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Kavaliersdelikt

Erinnern Sie noch die dunklen schwarzen Qualmwolken des Riesen “Yang Ming Utmost”, die das Containerschiff am 04.10.2014 gegen 18:00 Uhr beim Verlassen des Hamburger Hafens freisetzte? Derartige rußige Abgaswolken von einem niedlich anmutenden Auto, einem Lastwagen oder  einer Diesellok und wir wüssten in kürzester Zeit, wer der Verursacher gewesen ist. Anders im Hafen – hier gilt der Grundsatz “Weile ohne Eile”.

Nach nunmehr 2,5 Jahren nahezu gemütlicher Arbeit scheint sich das “Wanderdünen”-Konglomerat der ermittelnden Hamburger Staatsanwaltschaft und Wasserschutzpolizei doch einige Millimeter bewegt zu haben. So entnehmen wir es einer Schriftlichen Kleinen Anfrage eines Abgeordneten, der diesen bemerkenswerten Vorfall nicht vergessen hat. Und da lesen wir tatsächlich, dass eine Abschlussverfügung vorbereitet wird. Aber nicht wie wir es aus der o. a. Welt der Autos, Lastwagen und Loks kennen. Nein, bei Abgasverstößen bei Schiffen innerhalb des sakrosankten Hamburger Hafens passiert gar nichts.

Zwar wurde gutachterlich festgestellt: “Aufgrund des Sachverständigengutachtens des Chemischen Untersuchungsamtes der Universität Hamburg ist davon auszugehen, dass vorliegend die Voraussetzungen des § 325 Absatz 2 StGB (Luftverunreinigung) erfüllt sind – insbesondere das Tatbestandsmerkmal des Freisetzens von Schadstoffen in bedeutendem Umfang in die Luft außerhalb eines Betriebsgeländes.” Aber na ja, was ist das schon, wenn es denn kein Auto, Lastwagen oder Diesellok ist?

Und so erfahren wir, dass das Strafverfahren eingestellt wird. “Es ist beabsichtigt, das Verfahren gemäß § 154f StPO wegen unbekannten Aufenthalts der Beschuldigten vorläufig einzustellen und die Beschuldigten zur Fahndung auszuschreiben.” Da bislang, laut Antwort zwei des Senates, keine Bescheide gegen die bislang als Verantwortliche verdächtigten Personen des Kapitäns und des leitenden Ingenieurs erlassen worden sind, verbleibt für einen vernünftig denkenden Menschen doch nur noch die Reederei “Yang Ming” als verantwortliche Schuldige? Welcher Schuldige es denn sonst noch, selbst um drei Ecken gedacht, gewesen sein könnte? Dazu schweigt sich der Senat, anscheinend der Schutzpatron von Reedern mit schwarzen Abgasfahnen, aus.

Somit ist festzustellen, dass die taiwanesische Containerreederei Yang Ming derzeit keinen festen Firmensitz mehr zu haben scheint und nun zur Fahndung ausgeschrieben ist. Ist das etwa ein neues, heißes Insolvenzgerücht, das unser Senat in die Welt setzt?

Wie wäre es, wenn man einfach den Firmensitz,  der auf der Internetseite von Yang Ming benannt wird, nutzen würde:  “271 Ming De 1st Road, Cidu District, Keelung 20646, Taiwan(R.O.C.)” ist dort im unteren Bereich vermerkt.

Hoffentlich hat der couragierte Abgeordnete ausreichend Ausdauer, eine weitere Anfrage zu stellen. Es ist einfach nicht glaubwürdig, dass die Reederei Yang Ming, die regelmäßig mit ihren Schiffen den Hamburger Hafen anläuft, keinen Firmensitz mehr haben soll. Dass die Straftat  vom Oktober 2014 als Kavaliersdelikt zu Gunsten eines unscheinbaren Dritten durchgehen soll, wäre ein Motiv für einen Rosenmontagswagen im Kölschen Klüngelreich.

Kirschgrüne Entscheidung

Soeben hat der siebte Senat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig unter dem Vorsitz des Richters Herrn Dr. Rüdiger Nolte seine Entscheidung zum Verfahren der Elbvertiefung (Az. 7 A 2.15) bekanntgegeben: In der Pressemitteilung Nr. 6/2017 des Gerichtes ist zu lesen: “Die Planfeststellungsbeschlüsse für den Fahrrinnenausbau von Unter- und Außenelbe sind wegen Verstößen gegen das Habitatschutzrecht rechtswidrig und nicht vollziehbar. … Die weitergehenden Klageanträge auf Aufhebung der Planfeststellungsbeschlüsse hat das Gericht abgewiesen.

Das Gericht moniert, dass die Planunterlagen für die nach der europäischen FFH-Richtlinie besonders geschützte und nur an der Elbe vorkommende Pflanzenart Schierlings-Wasserfenchel nicht den strengen EU-Schutzanforderungen gerecht werden. Beeinträchtigungen des Schierlings-Wasserfenchels durch einen Anstieg des Salzgehalts seien unterschätzt worden. Des Weiteren wurden die Ausgleichsmaßnahmen in Teilen moniert. “Für die auf niedersächsischem Gebiet vorgesehenen Kohärenzmaßnahmen lässt sich nicht feststellen, dass sie über die Maßnahmen des Gebietsmanagements hinausgehen, die unabhängig von dem Ausbauvorhaben ohnehin ergriffen werden müssen.” Und dann bekommt Hamburg eine persönliche Klatsche: “Die durch gesonderten Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme „Spadenlander Busch/Kreetsand“ scheidet als Kohärenzmaßnahme aus, weil sie ausdrücklich als Maßnahme des Gebietsmanagements qualifiziert und genehmigt worden ist. Eine Doppelverwertung als Standard- und Kohärenzmaßnahme ist habitatschutzrechtlich unzulässig.” Dieses hatte das Gericht bereits in seiner letzten Anhörung im Dezember 2016 in einem bemerkenswerten vom Hamburger Abendblatt zitierten Wortwechsel moniert: “Im Zusammenhang mit den Ausgleichsmaßnahmen warf er (der Richter) den Planern “Etikettenschwindel” vor. “Da machen Sie es uns schwer”, sagte Nolte. “Maybe” (vielleicht) sagte der Anwalt der Stadt.

Das Gericht geht davon aus, dass all diese Mängel geheilt werden können und hat daher die Planfeststellungsbeschlüsse nicht aufgehoben. Und so bleibt es spannend, wie die Planer der Elbvertiefung mit diesen erneuten Hausaufgaben umgehen wollen. Dazu werden wir sicherlich in Kürze von unserem ersten Bürgermeister Herrn Olaf Scholz etwas hören.

 

Grundsätzlich

Unmittelbar vor dem morgigen Gerichtsurteil wurde vom Senat eine Schriftliche Kleine Anfrage zu Änderungen im Projektablauf der Elbvertiefung beantwortet.

Wie Sie schon ahnen, ist alles bestens. Das Wort “grundsätzlich“, das zweimal in den Senatsantworten im Zusammenhang mit dem Bauablauf auftaucht, deutet in seiner Bedeutung (eigentlich, im Prinzip, mit dem Vorbehalt bestimmter Maßnahmen) daraufhin, dass dem wohl doch nicht so ist.

Immerhin erfahren wir in Antwort acht auch, dass “die Verbreiterung der Fahrrinnen im Streckenbereich zwischen Glückstadt und Hamburgischer Landesgrenze von heute 300 m auf künftig 320 m erbringt den schnellsten Nutzen. Mit der damit verbundenen Verminderung der dort geltenden Begegnungsrestriktion wird für die Schifffahrt eine erste nautische Verbesserung erreicht.” Die jetzige Restriktion mit einer addierten Schiffsbreite von 90 Metern wird sich mit der geplanten Elbverbreiterung um 20 m lediglich auf 92 Meter erweitern. Das ist angesichts der Breiten der aktuellen Containerriesen von um die 60 Meter nicht mal ein Tröpfchen auf den heißen Stein. Es wird sich somit an der Begegnungsituation zwischen Hamburg und Glückstadt nichts ändern.

Ändern werden sich allerdings die Baggermengen und damit die Kosten für die Instandhaltung der Elbe. Die Neue Osnabrücker Zeitung veröffentlichte heute Zahlen aus dem Bundesverkehrsministerium: aus der Bundesstrecke zwischen Landesgrenze Hamburg und Nordsee wurden seit dem Jahr 2000 mehr als 210 Millionen Kubikmeter Sedimente gebaggert. Eine unfassbare Menge – sie entspricht 210.000.000.000  Milchtüten. Die Kosten für den Bund in Höhe von 634 Mio. Euro nehmen sich im Vergleich zu den in Hamburg entstandenen Baggerkosten für die Elbe vom Hafen bis zur Landesgrenze klein aus. Hamburg hat diesen Betrag in deutlich weniger Jahren bezahlt.

Nun bleibt es abzuwarten, wie das Gericht morgen entscheiden wird. Wir drücken unsere Daumen morgen Vormittag kräftig für unsere Elbe.

