerschiffe.

Die Statistiker von der Unterelbe beobachten seit einigen Jahren jedes Containerschiff mit mehr als 8.000 TEU beim Befahren der Unterelbe. So werden seit Jahren hochprofessionell taggenau nicht nur die Tiefgänge der Schiffe beim Einlaufen und Auslaufen notiert, sondern u.a. auch die Schiffslängen und -breiten, die Aufenthaltsdauer und Liegeplatz in Hamburg sowie Vor- und Anschlußhäfen. Fachmännische Berechnungen ermitteln über Rumpfform, Maße und Tiefgang die geladenen Container – und damit die Kapazitätsreserven eines jeden Schiffes.

Passend zur neuen Baggersaison, die ja nun gestern vorzeitig in Hamburg eröffnet wurde, legen die Statistiker erstaunliche Auswertungen vor.

  • Die Mehrheit der Containerschiffe über 8.000 TEU befährt auch in diesem Jahr die Elbe tidenunabhängig. Es sind einlaufend 78% und auslaufend 70%.
  • Die durchschnittliche Tiefgangsreserve betrug für Schiffe über 13.000 TEU beim Einlaufen 2,73 m und beim Auslaufen 1,43 m. Nur 2 Promille der Schiffe haben den maximal möglichen Tiefgang, d.h. eine Tiefgangsreserve von 0 Metern, ausgenutzt.
  • Die Ladungsreserven dieser Riesen für eine Fahrt nach Hamburg, d.h. freie Containerplätze, stieg dabei erheblich an und betrug fast 4.000 TEU je Schiff einlaufend und über 2.000 TEU auslaufend.
  • Die Zahl der Schiffsankünfte ist gegenüber dem Vorjahr um 6 % gestiegen und die
    Schiffsgrößen haben um 6,7 % zugenommen haben. Im Jahr 2014 wurde der Hamburger Hafen bis zum 12.9. von 256 Schiffen mit mehr als 13.000 TEU angelaufen; in diesem Jahr waren es bis zum 12.9.2015 bereits 356 Schiffe dieser Größenordnung.

Wenn weniger Ladung auf mehr und breitere Schiffe verteilt wird, liegt die Erklärung für diese Tiefgangsentwicklung plausibel auf der Hand. Nun könnten allergrößte Skeptiker noch anführen, dass die Reedereien mehr Ladung für ihre Schiffe und Hamburg hätten, sich aber wegen der fehlenden Elbvertiefung nicht trauen würden. Dieser Skepsis kann man dann mit einem fast “süffisanten Pfeffersacklächeln” und dem Verweis auf die Frachtratenentwicklung samt eines simplen Hinweis auf die ökonomischen Regeln von Angebot und Nachfrage, dem Marktgleichgewicht, begegnen. Die Ladung gibt es nicht!

Derartige valide Zahlen und Statistiken haben wir bislang weder vom Senat noch der Hafenwirtschaft oder den Reedereien vorgelegt bekommen. Im Gegenteil: hier werden uns Umschlags- und Potenzialprognosen vorgelegt, die bar jeglicher Realitität sind.

Und so schließen wir uns der Meinung des Sprechers des ReBügEl’s, Herrn Walter Rademacher an: „Diese Fakten widerlegen die gebetsmühlenartige Behauptung der Hafenwirtschaft und des Senats, die Elbvertiefung wäre ‚dringend notwendig‘ – tatsächlich fehlt nicht die Tiefe, sondern die Ladung.

Nicht genug – die Absurditäten der Baggerei führen die Kollegen in der Pressemitteilung ebenfalls an. Die Folgen der letzten Elbvertiefung haben dazu geführt, dass jährlich mittlerweile über 18 Mio. m³ Schlick aus der Elbe gebaggert werden –  vor wenigen Jahren ware es noch 4 Mio. m³. Für die Schlickbeseitigung müssen wir Bürger jährlich über 100 Mio. Euro ausgeben. Weniger Ladung, dafür mehr Schlick. Das soll ökonomisch sinnvoll sein? Aber es kommt noch besser:

In der Bürgerschaft wurden heute die Senatsantworten auf eine schriftliche kleine Anfrage zur Verklappung von Hamburger Hafenschlick in der Außenwirtschaftszone AWZ, d.h. außerhalb der Hoheitsgewässer der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht. Beim Lesen der Senatsantwort auf Frage 3 haben wir aufgemerkt: “Die HPA bereitet sich aktuell darauf vor, in der kommenden Umlagersaison circa 7 Millionen Kubikmeter Sediment (Laderaumvolumen) aus der Delegationsstrecke und den Hafenbecken umzulagern.

Das wären 2,5 Mio. m³ mehr auf dem Hamburger Streckenabschnitt als im Jahr 2014, für die wir Hamburgerinnen und Hamburger im letzten Jahr 66 Mio. Euro ausgegeben haben. Bei einer linearen Hochrechnung der 7 Mio. m³ auf das Jahr 2015 würden dann über 100 Mio. Euro Baggerkosten nur für die Hamburgische Delegationsstrecke zwischen Tinsdal und dem Hafen anfallen? Das wäre ein Desaster…

Die Pressemitteilung vom ReBügEl und GNU finden Sie hier!

Was ist los am Kreetsand?

Kreetsand, das ist dieses wunderbare Kreetsand-BausschildProjekt mitten in dem 2010 geschaffenen 31. Hamburger Naturschutzgebiet Auenlandschaft Norderelbe.

