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Baggermenge steigt

AlexandervonHumboldtBaggerIn der Bürgerschaft wurde eine Schriftliche Kleine Anfrage zu den bislang in 2016 im Hafen und auf der Hamburger Delegationsstrecke gebaggerten Sedimenten gestellt. Die Senatsantworten lassen aufmerken:

In den Monaten Januar bis März 2016 wurden vor Neßsand bereits 6,22 Mio. Kubikmeter Laderaumvolumen verklappt. Hinzu kommen dann noch die Verklappungen vor Helgoland bei Tonne E3: hierhin wurden von März bis Juli 2016 rund 1,38 Mio. Kubikmeter verbracht. In den ersten sieben Monaten des Jahres 2016 wurden somit 7,6 Mio. Kubikmeter Sedimente gebaggert. Zum Vergleich: Im Jahr 2015, dem bisherigen Rekordjahr der Hamburger Unterhaltungsbaggerei waren es gut 10 Mio. Kubikmeter für 85 Mio. Euro.

Der Senat gibt keine Prognose ab, ob 2016 nahtlos an den Kosten- und Mengenrekord des Jahres 2015 anschließt. Wir wagen eine Prognose, bei der wir vermuten, dass keiner dagegen halten wird: Wir gehen von 11 Mio. Kubikmeter Sedimenten und Baggerkosten von über 90 Mio. Euro aus.

cetattip-demo17092016Natürlich soll das alles so gar nichts mit der vorangegangen Elbvertiefung zu tun haben. Es gibt auch Menschen, die glauben, dass mit einer neuen Elbvertiefung die Baggervolumina und -kosten deutlich abnehmen werden. Das müssen solche Menschen sein, die glauben, dass Freihandelsabkommen viele, viele Arbeitsplätze schaffen werden. Die ebenfalls glauben, dass man mit der Privatisierung von öffentlichen Aufgaben noch viel mehr Arbeitsplätze und Wachstum schafft.

So scheint derzeit auch der Glaube in Australien zu sein. So lesen wir in einer Reuters-Nachricht, dass der “Hafen von Melbourne für 6,55 Milliarden Euro verkauft” worden ist. Und zwar vom Bundesstaat Victoria an eine Investorengruppe unter Beteiligung eines chinesischen Staatsfonds. 6,55 Milliarden Euro für einen Hafen, der, nach eigenen Angaben, nur schlappe 2,64 Mio. TEU umschlägt und für Beschäftigung von lediglich 12.800 Menschen sorgt. Hamburg kann mehr: hier schafft man über das dreifache an Containerumschlag und beschäftigt dafür über zehnmal so viele Menschen. Na, das reizt doch zur Privatisierung, oder?

Nehmen wir den über dreimal so großen Containerumschlag und rechnen diesen auf den in Melbourne erzielten Preis um: das wären fast 20 Milliarden Euro für den Hamburger Hafen. Beeindruckend: mit diesem Kauferlös könnte sich Hamburg nahezu 80% seiner Staatschulden entledigen. Ja, und während die Sozialdemokraten mit maßgeblicher Unterstützung aus Hamburg heute Abend in Wolfsburg das Freihandelsabkommen CETA durchgewunken haben (lt. SZ mit einer 2/3-Mehrheit, ausgezählt wurde aber nicht), dürfen wir uns auf eine derartige Privatisierungsdiskussion in nicht allzu ferner Zukunft sicherlich freuen.

Glauben Sie nicht? Diese Diskussion hat es bereits in 2006 gegeben. Lesen Sie in der Zeit, was damals die Argumente gegen eine Privatisierung gewesen sind. Diese Argumente sind alle voll eingetreten: “Der Fall HHLA ist ein Musterbeispiel für das Dilemma, in dem die Kommunen stecken. Der Hafen ist das wirtschaftliche Herz der Hansestadt, knapp 145.000 Arbeitsplätze hängen von ihm ab. Doch damit er die immer größeren Containerschiffe aufnehmen kann und konkurrenzfähig bleibt, bedarf es in den kommenden zehn bis 15 Jahren Investitionen in Höhe von rund einer Milliarde Euro – viel Geld für die verschuldete Stadt. Gleichzeitig wäre es verheerend, wenn der künftige HHLA-Eigner nicht auch das Wohl Hamburgs im Blick behielte. Wenn er sein Engagement allein unter Renditegesichtspunkten betriebe, bei einer Flaute im Containergeschäft das Interesse verlöre oder gar, weil ihm andere Häfen wichtiger sind, schlicht die Konkurrenz aus Hamburg ausschalten wollte. Nur wenn die Stadt selbst die Mehrheit behält, ist sie vor solchen Entwicklungen geschützt. Wer aber investiert derartige Summen, wenn er nicht das Sagen hat? Zumal Befürworter des Marktes stets damit argumentieren, dass private Unternehmen wirtschaftlich erfolgreicher seien. Geld oder Einfluss – die Stadt hat die Wahl.