Elbvertiefungsstammeln…

Heute ist das Protokoll der Sitzung des Wirtschaftsausschusses der Hamburger Bürgerschaft  vom 13.01.2017 zum Verlauf der letzten Gerichtsverhandlung zur Elbvertiefung erschienen. Sie finden den zugehörigen Tagesordnungspunkt fünf ab der Pdf-Seite 22 ff.  Es ist ein Wortprotokoll, d.h. wir können wortwörtlich nachlesen, welche Eindrücke unser Wirtschaftssenator, Herr Frank Horch, aus der Leipziger Verhandlung vorm Bundesverwaltungsgericht vom 19. bis zum 21.12.2016 mitgenommen hat. Herr Horch kann nur die Eindrücke des zweiten und dritten Tages schildern – am ersten Tag weilte er auf einer anderen Konferenz.

So beginnt er also mit seinen Eindrücken: “Und nach meinem Eindruck, meine Damen und Herren, wurde für die Vorbereitung dieses fürwahr größten Planfeststellungsverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland alles Machbare auf den Weg gebracht, was wir tun können. Die Bedingungen, unter denen dieses Projekt verfochten wird, sind natürlich … unter den Umweltgesichtspunkten oder den Auslegungskriterien, den fortschreitenden und teils überholenden Europäischen Umweltschutzvorschriften und eben auch der Urteile, die damit im Zusammenhang stehen, nicht ohne Weiteres von uns abzuändern. Und man muss hier eben auch eines sehen: In diesem langen Prozess, wo ja auch über diese Zeitdauer europarechtliche Veränderungen eingetreten sind, ist natürlich der Beklagte immer in einer etwas schwierigen Lage im Gegensatz zum Kläger, der immer sehr schnell wieder neue Forderungen aufwerfen kann. Und, wie ich noch einmal betonen möchte, handelt es sich hier in Auslegung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie um einhundertprozentige Pionierarbeit. Das hat es in Deutschland noch nie gegeben und deshalb ist es jetzt nicht nur für die Elbe, sondern eben auch, und das betone ich, bezüglich der Gesamtauslegung für Deutschland, was eben Planfeststellungsverfahren angeht, von außergewöhnlicher Bedeutung, um hier die Dinge letztendlich auf einen Weg zu bringen.” Bis hier hin können wir den Worten unseres Senator noch folgen und einen Inhalt verstehen.

Aber dann wird Verständnis schwerer: “Und ich wiederhole noch einmal, dass wir bei allen Komplexitäten, die hier sind, uns in dieser mündlichen Verhandlung sehr gut geschlagen haben. Das können viele der Prozessbeobachter schon auch unterstreichen. Und bestimmte Dinge, meine Damen und Herren, die erklären sich bei so einem Verfahren und in der Situation unter dem Umweltrecht und Wasserrahmenrichtlinie und viele weitere Dinge, ist es eben ja auch von der klagenden Seite eine Prozessstrategie, und immer wieder mit methodischen Ansätzen, auch mit Rechenmodellen hat es alles eine Komplexität, die nicht eben in einer einfachen Form mit Ja oder Nein zu beantworten ist.

Danach verstehen wir gar nichts mehr: “Und dann muss ich auch in dieser Runde sagen, bei aller Wichtigkeit des Projekts müssen wir auch in der grundsätzliche Verantwortung, die wir dafür haben, ein waches Auge auf die gesamte Situation, sprich auch auf die Kostenseite oder auf die Preisliste eines solchen Verfahrens setzen. Wir haben es hier mit einem Verfahren ungemeinen Ausmaßes zu tun. Das heißt also, in den Fragestellungen und auch in den Forderungen, die gestellt werden, von den Verpflichtungen, die wir auf uns nehmen, können wir nicht mal sagen, damit wir weiterkommen, sagen wir ja, wir machen das. Das hat also in Kohärenzen, das hat in Bewirtschaftung ungemeine Ausmaße.

Er führt beispielhaft ein Thema an, dass gar nicht vor Gericht thematisiert wurde, namentlich die Süderelbe: “Ich will einmal so ein Beispiel nennen: Die Ausweitung der Süderelbe ist immer wieder einmal gekommen. War jetzt gar nicht aktuell, aber da kann man nicht einmal sagen, ja, dann machen wir das einmal eben. Das sind Hunderte von Millionen, die solche Forderungen sind. Das heißt, wir müssen eben auch in der Beantwortung eine hohe Verantwortung für die Verantwortung und für das Machbare sehen. Und dann kommen eben die Dinge, was die Tiefenhaltung, was die Schlickunterbringung, was die völlig neuen Unterwasserbauwerke angeht, das sind eben auch Verantwortlichkeiten für die Zukunft, die wir sicherstellen müssen. Und wenn wir hier eben … Tatsächlich immer wieder bei allem, was wir tun und auch in wissenschaftlichen Studien, die angestellt worden sind, haben wir es immer mit einem Naturgewässer zu tun. Das ist so und das bleibt so und von der Seite her ist dieses eben auch in der Verhandlung, wenn da manchmal vielleicht etwas eine zögerliche Antwort oder nicht die sofortige Bereitschaft an den Tag gelegt wurde, so ist es damit zu erklären, dass wir hier auch eine über die vielen Jahre Gesamtverantwortung haben. Und da kann man nicht immer nur sagen, machen wir, machen wir, sondern hier geht es eben auch tatsächlich, das Machbare und das Umsetzbare immer wieder vor Augen zu haben.”

Wer das jetzt noch von den Abgeordneten verstanden hat, bleibt uns ein Rätsel. Aber immerhin, die Opposition fragt nach – den Regierungsfraktionen scheint das Gestammel zu reichen. Und so erfahren wir von unserem Wirtschaftssenator Befremdliches zur Entwicklung der Schiffsgrößen: “…dass natürlich die Schiffsgrößen in einem Maße sich jetzt in den letzten Jahren verändert haben, um dann eben auch noch einmal etwas erklärender auszuführen, dass jetzt von Vertiefung, es war ja immer über Jahre das Thema, dass die Ziele darin liegen, das ist ja auch in Prospekten beschrieben, von der Erreichbarkeit der Elbe uneingeschränkt 12,50 Meter, mit dem Erreichen mit der Tide auf 13,50 Meter, tatsächlich, was das Hochwasser angeht, und auf 14,50 Meter, um eben tatsächlich mit der Tide dann – das Erste, was ich genannt habe, war tideunabhängig – die Dinge zu gestalten.” Alles klar?

Na, dann kann es ja weitergehen: “Diese Tiefenseite hat in der Tat in der letzten Zeit durch die enorm wachsenden Schiffe, was ja keiner hat vorhersehen können, das Bemessungsschiff ist und bleibt, und das sind eben auch in so einem Planfeststellungsverfahren wichtige Kriterien, man kann jetzt nicht immer in so einem Planfeststellungsverfahren sagen, jetzt ändern wir einmal eben die Schiffsgröße von 8 000 TEU, 8 500 TEU auf 14 000 TEU oder irgendwelche Größenordnung, weil damit alle zusammenhängenden Parameter auch in völlig andere Dimensionen gehen.” Ach so, die gehen in eine andere Dimension, na hätten wir das gewusst!

“Deswegen haben wir immer daran festgehalten, dass wir eben in den Annahmen der Tiefe, die waren damals ja auch nicht auf die maximale Beladung des Schiffes ausgelegt, sondern eben auf die Tiefen, die ich eben genannt habe, 12,50 Meter, 13,50 Meter, 14,50 Meter. Was uns aber zunehmend heute Schwierigkeiten macht, täglich unter hohen Managementvoraus-setzungen mit Elbe Traffic, mit den Lotsen, mit zusätzlichen Schleppern, die wir zum Einsatz bringen müssen, also ein oftmals sehr, sehr schwieriger Prozess, ist eben auch die Begegnung. Und das ist eben der Tatsache geschuldet, dass eben die Schiffe heute mit zum Teil 59 Metern Breite eine Breite haben, die jegliche Begegnung an bestimmten Stellen nicht mehr zulassen.” Ja, die Begegnung. Das ist ja auch unter Menschen und Tieren häufig ein Problem. Aber warum unter Schiffen?

Und deswegen ist das nicht, dass man jetzt irgendwo etwas verschlafen hat oder einmal eben ändert, ist eben die Begegnung zurzeit eines der großen Probleme und deshalb auch in unserem Prozess, den wir in den letzten Monaten, nicht jetzt seit Anfang dieses Jahres, sondern eben über Monate diskutiert haben, hier jetzt in der Wirksamkeit. Wirksam soll es vom ersten Tage an werden, aber dass wir hier eben in einer möglichst kurzen Zeit den Reedereien in dieser angespannten Situation, die ja viele kausale Zusammenhänge hat, ein möglichst besseres Angebot zu unterbreiten.” Ja, das ist wirklich einen löbliche Art der Dienstleistungsbereitschaft von Herrn Horch. Ab was will er denn nun an Dienstleistung für den Hafen erbringen?