Dort soll ja eine eierlegende Wollmilchsau entstehen: Sowohl eine Flora-Fauna-Habitat-Aus­gleichs­maß­nahme für den Schierlings-Wasserfenchel im Rahmen der geplanten Elbver­tiefung, als auch eine Maßnahme zur Redu­zierung des Tidal-Pumping-Effektes durch Schaffung von 1 Mio. m³ Tidevolumen. Glaubt man den Planungen ist Kreetsand für Hamburg und die anstehende Elbvertiefung ein existentielles Projekt:  die Kreetsand zugesprochene hafenschlickmindernde Wirkung soll einerseits die Baggerkosten deutlich reduzieren und andererseits die EU-Kommission, aber auch das Bundesverwaltungsgericht, von den Chancen auf neuen Lebensraum für den vom Aussterben bedrohten Schierlings-Wasserfenchel überzeugen.

Mit dieser von den Bauauftraggebern HPA und Senat dem Kreetsand zugesprochenen Funktionalität hätten wir für das über 63 Mio. Euro teure Projekt eine gewisse Dringlichkeit und damit Geschwindigkeit erwartet. Seit 2012 wird mitten in einem Naturschutzgebiet gebuddelt – die geplante Fertigstellung zur IBA 2013 gelang nicht. Wir fragten uns, ob sich seit unserem letzten Besuch im Jahre Winter 2014 zum Herbstbeginn 2015 etwas getan hat?

Kreetsand2015-2Wir radelten am 27.09.2015 vom Norden über die Peute zum Kreetsand. Wir glauben nicht, was wir sehen. Hinter dem bekannten Containerdorf sehen wir statt der erwarteten Senke für die Aufnahme des Tidevolumens schier endlose über 20 Meter hohe, teilweise dicht bewachsene Sandberge. Wird hier Sand aus anderen Hamburger Bauprojekten sorgfältig auf separaten Haufen aufgeschüttet und zwischengelagert? Aus der Ferne ist es nicht zu erkennen. Kreetsand2015-1

Neu sind für uns die nach Chemieanlagen aussehenden blauen Behälter und Container. Das ist nicht nur eine Tankstelle für die gelben Baufahrzeuge, die hier weiterhin zur Genüge stehen. Immer sind wieder gelbe Schilder des Tiefbauers Bunte zu sehen, bekannt von den defekten Spundwänden am Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven.

Im südlichen Teil der Fläche sieht es dann etwas mehr nach Senke aus Kreetsand2015-3– einen Unterschied zu unseren Bildern aus dem Winter 2014 können wir bei einem Bildervergleich aber nicht erkennen. Hier scheint die Zeit still zu stehen. Lediglich im äußersten Süden vom Kreetsand können wir eine mit der Elbe verbundenen Wasserfläche erkennen, die Ähnlichkeit mit den Planungen haben könnte. Zwei Bagger liegen auf dem Wasser.

Auf dem Weg zur IBA-Deichbude werfen wir Kreetsand2015-4dann auch einen Blick auf die Mündung des Kreetsand-Gewässers in die Elbe. In altbewährter HPA-Manier finden wir den Mündungsbereich mit den bekannten CUS-Schlackesteinen von der Hamburger Kupferhütte Aurubis zugepflastert. Das, was an der Alster wegen Auswaschung von giftigen Schlacke-Substanzen schon lange nicht mehr erlaubt wird, ist an der Tideelbe weiterhin als billiger Baustoff hochwillkommen. Den Wasserbauern bei HPA oder aber auch der WSD scheint es dabei egal, ob es sich um ein potentielles Habitat für den Schierlings-Wasserfenchel handelt, um eine strombautechnische Uferbefestigung am Lühe- oder Pagensand oder eine einfache Buhne.

Fazit: Die Wanderdünen auf Sylt scheinen gegenüber den Baufortschritten am Kreetsand deutlich schneller zu sein. So richtig ernst scheint dieses Projekt in Hamburg keiner zu nehmen. Wir vermuten daher, dass der Kreetsand nach dem erfolglosen Versuch anlässlich der  IBA 2013 fertiggestellt zu sein, nun in neun Jahren  für “Olympia 2024” erneut als Vorzeigepilotprojekt präsentiert werden wird. Unvollendet – versteht sich!

Hamburg verrückt

Zwei Nachrichten des NDR lassen uns nur noch den Kopf schütteln: was passiert in unserer Stadt rund um den Hafen? Mit Sinn und Verstand scheint diese Senatspolitik nichts mehr zu tun haben.

NDR20150921 E3HafenschlickIn der ersten NDR-Nachricht dürfen wir von gewissen Schwierigkeiten mit der Verklappung der zweiten Million giftigen Hafenschlicks bei Tonne E3 vor Helgoland lesen: “Hamburg müsse nachweisen, dass es auf dem Stadtgebiet keine Möglichkeit mehr gibt, den Schlick abzulagern und die Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt der Nordsee müssten untersucht werden, sagte eine Sprecherin des Umweltministeriums in Kiel…” Das ist spannend, da wenige Tage zuvor vom Hamburger Senat auf eine schriftliche kleine Anfrage genau diese erneute Verklappung von einer weiteren Million m³ vor Helgoland bei Tonne E3 als einvernehmlich dargestellt wurde. Ein derartiges Einvernehmen der beiden Bundesländer setzt voraus, dass nicht nur über die Verklappungsmengen gesprochen wurde, sondern dass ebenfalls die Analyseverfahren und die Baggergebiete im Hamburger Hafen abgestimmt wurden. Das scheint nach der NDR-Meldung nicht der Fall zu sein. Auf den Internetseiten vom Schleswig-Holsteinischen Umweltministerium MELUR ist nichts zu lesen. Sollten Sie dagegen von einem ehemaligen Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten vermeintliche Präzisierungen lesen dürfen, schmunzeln Sie bitte darüber, wie wir es tun. Fragen Sie doch den Ex-Abgeordneten mal nach seiner Position zur aktuellen Elbvertiefung…?!

