Schleswig-Holstein und Hamburg haben sich laut einer gemeinsamen Pressemitteilung grundsätzlich auf eine neue Verklappungsvereinbarung von giftigem Hafenschlick in der Nordsee bei Tonne E3 vor Helgoland geeinigt.
Das seit Spätsommer 2015 gedichtete “Unterelbemärchen“, der “Schlick-Geschichte vom tumben Schleswig-Holstein und dem armen kleinen Hamburg”, nähert sich damit nun seinem großen Finale: der grüne Umweltminister von Schleswig-Holstein, Herr Robert Habeck, ist nun endgültig umgefallen und bezeichnet den Deal als “als tragfähige und ökologisch verträglichste Lösung.” Sein hamburgischer Parteikollege, Umweltsenator Herr Jens Kerstan ist einfach nur froh, “dass es eine Verständigung gibt, die wirtschaftliche und ökologische Belange vernünftig berücksichtigt.” Richtig rührend.
Und wie tragfähig und ökologisch ist diese “Lösung” nun? Wir wagen, ohne die Vereinbarung zu kennen, auf Basis der o.a. Pressemitteilung (kursiv zitiert) eine Bewertung (in fetter Schrift):
- “Hamburger Baggergut wird regelmäßig auf Schadstoffe überprüft. Dies gilt für die Bundeswasserstraße (Delegationsstrecke) ebenso wie für frisch sedimentiertes Baggergut aus den Hafenbecken, den Hafenzufahrten und den Wendekreisen, für dessen Einbringung eine wasserrechtliche und eine naturschutzrechtliche Zulassung erforderlich sind. Mit einem intensiven und abgestimmten Umweltmonitoringprogramm soll die Verbringung überwacht werden. Die
Ergebnisse werden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Die Belastung des zukünftig für die Verbringung vorgesehenen Baggergutes darf nicht höher sein als die des bisher ins Schlickfallgebiet verbrachten Sediments.”
Sämtliches Baggergut MUSS laut gültiger Anweisungen (HABAB und GÜBAK) bereits jetzt auf Schadstoffe überprüft werden. Die bisher von Hamburg in den HPA-Baggerberichten veröffentlichten Ergebnisse und Analysen sind aber seit Jahren nicht wissenschaftlich überprüfbar. Die bereitgestellten Daten geben keinen Einblick zur Entsprechung der o.a. Baggeranweisungen und widersprechen in Form und Darstellung allen internationalen Grundsätzen wissenschaftlicher Arbeit. Bisherige Überschreitungen des oberen Richtwertes R2 der GÜBAK wurden bislang ohne weitere Erklärung durchgewunken – eine Änderung dieser Praxis ist nicht erkennbar.
- Die rechtlichen Zulassungen sollen zunächst für fünf Jahre gelten und um weitere fünf Jahre verlängert werden können, wenn nicht gravierende Gründe dagegen sprechen. Eine Verbringung kann ganzjährig erfolgen.
Mit einer Verklappungszulassung von fünf Jahren ohne irgendeine Widerrufsmöglichkeit z.B. bei spürbaren Umweltauswirkungen (wie im Jahr 2008 bei der Wellhornschnecke) geschehen, erteilt Schleswig-Holstein Hamburg einen Persilschein für unbegrenztes Verklappen von giftigem Schlick. Dieses ist nun ohne irgendeine vorangegangene Auswirkungsanalyse ganzjährig möglich und stellt damit für grüne Umweltminister einen riesengroßen Fauxpas hinsichtlich ökologischem Vorgehen dar! - “Hamburg wird für die Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung des Sedimentaufkommens durch Strombaumaßnahmen kurzfristig eine Ästuarpartnerschaft mit dem Land Schleswig-Holstein, dem Land Niedersachsen
und dem Bund gründen und diese finanzieren. Hamburg verpflichtet sich im Rahmen der Ästuarpartnerschaft, eine gemeinsame Rangliste geeigneter strombaulicher Maßnahmen an der Tideelbe zu erstellen und alle Anstrengungen zu deren Umsetzung zu unternehmen. Angestrebt wird die Umsetzung von in der Region akzeptierten und von der Ästuarpartnerschaft als besonders geeignet für die Reduzierung des Sedimentanfalls eingeschätzten Maßnahmen bis 2030.”
Die Ästuarpartnerschaft sollte eigentlich unter Beteiligung von Kommunen, Umwelt-, Wasser- und Wirtschaftsverbänden sowie Nutzern wie Fischern, Sportfischern und bootfahrern eine Folgeinstitution des im Sommer 2015 abgeschlossenen Dialogforums Tideelbe sein. Der Kreis der Beteiligten ist mit Bund und Ländern mehr als dezimiert worden und erscheint, angesichts von Wattebäuschen und Bauchpinseln alles andere als qualifiziert. Der Zeithorizont bis zum Jahr 2030 bedeutet eine Terminierung auf den St. Nimmerleinstag. Hamburg hat in den vergangenen über 30 Jahren bewiesen, das es weder Interesse an ökologischen Lösungen noch an einem nachhaltigen Sedimentmanagement hat. Im Jahr 2030 könnte es dann auf stolze 50 Jahre erfolglosen Handelns zurückblicken.
Wir sind entsetzt über diese Form von grüner “Umweltpolitik”. Krass, wie sich die norddeutschen Grünen für eine umweltfeindliche, knallharte Wirtschaftspolitik verkaufen und ihre Wurzeln einfach vergessen. Wir möchten wetten, dass die Menschen auf der Insel Helgoland, vor deren Strand der Giftschlick abgeladen wird, erneut ungefragt geblieben sind. Aber es geht mit grüner, abstoßender grüner Politik noch schlimmer: Bestaunen wir die tollen Möglichkeiten, die sich aus den von Hamburg zu zahlenden Ablassgeldern ergeben.
Schleswig-Holstein soll Millionenbeträge für die “Verbesserung der Nachhaltigkeit der Krabbenfischerei” verwenden können. Toll – genau die Politiker, die das in Aussicht stellen, haben im letzten Jahr aufgrund der Verschlickung durch die vorhergegange Elbvertiefung die Schließung des größten Krabbenfischerhafen an der Westküste, dem Hafen von Friedrichskoog, juristisch durchgedrückt.
Abschließend verweisen wir auf eine Pressemitteilung von “Rettet die Elbe”, einem Teilnehmer des oben erwähnten Dialogforums Tideelbe. Machen Sie sich ein weiteres Bild, wie das “arme kleine Hamburg” im anstehenden Finale des Unterelbemärchens agiert.