Am 23. September 2015 lud die Pro-Olympia-Initiative zusammen mit Hamburg1 und dem Hamburger Abendblatt zum dritten Runden Tisch für ein Expertengespräch ein. Dieses Mal ging es um das Thema Olympia und Hafen. An dem Gespräch nahmen Senator Frank Horch, UVHH-Präsident (und Lobbyist, wie der Moderator Herbert Schalfhoff ihn bezeichnete) Gunther Bonz, Oberbaudirektor Jörn Walter und der hafenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE Norbert Hackbusch teil. Im Mittelpunkt stand die Frage, was die Hamburger Pläne für den Hafen bedeuten.
Das Hamburger Hafenblatt fasste einige der Knackpunkte des Gesprächs zusammen:
- Rund 1 Million m² Fläche müssen auf dem Kleinen Grasbrook sowie angrenzenden Gelände geräumt werden.
- Für alle dort angesiedelten Unternehmen müssen Ersatzflächen gefunden werden.
- Die Kosten für die Verlagerung werden mindestens 1 bis 1,5 Milliarden Euro kosten, ohne dass auch nur ein einziges Gebäude für Olympia entstanden ist.
- Herr Horch wich in allgemeine Ausführungen aus, als er gefragt wurde, ob diese Kosten allein von der HPA geschultert werden sollen. Eine wesentliche Forderung der Hafenbetriebe ist, dass die HPA damit auf gar keinen Fall belastet werden darf.
Bei HH1 können Sie die gesamte Runde noch einmal ansehen und hören. Auch wenn sie insgesamt eher ruhig dahin plätscherte, gab es doch einige weitere interessante Ausführungen.
- Nach ungefähr 18 Minuten äußert Herr Senator Horch sich zu Entwicklungsplänen im Hamburger Hafen, die unabhängig vom Olympiazuschlag eine Verlagerung des Fruchtzentrums, von Unikai, des O’Swaldkais und des Überseezentrums vorsehen. Sollte Olympia nicht kommen, sollen diese Gebiete Hafengebiet bleiben und damit keine Wohnbebauung bekommen. Herr Bonz äußert sich über diese Aussage – nach unserer Ansicht völlig zu recht – irritiert. Bislang galt die Zusage , dass sich ohne Olympia auf dem Grasbrook nichts ändern würde – nun wird in jedem Falle verlagert! Leider versäumte der Moderator dieses Thema zuzuspitzen.
- Nachdem Herr Hackbusch auf erste Kostenschätzungen von 1 Milliarde Euro nur für die Verlagerung hinweist (ab ca. Min 21), liefert Herr Bonz ab ca. Min. 25 ergänzende Informationen: er rechnet mit einem Betrag von 1,1 bis 1,5 Milliarden Euro. In diesem Zusammenhang hebt er noch einmal die Forderung des UVHH und der Hafenbetriebe hervor, dass diese Kosten nicht von der HPA, sondern über den Hamburger Haushalt getragen werden müssen. Im Anschluss daran erläutert Herr Horch ein dreiteiliges Finanzierungskonzept für Olympia: HPA für Verlagerung/Optimierung/Investitionen (oder wie auch immer Sie diese bezeichnen wollen), Einnahmen aus Wohnungsbau bzw. andere Nutzung und erhebliche Bundesmittel. Ein unglaubliches Geeier ist es, was unser Wirtschaftssenator antwortet.
- Das Ultimatum der Hafenwirtschaft, das bis Mitte September die Olympia-Forderungen der Hafenwirtschaft erfüllt sein müssen, scheinen die wesentlichen Forderungen erfüllt zu sein. Herr Bonz gibt ab ca. Min. 33,45 die Erfüllung des Ultimatums quasi durch Benennung aller Zusagen der SPD-Bürgerschaftsfraktion und des Senats bekannt: so gibt es nur eine Verlagerung, wenn Olympia kommt. Es wird dank des Senators Horch eine Verlagerung 1:1 erfolgen. Die Landflächenverlagerungen sollen kurz vor einem Abschluss stehen. Lediglich bei den Wassernutzer sei noch was offen, das würde noch ein paar Wochen dauern.
- Herr Horch wird am Min. 39,44 diesbezüglich gefragt, ob es bereits Verträge oder andere schriftliche Zusagen zu den bisher verhandelten Themen gäbe. Unser Wirtschaftssenator eiert derartig, dass dem Zuschauer schwindelig wird.