Die zweite NDR-Nachricht beschäftigt sich mit Olympia und dem Moldau- und Saalehafen an der Veddel. Genau auf diesen Hafenflächen sollen ja Flächen für Olympia bereitgestellt werden. Wenn da nicht noch alte völkerrechtliche Verträge aus dem letzten Jahrhundert gegen sprechen würden. Gerade diese Verträge wurden von unserem Hamburger Senat gerade in den letzten Wochen öffentlich runtergespielt und als leicht regelbar dargestellt. Der NDR schildert, wie leicht das geworden ist: als Ersatzflächen soll jetzt ein Filetstück des Hamburger Hafens mit seeschifftiefen Wasser bereitgestellt werden.

Es soll die frisch renovierte Fläche auf Kuhwerder nördlich vom CC3-Kreuzfahrtterminal in Steinwerder sein. Nicht falsch verstehen – wir gratulieren TNDR20150921 Moldauhafenschechien zu diesem irren Verhandlungserfolg. Aber wir sehen auch, dass hier für Binnenschiffe, die auf einem nicht schiffbaren Fluss, namentlich der Mittel- und Oberelbe, niemals verkehren können, sozusagen “Hamburger Perlen vor die Säue” geworfen werden. Und wir sehen, dass die extrem knappen Hamburger seeschifftiefen Hafenflächen nun gewaltigen Druck für die bislang “unbescholtenen” Hafenerweiterungsflächen um Moorburg erzeugen werden. Und dabei geht es um die Menschen, die in Moorburg wohnen, und die Arbeitnehmer beim BUSS-Hansa-Terminal, einem der letzten wenigen Stückgut-Terminals in Hamburg, für die – lassen wir den Abfindungshorror für die bestehenden Flächen am Travehafen ausgeblendet – auf Kuhwerder ausreichend Platz gewesen wäre.

Die Welt berichtet ausführlicher über die Hafenplanungen mit Tschechien.

Die Politiker unserer Stadt scheinen frei zu drehen – was passiert im Hafen, ohne dass wir Bürger etwas mitbekommen? Kann man diesen Politiker in Sachen Hafenentwicklung, Hafenentwicklungsplanung und Elbvertiefung noch irgendwie trauen?

“Geht doch! …

… – Ökumenischer Weg für Klimagerechtigkeit” ist das Motto eines ökumenischen Pilgerwegs anlässlich der 21. Weltklimakonferenz vom 30. November bis 11. Dezember 2015 in Paris. Der Pilgerweg startete in Deutschland am 13.09.2015 in Flensburg, am 27.11.2015 soll Paris erreicht werden. Der Weg durch Deutschland ist ein Puzzleteil von mehreren internationalen Pilgerstrecken, so starteten u.a. in Norwegen die Menschen am Nordkap und trafen am 12. September in Flensburg ein.

Angesichts der Tatsachen, dass die ärmsten Länder dieser Welt bereits jetzt unter den Auswirkungen des Klimawandels am meisten leiden und die Industrienationen nach wie vor nicht in die Gänge kommen, haltbare Vereinbarungen zu einem pfleglichen Umgang mit der Umwelt und somit unserer Welt zu treffen, hat sich ein breites Bündnis deutscher kirchlicher Organisationen zum Ziel gesetzt, über die Form des Pilgerns Öffentlichkeit zu den Problemen der nicht gelösten Klimaproblemen zu schaffen.

Die Idee des Pilgerweges eröffnet die Möglichkeit, sich mit unterschiedlichen Menschen gemeinsam auf den Weg zu machen und für das Thema Klimagerechtigkeit zu sensibilisieren. Durch die Medien soll eine breite Öffentlichkeitswirksamkeit erreicht werden. Möglichst viele UnterstützerInnen sollen zudem für einen Forderungskatalog gewonnen werden, der den Erwartungshorizont der ökumenischen Bewegung und der Weltkirche an die Klimakonferenz in Paris und darüber hinaus deutlich macht. Dieser Forderungskatalog soll in Paris an zentraler Stelle überreicht werden.” schreiben die deutschen Initiatoren des Pilgerwegs u.a. zu den Zielen. Basierend auf Grundbotschaften, die im internationalen Netzwerk verabredet wurden, wurden Forderungen erarbeitet, die über die Pilgerinnen und Pilger in die Öffentlichkeit und nach Paris getragen werden sollen. Alle Menschen, die sich für die Klimagerechtigkeit einsetzen wollen, sind aufgerufen, sich an dem Weg zu beteiligen. Informationen zu den Etappen und Mit-Geh-Möglichkeiten finden Sie hier.

Die Pilgerinnen und Pilger werden auch nach Hamburg kommen und zwar vom 24. bis 26.09.2015. Ein Programm aus Gottesdiensten, Filmvorführung, Diskussions- und Gesprächsrunden zum Thema unter dem Titel “Klima Aktionstage in Blankenese” lädt alle Interessierten ein.

