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OSPAR Jahresbericht 2012

Jedes Jahr wird auf europäischer Ebene ebenfalls ein Gesamtbericht zu den “Baggerarbeiten” in den Nordseeanrainerstaaten erstellt. Die Organisation, die diesen Bericht veröffentlicht, nennt sich OSPAR (OSlo/PARis) und basiert auf

  • der in 1972 beschlossenen Oslo-Konvention (OSCOM)  gegen die Vermüllung der Nordatlantischen Gewässer durch Schiffe und Flugzeuge und
  • der in 1974 in Paris (PARCOM) beschlossenen Ausweitung auf die Vergiftung durch Offshore-Industrien sowie Landabwässer.

Beide Abkommen wurden in 1992 in OSPAR überführt, einem völkerrechtlichen Vertrag, der von 15 Vertragsstaaten u.a. Deutschland unterzeichnet wurde. OSPAR publiziert seitdem viele Berichte zur Verschmutzung der Nordsee und des Nordatlantiks.

Nun ist aktuell der OSPAR-Baggerbericht für das Jahr 2012 erschienen. Er ist wie seine Vorgängerberichte in englischer Sprache abgefasst und nennt sich “Annual OSPAR report on dumping of wastes or other matter at sea” unter Nennung der Jahresangabe.

Wir gucken in den aktuellen OSPAR-Bericht und schauen in dem dreiteiligen Bericht insbesondere die deutschen Angaben zur Elbe.

  • In Teil 1, Tabelle 1, Seite 5 stellen wir fest, dass Deutschland der eigentliche Baggerspitzenreiter ist.
  • In Teil 1, Tabelle 2, Seite 6 lesen wir, dass in Deutschland die nationalen Grenzwerte für Giftstoffe in Baggermaterial bei den Verklappungsgebieten (OSPAR-Deposit-Site-Code) mit den Nummern (103) für 51.000 Tonnen und (109) für 1.196.000 Tonnen mit 5,67 mg/kg HCB-belastetem Baggergut überschritten wurden.
  • In Teil 1, Tabelle 3a, Seite 7 werden die Entnahmestellen für die Nummern (103) und (109) lokalisiert: das Baggergut wurde im Unterelbe-Fahrwasser zwischen km 638 bei Nesssand und km 650 vor Lühesand entnommen. Als Grund der Maßnahme wird Unterhaltungsbaggerei angegeben und ergänzend ausgeführt, dass insgesamt bei Nummer (103) 373.000 Tonnen und bei Nummer (109) 1.796.000 Tonnen Baggergut gebaggert wurden.
  • In Teil 1, Tabelle 3b, Seite 23 erfahren wir, was denn noch an giftigen Belastungen im Baggergut enthalten ist. Hier erfahren wir näheres zu Schwermetallen und weiteren organischen Bestandteilen von (103) und (109).
  • In Teil 3, Seite 45 sehen wir eine Karte der Verklappungsstellen (dumping sites), allerdings ohne Nummernangaben. Ersatzweise nehmen wir die Karte aus dem Bericht des Jahres 2010, Seite 47, Figure 4.Deutschland2010

Soweit OSPAR, Teil 1 – haben Sie schon etwas von diesen Werten, Mengen und Orten an der Elbe hören dürfen? Nein, Sie auch nicht!
Es ist für uns neu, dass das derartig belastetes Baggergut zwischen Nesssand und Lühesand entnommen worden sein soll. Ist vielleicht die Verklappung aus der HPA Umlagerungsbaggerei gemeint, die bei Nesssand vorgenommen wird?

Das kann nicht sein, da im OSPAR-Bericht in Teil 1, Tabelle 3a ausdrücklich angeführt, dass das Baggergut dem Estuar und nicht dem Hafen entnommen wurde.

Wir versuchen für die Nummern (103) und (109) einen Zusammenhang zwischen dem OSPAR-Bericht 2012 und dem HPA-Jahresbericht 2012 “Teilbericht Umlagerung von Baggergut nach Neßsand herzustellen.  Weder bei den Mengen noch bei den HCB-Belastungen gelingt uns dieses. Kein Wort davon im HPA-Jahresbericht 2012.