Und das ist eben gerade das Auslaufen des Hamburger Hafens, auch aufgrund des Tidal Pumpings, das hier immer wieder vorherrscht, dass die Schiffe rauskommen müssen und dann manchmal zeitverzögert Probleme haben. Deswegen ist das die Erklärung dafür, nicht, dass wir hier irgendwas verpasst haben, sondern liegt eben in den letzten vier, drei Jahren daran, dass die Schiffe in der Anzahl und in der Größe eine ganz andere Dimension haben, die nicht auf Tiefe ihre Auswirkungen hat, sondern eben auf die Begegnung.” Oh shit, jetzt läuft doch noch auch der Hamburger Hafen noch aus. Und das bei Begegnung, die nix mit Tiefe zu tun hat…

Spaß bei Seite. Das ist mehr als armselig, was unser für die Elbvertiefung verantwortliche Wirtschaftssenator sich vor dem Wirtschaftsausschuss zurecht gestammelt hat. Wir wollen Sie nicht weiter mit Zitaten unseres Senators quälen – lesen Sie bitte einfach selber und machen Sie sich ein Bild davon, warum die Elbvertiefung so wichtig für Hamburg sein soll. Ein Oppositionspolitiker bringt es auf den Punkt: “denn über fünf, bald sechs Jahre haben wir gehört, sowohl von Bürgermeister Olaf Scholz als auch von Wirtschaftssenator Frank Horch, dass dieses Projekt Chefsache – wir haben es gerade auch noch einmal aus der SPD-Fraktion gehört –, dass dieses Projekt das wichtigste unserer Generation sei.

Das Schlusswort kommt wieder von Wirtschaftssenator Herrn Frank Horch: “Nein, ich habe
dem nichts hinzuzufügen, weil ja auch bestimmte Bereiche – ich will es noch einmal betonen, weil das gar nicht oft genug gesagt werden kann, was diese Fauna-Flora-Habitat, was auch tatsächlich den Schutz von Arten und Gewässern angeht – eine Komplexität ausmacht.

Und noch einmal: Diese 31 Fragen. (Gemeint ist der Fragenbogen des Gerichtes) Ich kann nur jedem einmal raten, sich die Fragen durchzulesen. Da hat man schon Mühe zu lesen, was dort steht, und geschweige denn, die Antwort dafür zu finden. Also, damit wird noch einmal zum Ausdruck gegeben, auf welch intellektuellem wissenschaftlichem Gebiet wir uns hier bewegen. Und deswegen ist es noch einmal richtig, auch tatsächlich die Gesamthintergründe zu erkennen, um die es hier in der Auslegung, was Umweltrichtlinien angeht und dann aber auch unmittelbar – da sind wir dann wieder auch in der Bewirtschaftung und eben auch in der Verantwortung, die wir wieder haben – so einen Fluss als naturgegebenen Ablauf auch in Zukunft zu bewirtschaften … Denn das ist ja – das merken wir jetzt schon mit dem Hamburger Hafen – keine ganz kleine Herausforderung, die immer wieder man sich vor Augen führen muss.

Prima, dieser Mann hat es so etwas von drauf. Er scheint nichts, aber auch wirklich nichts von der Problematik der Elbvertiefung verstanden zu haben.

E3-Baggermengen 2016

Letztes Jahr konnte Hamburg für das Jahr 2015 einen neuen Baggerrekord für die Tiefenhaltung von Elbe und Hafen vermelden: über 10 Mio. m³ Sedimente wurden allein nur aus dem kleinen Teil der Hamburger Elbe (Delegationsstrecke) rausgeholt.

Wer geglaubt hätte, dass dieser Spitzenwert nicht mehr zu toppen sei, muss enttäuscht werden. Es geht noch mehr, sogar noch deutlich mehr! Beim Lesen der Senatsantworten auf eine Schriftliche Kleine Anfrage zu den Baggermengen wird uns ganz plümerant: der Rekordwert von 10 Mio. m³ aus 2015 wurde in 2016 locker um über 15% übersprungen.

Die Gesamtmenge von mindestens 11,5 Mio. m³ Sediment kann dabei nicht seriös benannt werden: der Senat führt die fragenden Abgeordneten und die interessierten Bürger wieder mittels Fußnoten an der Nase rum. In den mit Sternchen markierten Anmerkungen wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Volumensangaben Profilmaß einerseits und Laderaumvolumen andererseits nicht vergleichbar sind. Statt einen Umrechnungsfaktor zur Normierung der verwendeten Einheiten anzuführen, säuselt unser Senat etwas von Interesse der Vergleichbarkeit mit älteren Daten. Das ist schon frech.

Zurück zu den Zahlen. Hamburg hat das neue E3-Verklappungsabkommen mit Schleswig-Holstein vom April 2016 reichlich genutzt. Ganze 3,69 Mio. m³ von dem bis zum Jahr 2021 genehmigten Gesamtvolumen von 10 Mio. m³ wurden vor Helgoland verklappt. In einem Jahr wurde also bereits deutlich über ein Drittel des auf sechs Jahre angelegten Volumens ausgeschöpft. Es wird in diesem Tempo weitergehen. Das legt jedenfalls die Senatsantwort auf Frage 5 zu den Planmengen für das Jahr 2017 nahe: diese werden mit 1,5 Mio. Tonnen Trockensubstanz, d.h. 3 Mio. m³ Laderaumvolumen beziffert. Und so ahnen Sie es auch schon: im Jahr 2018 werden die 10 Mio. m³ verbraucht sein und Hamburg wird erneut mit Schleswig-Holstein über eine weitere Ausweitung des Verklappungsvolumens verhandeln müssen. Und in dieser Betrachtung sind noch nicht einmal die Folgen aus der Elbvertiefung für das Hamburger Gebiet (Begegnungsstrecke oberhalb der Lühekurve) enthalten: die entsprechenden Planungsunterlagen gehen auf Seite II ff. (Pdf-Seite 5 ff) von einer Baggermengensteigerung von 50% aus.

Das alles soll nachhaltig, alternativlos und ungefährlich sein? So ist es den Begründungen des von dem grünen Umweltminister Schleswig-Holsteins Herrn Dr. Robert Habeck ausgestellten wasserrechtlichen und naturschutzrechtlichen Genehmigungen für die Sedimente aus den Hamburger “Landeshafengewässer” bzw. der Einvernehmenserklärung nach dem Bundeswasserstraßengesetz zu entnehmen. “Strenge Auflagen sollen sicherstellen, dass die Umweltanforderungen erfüllt werden” ließ der grüne Umweltminister von Schleswig-Holstein  in der Pressemitteilung seines Hauses zum Fortgang der E3-Verklappung im April 2016 verlauten.

Wir finden in den o.a. zwei Genehmigungen samt Einvernehmenserklärung keine strengeren Auflagen gegenüber den vorhergehenden Erklärungen von Schleswig-Holstein aus den Jahren 2008, 2009 und 2013. Im Gegenteil:

  • Es wird keine Veröffentlichung der jährlichen Monitoringberichte mehr geben. Die Passagen hierzu aus den vorherigen Abkommen sind ersatzlos entfallen. Auch eine parlamentarische Kontrollmöglichkeit durch einen Jahresbericht ist nicht vorgesehen. Das erklärt, warum die eigentlich öffentlichen Monitoringberichte für 2014 und 2015 weiterhin ausstehen.
  • Die Installation einer Nachfolgeorganisation für das Dialogforum Tideelbe durch Hamburg wird in den neuen Genehmigungen bzw. Einvernehmen erwartet, ist aber seit über einem Jahr sanktionslos überfällig. Hamburg scheint über eine sogenannte “Ästuarpartnerschaft” schallend zu lachen!
  • Das noch in 2013 geforderte Hamburger Gesamtkonzept Sedimentmanagement wurde noch nicht mal in Ansätzen erarbeitet. Neue Berichte soll es für die Nachfolger des Dialogforums geben – da es das aber nicht gibt…

Stattdessen werden Überschreitungen des oberen Richtwertes aus der GÜBAK, den in Deutschland maßgeblichen Baggerbestimmungen, in den “Entscheidungsgründen”zum Einvernehmen eingeräumt.

  • Der Bewertung der Schadstoffbelastunqen der Baggerbereiche aus der Stromelbe liegen laut Antragsunterlage … die mittleren Schadstoffkonzentrationen aus den Jahren 2005-2009 und 2014/15 zugrunde. Danach sind die Schadstoffkonzentrationen der Baggerbereiche der Stromelbe insbesondere bei einigen organischen Schadstoffen erhöht und liegen hier z. T. deutlich über den oberen Richtwerten der GÜBAK. Das Sediment ist damit – wie auch die Sedimente aus den Landeshafengewässern – in Fall 3 der GÜBAK einzuordnen. Die Süderelbe weist dabei z. T. mehr als 50 % höhere Konzentrationen vieler Schadstoffe, insbesondere der chlororganischen Verbindungen, sowie höhere Feinkornanteile auf als die Sedimente der übrigen Baggerbereiche der Stromelbe … .
  • Die Nährstoffgehalte des Baggerguts aus den Teilbereichen der Stromelbe überschreiten den Richtwert der GÜBAK um das Zwei- bis Dreifache, wobei auch hier die Sedimente aus der Süderelbe die höchsten Überschreitungen aufweisen … .