Und was hat das mit unserer Elbe zu tun? Ungehemmte wirtschaftliche Expansion hat weltweit schon furchtbare Schäden angerichtet, z.B. durch Abholzungen von Regenwäldern für die Holzgewinnung oder um Anbauflächen für Palmöl zu schaffen. Die Folgen sind katastrophal, Tier- und Pflanzenarten sterben aus, Land errodiert, landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten zur Selbstversorgung werden zerstört, Dürren und Hungersnöte sind die Folgen. Die erfolgten und die geplanten Eingriffe im Rahmen der Elbvertiefungen haben ebenfalls gravierende Auswirkungen auf die Pflanzen und Lebewesen im und am Fluss. Werden hier ökologische Gleichgewichte gestört, wirkt sich das langfristig auch auf die gesamte Umwelt und somit auf das Klima aus.

Mit uns Bürgern und WRRL!

NDR20150918
NDR 18.09.2015, gegen 18:00 Uhr

Heute meldete NDR-Info in den Nachrichten um 11:15 Uhr unter der Überschrift”Neue Pläne für Elbvertiefung bald fertig“, dass der Wirtschaftsausschuss der Hamburger Bürgerschaft einen Zeitplan für das weitere Vorgehen zur Elbvertiefung vorgelegt bekommen habe. “Die neuen Pläne zur Elbvertiefung sind voraussichtlich in wenigen Wochen fertig. Das verkündete Wirtschaftsstaatsrat Rolf Bösinger am Freitag vor dem Wirtschaftsausschuss der Hamburgische Bürgerschaft. Umweltverbände sollen dann bis zum Jahresende Zeit bekommen, die Unterlagen zu prüfen. Nach dem Jahreswechsel würden sie im Anschluss zum Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig geschickt. Das Gericht hatte die Verhandlung über die Elbvertiefung im vergangenen Jahr ausgesetzt. Hamburg will die Fahrrinne um einen Meter tiefer ausbaggern, damit Schiffe mit mehr Tiefgang in den Hafen kommen.

Mehr ist im weltweiten Netz mit Stand 19:00 Uhr nicht zu finden. Nichts desto trotz haben wir uns entschieden, diese Radionachricht vom NDR zu veröffentlichen.

Anscheinend gehen die Planer der Elbvertiefung davon aus, dass die breite Öffentlichkeit nicht mehr zu beteiligen ist, sondern nur noch die Umweltverbände. Das macht uns stutzig.

Vor wenigen Tagen war noch von einem breiten Anhörungsverfahren die Rede. Das würde bedeuten, dass wesentliche Teile der Planunterlagen deutlich verändert wurden. Geht nun doch wieder Schnelligkeit vor Gründlichkeit? Anders können wir uns den Zeitplan nicht erklären. Wir fragen uns vor allem, welche Informationen sind in den Unterlagen aktualisiert worden? Lediglich die offenen Fragen, die Leipzig vor einem Jahr als Hausaufgaben an die Vorhabensträger gegeben hat? Die Anforderungen, die sich aus dem EU-Urteil vom Juli diesen Jahres zur WRRL ergeben, können es eigentlich nicht sein. Vor einem Jahr vor Gericht in Leipzig konnten HPA und WSD noch nicht schlüssig erklären, wie sie auf die Bewertungen zu den Auswirkungen zur Wasserqualität (WRRL) gekommen sind. Ergo ist zu vermuten, dass die umfassenden Daten, die lt. EU-Urteil notwendig sind, nicht vorlagen. Und die sollen jetzt so kurzfristig doch aufgetaucht sein?

In Zeiten von vorgeblich politisch gewollter Bürgerbeteiligung in Form von Bürgerdialogen a la Y-Trasse, Dialogforen a la Sedimentmangagement, Bürger- und Volksentscheiden a la Olympia scheint dieses die neue Form einer rot-grünen Bürgerbeteiligung in Hamburg zu sein.

In dem in 2015 geschlossenen rot-grünen Koalitionsvertrag “Zusammen schaffen wir das moderne Hamburg” dürfen wir dazu auf Seite 107 lesen:”Hamburg ist jetzt schon Vorreiter in Sachen guter Bürgerbeteiligung – das wollen wir bleiben!…Für den Senat erfordert gutes Regieren eine gute Beteiligung.” Auf Seite 108 lesen wir weiter “Die Koalitionspartner sind sich einig, dass Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bei großen und kleinen Vorhaben besonders in den Bereichen Stadtentwicklung, Umwelt, öffentlicher Raum und Infrastruktur ausgebaut werden soll.” Wir hätten die Elbvertiefung gerade mit diesen vier Themen in Zusammenhang gebracht.

Wie wir uns doch geirrt haben müssen: Die Elbvertiefung scheint unter die Themen Bürgermanipulation, Irrwege, Steuergelder verbrennen und Arbeitsplatzverluste zu fallen – und da ist eine Bürgerbeteiligung eben laut Koalitionsvertrag nicht vorgesehen!