Nun schauen wir wieder in den OSPAR-Jahresbericht in Teil 2, hier Nummer 3.2.2, Seite 37 und lesen: “Teile des Baggergutes aus der inneren Elbmündung, welches außerhalb des OSPAR-Konventionsgebietes liegt, wurden im OSPAR-Konventionsgebiet verklappt, da die Kapazitäten der Deponien in der Nähe der ursprünglichen Baggergebiete erschöpft waren. Darüber hinaus wird angenommen, dass es einen Rücktransport von Baggergut von zu nah liegenden Verklappungsstellen durch hydromorphologischen Bedingungen gibt. Die Verklappung dieses Baggerguts auf weiter seewärts liegende Klappstellen sollen die erhöhten Sedimentmengen im Hafen deutlich reduzieren. Ein neues Konzept für das Management von Baggergut ist in Entwicklung.” (Eigene Übersetzung)

Was ist mit OSPAR-Konventionsgebiet gemeint? Die Grenzen dieses OSPAR-Gebietes ergeben sich aus den “Gemeinsamen Übergangsbestimmungen zum Umgang mit Baggergut in den Küstengewässern” kurz GüBAK, hier Kapitel 1.4, Seite 6: es ist der Elbkilometer 683, d.h. querab des Freiburger Hafenpriels. Ab Elbkilometer 683 ist man im OSPAR-Gebiet, davor, also auch die Elbkilometer 638 bis 650 liegen außerhalb.

Bis Elbkilometer 683, dem Freiburger Hafenpriel, gelten andere Baggerbestimmungen als die GüBAK: namentlich die “HABAB”, die “Handlungsanweisung für den Umgang mit Baggergut im Binnenland“.

Die HABAB geht bei der Schadstoffbewertung grundsätzlich anders vor als die o.a. GüBAK. Bei der HABAB werden nicht die Schadstoffbelastungen des Baggergutes mit vorab festgelegten Grenzwerten verglichen, sondern es werden die Schadstoffkonzentrationen im Schwebstoff an der Baggerstelle mit denen des Baggergutes verglichen und in Relation gesetzt: ist der Schwebstoff ähnlich vergiftet wie das Baggergut, kann problemlos umgelagert werden – ist der Schwebstoff dagegen deutlich weniger belastet als das Baggergut muss etwas unternommen werden.

Folgen wir den OSPAR-Angaben muss es zwischen Nesssand und Lühesand Baggermaterial gegeben haben, das deutlich mehr Giftstoffe als die Schwebstoffe enthalten haben muss. Das Material hätte an Land deponiert werden müssen und hätte nicht umgelagert werden dürfen. Dafür hat es ein Anzeige bei OSPAR gemäß Teil 1, Tabelle 2 gegeben.

Ist das nun schlimm? Wir vergleichen den oberen HCB-Grenzwerte, der bei der GüBAK mit R2 auf Seite 13 angegeben ist mit den OSPAR-Angaben: dort lesen wir als Grenzwert 5,5 µg, der mit 5,67 µg deutlich überschritten worden ist.

Nun sind wir völlig überrascht: in 2012 hat es laut dem Senat und der HPA keine Verklappungen bei E3 vor Helgoland gegeben. Hamburg und das WSA HH müssen der Elbe aber, wenn wir dem OSPAR-Bericht für 2012 glauben schenken (siehe oben: ein völkerrechtlich bindender Vertrag) erheblich belastetes Baggergut zwischen Nesssand und Stadersand entnommen und unterhalb des Freiburger Hafenprieles verklappt haben. Auch hiervon ist den HPA-Baggerbericht für 2012 kein Wort zu entnehmen.

Es scheint also, dass die Verklappung außerhalb der obigen GüBAK-Bestimmungen vorgenommen wurde – vielleicht sogar bei Helgoland bei der Tonne E3?

Wenn Sie uns bis jetzt noch folgen konnten, würden wir uns freuen, wenn Sie noch die OSPAR- und HPA-Berichte für die Vorjahre vergleichen würden. Sie werden den soeben für das Jahr 2012 geäußerten Verdacht für die Vorjahre mehr als bestärkt bekommen.