Wir registrieren, dass die Überschreitung des Oberen Richtwertes der GÜBAK bei Schadstoffen eigentlich “schietegal” ist – es wird trotzdem verklappt. Aus der Feder von Herrn Habeck lesen wir in den Entscheidungsgründen als Schlusssatz: “Unter Abwägung aller zu berücksichtigenden Interessen wird daher dem Antrag mit den in diesem Einvernehmen aufgenommenen Maßgaben stattgegeben; Weitere, unter dem Gesichtspunkt des wasserrechtlichen Bewirtschaftungsermessens zu berücksichtigende Aspekte stehen dem Einvernehmen ebenfalls nicht entgegen.” Bei den Grünen nennt man das wohl eine couragierte, realistische Entscheidung…

 

145 Jahre und das Murmeltier

Durch die Westerweiterung von Eurogate gegenüber Oevelgönne sollen die Umschlagskapazitäten von aktuell 4 Mio. auf 6 Mio. TEU erweitert werden. Seit 2005 laufen die Planungen, wie wir der Senatsantwort drei  aus einer aktuellen Schriftlichen Kleinen Anfrage in der Hamburger Bürgerschaft entnehmen können. Die Berichterstattung der Hamburger Medien mit “alternativen Fakten” hatten wir bereits erläutert.

Was berichtet denn aber nun Eurogate als Betreiber des Vorhabens “Westerweiterung”? Ist der Umschlagsnotstand im Hamburger Hafen derart groß, dass es allen Ecken und Kanten am CTH spürbar ist?

Gestern berichtete der in Bremen ansässige Terminalbetreiber in einer Pressemitteilung über seine Umschlagszahlen für das Jahr 2016. Unter dem Titel “Containermenge gut behauptet” lesen wir, dass im Jahr 2016 mit 2,27 Mio. TEU in Hamburg gegenüber dem Vorjahr rund 20.000 TEU weniger umgeschlagen wurden. Dieses Umschlagsergebnis ist weniger als mäßig zu bezeichnen: das Hamburger CTH war im Jahr 2016 das einzige Nordrange-Terminal, das während der Hanjin-Insolvenz exklusiv Hanjin Schiffe löschen konnte. Nicht einmal mehr ein derartiger Sonderumstand verhilft dem Eurogate Terminal CTH zu steigenden Umschlagszahlen?

Da die Umschlagszahlen des Jahres 2016 nicht einmal 60% der aktuell bestehenden Umschlagskapazität am CTH von 4 Mio. TEU erreichen, fragen wir uns, warum dann die Westerweiterung für über 560 Mio. Euro (Stand 2014) realisiert werden muss? Wirtschaftlich denkenden Menschen scheint es weder bei Eurogate noch im Hamburger Rathaus zu geben.

Wir suchen eine Erklärung für diese in Hamburg fehlenden Wirtschaftlichkeitsrechnungen. An allen Ecken und Kanten stoßen wir, das ist nun wirklich nichts Neues, bei unseren Recherchen auf das Wort “Schifffahrtskrise”: sinkende Frachtraten, Überkapazitäten, Insolvenzen, Spekulationen und Banken mit starken Blessuren.

Einer, der es wissen müsste, ist ein Reeder, dessen Vorfahren seit der Mitte des vorletzten Jahrhunderts im Geschäft “rund um die Schifffahrt” sind. Anfang des Jahres war im Hamburger Abendblatt und in der Mopo ein Artikel über  diese Schifffahrtskrise zu lesen. Bertram Rickmers äußerte sich höchstpersönlich und stellte fest: “„Die schlimmste Krise seit 145 Jahren“ und “Zuletzt gab es nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 eine ähnliche Krise in der Schifffahrt“.

Das ist ganz schön lange her. Weder ein Redakteur noch Bertram Rickmers haben uns versucht zu erklären, was die Krise von vor 145 Jahren mit dieser aktuellen “Jahrhundertkrise” zu tun hat. Sind 145 Jahre zu trocken und zu staubig?

Nein, überhaupt nicht. Es geht um eine spannende Geschichte aus der Geschichte: namentlich die sogenannte Gründerkrise, die von 1873 bis 1879 angedauert haben soll. Bevor Sie sich jetzt genervt abwenden, bitten wir Sie, diesen im Anschluss an die globale Bankenkrise im Jahre 2009 in der österreichischen “Die Presse” veröffentlichten Artikel “Finanzkrise: Genau wie damals beim Gründerkrach” zu lesen.

Und nun geht es weiter in der Wikipedia, die uns erklärt, was die o.a. Redakteure nicht konnten und Herr Rickmers nicht wollte!?! Unter dem Stichwort “Schifffahrtskrisen in der Vergangenheit” ist zu lesen: “die erste Phase (1873–1876) der Gründerkrise, die durch Einbrüche im Welthandel und Deflation mit fallenden Warenpreisen pro Tonne und entsprechend fallenden Frachtraten gekennzeichnet war. Diese gingen in der Ostasienfahrt von 1873 bis 1880 um mehr als 30 % zurück.[9] Auch die Zahl der Auswanderer aus Deutschland sank, weil die Wirtschaftssituation hier im internationalen Vergleich noch relativ günstig war. Die Folge war ein ruinöser Preiskampf, in deren Folge z. B. die erst 1872 gegründete Deutsche Transatlantische Dampfschiffahrts-Gesellschaft mit ihren drei modernen Dampfschiffen 1875 an die Hapag verkauft werden musste.

Grüßt Sie auch ein Murmeltier? Ja, im Rathaus und bei Eurogate ist es anscheinend immer 6:00 Uhr morgens. Seit dem Jahr 2005, jeden Tag und es scheint keine Aussicht zu geben, dass dieses sich ändern wird.

Gesamtkonzept Elbe

In einer gemeinsamen Pressemitteilung des Bundesumwelt- und -verkehrsministeriums vom 18.01.2017 erfahren wir, dass sich Bund und Länder auf das “Gesamtkonzept Elbe” verständigt hätten. “Mit dem Gesamtkonzept Elbe wird dem Fluss eine langfristige Entwicklungsperspektive gegeben. Es sieht neue Leitlinien und Maßnahmen für die Nutzung der Elbe vor, um die Interessen der Binnenschifffahrt, der Wasserwirtschaft und des Naturschutzes miteinander in Einklang zu bringen. Außerdem garantiert es einen Beteiligungsprozess, der sicherstellt, dass Interessenvertreter und die breite Öffentlichkeit in die Umsetzung von Maßnahmen einbezogen werden. Damit ist auch die gemeinsame Weiterentwicklung des Gesamtkonzepts verankert.”

Was beinhaltet denn nun dieses Gesamtkonzept Elbe? Vorab, der Unterelberaum von der Staustufe Geesthacht bis zur Nordsee gehört nicht zu dem Gesamtkonzept Elbe. Vielmehr geht es um die Mittel- und Oberelbe zwischen Geesthacht und der tschechischen Grenze bei Schmilka. Klar, es geht um die Schiffbarkeit der Elbe, und zwar um die ominösen 1,60 Meter Fahrwassertiefe, die der Binnenschifffahrt verlässlich an mindestens 345 Tagen pro Jahr zur Verfügung stehen sollen. Diese aufgrund der Wasserstände der letzten Jahre utopisch anmutende Forderung der Wirtschaft stand dem Wunsch der Bevölkerung, Kirchen und Umweltverbände nach einer Elbe gegenüber, die die katastrophalen “Jahrhundert”-Überflutungen durch Schaffung von naturnahen Überschwemmungsräumen sowie einem deutlich weniger regulierten Flussbett auffängt.

Im Gegensatz zur Elbvertiefung an der hiesigen Unterelbe, wählte die Politik für diesen Interessenkonflikt an Mittel- und Oberelbe einen anderen Lösungsweg. Statt dem bei der Elbvertiefung an der Unterelbe praktizierten kompromisslosen Frontalangriff mit Maximalforderung, wurde dagegen an Mittel- und Oberelbe das Gespräch zwischen den o.a. Konfliktparteien gesucht. Das “Gesamtkonzept Elbe” finden Sie -> hier.