NDR20150918-1916
NDR, 18.09.2015, Stand 19:20 Uhr

Stand 18.09.2015, 19:16 Uhr: Unglaublich, aber wahr: der Senat scheint in Sachen Elbvertiefung mit seinen Plänen einer “minimierten” Bürgerbeteiligung gescheitert zu sein. So meldet der NDR in seinen Nachrichten:  “Der Hamburger Senat und der Bund sind mit dem Versuch gescheitert, das Gerichtsverfahren um die Elbvertiefung zu beschleunigen. Das berichtete NDR 90,3 am Freitag. Das Bundesverwaltungsgericht habe es demnach abgelehnt, sich über Zwischenschritte bei den Plan-Änderungen informieren zu lassen. Die Richter bestehen stattdessen auf vollständige und geordnete Unterlagen, die aber erst in mehreren Wochen fertig sind. | 18.09.2015 19:16

Hurra – Deutschland scheint dank des Gerichtes ein Rechtsstaat zu bleiben. Was haben wir nur für einen armseligen Senat in unserem Rathaus sitzen…

Schwerpunkt Intermodal

Als Hinterland für den Hafenumschlag von Hamburg wird immer Mitteleuropa mit den Staaten Tschechien, Slowakei, Österreich und Ungarn benannt. Aus den glänzenden Wachstumsperspektiven insbesondere dieser Region wird ein steigender Containerverkehr Metrans3 über den Hamburger Hafen und damit die angebliche Notwendigkeit der Elbvertiefung abgeleitet. Dieses vermeintlich ureigene Hamburger Hinterland haben auch andere Häfen im Visier – und das mit viel Geld und starkem Eigeninteresse.

Die HHLA versucht seit einiger Zeit still und heimlich an dieser Entwicklung teilzuhaben. Nein, nicht durch Investitionen in der Sparte “Container” am Standort Hamburg. Vielmehr wird Geld in die Sparte “Intermodal” für den Bau neuer Bahn-Terminalstandorte in den Ländern Mitteleuropas und den immensen Ausbau der HHLA-Bahngesellschaft “Metrans” gestopft. Nach dem im Januar 2015 in Betrieb genommenen Metrans-Terminal in der nordtschechischen Elbstadt Usti nad Labem folgt nun der Neubau eines Metrans-Terminal in Budapest. Warum das erfolgt, erfahren wir vom HHLA-Vorstand Herrn Klaus-Dieter Peters in einem Welt-Interview. Im letzten Absatz ist dort zu lesen:

Von dem Terminal in Ungarn erhofft sich der HHLA-Chef, neben der Erweiterung des eigenen Netzes, einen zusätzlichen strategischen Vorteil. 2014 unterschrieben die Regierungschefs von China, Serbien und Ungarn einen Vertrag zum Ausbau des Schienennetzes zwischen Belgrad und Budapest vor allem auch mit chinesischer Hilfe. Ziel dessen ist unter anderem, den griechischen Hafen von Piräus enger an Europa anzubinden. In Piräus betreibt die chinesische Reederei Cosco einen Containerterminal. Würden die Pläne zum Ausbau der Güterbahntrasse von Süden her realisiert, säße man mit dem Terminal in Budapest an einer wichtigen Schnittstelle, sagte Peters.

Ach nee – zum ersten Mal spricht es in Hamburg ein Verantwortlicher selber aus! Aber das ist noch nicht alles. Zuvor hatte Herr Peters hat noch weitere Erkenntnisse: “Immer mehr Häfen in Europa entwickeln sich zu direkten Konkurrenten des Hamburger Hafens, vom polnischen Gdansk bis zu Triest und Koper an der Adria. Reedereien und Logistikunternehmen testen fortwährend die Wirtschaftlichkeit neuer Routen vom Überseetransport nach Europa hinein. Die HHLA, Hamburgs wichtigster Hafenlogistik-Konzern, versucht, sich am Umschlag in anderen Häfen vor allem auf der Schiene zu beteiligen.Metrans2

In dem Weltinterview wird mit keinem Wort die ausstehende “Elbvertiefung” oder der “Ausbau der Mittelelbe” erwähnt. Komisch, oder? In einem weiteren Weltartikel finden wir doch noch ein paar Hinweise zur alten Elbvertiefungs-Rhetorik von Herrn Peters. Es gibt aber auch erstaunliche Sätze: “Ich bin immer irritiert, wenn in der öffentlichen Diskussion über kurzfristige Mengenentwicklungen gesprochen wird. Eine Betrachtung von Quartal zu Quartal ist relativ sinnlos. Um ein deutliches Bild zu bekommen, muss man längere Zeiträume berücksichtigen. Wir haben in den vergangenen Jahren in unserer Region kontinuierlich Marktanteile hinzugewonnen. Klar ist aber auch: Wir werden in Hamburg wie auch in ganz Nordeuropa die zweistelligen Wachstumsraten, die wir bis zum Krisenjahr 2008 hatten, auf absehbare Zeit nicht mehr erleben. Dafür gibt es auch strukturelle Gründe. So ist der Grad der Containerisierung praktisch nicht mehr zu steigern, und viele Märkte in Europa sind gesättigt – wir können aus China nur das importieren, was hier auch verkauft wird.

Das klingt doch sehr einsichtig und nachvollziehbar. Die Elbvertiefung wurde im Jahre 2006 für exorbitante Steigerungsraten im Containerumschlag geplant. Diese sind nun in zehn Jahren nicht aufgetreten. Im Gegenteil – der Umschlag tritt konstant auf der Stelle. Ein Zeitraum von zehn Jahren kann somit auch von einem Herrn Peters nicht als kurzfristig bezeichnet werden. Ist Herr Peters jetzt auch ein Zweifler der Notwendigkeit der Elbvertiefung? Das wohl nicht – aber immerhin gibt er bekannt: “2014 haben wir etwa gleich viel in die Bahnverkehre investiert wie in unsere Containerterminals.” Eine derartige Feststellung spricht doch Bände, oder?