Wer sich wundert, dass OSPAR seinen Bericht für 2012 erst so spät veröffentlicht, möge nach den Baggerberichten der HPA für das Jahr 2013 suchen. Diese sind nach 11 Monaten Wartezeit immer noch nicht veröffentlicht – wie soll da eine europäische Organisation schneller sein?

In Sachen Baggerregelungen muss “Druck auf den Kessel”. Es kann nicht sein, dass unsere Mülltonnen für den “Grünen Punkt” Müll in Wohnanlagen  mit Schlössern versehen werden und in der unserer Elbe und der Nordsee vor Helgoland rumgesaut werden kann, wozu die “Bagger-Oberen” gerade Lust haben.

Friedrichskoog

Der Streit um den Fortbestand des Schleswig-Holsteinischen Hafens FrieFischKutterDemodrichskoog schwelt schon lange. Eine sehr stattliche Krabbenfischerflotte hat in Friedrichskoog ihren Heimathafen. Die Unterhaltung der Zufahrt des stark verschlickenden Kutterhafens sollen das Land Schleswig-Holstein jährlich über eine halbe Million Euro kosten – die will die Landesregierung einsparen. Undenkbar, wenn man den quirligen dithmarscher Hafen mit der Werft, den bunten Kuttern und der Seehundsstation vor Augen hat – ein norddeutsches Idyll.

Ja, in Hamburg können wir uns auf die Schultern klopfen, dass wir wieder einen Hafenkonkurrenten platt gemacht haben. Nein, nicht durch Containerumschlag, sondern durch Schlick aus der Unterhaltungsbaggerei für die Fahrrinne zum Hamburger Hafen. SeehundDieser Schlick wird regelmäßig in der Aussenelbe, dem “Vorgarten” der Friedrichskooger Hafenzufahrt verklappt und sedimentiert auch über das “Neufahrwasser” in den Friedrichskooger Hafenpriel. Sicherlich haben auch die strombaulichen Maßnahmen für die Medemrinne zu der Verschlickung beigetragen.

Einen ursächlichen und gerichtsfesten Beweis für die Zusammenhänge mit den Elbvertiefungen kann kein Friedrichskooger erbringen – die seemännischen Erfahrungen der Fischer und Anwohner, die in Seekarten sichtbaren vertiefungsbedingten Änderungen der Elbmündung in unmittelbarer Nachbarschaft zu Friedrichskoog und die vielen anderen Beobachtungen zählen da nichts.  Die Landesregierung in Kiel ist auf diesem Ohr vollständig taub. Sie schließt Friedrichskoog, erteilt vorher ihr uneingeschränktes Einvernehmen zur 9. Elbvertiefung und toleriert, trotz des Verlustes der Husumer Windmesse, auch noch die Nordseeverklappung des giftigen Hafenschlicks vor Helgoland bei Tonne E3.

In der Hamburger Bürgerschaft scheint es Abgeordnete mit einem Gewissen zu geben. In einer schriftlichen kleinen Anfrage wird zur “Verantwortung Hamburgs für die Verschlickung des Friedrichskooger Hafens” gefragt.  Im Titel wird auch gefragt “Kann Hamburg dazu beitragen, die drohende Schließung des Hafens abzuwenden?” Auf die Antworten sind wir sehr gespannt: wenn als Lösung nun wieder der Schlickfonds wie von Herrn Senator Horch bereits kundgetan, angeführt wird, dann wissen wenigstens die anderen Unterelb-Häfen, was sie zu erwarten haben.

Wo bleibt der Hafenausschuss?

Der Umweltausschuss der Bürgerschaft hat im Mai 2014 über die im Februar 2014 vorgelegten Antworten auf die  Großen Anfrage “Hafen und Umwelt” abschließend beraten und nun im September 2014 endlich seinen Bericht veröffentlicht.