Nach drei Jahren gemeinsamer Arbeit zwischen den beiden Lagern ist eigentlich noch nichts fertig. Aber man hat sich schon auf Einiges einigen können. Am Besten gibt das die Erklärung der Kirchen wieder: “Die konsequente Nutzung des ESK (Elbe-Seiten-Kanal) wird die Berechenbarkeit der Transportleistungen der Güterschifffahrt und damit die Wirtschaftlichkeit der Binnenschifffahrt in diesem Flussgebiet verbessern und stärkt die Binnenschiff als planbares Transportmittel für die anliegende Wirtschaft. Parallel dazu werden Gestaltungsräume für Umweltmaßnahmen im Fluss- und Auenabschnitt nördlich Magdeburg bis Geesthacht geschaffen.” Die Umweltverbände und unsere Freunde von der Bürgerinitiative “Pro Elbe” ergänzen in ihrem Statement: “Im Weiteren gehen die Umweltorganisationen und die Bürgerinitiative Pro Elbe davon aus, dass das an der Elbe geltende verkehrliche Ausbaumoratorium weiterhin Bestand hat.”

Auch bei der Handelskammer Hamburg, die im Rahmen ihrer Interessenvertretung für die Hamburger Hafenwirtschaft für die Logistikanbindungen auf Mittel- und Oberelbe eine weitere Institution aus dem Boden gestampft hatte, die Kammerunion Elbe Oder,  ist zufrieden. Laut aktueller Handelskammer-Pressemitteilung wird das Gesamtkonzept sogar als riesiger Erfolg tituliert.

Es scheint wirklich ein Erfolg zu sein. Nicht nur, dass Bürger, Kirchen und Umweltverbände mit Vertretern der Wirtschaft, begleitet von Bundes- und Landesverkehrsministerien an einem Tisch saßen. Nein, zum ersten Male war bei einem Fluss-Vertiefungsprojekt sogar ein Umweltministerium mit am Tisch. Wir halten den Interessenvertretungen der Elbe die Daumen, dass dieses positive Erlebnis im nun folgenden Prozess, in welchem es um die konkreten Umsetzungsmaßnahmen geht, weiter anhält.

All dieses haben wir an der Unterelbe bislang nicht erleben dürfen. Hier ging es nur “hamburgisch derb” zu – mit einer Bierwerbung gesprochen: “Keine Kompromisse“. Bürgerängste vor Hochwassergefahren und Be- und Entwässerungsproblemen, Arbeitsplatzverlusten bei Obstbau, Landwirtschaft, Tourismus und Fischerei, Verlust von Freizeitrevieren, gefährdete Pflanzen- und Tierarten wurden an der Unterelbe mit einem Federstrich weggewischt.

Um beim Bier zu bleiben: “Elbvertiefung light” war für Politik und Hafenwirtschaft Teufelszeug und nicht diskutabel. Umweltbefindlichkeiten werden in Hamburg ausschließlich von der Verkehrs- und Wirtschaftsbehörde gelöst.

Schade, dass immer Gerichte in die Lage gebracht werden, derartige handwerkliche Fehler und Blockaden der Politik korrigieren zu müssen.

Ist OOCL der Nächste?

In dem aktuellen Newsletter des renommierten Branchendienstes Alphaliner wird über den seit Jahresbeginn schwelenden Übernahmepoker der hongkong-chinesischen Containergroßreederei OOCL (Orient Overseas Container Line) berichtet. Als potentielle Käufer für OOCL werden derzeit drei Containerreedereien benannt: die chinesische COSCO, die französische CMA-CGM und die taiwanesische Evergreen. Bemerkenswert an diesen potentiellen Käufern ist, dass diese drei gemeinsam mit OOCL die neue Ocean-Allianz betreiben, die zum 01.04.2017 ihre Zusammenarbeit starten will. Erst am 3. November 2016 waren hierfür in einer gemeinsamen Presseerklärung die Details benannt worden.

Aus Hamburger Sicht ist besonders interessant, dass der Branchendienst Alphaliner dieser sich anbahnenden Fusion über die Entwicklung des Aktienkurses von OOCL auf die Spur gekommen ist. Dieser Kurs ist seit dem Jahreswechsel um rund 40 % explodiert. Das Handelsblatt bestätigt diesen Bericht.

Bemerkenswert: der Aktienkurs von Hapag-Lloyd hat in den letzten Tagen eine ähnliche Entwicklung hingelegt. Gestern konnten wir dazu noch einen nahezu euphorischen Bericht im Hamburger Hafenblatt lesen “Hapag-Lloyd-Aktie befindet sich im Höhenflug”. Die Erklärung “Doch seit einiger Zeit geht es bei den Schifffahrtsunternehmen wieder bergauf, vor allem bei Hapag-Lloyd. “Das liegt zum einen an positiven Analysten-Einschätzungen, zum anderen an der tatsächlichen Entwicklung der Frachtraten”, sagt Thomas Wybierek, Schifffahrtsexperte der Nord LB.” Wir ahnen schon, dass hier wieder die von Volker Pispers beschriebenen Analysten am Werk gewesen sein müssen.

Im Journal of Commerce auf JOC.com finden wir dagegen im Bericht zur potentiellen OOCL-Übernahme eine zutreffende Markteinschätzung der Frachtraten: “Spot freight rates on Asia-Europe fell to their lowest ever level in mid-March, and although the prices rose sharply in the last two months of the year, too much supply and too little demand is expected to continue a decline that began a week into 2017.

Und genau diese Marktentwicklung ist es, die Fusionsgerüchte füttert und zu den Kurskapriolen der sich mehrheitlich im Familieneigentum befindlichen OOCL-Aktien führt.

Hapag Lloyd hat keinerlei Unternehmensnachrichten herausgegeben, die einen derartigen Anstieg des Aktienkurses binnen kürzester Zeit rechtfertigen würden. Es gibt keinen Mergerdeal, der im Raum schwebt. Oder haben Sie gehört, dass z.B. Herr Kühne oder die Stadt Hamburg ihr jeweiliges Aktienpaket im Rahmen eines Mergers an z.B. MSC verkaufen wollen?

Den am Markt befindlichen Hapag Lloyd Aktien kann man schon eine gewisse Marktenge bescheinigen. Von den rund 117 Mio. im Umlauf befindlichen Aktien sind lediglich 17% im Streubesitz, also rund 20 Mio. Stück, und damit an der Börse handelbar. Im Vergleich z.B. zur BASF Aktien sind das verschwindend geringe Zahlen: hier sind 920 Mio. Aktien im Umlauf und der Streubesitz von über 86% führt zu knapp 800 Mio. Stück handelbarer Aktien. Marktenge führt nun laut FAZ-Börsenlexikon dazu, dass “sich der größte Teil der Wertpapiere in wenigen festen Händen befindet und nicht zum Verkauf steht oder die Gesamtzahl der handelbaren Einheiten gering ist, das Angebot also knapp ist.” Und in einem derartigen engen Umfeld kann eine sogenannte “Kurspflege” sehr leicht betrieben werden. Nein, wir behaupten nicht, dass die grundsätzlich strafbare Kurspflege bei diesen Aktien durchgeführt wird oder worden ist.

Da aber keine positive Unternehmensnachrichten, Merger oder positive Branchennews bekannt sind, muss es sich bei den mehr als geringen Aktienumsätzen der letzten Wochen wohl um lauter verrückte Einzelaktionäre handeln, die um jeden Preis dieser Welt Aktionäre von Hapag-Lloyd werden wollten. Unglaublich – es muss anscheinend derartige Menschen geben, die glauben, dass der vom Handelsblatt mit dem OOCL-Merger angeführte Abrutsch von Hapag-Lloyd in der Rangliste auf den Meeren ein Erfolg wird.

Die Stadt Hamburg, die Herren Kühne sowie Luksic, die TUI AG, Bankhaus Warburg und die neuen arabischen Aktionäre an Hapag-Lloyd aus der Fusion mit UASC werden sich ob des unermüdlichen Einsatzes dieser o.a. Verrückten sehr freuen, dass sich die Abschreibungen in deren jeweiligen Aktiendepots der o.a. Unternehmen, Finanzsenatoren, Herren und Scheichs auf ein unerwartet geringes Maß reduziert haben.

Die nächste Havarie

Um 4:15 Uhr ist der unter der Flagge der Marshall Islands registrierte Bulker “Cape Leonidas” auf der Unterelbe Höhe Kollmar/Drochtersen havariert. Wie das Hamburger Abendblatt berichtet, hatte das 292 m lange und 45 m breite Schiff einen Maschinenausfall und konnte erfolgreich am südlichen Fahrwasser Notankern. Bei dem Ankermanöver wurde laut Polizeibericht ein Anker verloren.

Bis zu sieben Schlepper, ein Polizeiboot, ein Peilboot sowie die Neuwerk waren im Einsatz, um den Havaristen zu sichern. Das Fahrwasser der Elbe wurde laut Vesseltracker für Schiffe ab 150 m Länge gesperrt. Vesseltracker meldet, dass das Containerschiff “NYK Crane”, das heute morgen Altenwerder Richtung Rotterdam verlassen wollte, aufgrund der Havarie eine Zwangspause am Burchardkai einlegen musste. Einlaufende große Schiffe wurden auf die Reeden in der Nordsee und Außenelbe verwiesen.

