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Historische Taufe, die Zweite

Es mutet schon merkwürdig an, innerhalb von nur 3 Wochen wird das zweite Mega-Containerschiff in Hamburg getauft. Nach der “CMA CGM Georg Forster” soll nun am 2. August eines der (vorübergehend) weltgrößten Containerschiffe, die “MSC Zoe” in Hamburg getauft werden. Konkurrenz belebt das Geschäft. Die Juli-Taufe fand am Burchardkai statt, die August-Taufe ist nun am Eurogate-Terminal CTH vorgesehen.

Findet denn der Irrsinn gar kein Ende mehr? 395m, 398m, 400m Länge, 58m, 59m, 60m Breite, 18.000 TEU, 19.000 TEU, 19.244 TEU – das sind die Maße und Kapazitätsangaben, die sich permanent überholen. Und Hamburg sowie seine Terminalbetreiber tun so, als ob es ganz selbstverständlich ist, dass die Stadt Containerschiffe jeder Größe empfangen kann und will. Dabei sind mit diesem Größenwahn immense Kosten für die HPA, aber auch die Terminalbetreiber und Logistiker verbunden, bestätigt sogar die WELT. Hafenbecken müssen vergrößert, Kaianlagen verstärkt und/oder verlängert werden. Selbst die erst vor einem Jahr in Betrieb genommenen Containerbrücken am neuen Liegeplatz 5/6 des Burchardkai reichen nicht mehr aus, um die Schiffsbreiten zu überbrücken und sollen ersetzt werden. Logistiker (Bahn, Speditionen) müssen innerhalb kürzester Zeit große Transportkapazitäten bereitstellen. Damit dann von weiteren Schiffen die Ladung verteilt werden kann, müssen vermutlich zusätzliche  Waggons angeschafft bzw. Lagerflächen vergrößert werden.

Verdammich – das kann doch wohl nicht wahr sein. Die großen Reedereien bestimmen die Schiffsgrößen und verdrängen damit kleinere Reedereien vom Markt. Das bedeutet Arbeitsplatzverlust in der Schifffahrt. Häfen müssen ausgebaut und angepasst werden und alles zahlt der Steuerzahler. Natur muss Logistikflächen weichen und unsere Gesundheit, unser Lebensgefühl ist den Planern egal… Menschen zählen nichts mehr, wenn es um den Gewinn von Unternehmen geht. Und unsere Politik winkt alles durch. Die Hamburgische Bürgerschaft wird aber von den in Hamburg lebenden Menschen gewählt, nicht von Maersk, MSC, CMA CGM, Hapag Lloyd u.a. Also sind die gewählten Politiker uns gegenüber verantwortlich, nicht den Unternehmen. Darum fordern wir: Stoppen Sie den Wahnsinn!

Und nun noch zur Anfangs erwähnten Merkwürdigkeit: so kommen uns die sich im Moment häufenden Taufen in Hamburg vor. Soll damit ein moralischer Druck auf die Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichts aufgebaut werden?

Das erinnert an Ernst Reuters lebensmutiges historisches Bekenntnis  “Schaut auf diese Stadt“. Das mit den Taufen versprühte Pathos des Elbvertiefungswollens von Politik und Wirtschaft mutet peinlich an: “Alle, sogar MSC, wollen zu uns kommen, …erkennt, dass ihr diese Stadt und dieses Volk nicht den Umweltschützern preisgeben dürft und nicht preisgeben könnt!…

Atomtransporte, die 18.

Heute Vormittag hat der Atomfrachter “Mikhail Dudin” im Hamburger Hafen fest gemacht und zunächst am CTB und dann am Mönckebergkai be- und entladen. Der Frachter war an diesem Tag auch Thema in den Kieler Nachrichten (leider nicht online). Die KN berichten  unter dem Titel “Frachter mit radioaktiver Ladung havariert vor Schleuse”, dass der Frachter  am 11.02. bei der Einfahrt in die Kieler Holtenau-Schleuse mit Maschinenschaden liegen geblieben sei. Er musste auf Reede geschleppt werden und zunächst die Maschinen reparieren. Anschließend durfte er den Nord-Ostsee-Kanal passieren, um nach Hamburg weiter zu fahren. Laut Kieler Nachrichten soll er 54 Tonnen schwach radioaktiven Müll aus Sankt Petersburg an Bord gehabt haben. Wir können uns freuen keinen Unfall eines Atomfrachters erlebt zu haben. Aber wann kommt der nächste Zwischenfall a la “Atlantic Cartier“, der, zumindest öffentlich, gerade noch so in den Griff bekommen werden konnte?