In diesem Bericht ist nichts Neues zu finden. Im Gegenteil, die Ausschussmitglieder lassen den Senatsvertretern viel Raum für inhaltsleere Werbebotschaften ohne konkrete Zahlen. Sie scheinen sich zudem mit den zwischenzeitlich neuen Informationen zu den in der großen Anfrage aufgeworfenen Themen nur wenig beschäftigt zu haben. Trotz der unhaltbaren Zustände bei den Hinterlandverkehren erfahren wir keine konkreten Maßnahmen:

“Zum Thema Bahn und Binnenschifffahrt erklärten die Senatsvertreterinnen und -vertreter, die derzeit aufgrund großer Autobahnbaumaßnahmen schwierige Verkehrssituation im Hamburger Raum zum Anlass genommen zu haben, Möglichkeiten einer noch besseren Verlagerung des Verkehrs im Hamburger Hafen zu eruieren, unter anderem auch auf das Binnenschiff.” Derartige Phrasen werden nicht kritisch hinterfragt.

Ähnliche Phrasen finden wir bei den konjunktivischen Antworten der Senatsvertreter zum Sauerstoffloch oder zur Unterhaltungsbaggerei und E3-Verklappung. Die Abgeordneten fordern nicht einmal Zahlen, Daten, Fakten für eine Protokollantwort ab. Zu den hafenrelevanten Umweltthemen rund um die Elbvertiefung wird nicht einmal ein Wort verloren…

So fragt sich der geneigte Leser, was diese Ausschussbehandlung und die späte Protokollveröffentlichung überhaupt soll. Angesichts der Kritiklosigkeit der Abgeordneten liegt uns eine Empfehlung auf der Zunge: wann wird endlich in Hamburg in der Bürgerschaft – in Analogie zu Bremen – ein Hafenausschuss eingerichtet, in dem fachkundige Abgeordnete öffentlich alle vier Wochen mit den Senatsvertretern ausschließlich über Hafenthemen diskutieren.

Geschäftsmodell E3

Erinnern Sie noch den Streit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein aus 2013 in Umwelthauptstadt HamburgSachen Windmesse Husum und Hafenschlickverklappung bei Tonne E3 vor Helgoland und den Zusammenhang zu den jetzigen Baggerungen am Köhlbrand, Süder- und Norderelbe?

In 2013 war über das Schlickthema einheftiger Streit zwischen den beiden Bundesländern entstanden, der in einer Einigung endete, dass Hamburg für jeden Kubikmeter vor Helgoland verklappten vergifteten Hafenschlicks  2 Euro in eine zu gründende “Stiftung Wattenmeer” zu zahlen hätte.

Für Hamburg erschien uns dieses als ein für einen Pfeffersack gut verhandeltes Geschäft. Und das noch mit Zustimmung eines grünen Umweltministers in Schleswig-Holstein. Nein liebe Leser, das war renditetechnisch ein Super-Mega-Deal – mehr geht nicht.

Die Annahme der Abgeordneten der GRÜNEN, sich gezwungen zu sehen vor Neßsand zu verklappen, weil die Möglichkeit in der Nordsee derzeit nicht bestehe, bestätigten die Senatsvertrete innen und -vertreter. Sie fügten hinzu, dass diese Verklappung anstatt 2 Euro/m³ vor Sankt Margarethen 6 Euro/m³ koste im Gegensatz zu den ganz teuren Maßnahme um circa 40 Euro. Diese Maßnahme bewege sich immer noch im unteren Bereich des Kostenaufwandes.” lesen wir im Zwischenbericht des Haushaltsausschusses vom 31.10.2012 auf der Seite 210.  Das ist eine knallharte Kalkulation, wie man den vergifteten Hafenschlick kostengünstig zu Lasten Helgolands, des Wattenmeeres und unserer Umwelt loswerden kann.

Bei den 600.000 m³ Hafenschlick errechnen sich die Gesamtkosten nach Angaben der Abgeordneten der Grünen bei einer Verklappung

  • vor St. Margarethen bei 2 €/m³ mit 1.200.000 Euro
  • vor Nesssand bei 6 €/m³ mit 3.600.000 Euro und
  • bei Deponierung in Hamburg bei 40 €/m³ mit 24.000.000 Euro.

Annähernd bestätigt finden wir diese absurde Kalkulation in der Protokollerklärung des Senates 1-7-3 in Band 2 zu dem o.a. Zwischenbericht.

  • vor Nesssand bei 2 €/m³ mit 1.200.000 Euro
  • vor St. Margarethen bei 4,5  €/m³ mit 2.900.000 Euro und
  • vor Helgoland/E3 mit 8,25 €/m³ mit 4.950.000 Euro
  • bei Deponierung in Hamburg bei 26 €/m³ mit 15.600.000 Euro (Kleine Anfrage).