Mit dem auflaufenden Wasser (Glückstadt Niedrigwasser 13:24 Uhr) bewegt sich die “Cape Leonidas” mit Unterstützung von sechs Schleppern in Richtung Hamburger Hafen. Der 15,1 m tief gehende Bulker soll im Hansaport entladen werden.

Auf der Internetseite des Havariekommandos ist Stand 15:45 Uhr noch keine Pressemitteilung zu finden. Es ist auffällig, wie die Zahl der technischen Ausfälle an Ruder- oder Maschinenanlagen bei Großschiffsanläufen auf der Unterelbe zugenommen hat. Erinnert sei an die Havarien der “Choapa Trader” im März 2015, der “NYK Olympus” im Juli 2015, der “Yangming Wish” im August 2015, der “CSCL Indian Ocean” im Februar 2016, der “Sandnes” im  März 2016 oder die “Hanni” im Dezember 2016. Verfolgt man zudem die Schiffskollisionen in den Kanalschleusen Brunsbüttel ist es schon erstaunlich, dass diese Häufung von Unfällen von den politisch Verantwortlichen ignoriert werden. Eine derartige Häufung von Unfällen im Luft- oder Bahnverkehr hätte bereits erhebliche Konsequenzen gehabt.

Doch das Wort “Havarierisiken” ist in der Schifffahrt anscheinend unbekannt – Statistiken werden nicht geführt bzw. bleiben unveröffentlicht. So bleibt der Hinweis auf eine Befragung der EU-Kommission zur Schiffsicherheit, an der sich jede Bürgerin und jeder Bürger noch bis zum 20.01.2017 beteiligen kann. Nutzen Sie die Möglichkeit – wir haben es bereits getan.

Bauernopfer

Unmittelbar nach Weihnachten war in der Bild-Zeitung mit dem Titel “Der Hafen-Hammer” folgendes zu lesen: “Ein HPA-Boss wird gefeuert, der andere steht unter Druck. Im Hafen kracht’s. Massiv unter Beschuss: die Doppelspitze der Hamburg Port Authority (HPA) Jens Meier (50) und Wolfgang Hurtienne (64). Hurtienne muss gehen, Meier habe vom Senat die gelbe Karte bekommen, heißt es aus Behördenkreisen.

Als Gründe für den vorzeitigen Abgang von Herrn Wolfgang Hurtienne führt Bild an: “Der HPA-Mann soll ohne Wissen von Wirtschaftssenator Frank Horch (68, parteilos) einen Deal mit der Umweltbehörde über den Schlick-Transport im Hafen abgeschlossen haben. Durch den bereits 2012 besiegelten Deal, von April bis Oktober keine Sedimente vor Neßsand zu kippen, sondern sie in die Nordsee bei Tonne E3 zu verklappen, stiegen die Schlickkosten extrem. Allein 2015 auf 85 Millionen Euro für elf Millionen Kubikmeter. Dazu kommen massive Kosten-Steigerungen bei Brückenbauwerken. Als Horch davon erfuhr, soll er getobt haben. Nun kommt die Quittung für Hurtienne.

Das der Wirtschaftssenator Frank Horch über diesen sogenannten Deal bislang nicht gewusst haben soll klingt absurd. Gleiches gilt für den uralten Hut der explosionsartig angestiegenen Baggerkosten. Auch die Kostensteigerungen bei den Brücken sind nun wirklich nichts Neues. Wir schließen somit aus, dass diese von Bild angeführten Gründe Ursache der Trennung von Herrn Hurtienne sein sollen.

Das Hamburger Abendblatt bestätigt das Ausscheiden aus der HPA-Geschäftsführung zum 15.01.2017 und mutmaßt in eine ähnliche Richtung wie Bild. Wir können uns dagegen gut ein paar andere Gründe vorstellen.

Der Wirtschaftssenator war bei der Anhörung vor dem Bundesverwaltungsgericht erst ab dem zweiten Tag anwesend. So konnte er nicht persönlich hören, was der Chefplaner der Elbvertiefung auf der Seite des Bundes, Herr Jörg Osterwald in Sachen Verschlickung des Holzhafens zu den Richtern stammelte. Wer Herrn Osterwald einige Jahre zuvor auf den öffentlichen Veranstaltungen zur Elbvertiefung samt der Anhörungen mit seiner zynischen Eloquenz erleben durfte, rieb sich bei diesem aktuellen Auftritt in Leipzig mehr als verwundert die Augen.

Für Hamburgs vor Gericht stehende Planung sah es auch nicht besser aus. So dürfte Herr Horch von den Vorbereitungen seines Chefplaners, Herrn Jörg Oellerich, nicht begeistert gewesen sein. Die Art und Weise wie die Hamburger Planungen, insbesondere beim Projekt Kreetsand und dem Eiern um die Baggerei zur Laichzeit des Fisches Finte, vertreten wurden, sucht seinesgleichen. Der im Abendblatt zitierte Wortwechsel zwischen der Hamburger Vertretung und dem Richter, Herrn Dr. Rüdiger Nolte trifft das anwaltliche und fachliche Auftreten Hamburgs nahezu perfekt.

Der Hamburger Chefplaner Herr Jörg Oellerich ist laut HPA-Organigramm, Stand 11/2016 in der Abteilung E-Entwicklungsvorhaben dem Geschäftsbereich von Herrn Hurtienne zugeordnet. Während Herr Oellerich in Leipzig anwesend war, war die Geschäftsführung der HPA durch Herrn Jens Meier vertreten. Herr Hurtienne fehlte.

Nicht, dass wir glauben, dass die Anwesenheit von Herr Hurtienne dem peinlichen Auftritt Hamburgs mehr Solvenz gegeben hätte. Nein, ganz bestimmt nicht. Es ist schon auffällig, wenn der für die Planungen federführend verantwortliche Geschäftsführer der HPA nicht anwesend ist, aber dafür sein Mitarbeiter. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass der Geschäftsführer Hurtienne bei dem Thema Elbvertiefung nichts zu melden hat und lediglich im Organigramm als Verantwortlicher benannt wurde. Die Politik scheint ohne ohne Rücksicht auf Unternehmenshierarchien auf die Planer zu zugreifen und bringt auf diesem Wege ihre Vorstellungen direkt und unmittelbar in die Planungen ein.

Herr Horch muss in Leipzig festgestellt haben, dass es mit diesen von ihm politisch und persönlich zu vertretenden Planungsvorbereitungen alles andere als gut lief und steht. Natürlich ist der politische Druck aus Hamburg und vom Bund auf das Gericht immens. Aber schlechte Planungen ausschließlich durch derartigen Druck kompensieren zu wollen, ist fahrlässig. Da passt es gut, wenn man sicherheitshalber knapp einen Monat vor dem Tag der Gerichtsentscheidung am 9. Februar 2017 einen “verantwortlichen” Geschäftsführer entlassen und ein vorsorgliches Bauernopfer mit fadenscheinigen Gründen produzieren kann. Damit wird es für Herrn Horch deutlich einfacher, den Gerichtsentscheid gesichtswahrend entgegen zu nehmen.

Alles nur Verschwörungstheorie? Es passt zu den Vermutungen der taz in dem Artikel “Ein Stuhl bleibt leer” im letzten Absatz. Wir lassen uns gerne eines Besseren belehren!

Dankeschön!

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wir wünschen Ihnen und Ihren Lieben mit dem Weihnachtsbaum aus der Halle im Bundesverwaltungsgericht in Leipzig „Frohe Weihnachten“!

Wir bedanken uns bei Ihnen zudem für das große Interesse an unserer Internetseite!

Für das kommende Jahr 2017 wünsche wir Ihnen alles Gute, Glück und Gesundheit und für unsere gemeinsame Arbeit, dass auch im neuen Jahr unsere Elbe unvertieft bleibt.

Ihre Bürgerinitiative Hamburg für die Elbe

Leipzig, 3. Tag: Urteil am 9. Februar 2017

Ergebnis
Am heutigen letzten Verhandlungstag der Elbvertiefung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat der Vorsitzende Richter, Herr Dr. Rüdiger Nolte die Entscheidung über die Elbvertiefung (Az. 7 A 2.15) für den 9. Februar 2017 angekündigt.

Die zugehörige Pressemitteilung  des am Simsonplatz 1 in Leipzig ansässigen Bundesverwaltungsgerichtes finden Sie -> hier.

Leipzig, dritter Tag
Zum chemischen Zustand der Elbe fragte das Gericht die Beklagten, welche Anweisungen für Baggerei und Verklappung einschlägig seien und ob diese Vorgaben auf die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL )abgestimmt seien. Das Gericht nahm Bezug auf die ihm bekannten Anweisungen HABAB und GÜBAK und wollte den Stand der Überarbeitung in Erfahrung bringen.

