Einfach nur Schrott…

Wir ehemaligen “Hamburger Gören”, die sich jetzt dem Rentenalter nähern, sind noch Zeitzeugen dafür, dass die damals größten Schiffe in Hamburg vom Stapel liefen und auch die Werften anliefen.

Die großen Tanker, wie die „Lagena“ ( 351,45 m lang und 55,40 m breit) kamen zwar nur in Ballast zur Reparatur, aber es war so beeindruckend, dass wir es nicht vergessen haben. Lange schon kommen die größten Tanker und Schüttgutschiffe (Bulker) nicht mehr nach Hamburg, trotzdem hat der Hamburger Hafen seine Bedeutung behalten und wird sie behalten – auch wenn die Konkurrenz einmal vorbeiziehen sollte.

Wir können uns noch gut erinnern, als vor knapp 50 Jahren die in New York ausgebrannte „Hanseatic“ nach Hamburg geschleppt wurde. Sie wurde nach Altenwerder zur WrackBlankeneseAbwrackwerft „Eisen und Metall“ gebracht und dort zerlegt. Nur eine Bodengruppe dient noch heute als Ponton in Cuxhaven.

Bei den deutschen Abwrackwerften war der Arbeitsschutz nicht perfekt und so mancher Hamburger hat dort seine Gesundheit eingebüßt. Aber gegen das, was sich seit dieser Zeit in Indien, Pakistan und Bangladesch abspielte und noch abspielt, war das „vorbildlich“.

Das blieb uns lange verborgen. Nach Veröffentlichungen von spektakulärem Bild- und Filmmaterial in den Medien wurde man in der Welt sehr langsam aktiv. Internationale Regelungen wurden z.B. von der EU in 2007 gefordert und in 2009 zu einem internationalen Standard der IMO (Hongkong Konvention) formuliert. Der Standard ist allerdings aufgrund fehlender qualifizierter Mehrheiten befremdlicherweise noch nicht in Kraft getreten. Den langen Weg zur Hongkong-Konvention finden Sie hier in englischer Sprache.

Als die Werften und die Reedereien in den letzten Jahren mit ihrem Wettlauf um das größte Containerschiff erneut für enorme Überkapazitäten sorgten, wurde wieder nach billigen Möglichkeiten gesucht, den Schiffsschrott loszuwerden.

Wie wir einer aktuellen Pressemitteilung der NGO-Shipbreaking-Platform, einem internationalen Zusammenschluss von Nichtregierungsorganisationen wie z.B. bellona oder Greenpeace entnehmen können, steht das Hamburger Traditionsunternehmen Komrowski auf Platz Eins der Liste der Unternehmen, die sich keine anständige Entsorgung leisten.

Komrowski scheint ein Opfer des o.g. Größenwahns geworden zu sein, dem Hamburg mit der Elbvertiefung nun auch noch den roten Teppich ausrollen will. Aber auch die in Buxtehude beheimatete NSB Niederelbe Schiffahrtsgesellschaft, die die deutsche Flagge verlassen will, nimmt unter dem Namen “Conti-Schiffe”einen Spitzenplatz ein. Die in München beheimatete “Conti-Gruppe” bietet Schiffsbeteiligungen als Geldanlagen an. Die Bereederung dieser “Conti-Schiffe” erfolgt überwiegend durch die NSB. Und einige dieser von NSB bereederten Schiffe sollen nun sehr billig zerlegt werden.

Liebe Hamburger,
wenn Sie die noch kommenden großen und noch größeren Containerschiffe bewundern, bedenken Sie bitte, dass viele Hamburger Reedereien und deren Beschäftigte dafür ihr Geschäft und ihre Arbeitsplätze verloren haben und verlieren werden: Hamburg hat schon lange keine große Abwrackwerft, keine Seemannsschule und keine Fachhochschule Seefahrt mehr. Der Schiffsführungssimulator ist weg, unsere Werften bauen keine Schiffe mehr und die Hersteller der Navigations- und Funkausrüstung werden in Hamburg immer weniger.

Hamburg ist „weiter vorn“ beim Ausstieg aus der Seeschifffahrt – es belegt bald einen Spitzenplatz. Die aktuelle Elbvertiefung wird diesen seit Jahren andauernden Ausstieg vom maritimen Spitzenstandort in Deutschland nicht aufhalten! Im Gegenteil!

Bitte gehen Sie wählen, aber wählen Sie eine Partei oder Person, die nicht nur über Hafen reden kann, sondern auch über Hafen-Kompetenzen verfügt. Wählen Sie Politiker, die Hamburg funktionieren lassen können. Politiker, die seit Jahren partout keine neuen Ideen haben wollen oder sich an keinen Plan B heranwagen, können über anstehende Gerichtsentscheidungen nur mit einem “wird das wirtschaftliche Folgen haben” lamentieren. Für einen Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg erscheint uns das als viel zu wenig!