2009 hat die EU-Kommission Hamburg den Titel „Umwelthauptstadt Europas 2011“ verliehen. Mit der Auszeichnung würdigt die Europäische Kommission Metropolen, die den Umweltschutz vorbildlich vorantreiben. Die Hansestadt konnte mit bisherigen Erfolgen, aber auch mit ambitionierten Zielen punkten. Die angeführten Zahlen zu den Einsparungen bei den Baggerkosten sind doch ein wahrlich “vorbildliches Vorantreiben” mit “ambitionierten Zielen”.

Den gesamten Zwischenbericht aus der Bürgerschaft mit den o.a. Ausschnitten mit 50 MB Größe finden Sie -> hier.

E3-Schummelei vor Helgoland

Kurz vor Ende der Verklappung von Tausenden Tonnen belasteten Baggergutes vor Helgoland bei Tonne E3, das aus Baggerarbeiten im Hamburger Hafen stammt, wird nun bekannt, woher dieses Baggergut genau kommt. Zu Beginn der E3-Verklappungen wurde vom Senat der Eindruck erweckt, dass das Baggergut ausschließlich aus Sedimentation beim Köhlbrand stammt. In einer Senatsantwort zu einer kleinen Anfrage wurden für den Köhlbrand erhebliche Tiefgangsbeschränkungen für Schiffe bekannt gegeben, gefolgt von einem HPA-Bericht mit den Analyseergebnissen des Baggergutes vom Köhlbrand.

Nun sind seit Kurzem zwei weitere Analyseberichte durch die HPA veröffentlicht worden: je ein weiterer Bericht für die Norderelbe (nördlich der Einmündung des Köhlbrandes) und für die Süderelbe (südlich der Köhlbrandbrücke unmittelbar vor dem Terminal Altenwerder). Also wurde Baggergut an 2014-07-20-469-Internetdrei Stellen im Hamburger Hafen entnommen und nicht nur einer.

In den Analyseergebnissen lesen wir jeweils, dass die Proben aus den drei Baggerstellen gemäß der GÜBAK analysiert wurden. Die GÜBAK ist eine bundeseinheitliche Richtlinie, wie mit belastetem Baggergut aus Umlagerungsbaggerei umgegangen werden soll und leitet sich aus dem europäischen OSPAR-Abkommen von 1992 und den seit 2009 geltenden Guidelines ab. Die aus OSPAR abgeleitete GÜBAK hat auf der Elbe Gültigkeit vom Freiburger Hafenpriel bei Kilometer 683 bis in die Hohe See der AWZ. Da das gebaggerte Material aus dem Hafen nach Helgoland zur Tonne E3 verbracht wird, ist die o.a. GÜBAK anzuwenden.
Nun kommt ergänzend aus einer komplexen juristischen Herleitung hinzu, dass Hamburg für die Ablagerung des Hafenbaggerguts vor dem Schleswig-Holsteinischen Helgoland ein Einvernehmen zu erwirken hatte. Dieses Einvernehmen erfolgte erneut im Mai 2013 – nach Angaben der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung, Umweltminister Herrn Robert Habeck  mit strengen Umweltauflagen.

Diese von Herrn Habeck angeführten Auflagen wurden niemals öffentlich gemacht. Aus dem E3-Baggerbericht der HPA von 2011 kann man aber ab dem dritten Absatz auf Seite 7 für das Einvernehmen aus 2009 erahnen, dass bestimmte neuralgische Grenzwerte der chemischen Belastung verschärft worden sein müssen, insbesondere die für HCB, TBT und DDX (DDT, DDE und DDD). Gleiches müsste für die ökotoxikologische Wirkung gelten: hier erfahren wir im 5. Absatz des 2011-E3-Baggerberichtes, dass die höchsten Toxizitätsklassen der GÜBAK, die V und VI, nicht verbracht werden dürfen. Es würde uns sehr verwundern, wenn man im Einvernehmen 2013 mit dem grünen Umweltminister diese Grenzwerte und Toxizitätsklassen erweitert statt reduziert hätte.

