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Wahlkommentar

Über Parteien schreiben wir nun wirklich nicht gerne. Heute am Nach-Wahl-Morgen überschreiten wir unsere bisherige Grenzlinie und geben einen Kommentar ab.

Bei dieser Bürgerschaftswahl 2015 wurde es dem LasMaWahlvolk wirklich nicht einfach gemacht. Fast alle zur Wahl stehenden Parteien haben sich angestrengt, ihre politischen Inhalte hinter Personen zu verstecken. Selbst die Stadtreinigung schien sich dieser Wahlkampfstrategie durch Überkleben der bislang lustigen gestalteten Mülleimer mit einem “Lass Ma” zu beteiligen.

Versucht man erklärend zwischen dem Wahlergebnis und den OlafScholzWahlplakaten der letzten Wochen eine Korrelation abzuleiten, scheint es dem Hamburger Wahlvolk auszureichen, dass ein ohne Stirn plakatierter Mann mit einer politischen KatharinaFegebankNull-Aussage Erster Bürgermeister unserer Stadt wird. Die potentiellen KatjaSudingKoalitionspartner pflegten einen ähnlichen niveaulosen Stil. Seien es zwei Strahl-Gesichter oder ein Kopf ohne gelbe Regenkapuze.

Das Thema Elbvertiefung und Olympiabewerbung, haben wir auf keinem Wahlplakat gefunden. Das ist insofern bemerkenswert, da die Elbvertiefung unverzüglich nach Schließung der Wahllokale von Herrn Johannes Kahrs zur Gretchenfrage ernannt wurde.

Im Bürgerschaftswahlprogramm der Grünen finden wir auf Seite 22 zum Thema Elbvertiefung folgende Sätze: “Deutschland hat auf europäischer und nationaler Ebene beschlossen, die ökologische Qualität der Elbe und ihrer europäisch wichtigen Lebensräume und Arten wieder deutlich zu verbessern. Die Elbvertiefung würde den Zustand des Flusses jedoch weiter verschlechtern. Wir lehnen sie ab.” Dieser Programmpunkt beißt sich mit der bisherigen Politik des Hamburger Senates. So ist zu befürchten, dass die Grünen für in Aussicht stehende Senatorenposten, vielleicht sogar dem dringlich erforderlichen Amt eines Hafensenators, jene Zeilen aus dem Wahlprogramm möglicherweise vergessen werden. Das selbe trifft für die Frage zu, ob Olympia nach Hamburg kommen soll. Auch das wollten die Grünen bisher nicht. Aber wir haben schon bei der vorletzten Regierungsbildung erfahren müssen, “Kohle von Beust” und “Keine Elbvertiefung” gilt nicht mehr, wenn es um Senatorenposten geht.

Na, dann lockt noch die FDP mit Frau Katja Suding. Die ist bei der Elbvertiefung auf Kurs und wäre für Herrn Scholz – nicht nur in Sachen Elbvertiefung – ein attraktiver Koalitionspartner. Die FDP-Abgeordneten der letzten Bürgerschaft, die noch mal einen kritischen Blick auf die Hafenkosten gewagt haben, werden als potentieller Klotz am Bein nicht mehr in der Bürgerschaft sitzen. Weitere Inhalte bei der FDP? Wir konnten Sie nicht wahrnehmen. Somit könnte die FDP zur SPD passen.

Verbleibt die Rolle der CDU. Sie hat mit Herrn Dietrich Wersich einen Kandidaten ins DietrichWersichRennen geschickt, der im Gegensatz zum letzten Bürgermeister, nicht als “Betonkopf” gewirkt hat, sondern als Kopf mit “zuhörenden Ohren”. Klar ist die CDU für die Elbvertiefung – sie will die Elbe sogar noch einen weiteren Meter tiefer legen – aber die vielen anderen großstädtischen Themen schienen bei Herrn Wersich deutlich besser aufgehoben als bei Herrn Scholz. So verbleibt die heimliche Hoffnung, dass “König Olaf, der Erste von Hamburg” doch an den Forderungen und den “harten Verhandlungen” der Grünen scheiter und sich zu einer GroKo herablässt und von der zweitgrößten Fraktion in der Bürgerschaft den heftigsten Gegenwind erhält.

Gegenwind kann “König Olaf, der Erste von Hamburg” so überhaupt nicht leiden. “Döntjes” zum Regierungsstil von Herrn Olaf Scholz hinsichtlich Kritik und Widerrede aus seinem Dunstkreis sind einfach erschreckend. Insgesamt passt das Wahlergebnis zur Mülleimer-Kampagne der Stadtreinigung und dem Auftreten der Parteien.

Wenigstens eine sichere, klare und kritische OppositionsparteiDie Linke verbleibt gestärkt in der Bürgerschaft. Leider hat sie trotz klarem Bekenntnis ebenfalls nicht gegen die Elbvertiefung plakatiert. Immerhin hat sie sich aber auf ihren Wahlplakaten deutlich gegen Waffentransporte über den Hamburger Hafen ausgesprochen und soziale Gerechtigkeit in Hamburg eingefordert. Inhalte waren somit sogar auf den Wahlplakaten zu entdecken. Das lässt zumindest auf eine gute Oppositionsarbeit hoffen!

Nun mögen die Wahlkampfmanager vieler Parteien meinen, wie doof die bei Hamburg-für-die-Elbe sind: die wollen Inhalte auf Wahlplakaten sehen, wo doch jeder weis, dass das nicht eingehalten wird. Köpfe sind doch viel besser, die sieht man die nächsten fünf Jahre.

Und das sind wir wieder bei der Stadtreinigung und ihren Mülleimern. Wenn diese Wahl so von den Politikern interpretiert wird, wie am heutigen Wahlabend, dann könnten die “Roten” von der Stadtreinigung die nächste Wahl mit der Zahl der eingeworfenen nichtgenutzten Wahlbenachrichtigungen eine absolute Mehrheit erzielen. Und das ist sehr traurig.

Guckt man sich in der Welt um, scheinen wir ein demokratisches Luxusproblem zu haben. Nein, wohl doch nicht: dort stehen auch meistens Männer ohne Stirn und Kopf zur Wahl…