PS: Außenminister Szijjártó, der im Artikel der Budapester Zeitung das Engagement der HHLA und Metrans so lobt, ist derselbe Minister, der die Schließung derungarischen Grenze zu Serbien mit Nato-Draht, der die drastische Bestrafung von Grenzübertritten und der Schließung der Grenze nach Rumänien als begründet rechtfertigt. Menschen in Not brauchen anscheinend seine Aufmerksamkeit nicht, Wirtschaftsunternehmen  hingegen schon.

Elbvertiefung erst 2017?

Ja, was war das denn am 14.09.2015 in Lauenburg?Horch1
Da treffen sich die Verkehrsminister und -senatoren der norddeutschen Küstenländer mit dem Staatsekretär des Bundesverkehrsministeriums zum sogenannten “Vierten Hafenentwicklungsdialog” in der südlichsten Hafenstadt Schleswig-Holsteins und nutzen die anscheinend von Herrn Horch mitgebrachten Taschentücher zum gemeinsamen Weinen über den Fortgang des Gerichtsverfahrens um die Elbvertiefung. Den Eindruck haben wir beim Lesen des Berichtes in der Herzogtum direkt und im Regionalteil des Hamburger Abendblattes.

Hamburg überarbeitet derzeit aufgrund der Hinweise des Bundesverwaltungsgerichtes den Planfeststellungsantrag und will im ersten Quartal 2016 fertig sein. Dabei scheint unserem Wirtschaftssenator der Umfang der erforderlichen Überarbeitung noch nicht richtig klar zu sein. Gerade der Umfang der Überarbeitung ist aber entscheidend dafür, ob die Öffentlichkeit in einem Planfeststellungsverfahren beteiligt werden muss.

Bei umfangreichen Änderungen könnten die Richter in Leipzig diese umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit verlangen, mit der Folge, dass der Planfeststellungsbeschluss erst 2017 ergehen könnte. Unser Wirtschaftssenator Frank Horch schließt dieses Szenario nicht aus, glaubt aber, dass das Gericht mit einer eingeschränkten Beteiligung einverstanden sein werde.

Nee klar. Wenn unser Wirtschaftssenator in Sachen Elbvertiefung mit „Hier geht nun einmal Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ zitiert wird, befürchten wir das Schlimmste. Bislang war es jedenfalls immer umgekehrt – anders können die zahlreichen Änderungen bei den bisherigen Planunterlagen mit insgesamt vier Planauslegungen einschließlich Anhörungsverfahren der Öffentlichkeit nicht erklärt werden.

Und dann wird noch nicht einmal ein Wort über die Anforderungen des EuGH zur WRRL aus dem Urteil vom Juli 2015 verloren. Auch von Kompromisslinien und Gesprächsbereitschaft mit den Kritikern der Elbvertiefung ist wieder nichts zu vernehmen. Was haben diese Politiker bloß für ein Demokratie- und Rechtsverständnis?

Dieses Mal war es der Schleswig-Holsteinische Verkehrsminister, der auf einer verstimmten Leier die olle Schnulze zu den Arbeitsplätzen anstimmte: “„Wir können uns alle gemeinsam nicht leisten, dass der Hamburger Hafen – der unter anderem der größte Arbeitgeber Schleswig-Holsteins ist – im globalen Wettbewerb zurückgeworfen wird.” Aber die Elbe können wir dafür gerne kaputt machen – und euren hochgiftigen Schlick nehmen wir natürlich auch gerne! Es betrifft ja nur die Nordsee…

Wie haben diese allesamt von SPD-Regierungschef geführten Landesregierungen mit grünem Koalitionspartner trotz “aller Arbeitsplätze” die Atomwende hinbekommen? Brauchen wir an der Elbe wirklich einen Super-GAU a la Fukushima, damit die Erkenntnis reift? Wir hoffen inständigst, dass dieses nicht der Fall sein muss!

War denn da auf dem Hafendialog nicht noch ein anderes, konkretes Thema? Zum Beispiel etwas zur Hafenkooperation? Nein, etwas Inhaltliches gab es nicht. Nur lose, nicht ernst gemeinte Absichten. Liest man die Pressemitteilung des bremischen Senats vom ersten Hafenentwicklungsdialog Deutsche Bucht vom 19.01.2012 ist leicht zu erkennen, dass bis heute von den Herren Verkehrsministern und -senatoren der norddeutschen Küstenländer nichts, aber auch wirklich nichts gemeinschaftlich bewegt wurde (gemeinsame bunte Stände auf internationalen Hafenmessen gelten nicht).

So fiebern wir dem von Herrn Staatssekretär Ferlemann angekündigten neuen Hafenkonzept entgegen. Das soll im Rahmen der Neunten Nationalen Maritimen Konferenz am 19. und 20. Oktober 2015 in Bremerhaven vorgestellt werden. Eine tolle und raffinierte Idee hat er schon mal durchblicken lassen: es sei angedacht, einen auf Bundesebene agierenden Hafenkoordinator einzurichten, der die deutschen Häfen auf internationaler Ebene (an bunten gemeinsamen Ständen) vertreten soll.