Nun betrachten wir die aktuell vorliegenden Analysewerte der HPA für die drei Baggergebiete im Hamburger Hafen und stellen diese den GÜBAK-Werten gegenüber.

Bei den Chemische Untersuchungen finden wir bei bei zwei von drei von Schleswig-Holstein geforderten Grenzwerten deutlichste Überschreitungen des R2-Richtwertes um bis zu 300% –  in Worten dreihundert!

Proben gesamt GÜBAK-R2 Köhlbrand Norderelbe Süderelbe
Analyse Einheit ob.Richtwert Mittelwert 0,9 Pz Mittelwert 0,9 Pz Mittelwert 0,9 Pz
HCB [µg/kg] 5,5 7,6 9,9 5,8 6,5 9,3 11,0
TBT [µg/kg] 100,0 44,0 79,0 46,0 55,0 33,0 40,0
DDX [µg/kg] 12,0 23,6 27,8 19,9 23,9 31,4 36,6

Auch bei Quecksilber ist in diversen Proben in der Süderelbe und im Köhlbrand ein Wert oberhalb des Richtwertes von 2,1 mg/kg festgestellt worden. Bei den ökotoxikologischen Tests sind die Beprobungen zu limnischen Tests in der Süderelbe überwiegend in der Toxizitätsklasse IV festgehalten.

Lesen wir wieder im E3-Baggerbericht aus 2011, Seite 7, 3. Absatz: “In der geänderten Fassung des Einvernehmens aus dem Jahr 2009 wird zusätzlich gefordert, dass die Belastung mit HCB, TBT und Summe DDX die zwischen 2005 bis 2007 ermittelten 90-Perzentil-Werte nicht übersteigen darf.” Wir stellen also den 90-Perzentil-Wert der 2014-Baggerung aus der Süderelbe den 90-Perzentil-Werten der Jahre 2005 bis 2007 gegenüber:

Helgoland-Verklappung 2014 2005 2006 2007
Analyse Einheit 0,9 Perzentil 0,9 Perzentil 0,9 Perzentil 0,9 Perzentil
HCB [µg/kg]              11,0              23,7              24,0              25,7
TBT [µg/kg]              40,0            195,0            250,0            106,0
DDX [µg/kg]              36,6              21,0              66,8              55,1

Wir stellen fest:

  • Das 0,9-Perzentil der aktuellen E3-Verklappungen überschreitet die obersten Richtwerte der GÜBAK um bis zu 300%. Der aktuellen Verklappung in 2014 hätte somit eine umfangreiche GÜBAK-Alternativenprüfung vorausgehen müssen. Diese Alternativenprüfung wurde seitens HPA bislang nicht veröffentlicht.
  • In dem bei Helgoland, Tonne E3 in den Jahren 2005 bis 2007 verklappten Baggergut wurden die in 2009 in der GÜBAK festgelegten oberen Richtwerte um ein Vielfaches überschritten.
  • Mit dem Einvernehmen zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg aus dem Jahre 2009 hat sich die Schleswig-Holsteinische Landesregierung über den Tisch ziehen lassen. Es ist unfassbar, dass von der damaligen Landesregierung, unmittelbar vor der GÜBAK-In-Kraft-Setzung, derart hohe Grenzwerte für 2009 bis 2011 genehmigt wurden. Was mag denn nur der jetzige grüne Umweltminister, Herr Robert Habeck, für die derzeitige Verklappung genehmigt haben? Hier veröffentlichen wir erneut die MELUR-Antwort vom 11.06.2013 auf unsere Fragen zu E3 vom Mai 2013.

Die oberen Richtwerte der in 2009 verabschiedeten GÜBAK hinterfragt man besser nicht: sie stammen für die Nordsee laut GÜBAK (Seite 28, Kapitel 3.1.1.2 letzter Spiegelstrich und letzter Satz),  aus dem Jahre 1997. Seitdem wird an neuen Richtwerten gearbeitet – ein Ergebnis ist nicht einmal ansatzweise sichtbar.

Zum Abschluss bitten wir als Hamburger bei den Helgoländern um Entschuldigung, dass wir Ihnen einen so abartigen Dreck vor die Haustür, ihrer wirtschaftlichen Grundlage, den Badestrand gelegt haben.

