Es ist beruhigend zu wissen, dass die HPA in Sachen Hafenschlick nun wieder alles im Griff hat. Das können wir jedenfalls der nach Frühjahrsputz klingenden HPA-Pressemitteilung vom 02.03.2016 entnehmen: “Begleitend zur Umlagerung bei der Insel Neßsand wird der Hopperbagger gering belastete Sedimente aus der Süderelbe zur sogenannten Tonne E3 in die Nordsee bringen.” Und wir dürfen dazu eine neue Beprobung dieses “gering belasteten” Sediments zur Kenntnis nehmen: Ein Zahlenfriedhof zu Giftstoffen sondergleichen wird uns präsentiert. Wer sich wie wir fragt, ob das nun bedenklich ist, findet keinerlei Antwort. Erneut wird auf einen wissenschaftlich dargestellten Abgleich der gemessenen Giftstoffkonzentrationen mit dem oberen Richtwerten R2 aus der GÜBAK (siehe Tabelle auf Seite 13), der auch für Hamburg und Schleswig-Holstein gültigen Baggerverordnung, verzichtet.
Eine kurze Überblicksauswertung zwischen dieser Verordnung und den HPA-Proben zeigt, dass beim Hexachlorbenzol HCB der auf 5,5 μg festgelegte Richtwert 2 mit 6,6 μg im Mittelwert locker um 20% überschritten wurde. Eine noch höhere Überschreitung ist bei DDT und seinen Metabolite festzustellen: sie liegt im Mittelwert der Proben bei deutlich über 60%.
Nur allein diese beiden Stoffe sind für den Menschen seit nahezu einem halben Jahrhundert als stark krebserregend eingestuft worden – die HPA verkauft uns deren Verklappung aber als einen reinigenden Frühjahrsputz von “gering belastetem” Sediment. Wir alle wissen, dass dieses Baggergut “Sondermüll” ist, dessen Entsorgung alles andere als einfach und vor allen Dingen “billig” ist.
Statt über vernünftige Lösungen nachzudenken, haben unsere Politiker anderes im Sinn. Geiz ist geil, scheint die Devise zu sein. Während ein Bürger für die umweltgerechte Entsorgung von 100 Litern ungiftigen, keramischen Bauschutt bei der Hamburger Stadtreinigung 9,20 Euro zu zahlen hat, scheinen für die politischen Akteuren für vergiftete Sedimente andere Regeln zu gelten. Für die nicht-umweltgerechte Entsorgung der zehnfachen Menge, also 1.000 Liter bzw. 1 m³ hochgiftigen Sediments erscheinen ihnen selbst 2 Euro bzw. ab dem Jahr 2016 dann 2,50 Euro noch zu teuer zu sein. Warum?
Warum umschreiben Politiker dieses unverantwortliche Handeln in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage mit den Worten “Der Kompromiss mit Schleswig-Holstein scheint teuer erkauft worden zu sein und ist damit alles andere als ein nachbarschaftlicher Freundschaftsdienst.”
Wenn es denn schon im o.a. Kostenvergleich wohl doch diesen “Freundschaftsdienst” des grünen Umweltministers in Schleswig-Holstein gibt, ist nicht zu verstehen, warum dann marktdominierte Abgeordnete nicht auf Marktpreisen bestehen. Ein marktgerechter Preis würde eine Externalisierung von Kosten, also ein krasses Marktversagen, verhindern und endlich den Wettbewerb fördern. Können Politiker wirtschaftlich und insbesondere ökologisch nur noch Schaum schlagen?
Ja, leider. Auch wenn diesen o.a. Abgeordneten, aber auch unserem Senat, die zu zahlenden Gelder für das hochgiftige Baggergut viel zu hoch erscheinen: was kommt denn von diesen hamburgischen Millionenüberweisungen wirklich bei der Umwelt an? Ja, das sind wirklich Peanuts…
Die Ministerantworten auf eine Schriftliche Kleine Anfrage im Schleswig-Holsteinischen Landtag anlässlich der Stiftungsgründung “Nationalpark Wattenmeer”, also jener Stiftung an die Hamburg seine “Ablasszahlungen” für die Verklappung des hochgiftigen Baggerguts leistet, offenbaren das Desaster: “In der Annahme eines weiterhin niedrigen Zinsniveaus am Kapitalmarkt ist davon auszugehen, dass die Stiftung in den nächsten Jahren Fördermittel in Höhe von ca. 30.000 bis ca. 50.000 €/a aus der Anlage des Stiftungskapitals generieren kann.”
So fragen wir: wie können Politiker ernsthaft glauben, dass mit 30 bis 50 Tausend Euro pro Jahr schwere Vergiftungen der Nordsee auch nur ansatzweise ausgeglichen werden können?