Und so kommen wir zu Hamburg: Öffentlichkeit ,oder neudeutsch “Transparenz”, in Bezug auf Hamburgs vermeintlich „liebstes Stück“, den Hamburger Hafen, zu bringen, ist immer zäh und nur mit enormer Ausdauer zu bewältigen. Die Öffentlichkeitsarbeit unseres Senates und der Hafenwirtschaft ist alles Andere als vertrauenserweckend. Typische Beispiele hierfür sind die Baggerei und deren Kosten, die Steuereinnahmen aus dem Hafen versus dessen Unterhaltungskosten samt deren erforderlichen Infrastrukturinvestitionen in Milliardenhöhe, unsere Umwelt über die Elbvertiefung oder die Olympia-Bewerbung. Können das denn wirklich alles nur Staatsgeheimnisse sein, für die sich die Hamburger nicht zu interessieren haben? Wohl kaum – es sind immer noch unsere Milliarden, die von allen in Hamburg lebenden Menschen aufgebracht werden müssen.

Richtig verrückt wird es mit dieser „Hamburger Hafen-Transparenz“, wenn es um den Atom- und Waffenumschlag im Hamburger Hafen geht. Während der „normale Umschlag“ in ziviler Technik, Lebensmitteln, Schüttgütern etc. lautstark heraus posaunt wird, herrscht beim Atom- und Waffenumschlag Grabesstille.

Warum – es geht doch um unsere Gesundheit? Unser Land hat im Angesicht von Fukushima durch unsere Bundeskanzlerin, Frau Angela Merkel, den Atomausstieg beschlossen. Unser Vizekanzler, Herr Siegmar Gabriel, tritt für die drastische Verminderung von Waffenexporten ein. Alle Ampeln in unserer Republik, in unserer Stadt, scheinen für einen kritischen öffentlichen Umgang mit den beiden Themen auf „grün“ zu stehen.

In Hamburg und seiner Regierung stehen diese  Ampeln tatsächlich aber auf “rot”. Es wird geblockt und gemauert. Keine freiwilligen Informationen. Wie „Popel“ müssen Informationen aus den Nasen des Senates fein und langsam heraus gezogen werden. Es ist so, als ob für den Hamburger Senat dieser breite gesellschaftliche Konsens gegen Atomkraft und Rüstungsexporte nicht bestehen würde. Warum macht dieser Senat so etwas? Wen will die Regierung um Bürgermeister Herrn Olaf Scholz denn schützen?

Die Hamburger Menschen will der Senat um Herrn Olaf Scholz anscheinend nicht schützen. Es müssen andere Interessen sein! Das sind in keinem Falle demokratische Interessen, das sind keine Transparenzinteressen mit gesellschaftlicher Diskussion und erst recht keine Interessen an der Gesundheit der Bevölkerung. Was ist denn aber schützenswert für den Senat um Herrn Olaf Scholz?

Es bleiben anscheinend nur noch schmuddeligste Interessen übrig. Vermutlich sind die  gesellschaftlich geächteten Interessen zur Unterstützung der Atom- und Waffenlobby an vorderster Stelle … Wenn Ihnen andere, nicht schmuddelige, Gründe für das Senatsverhalten einfallen, wären wir Ihnen für eine Inspiration sehr verbunden.

In der Hamburgischen Bürgerschaft wurde nun von engagierten Abgeordneten die 18. Schriftliche Kleine Anfrage (in Worten achtzehn!) zu den Atomtransporten über den Hamburger Hafen gestellt. 18 Stück – die wären nicht nötig gewesen, wenn der Senat sich an dem bestehenden breiten gesellschaftlichen Konsens orientiert hätte. Ein bedeutender Sozialdemokrat behauptete “Opposition ist Mist”. Bei den seit vier Jahren praktizierten Interessen und Allüren der Hamburger Regierung müsste es heißen: “Regierung ist Mist”.

PS: Am Sonntag, den 15.02.2015 könnten Sie dieses ändern!

Befremdliche Rekorde

HamburgSüd5
Ein Leer-Rekord?