Neues zur E3-Verklappung

Über die sommerliche Aufnahme von Baggerarbeiten und der Verbringung des Baggergutes zur Tonne E3 vor Helgoland hatten wir berichtet.

In den Antworten zu einer schriftlichen kleinen Anfrage wird beschrieben, warum im Hafen gebaggert und der Schlick vor Helgoland verklappt wurde: vom 1.4. bis zum 6.11. eines Jahres besteht eine Ausschlusszeit, in der nicht mehr vor Nesssand umgelagert werden darf.

Die Verklappung des Schlickes vor Helgoland ist also keinesfalls eine Maßnahme des “Strombau- und Sedimentmanagementkonzept für die Tideelbe“, in dem man auf Seite 22 lesen konnte: “Die Verklappung des Baggergutes an der Tonne E3 entspricht für die Sedimentbilanz der Tideelbe einer Verbringung zum „point of no return“.” – also kein Rückspülen (Tidal pumping) des Baggergutes zurück in den Hafen.

Das Sedimentkonzept ist für Hamburg uninteressant. Die Verklappung des Baggerschlicks vor Helgoland bei der Tonne E3 ist zu einem Hamburger Notfallplan für sommerliche Baggerei geworden. Leider kann man den Notfallplan nicht über Nacht ziehen, sondern muss noch ein paar Wochen Vorlauf einplanen. In dieser Vorlaufzeit musste man Sedimentproben ziehen und deren Ergebnisse veröffentlichen: Nun weiß jeder Fischer in der Nordsee und jeder Badegast auf der Helgoländer Düne, worauf er sich einläßt. Das ist doch transparent…

 

 

Sauerstoffloch und E3

Wir genießen die warmen Tage und nutzen diese vielleicht für einen Besuch an den BadeninderElbewenigen und kleinen Hamburger Elbstränden mit der blauen Elbe im Blick. Strandperle, Wittenbergen? Es ist ein wunderschönes Sommererlebnis in unserer Stadt.

Während wir dieses genießen dürfen, japst unser blau schillernder Strom nach Luft. Das alljährliche und sommerliche Sauerstoffloch ist an unseren Strand zurückgekehrt. Sauerstoffloch? – das haben unsere Kollegen von Rettet-die-Elbe vollumfänglich beschrieben: sinkt der Sauerstoffgehalt unter 3 mg/l bekommen die Fische in der Elbe keine Luft mehr und ersticken. Aktuelle Messwerte der Messstationen, Elbe weisen am 11.07.2014 für 12:00 Uhr in Blankenese 1,7 mg/l und am Seemanshöft 2,3 mg/l aus. Diese Werte zeigen an, das sich die sogenannte Todeszone wieder voll entwickelt hat.

Damit unsere japsende Elbe samt Fischen nicht noch unnötig durch sauerstoff-zehrende Baggerarbeiten und deren Verklappung bei Nesssand belastet wird, haben sich die HPA und die Hamburger Umweltbehörde BSU darauf vereinbart, dass unterhalb eines Sauerstoffgehaltes von 4 mg/l keine Baggerarbeiten im Hamburger Hafen zur Verklappung bei Nesssand gegenüber Blankenese stattfinden dürfen.

Was macht man als HPA, wenn bei einem Sauerstoffloch im Hafen rund 800.000 m³ Schlick aktuell beim Köhlbrand und im Vorhafen drücken? Richtig: man baggert weiter, verklappt aber nicht mehr bei Nesssand (darf man ja nicht) sondern verklappt bei der Tonne E3 vor Helgoland. Das darf man laut einer Vereinbarung mit dem Bundesland Schleswig-Holstein: kostet zwar etwas mehr Geld, aber der giftige Hafenschlick ist weg. Und, was interessieren schon Helgoland samt Badedüne?

Glauben Sie nicht? Dann gucken Sie mal welchen Bagger wir wieder im Hamburger Hafen begrüßen durften und wie sich seine Wege in den nächsten Tagen entwickeln werden. “BARTOLOMEU DIAS” heißt der neue Gast.

Eine schriftliche kleine Anfrage fragt nun nach den o.a. Gründen nach.