Diese Stadt hat ihre Krankenhäuser und Altersheime privatisiert – warum nicht eigentlich auch den Hafen privatisieren? Dann wäre man nahezu alle Sorgenkinder wie die HHLA und die HPA los und könnte sich sicherlich problemlos aus dem Hapag-Lloyd-Investment desinvestieren. Wir sind gespannt, was wir nach dem SPD-Parteikonvent in  Wolfsburg von unseren freihandelsfreundlichen Bürgermeister noch so alles hören werden…

 

Nur Bremerhaven?

Bremerhaven-NTBVor gut einem Jahr ereignete sich ein schwerer Unfall am NTB-Terminal in Bremerhaven. Der Ausleger einer Containerbrücke brach und stürzte mitsamt der Gondel und dem Brückenfahrers 50m tief in den Schiffsladeraum auf den Schiffsboden. Materialermüdung soll die Unfallursache gewesen sein.

CTA-ZPMCAn einer anderen, ebenfalls vom chinesischen Herstellers ZPMC produzierten baugleichen Brücke sind nun Ermüdungsrisse festgestellt worden, so dass in der vergangenen Woche laut Weser-Kurier zehn weitere Brücken am NTB-Terminal aus Sicherheitsgründen stillgelegt wurden. Zudem wurde am Montag laut Radio Bremen am benachbarten MSC-Gate eine weitere Brücke  durch eine Schiffskollision zerstört. Über ein Viertel der 41 Bremerhavener Containerbrücken stehen nun still.

So ist es doch errfreulich, dass aus der Not heraus ganz schnell eine Hafenkooperation zwischen Bremerhaven und Wilhelmshaven möglich wurde: Maersk leitet einen Teil seiner für das NTB-Terminal geplanten Schiffsanläufe einfach auf den Jade-Weser-Port nach Wilhelmshaven um. Das was uns seit Jahren für unmöglich erklärt wurde, geht nun doch!

Ein immenser Ausfall, wie der Aktuelle in Bremerhaven, bietet aber auch die Möglichkeit über das Für und Wider des Containerumschlags inne zu halten. Die aktuelle Diskussion um die Freihandelsabkommen CETA und TTIP hat Heises Telepolis gestern zum Anlass genommen, einen lesenswerten Artikel zur globalen Containerschifffahrt und dessen ökologischen, politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen zu veröffentlichen:

  • Der Transport von 20.000 Kilogramm Gütern über 20.000 Kilometer also billiger ist, als eine reguläre Bahnfahrt zweiter Klasse von München nach Göttingen und zurück” oder
  • Ein einziges großes Containerschiff emittiert mehr als die doppelte Menge SO2 wie die komplette KfZ-Flotte Deutschlands, täglich.

Thematisiert wird auch der “Apfel von ums Eck” aus dem Alten Land, der aufgrund niedriger Transportkosten mit weitgereisten neuseeländischen Äpfeln konkurrieren muss, bis hin zur demokratiefeindlichen  Ankündigung der EU-Kommission, dass das mit Kanada verhandelte Freihandelsabkommen CETA ohne Ratifizierung durch die nationalen Parlamente der Mitgliedsstaaten vereinbart werden wird.

Wir denken dann noch an die Elbvertiefung und ihre Auswirkungen auf die Umwelt, das CTB-ZPMCGeschehen um die HSH-Nordbank (heute ist der teuerste Tag der Landesgeschichte) und die Fusion von Hapag-Lloyd und USAC. Alle diese weiteren Themen zeigen auf, wie eng wir mit unserer Stadt Hamburg in diesen irren Geschichten rund um den Container und den zur Diskussion stehenden Freihandelsabkommen verwoben sind.

CTT-ZPMCAuch wenn man in Hamburgs Politik bestimmt nicht inne halten wird, verbleibt die Frage, was mit den Hamburger Containerbrücken an den vier Hamburger Terminals ist. Diese wurden, wie in Bremerhaven zum großen Teil ebenfalls von ZPMC gebaut. In allen Bildern der in Hamburg stehenden Containerbrücken der drei HHLA-Terminals und am Eurogate-CTH finden Sie diese vier Buchstaben. Ob da auch schon Prüfungen statt gefunden haben?