Baah, das ist ja toll! Das ist so spitze! Das bringt uns richtig voran! Neben dem “Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft” Herrn Uwe Beckmeyer, soll es nun einen neuen, weiteren Koordinator geben. Ach Herrn Beckmeyer kennen Sie nicht? Im Hamburger Senat scheint man ihn auch nicht zu kennen. Na, dann wird es dem angehenden Hafenkoordinator sicherlich deutlich besser ergehen, oder?

Elbvertiefung später

BVerwGLeipzig7Heute morgen berichtet das Abendblatt von weiteren Verzögerungen bei der Elbvertiefung. Ursächlich seien weitere Ergänzungen des Planfeststellungsbeschlusses vom April 2012, die aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom Oktober 2014 und dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom Juli 2015 resultieren.

Die Überarbeitung des Planfeststellungsbeschlusses würden zudem eine neue Bürgerbeteiligung erfordern. Mit den Vorlaufzeiten des Gerichtes wird mit einem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichtes frühestens im 2. Halbjahr 2016 gerechnet.

In der Kommentierung dieser Nachricht im Hamburger Hafenblattes wird einfach alles verdreht. Es wird vom Kommentator sogar der Eindruck erweckt, dass die klagenden Verbände und die Einwender den guten ökologischen Zustand der Elbe verhindern würden.

  • In jedem Jahr werden mehrere Mio. m³ Elbschlick mit Kosten von mehr als 100 Mio. Euro nur für die Tiefenhaltung bewegt. Wie viele Millionen mehr (in m³ und Euro) sollen denn für eine weitere Elbvertiefung ausgegeben werden?
  • War es nicht das Bundesverwaltungsgericht, dass gerade das Fehlen von Gutachten zu den Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt an der Unterelbe moniert hatte?
  • Waren es nicht regelmäßig die Umweltverbände, die an den Senat adressierte Gesprächsangebote gerichtet hatten? Wer hat denn die Diskussion über “Elbvertiefung light” mit einem Federwisch weggebügelt? Wir erinnern beispielhaft an das Interview des Wirtschaftssenators auf Zeit-Online vom Juli 2015.
  • Wer hat denn seit Jahrzehnten keine Konzepte vorgelegt? Beispielhaft sei das sogenannte “Sedimentmanagementkonzept” angeführt, an dem der Senat nun über 30 Jahre erfolglos arbeitet.

Wir würden uns freuen, wenn dieser Kommentator des Hafenblattes seine Kenntnisse zum Thema Elbvertiefung deutlich vertiefen würde.

Altes Land und Elbvertiefung

Das Alte Land ist für Hamburger nicht nur zur Obstblüte ein beliebtes Ziel für einen Wochenendausflug. Das größte zusammenhängende Obstanbaugebiet Europas lockt nicht zu letzt mit dem leckeren Obst, das dort an jeder Ecke direkt beim Obstbauern probiert und gekauft werden kann.

Beim Radfahren durchs KeineElbvertiefungAlte Land fallen uns immer wieder die vielen blau-gelben Tafeln “Keine Elbvertiefung” mit dem Logo des Regionalen Bündnisses an den Hofauffahrten auf. Warum gerade hier große Vorbehalte gegen die Elbvertiefung bestehen, erklärt der Vorsitzende der Fachgruppe Obstbau im Landvolk Niedersachsen, Herr Ulrich Buchterkirch in einem Interview “Das Alte Land und die Elbvertiefung” in der September-Ausgabe des Magazins Gartenbau-Profi.

Im hiesigen Obstbau unserer direkten niedersächsichen Nachbarn und unserer Hamburger Obstbauern der dritten Meile in Cranz, Neuenfelde und Francop geht es ebenfalls um Arbeitsplätze und wirtschaftliche Existenzen, die durch die Elbvertiefung gefährdet sind.

Viel zu häufig wird dieses in der Vertiefungsdiskussion in Hamburg unter den Tisch gekehrt. Mit einer Ausgleichszahlung von knapp 14 Mio. Euro glaubt man im Hamburger Rathaus, alles auf “hanseatische Art” gelöst zu haben… Wir nicht!

Befremdliche Baggerallianzen

Es ist auffällig, wie die Schlicksituation im Hafen immer wieder thematisiert wird. Bagger Barent ZanenIm Nachgang zum “Unterelbemärchen” ist gestern eine weitere Schriftliche Kleine Anfrage zu der “Verbringung von Sedimenten” samt Senatsantworten veröffentlicht worden. Themen sind wieder die Verklappung bei Tonne E3 vor Helgoland und die Gespräche mit Schleswig-Holstein und Niedersachsen zu einem gemeinsamen Sedimentmanagement.

Ein ehemaliger Bürgerschaftsabgeordneter, der bestimmt kein Freund von rot-grüner Politik ist, arbeitet ebenfalls an dem Schlick-Thema weiter. In seiner gestrigen Pressemitteilung berichtet er von einer Akteneinsicht bei der HPA und zitiert mit überraschtem Unterton, bei Auslassung wesentlicher Inhalte, aus der zwischen BSU und HPA vereinbarten Übergangsregelung zum Handlungskonzept Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe. Dass die seit Jahren durchgeführte Kreislaufbaggerei unsinnig ist, kann nur für Politiker, die bislang die Augen bei der Elbvertiefung samt deren Auswirkungen auf die Unterhaltungsbaggerei fest verschlossen haben, eine neue Erkenntnis sein. Warum entspricht das Fazit der Pressemitteilung nahezu wortwörtlich den Senatsantworten der o.a. Kleinen Anfrage?

