Gestern hat die zweite Hamburger Containerreederei, die Hamburg-Süd, zur Pressekonferenz über das abgelaufene Geschäftsjahr eingeladen. Geschäftszahlen wurden, wie immer, nur spärlich veröffentlicht. Aber der Sprecher der Geschäftsführung der Hamburg Süd, Herr Ottmar Gast, fand, auch wie immer, klare Worte zu den Geschäften der Containerreedereien. Wir können Sie in der Pressemitteilung der Hamburg-Süd fast langweilig nachlesen – zielführend zusammengefasst werden sie in der Welt!
Mit dem Titel “Deutschen Reeder droht ein verlorenes Jahrzehnt” finden wir eine lesenswerte Analyse der Situation der desolaten Situation der Containerschifffahrt. Mit den immer größer werdenden Schiffen, den sogenannten Mega-Schiffen, sorgt die Branche für Überkapazitäten ungeahnten Ausmaßes. Die Folge: die Frachtraten, also der Preis für den Transport eines 20-Fuß-Containers von Asien nach Nordeuropa, sinkt seit Jahren ins Bodenlose. Ein Teufelskreis hat sich gebildet. Es wird versucht, die sinkenden Preise durch Kosteneinsparungen aufzufangen. Man lässt die Schiffe spritsparend zunächst sehr langsam fahren. Reicht nicht. Dann wird die Kapazität der Schiffe durch massenhafte Neubauten in ungeahnten Dimensionen vergrößert. Die Kapazitätssteigerungen betragen nicht nur 10 oder 20 Prozent. Es müssen gleich mindestens 100 Prozent sein. Auch das reicht nicht für einen kostendeckenden Betrieb. Also müssen es 200 % sein. Auch das reicht nicht. Nun werden sogar 300 Prozent Kapazitätssteigerung angepeilt.
Glauben Sie nicht?
Zum Jahresende 2012 veröffentlichte der Insider-Informationsdienst Alphaliner in seinem Newsletter 45/2012 eine Graphik zur Schiffsgrößenentwicklung.
Dort finden wir das erste Post-Panamax-Schiff von 1988, die President Truman mit 4.500 TEU Kapazität. Reicht nicht!
Wenn wir die TEU-Zahl verdoppeln, sind wir bei einer Kapazität von 9.000 TEU. Das wäre eine kleine Gudrun Maersk aus dem Jahr 2005, die absolute Obergrenze für die anstehende Elbvertiefung darstellt. Reicht nicht!
Lassen wir die “Emma Maersk” mit 150 Prozent Steigerung aus. Reicht nicht!
Gehen wir zur “CMA CGM Marco Polo” mit 16.000 TEU Kapazität aus dem Jahr 2012. Die Taufe des Schwesterschiffes fand in Hamburg statt. 200 %? – Reicht nicht!
Die “CSCL Globe” oder die MSC Oscar sind mit über 19.000 TEU die nächsten Riesen. Sie ahnen es schon: 250 %? – Reicht nicht!
Nun stehen Schiffe mit einer Kapazität von 22.000 TEU bzw. 25.000 TEU kurz vor der Beauftragung – wird das reichen?
Das Schwesterschiff von “MSC Oscar”, die “MSC Oliver“, wurde Ende März 2015 der Reederei übergeben und sollte prompt aus Asien die Jungfernfahrt nach Europa antreten. Diese wurde laut Drewry (letzter Absatz zu Figure 3) verschoben. Im aktuellen Alphaliner dürfen wir dann lesen, das diese wohl auf den 25.04.2015 verschoben worden ist: man hat für das Schiff einfach keine Ladung bekommen. Eine Jungfernfahrt ohne Ladung?
Zurück zu Hamburg Süd, Herrn Gast und den Welt-Artikel: “Einige Wettbewerber legen keinen Wert auf eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals”, sagte der Manager. Gemeint sind damit aber nicht nur asiatische Reedereien in Staatshand, bei denen Gewinne nicht das wichtigste Geschäftsziel sind. Auch Konkurrent Hapag-Lloyd ist zu rund einem Viertel in öffentlicher Hand und gehört der Stadt Hamburg. “Darüber kann man sich ärgern, es hat aber auch einen Vorteil: Wer frei von Staatsbesitz ist, bleibt gut durchtrainiert”, sagte Gast. Hamburg Süd gehört allein der Familie Oetker.”
Die Stadt Hamburg leidet nicht nur unter den unsinnigen Elbvertiefungsplänen, die für Schiffe aus dem Jahr 2006 gedacht war. “Durchdacht” ist die Elbvertiefung damit nun nachweislich wirklich nicht. Da ist auch noch die milliardenschwere Beteiligung der Stadt Hamburg an Hapag-Lloyd. “Durchtrainiert” scheint die mit einem 600 Millionen Euro Verlust im Jahre 2014 nun wirklich nicht. Was mag das alles nur ergeben?