Die Beklagten führten aus, dass ausschließlich die GÜBAK zur Anwendung kommen würde und führten die Entscheidungsoptionen dieser Handlungsanweisung aus. Fall 1 für unbelastetes Baggergut, Fall 2 für mit Schadstoffen belastetes Baggergut und Fall 3 Baggergut, dessen Schadstoffbelastung über den Richtwerten liegt. Während HABAB die Verklappung von belastetem Baggergut gemäß Fall 3 untersagen würde, kann diese nach GÜBAK mit Auflagen erfolgen. Als Auflagen würde eine gesicherte Unterbringung mit Abdeckung gelten sowie ein Überwachungsprogramm mit regelmäßigem Monitoring. Der Richter fragte konkret am Beispiel UWA Medemrinne nach: ist tatsächlich und rechtlich gesichert, dass aus den Verklappungen in der UWA keine Schadstoffe austreten können? Sei sichergestellt, dass beauftragte Baggerunternehmen sorgfältig arbeiten würden.

Es wurde der geplante Bauablauf für die UWA vorgetragen und darauf hingewiesen, dass hier Fall 3 zur Anwendung kommen würde. So würden in der Medemrinne Dämme mit einer Höhe von fünf Metern gebaut werden, in die belastetes Baggergut aus dem Hamburger Hafen bodennah mit einer Höhe von einem Meter eingebracht werden würde. Man wolle in Teilflächen von 500 mal 500 vorgehen, die binnen drei Monaten sukzessive  mit unbelastetem Baggergut abgedeckt würden.

Der Richter fragte nach, ob das belastete Material in diesem Zeitraum nicht doch austreten könne. Die Beklagten verwiesen auf ihre Erfahrungen bei der Sicherung des „Altenbrucher Bogens“ und stellten fest, dass damit die Sicherheit gegeben sei. Ob die Bauplanung im Planfeststellungsbeschluss (PFB) bzw. den Ergänzungsbeschlüssen (PEB) festgehalten sei, wollte das Gericht wissen. Die Beklagten bejahten und verwiesen auf konkrete Absätze und Seiten im PFB und PEB. Das Gericht behielt sich vor, dieses in einer Beratungspause noch einmal zu prüfen.

Sodann wurde die Abgrenzung bzw. der Zusammenhang der von den Bundesländern auf Basis europäischen Rechtes (Natura 2000) zu erstellenden „Integrierten Bewirtschaftungspläne“ (IBP) für die Unterelbe und dem Planfeststellungsbeschluss zur Elbvertiefung erörtert. In dem für sechs Jahre festgelegten IBP Unterelbe (Hamburg/Schleswig-Holstein und Niedersachsen) der das Hauptinstrument der planerischen Gewässerbewirtschaftung in der Hoheit der Bundesländer darstellt, ist die Auswirkungsfolge auf die Gewässerqualität durch die Elbvertiefung nicht bzw. unzureichend berücksichtigt. Strittig war nun, ob die Planfeststellungsbehörden der Elbvertiefung weitere Auswirkungsprüfungen hätten vornehmen müssen.

Diesem hochjuristisch und komplex klingenden Thema kam eine nahezu zentrale Bedeutung zu: wir registrierten, dass die verantwortlichen Behörden der Bundesländer Hamburg/Schleswig-Holstein und Niedersachsen mit ihren „demokratisch legitimierten Exekutiven“ ihre Aufgaben zum IBP auf sträflichste Art vernachlässigt haben. Diese Verfehlungen hätten über den PFB zur Elbvertiefung, der ja von genau den gleichen Exekutiven getragen wird, kompensiert werden müssen. Gleiches scheint auch für die lediglich implizit angeführte Westerweiterung am Eurogate-Terminal CTH zu gelten.

Hätte zum zweiten PEB eine Ausnahmeregelung nach der WRRL beantragt werden müssen? So lautete die nächste Fragestellung. Überraschend für uns erklärten die Beklagten, dass weiterhin die Beantragung der Ausnahmeregelung aus dem ersten PEB gelten würde. Der ganze Presserummel, dass Hamburg ohne eine derartige Ausnahmeregelung antreten würde, haben wir damit nicht mehr nachvollziehen können: Hamburg arbeitet vor Gericht mit der Annahme, dass die Nacharbeiten zum ersten PEB für diese Genehmigung ausreichend ist.

Die Kläger führten, ausgehend vom Weserurteil, noch einmal das Thema Alternativenprüfung zur Elbvertiefung an, die das Gericht zur Kenntnis nahm.

Nach der um 12:00 Uhr mit einer halben Stunde angesetzten und auf eine dreiviertel Stunde ausgeweiteten Beratungspause wurde die Verhandlung fortgesetzt. Der Richter berichtete, dass der Senat in Sachen UWA Medemrinne Teilaspekte des Bauvorhabens im PFB/PEB gefunden hätten, aber keinen Hinweis auf Schutzauflagen. Eine Bewertung dieses Sachstandes würde der Senat nun nicht abgeben wollen: man wolle sich darüber nun im Nachgang beraten wollen.

Und dann legte der Hamburger Anwalt, Herr Prof. Dr. Olaf Reidt, erneut eine „vorsorgliche Planergänzung“ im Namen der Beklagten (Hamburg) in mündlicher Form vor. Wie peinlich, es war ihm erneut nicht möglich, diese schriftlich zu Protokoll zu geben, so dass wir das mündliche Diktat an die Gerichtschreiberin mitschreiben konnten: „Der Prozessbevollmächtige der Beklagten zu 1 erklärt zugleich auch für die Beklagte zu 2 und im Einvernehmen der Beigeladenen: Die Anordnung A.II.1.6.3 des Planfeststellungsbeschlusses vom 23.04.2012 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 24.03.2016 wird wie folgt ergänzt: das Baggergut ist wie folgt einzubauen: Baggergut aus der Hamburger Ausbaustrecke ist im Schutze des vorher hergestellten Dammes der Unterwasserablagerung bodennah einzubringen und damit ortsfest einzubauen. Dabei darf nur Baggergut eingebaut werden, dass unter Fall 2, oder besser der Gemeinsame Übergangsbestimmungen zum Umgang mit Baggergut in den Küstengewässern (GÜBAK) in der jeweils geltenden Fassung fällt. Definierte Teilbereiche, die so befüllt werden, sind anschließend mit unbelastetem Material abzudecken. Die endgültige Abdeckung der jeweiligen Teilfläche muss vollständig innerhalb von jeweils drei Monaten fertiggestellt sein.“ Damit wurde genau der Ablauf beschrieben, die von der Gutachterin in ihren Ausführungen am Beginn des Verhandlungstage geschildert wurden, und keinen Deut mehr! Der Richter betonte im Anschluss, dass er diese Ergänzung nur entgegen nehmen und nicht bewerten würde.

Es folgten abschließend die Anträge. Die Kläger beantragten die Aufhebung des PFB samt der PEB-Ergänzungen. Hilfsweise das Vorhaben für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären. Die Beklagten beantragten die Klage abzuweisen. Nach den Abschlussplädoyers erklärte der vorsitzende Richter, Herr Dr. Nolte, dass das Gericht am 9. Februar 2017 seine Entscheidung verkündet.

Liebe Leser, all das schreit nach einer Kommentierung. An dieser arbeiten wir!

Leipzig, 1. Tag

Pünktlich um 10:00 Uhr begann die Verhandlung in Sachen Elbvertiefung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Nach ungefähr 20 Minuten Formalien rund um die Anwesenheit ging es gleich zur Sache.

  • Messung der Schiffsgeschwindigkeit (Fahrt durchs Wasser) auf der Elbe zum Schutz der Habitatsflächen vor Wellenschlag. Das Verfahren hierfür steht noch nicht zur Verfügung. Könnte die Vertiefung beginnen, ohne das ein Meßverfahren zur Verfügung steht?
  • Erörterung, ob der Holzhafen und dessen nachträgliche Ausweisung als FFH-Gebiet eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern würde. Gibt es eine zusätzliche Aufschlickung im Holzhafen durch die Elbvertiefung?
  • Ist die Bestandserfassung der Brutvögelreviere richtig erfasst und ist die Bewertung der Schäden durch die Elbvertiefung korrekt?
  • Schierlingswasserfenchel – sind die Flächen in der letzten vollständigen Standortkartierung aus 2002/2003 korrekt ermittelt worden? Reicht diese Datenbasis für die Bewertung der Auswirkungen für die geplante Elbvertiefung, insbesondere in Bezug auf die Salinitätsänderung?

Besonderen Raum nahm die Unterwasserablagerungsfläche UWA in der Medemrinne und am Neufelder Sand ein. An den bisherigen Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) und ihrem geringen Auswirkungshorizont von lediglich 14 Tagen kamen Zweifel auf. Die Kläger legten ein Gutachten mit einem Horizont von sechs Jahren vor, das eine Verdoppelung des Tidenhubes am Pegel St. Pauli gegenüber den BAW-Planungen prognostizierte. Das besondere Interesse des Gerichtes schien geweckt: nach einer Beratungszeit der Richter wurden die Beklagten mit detaillierten Fragen aufgefordert, am morgigen Gerichtstage Stellung zu nehmen.