Dass die Verschlickung etwas mit den vorangegangenen Elbvertiefungen zu tun haben könnte, darauf kommt erneut keiner. Welche Auswirkung auf die Verschlickung mag die geplante neunte Elbvertiefung haben? Wir schauen einfach in die Planungsunterlagen.

  • Unter H.1c (Gutachten zur ausbaubedingten Änderung der morphodynamischen Prozesse) ist das 119 Seiten umfassende Werk aus August 2006 zu finden. Es beginnt mit einer fünfseitigen Zusammenfassung, bei der wir nachfolgend nur den Hamburger Abschnitt zwischen Blankenese und Wedel betrachten werden. Das ist das Gebiet vor Nesssand, wo die kritisierte Verklappung des Hafenschlicks aus der unsinnigen Kreislaufbaggerei in den kühleren Monaten des Jahres stattfindet.
  • Es ist zugleich der Elbabschnitt der vielgepriesenen”Begegnungsbox”, die da neu entstehen soll:  “Für diese Begegnungsstrecke ist die Fahrrinnenbreite im Mittel mit 385 m ausgelegt. Die Begegnungsstrecke liegt innerhalb des Abschnitts, in dem sich tideabhängig verkehrende Massengut- und Containerschiffe mit Maximaltiefgang zwangsläufig begegnen müssen,…“lesen wir in der Broschüre zur Elbvertiefung auf Seite 11 unten.

Das ist doch komisch: die Elbe soll genau an dieser Stelle vertieft und stark verbreitert werden, wo derzeit der gesamte Hafenschlick verklappt wird?

In dem Gutachten der BAW finden wir weitere bemerkenswerte Ausführungen zur Schlickentwicklung. Dort ist auf Seite IV der Zusammenfassung zu lesen,  dass “die wesentlichen Zunahmen in der Begegnungsstrecke zu erwarten sind. In dieser Strecke wird auch eine nennenswerte Zunahme der Baggerflächen erwartet.

Das ist aber noch nicht alles: auf Seite II ist zu lesen: “Die Unterhaltungsbaggermengen werden in der Begegnungsstrecke oberhalb der Lühekurve um mehr als 50 % (bezogen auf die Baggerabschnitte Wedel und Wedeler Au) zunehmen.” Leser unserer Seite wissen, dass sich an dem Abschnitt zwischen der Lühekurve und Wedel-Schulau, genau vor dem Hamburger Yachthafen, die sogenannte “Sedimentfalle” befindet, die die von der Mündung durchs Tidal-Pumping einströmenden Sedimente vor dem Eintreiben in den Hamburger Hafen abfangen soll. Die “Entleerung” der Sedimentfalle wird ebenfalls von der HPA bezahlt.

Nun wird aus der gesamten Diskussion ein Schuh! Durch die Begegnungsbox beraubt sich Hamburg seiner einzigen Verklappungsstelle. Die Sedimentfalle fällt der Vertiefung zum Opfer – in dem Bereich wird sogar eine sehr stark steigende Sedimentation prognostiziert. Mit der geplanten Elbvertiefung wird der Hamburger Hafen also noch mehr dem “Tidal-Pumping” ausgesetzt – die Baggerkosten für den Hamburger Elbteil, d.h. Hafenbecken und Hamburger Elbstrecke, werden explodieren, wenn…

…nicht schnell eine Vereinbarung mit Schleswig-Holstein und Niedersachsen für die Entsorgung dieser nochmals steigenden Schlickmengen gefunden wird.

Es geht also nicht um “nachhaltige” Lösungen. Nein, es scheint die blanke Panik vor dem Baggernotstand zu sein, wenn die neunte Elbvertiefung realisiert werden sollte. Wir gehen davon aus, das Hamburg mit den Nachbarländern und dem Bund derzeit versucht größere Möglichkeiten der Verklappung von Hafenschlick in der Nordsee zu finden.

Ach ja, zurück zu der “Auslassung wesentlicher Inhalte” des o.a. Abgeordneten. Wir haben im Januar 2015 die Akteneinsicht in die o.a. Übergangsregelung zum Handlungskonzept Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe vom 16.03.2012 vorgenommen. Wir zitieren aus dem Kapitel 1-Einführung und Veranlassung:

  • “Es gilt die als wichtige Wasserbewirtschaftungsfrage genannte Verbesserung des Sauerstoffhaushaltes der Tideelbe zu berücksichtigen. Die für eine umfassende Überarbeitung erforderlichen Entwicklungen sind zum großen Teil noch nicht abgeschlossen; deshalb erfolgt hiermit auf Grundlage des Handlungskonzepts von 1998 eine Übergangsregelung.”
  • Seit dem Jahr 1999 (Anmerkung: Fertigstellung der letzten Elbvertiefung) sind die im hamburgischen Bereich zu baggernden Sedimentmengen erheblich gestiegen; sie betragen heute mehrere Millionen Kubikmeter pro Jahr. Der größte Anteil davon wird im Gewässer umgelagert.

Mit Berücksichtigung dieser einleitenden Zitate und der von uns “fett” dargestellten Jahreszahlen sollten die Politiker, die seit der letzten Elbvertiefung Ihre Augen fest zugedrückt haben und jetzt den überraschten Aufschrei üben, uns auf die Frage antworten, warum Sie dieses alles nicht gewusst haben wollen…!