- Die HPA soll mit den Kaibetrieben und den landseitigen Nutzern weitgehend einig sein. Die offene “Position” Wassernutzer soll nur noch kleinere Betriebe betreffen, “…die für die Versorgung von Industriebetriebe Materialien haben…” (noch mal Herr Bonz ab ca. Min. 41,50). Nun fängt auch Herr Bonz sybillinisch an zu eiern.
- Interessant wird es noch mal ab ca. Minute 43. Herr Schalthoff fragt Herrn Hackbusch: “Haben Sie auch schon hinter vorgehaltener Hand das Gerücht gehört, dass es eigentlich der Hafenwirtschaft bei dem Druck den sie entfaltet, darum geht, dass diese Hafenwirtschaft die erste sein will, die sich an Olympia quasi eine goldene Nase verdient?…” . Sie seinen oft schon älter und nun könne man sich die notwendigen Investitionen im Rahmen der olympiabedingten Verlagerung von der Stadt finanzieren lassen.
Während Herr Hackbusch diese Gefahr für real hält und an böse Beispiele in der Realpolitik aus der Vergangenheit erinnert (wir denken gleich an Buss oder die Westerweiterung), streitet Herr Horch diese Möglichkeiten ab. Man würde mit übergeordneten Institutionen, namentlich UVHH, Handelskammer und Industrieverband Hamburg (IVH) zusammenarbeiten, um die wirtschaftliche Situation der Betriebe realistisch bewerten zu lassen, bla, bla, eiapopeia… Die nun rapide schwindende Eloquenz von Herrn Horch führt zu einem Stammeln, in dem das Wort “Travehafen” (dort sitzt Buss) vorkommt. Das bestätigt uns, dass Herr Hackbusch mit seinen Worten nicht falsch gelegen haben kann.
Fazit: Für uns ist es, genauso wie für Herrn Bonz, neu, dass es auf jeden Fall Verlagerungen vom Kleinen Grasbrook geben wird. Dass die Verhandlungen, die noch bis Mitte diesen Jahres von öffentlichen Disputen zwischen Senat und Hafenwirtschaft begleitet wurden, nun abgeschlossen sein sollen, verwundert. Warum kann ein Herr Horch dann keine Kosten benennen? Er muss doch wissen, über was er verhandelt?
Lösungen soll es für die großen Player auf dem Kleinen Grasbrook geben- Herr Horch scheint dabei aber noch nicht einmal die Namen der Beteiligten zu kennen. Er erwähnt nur Vier – was ist mit dem EDEKA-Fruchtkontor? Kein Wort zu den Ausweichgebieten – soll der Hafen angesichts der mit Tschechien angestrebten Lösung auf Kuhwerder für Ausgleichsflächen unterkellert oder mit Etagendächern versehen werden. Was soll beispielsweise auf das Gebiet des Waldes Vollhöfner Weiden gehen? Welche kleineren Betriebe müssen mögicherweise größeren weichen? Wieviele Arbeitsplätze im Hafen gehen verloren? Wird das CC3 der unattraktivste Kreuzfahrtstandort Hamburgs (und der Welt), weil er von klassischen Hafenbetrieben umzingelt wird?,,,
Erschüttert hat uns der Glaube eines Herrn Horch, dass Unternehmensinstitutionen den Senat dabei schützen können, bei der wirtschaftlichen Betrachtung von Unternehmen “nicht übers Ohr gehauen zu werden”. Wird da nicht der Bock zum Gärtner gemacht?
Bei der Frage der Kosten ist übrigens ein Bereich in dem Gespräch völlig ausgeblendet worden. Ende letzten Jahres schätzte Herr Gunther Bonz in einem Interview mit der WELT die Kosten für die Verlagerung auf 5 – 7 Milliarden. Damit meinte er die Umzugskosten, einschließlich Bau neuer Gebäude etc. Die jetzt benannte 1 – 1,5 Milliarden für die Erschließung neuer Hafenflächen, waren in seiner Schätzung nicht einbezogen. Im Februar veröffentlichte “fairspielen.de” ein Dokument, das zeigt, der Hamburger Senat tatsächlich bereit ist, die Umzugskosten voll zu tragen. Somit ist die Frage des Abendblattartikels “Was kostet Olympia den Hamburger Hafen” in der Gesprächsrunde nicht einmal annähernd beantwortet worden.
Herr Schluff, ach nee, Herr Schlofhaff – wie lauteten die Namen Ihrer Gäste?