Ja, da war sie wieder, unsere Hamburger Jubelmaschine “Hamburg Hafen Marketing”.

Der diesjährige Titel der Hafen-Jahrespressekonferenz 2015 am 09.02.2015 lautete “Hamburger Hafen erreicht 2014 das beste Umschlagergebnis seiner Geschichte” und auf den vorgelegten Charts zeigen alle “Pfeile” steil in den Himmel. Von kritischen Worten, außer den bekannten Wehklagen zur fehlenden 9. Elbvertiefung, ist nichts wahrnehmbar.

Bevor wir die Zahlen genauer ansehen, schließen wir uns zunächst der Gratulation der “Lebendigen Tideelbe”, dem Aktionsbündnis der Naturschutzverbände, an und gratulieren dem Hafen ebenfalls zu den Umschlagsteigerungen ohne Elbvertiefung!

Da Selbstkritik bekanntermaßen keine Stärke der Verantwortlichen des Hamburger Hafens ist, gewähren wir zusätzlich zur Gratulation kostenfrei ein paar zur Selbstkritik anregende Worte für das Hafenjahr 2014:

  • Das angegebene Wachstum von 4,8% bezieht sich auf den Gesamthafenumschlag und ist ein stolzes Ergebnis – in den gemessen Umschlagstonnen ein Rekord.
  • Der Containerumschlag von 9,73 Mio. TEU lag mit 0,43 Mio. TEU über dem Umschlag des Jahres 2013 mit 9,3 Mio. TEU. Das sollen laut der Charts 5,1% sein – wir errechnen nur 4,6%. Ein gefälschter Rekord, sollte mit dem Aufschlag von 0,5 Prozentpunkten der Containerumschlag über das Ergebnis des Gesamtumschlages gehoben werden?
  • Der Hamburger Hafen hat rund 151.000 Beschäftigte…” wird als weitere rekordverdächtige Lüge berichtet. Der Hamburger Hafen muss mit dieser Zahl unglaublich ineffizient organisiert sein.
    Der Rotterdamer Hafen, der ein Drittel mehr Ladung als Hamburg umschlägt, gibt als direkte seehafenbezogene Arbeitsplätze lediglich 92.000 Arbeitsplätze an.
  • Das Hamburger Rekordjahr beim Containerumschlag ist und bleibt das Jahr 2007 mit 9,89 Mio. TEU. Dieser wurde in 2014 mit 9,73 Mio. TEU erneut verfehlt. Kein Rekord!
  • Der Hamburger Zuwachs von 4,6% liegt leicht über dem von Antwerpen mit 4,4% und seiner vertieften Schelde, deutlich über dem Bremerhavener Nullwachstum und unterhalb vom Rotterdamer Wachstum mit 5,8%. Für Hamburg alles im grünen Bereich, aber kein Rekord!
  • Die Marktanteile in der Nordrange zwischen den deutschen, niederländischen und belgischen Häfen sind weiterhin unverändert und bewegen sich auf dem Niveau seit dem Jahr 2002. Das ist gut, aber kein Rekord!
  • Rekordverdächtig wäre der Umschlag mit China, der mit über 30% zum gesamten Hamburger Containerumschlag beiträgt. Risikobewusste Verantwortliche für einen Hafen müssten angesichts dieses hohen Anteils mittlerweile drastische Maßnahmen ergreifen: unser Hafen ist zu abhängig von einem einzigen Geschäftspartner, einer einzigen Wirtschaftsregion samt deren Gütern. Etwaige (in der letzten Zeit in den Medien immer mal wieder angedeute) Krisen in China führen zu… Sie wissen es –  zu nichts Gutem. Dieser Rekord ist grenzwertig.
  • Wie wir im Abendblatt lesen dürfen, sind die bekannten rekordverdächtigen Zahlen zu den Atomtransporten des Jahres 2014 von den Rüstungstransporten über den Hamburger Hafen in den Schatten gestellt worden. Hamburg ist die seewärtige Drehscheibe des deutschen Waffenhandels. Das ist ein Negativrekord.

Was bleibt bei diesen merkwürdigen und zweifelhaften Rekorden übrig?

Na immerhin sind diese Rekorde OHNE Elbvertiefung zu Stande gekommen. Und über dieses OHNE freuen wir uns sehr!