Die Sauerstofflöcher im Laichgebiet des Fisches Finte zwischen der Este- und Lühemündung folgten. Wirkt sich der anscheinend ersatzlose Verzicht auf Unterhaltungsbaggerei in diesem Gebiet während der Laichzeit, so aus, dass der Laicherfolg lediglich um ein Prozent abnimmt? Die Kläger und insbesondere das Gericht hinterfragten den Verzicht: Soll die Hopperbaggerei tatsächlich ersatzlos gestrichen werden? Dies wurde mehrfach von den Beklagten bestätigt. Dann verwiesen sie auf die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss zum Fortgang der Wasserinjektionsbaggerei (WI)  für die Unterhaltungsbaggerei. Eine Beschränkung nur auf die Hopperbaggerei und nicht auf die WI erscheine nicht ausreichend. Die Beklagten legten einen Eiertanz sondergleichen hin und mussten letztendlich zugeben: auf WI wollten sie eben nicht verzichten! Die Beklagten beantragten anschließend eine Beratungszeit und werden morgen eine Stellungnahme abgeben.

Die Verhandlung wird morgen um 10:00 Uhr fortgesetzt und soll mit der Stellungnahme und der Erörterung der BAW-Modelle beginnen.

Fiete Faktenkieker oder Hafenblatt?

Über “postfaktische Politik” in Sachen Elbvertiefung hatten wir bereits vor wenigen Tagen berichtet. Mit dem Nahen des 19.12.2016, also dem Beginn der nächsten Anhörung beim Bundesverwaltungsgericht und dem von vielen Beteiligten kurzfristig erwarteten Gerichtsentscheid, qualifiziert sich die Berichterstattung im Hamburger Hafenblatt mit dem heutigen Artikel “Alles rund um die Elbvertiefung – das sollten Sie wissen” endgültig als postfaktisch. Das im Artikel gezeigte journalistische Niveau des Autors ist unterirdisch: Fakten bleiben unberücksichtigt oder werden verdreht und die Hafenwelt wird auf ein gefühlt einfaches Niveau reduziert, dass mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat.

So lesen wir im letzten Absatz eine faustdicke Lüge: “Doch die jüngste Entwicklung hat gezeigt, dass so eine Hafenkooperation nicht funktioniert, weil Reeder und Spediteure sich ihre Anlaufhäfen nicht vorschreiben lassen. So hat Hamburg zuletzt Ladung verloren. Gewinner war aber nicht der Tiefwasserhafen Wilhelmshaven, sondern Rotterdam und Antwerpen.”  

Eine Richtigstellung finden wir in der NEZ vom 14.12.2016, in der der HPA-Chef, Herr Jens Meier interviewt wurde. In dem Artikel “Elbvertiefung: Es gibt keinen Plan B“, der leider nicht online erreichbar ist, versuchen die Redakteure die gleiche postfaktische Ente zu platzieren wie unsere o.a. Hafenblattposaune und pupsen in den Raum: “Dennoch: Die Konkurrenten an der Nordsee melden steigende Umschlagzahlen.

Herr Meier geht auf diese Ente nicht ein und entgegnet: “Rotterdam hat in diesem Jahr stärkere Rückgänge bei den Containern als Hamburg. Und Antwerpen profitiert davon, dass Feederverkehre von Zeebrügge dorthin gewechselt sind. Dort lasten Reedereien in Zeiten schwächerer Mengen vorrangig ihre eigenen Terminals aus. Das ist aber kein Grund, in Hamburg nervös zu werden.

Wer sollte es besser wissen, als der Hafenchef? Wer es in postfaktischer Skepsis immer noch nicht glaubt, sei auf die Pressemeldungen vom Port of Rotterdam und vom Port of Antwerp verwiesen. Nein, mehr wollen wir auch nicht auf den Unsinn der Hafenposaune des Hafenblattes und seines o.a. faktenlosen Artikels eingehen.

Stattdessen verweisen wir auf “Fiete Faktenkieker” und seine mit Quellen unterlegt Fakten zur geplanten Elbvertiefung!

Zudem drücken wir für den Schlussspurt den klagenden Verbänden BUND, NABU und WWF des Bündnisses “Lebendige Tideelbe” kräftigst die Daumen! Wir zollen den Verbänden und Ihren ehrenamtlichen und privaten Unterstützern unseren Respekt für das Engagement, die Ausdauer und die enorme persönliche Kraft, die diese in dem von den Elbvertiefungsplanern atemberaubend in die Länge gezogenen Verfahren gezeigt haben!

Dafür vielen herzlichen Dank!

Drakonische Strafe

Lesen wir die auf www.hamburg.de bereitgestellten Informationen zum Kreuzfahrtschiff  “Caribean Princess” der US-amerikanischen Carnival-Reederei, gewinnen wir den Eindruck, dass dieses Schiff im Hamburger Hafen ein hofierter und willkommener Gast ist. Von der “Mutter der Prinzessinnen-Flotte” ist die Rede und von einer Besonderheit der romantischen Art: der “Möglichkeit, sich in der bordeigenen Hochzeitskapelle vom Kapitän trauen zu lassen.

Vor wenigen Tagen war in einem Spiegel-Artikel etwas weiteres Besonderes zu lesen: genau dieses Schiff hat auf seinen Reisen über zehn Jahre lang illegal Ölreste in die Meere geleitet. Nun wurde es zu der höchsten jemals in den USA verhängte Strafe für mutwillige Umweltverschmutzung durch Schiffe in Höhe von 40 Mio. US-Dollar verurteilt. Der Spiegel schreibt sehr verharmlosend über diese Sauerei.

Konkrete Informationen erhalten wir dagegen vom renommierten maritimen Informationsdienst gCaptain. Wir erfahren, dass über eine “Magic Pipe”, einem Bypass für die “offiziellen Auffangvorrichtungen”, im großen Stile ölhaltige Abfälle im Meer entsorgt wurden. Aufgeflogen ist die “Caribean Ocean” durch einen Whistleblower, der sich unmittelbar nach Kenntnis dieser langjährig gepflegten Praxis die Behörden des nächsten Hafens informierte und abheuerte. In den sich anschließenden Untersuchungen der Umweltbehörden in den USA und Großbritannien stellten sich im großen Stile weitere Umweltvergehen dieses Schiffes, aber auch der weiteren vier unter “Carnival-Flagge” fahrenden Prinzessinnen-Schwesterschiffe heraus.

Die Umwelthistorie des Carnival-Konzerns und das aktuelle Gebaren der Prinzessinnen gegenüber Umwelt und Mitarbeitern muss sich für die Justizbehörden im Laufe des Verfahrens als so unglaublich dargestellt haben, dass in den Verhandlungen über das Strafmaß der gesamte Konzern mit seinen Töchtern nun unter besondere Umwelt-Beobachtung gestellt worden ist. So lesen wir auf der Internetseite des amerikanische Justizministeriums, dass alle acht Tochterreedereien für den Zeitraum von fünf Jahren zu einem gerichtlich überwachten, von unabhängigen Dritten durchgeführten Umweltbeaufsichtigungsprogramm (ECP-Environmental Compliance Programm) verurteilt wurden. Zu den nun unter US-Recht verschärft überwachten Töchtern der Carnival-Reederei gehören auch die AIDA-Cruises, einem der wahren Lieblingskinder unseres Senates und der Hafenbehörde HPA.

Und damit sind wir wieder in Hamburg. Da wurde ja das Landstromterminal am 03.06.2016 mit Pauken und Trompeten und AIDA NICHT in Betrieb genommen. Seitdem wurde Hamburgs angeblich so umweltfreundlicher Zauberpartner AIDA dort auch nicht mehr gesehen. AIDA nutzt für Schiffsaufenthalte auch nicht die LNG-Barge. Gott bewahre diese arme Reederei kann doch auf ihren Schiffen nicht ihre stinkenden Maschinen ausmachen müssen… Nein, das geht nun wahrlich nicht.

Hamburg wird weiterhin in Sachen Umweltschutz auf Carnival mit Wattebäuschen werfen und Werbung für die Umwelt-Pottsau Nr. 1 machen. Von der “Mutter der Prinzessinnen”, der Carnival-Reederei mit Sitz in Miami, kann Hamburg nämlich soooo unglaublich viel lernen, durften wir vor einem Jahr in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage in der Bürgerschaft lesen.

Über unseren Herr Mattern von Hamburg Hafen Marketing, der vor über einem Jahr in Houston gemeinsam mit Herrn Horn von Hapag-Lloyd über Hamburgs Schiffsabgasproblem referierte, haben wir in der Schriftlichen Kleinen Anfrage nichts lesen können. Herr Horn scheint bei seinem Bericht zur Landstromnutzung von Hapag-Lloyd in Hamburg nicht mal rot geworden zu sein: “Horn says. Hapag-Lloyd is already using the technology in Hamburg for its cruise liners. It aims to start converting its container fleet next year.” Glück auf!