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HSH-Anzeige: Gutachten

HSH-NordbankLaut einem Welt-Artikel soll die Hamburger Staatsanwaltschaft die im Dezember 2015 getroffenen Beschlüsse der Hamburger Bürgerschaft und des Schleswig-Holsteinischen Landtages zur HSH-Rettung durch interne Gutachter überprüfen lassen.

Die von dem ehemaligen Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein, Herrn Werner Marnette aufgrund der Parlamentsbeschlüsse im Dezember 2015 eingereichten Anzeigen wegen Verdachts auf Untreue gegen den Finanzsenator bzw. -minister sowie Vorstands- und Aufsichtsratschef scheinen somit doch noch eine Konsequenz zumindest in der Hamburger Justiz zu haben. Die Staatsanwaltschaft in Kiel hatte ihre Ermittlungen bereits im Februar 2016 eingestellt.

Seit Dezember 2015 – mittlerweile ist ein Viertel der Übergangsfrist von zwei Jahren für die von der EU-Kommission genehmigte HSH-Nordbank-Fortführung verstrichen –  hat sich für die Öffentlichkeit nichts getan. Kein Wort ist über die Tätigkeit der sogenannten “hsh portfoliomanagement AöR” zu hören, die als Bad Bank in der Rechtsform einer “Anstalt öffentlichen Rechts” immerhin die milliardenschwere Übernahme der faulen Schiffskredite organisieren und in die vollständige Deckung der Steuerzahler nehmen soll.

Es geht um notleidende Schiffskredite in Höhe von bis zu 6,2 Mrd. Euro, die unter einen staatlichen Rettungsschirm gestellt werden sollen: Schiffseigentümer, denen es gelingt mit ihrer kaputten HSH-Schiffsfinanzierung in dieses Portfolio aufgenommen zu werden, müssen nicht befürchten, dass sie ihr Schiff notverkaufen oder verschrotten müssen. Im Gegenteil: Sie können das Schiff weiter auf Staatskosten betreiben und müssen keinen Verlust realisieren. So wäre es doch für die Öffentlichkeit sehr interessant, nach welchen Auswahlkriterien kaputte Schiffskredite für den Schirm “hsh portfoliomanagement AöR”  von den verantwortlichen Politikern ausgewählt werden. Sind es Kreditforderungen für Schiffe,

  • die wirklich unter deutscher Flagge mit deutscher bzw. europäischer Besatzung fahren oder sind es an Billigflaggenländer ausgeflaggte Schiffe? Die große Mehrheit werden ausgeflaggte Schiffe sein – Schiffe mit deutscher Flagge gibt es ja kaum noch.
  • Wieviele der ausgewählten Schiffe werden dabei über vermeintlich legale Briefkastenfirmen betrieben und warum werden diese so betrieben?
  • Sind es Schiffe, die Deutschland regelmäßig anlaufen oder sind es Schiffe die irgendwo in der Welt fahren?

Aus den Senatsantworten auf eine Schriftliche Kleinen Anfrage vom April 2016 ist zu erfahren, “dass der voraussichtliche Anteil von Krediten für Schiffe mit Kreditnehmern aus Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Niedersachen an dem zur Übertragung an die hsh portfoliomanagement AöR vorgesehenen Portfolio rund 77 Prozent des Exposure at Default zum 31. Dezember 2015 betrage und eine Auswertung nach Flaggen dabei nicht erfolge.” Die Deutsche Flagge am Heck eines Schiffes samt Arbeitsplätzen von Seeleuten spielt also überhaupt keine Rolle bei der Auswahl der Schiffe. Wichtig scheint lediglich zu sein, aus welchem Bundesland die Eigentümer mit ihren kaputten Schiffskrediten kommen. Ob dort überhaupt von diesen Eigentümern jemals Steuern gezahlt wurden ist dabei unerheblich.

Stattdessen lesen wir wenig Beruhigendes über die Entwicklung des Schiffsmarktes und damit den Erfolgsaussichten für die HSH-Nordbank: “Fast neue Frachter landen in der Schrottpresse” titelt die Welt und berichtet über die Folgen für die Kapitalgeber, die nun Schutz von dem Rettungsschirm der “hsh-portfoliomanagement” erhalten sollen. Sie wurden mit den gleichen leeren Versprechungen gelockt, wie uns bis heute die Notwendigkeit zur Elbvertiefung verkauft wird: “Doch die frühere Formel aus den Anlageprospekten, wonach der weltweite Containerverkehr zwei bis drei Mal so stark wächst wie der Welthandel, gilt heute nicht mehr. Im vergangenen Jahr stieg der weltweite Warenaustausch zwar noch um rund drei Prozent, die Containerschifffahrt verharrte aber auf dem Vorjahresniveau. Im wichtigen Asien-Verkehr sank die Zahl der transportierten Container sogar um drei Prozent.

Diese Bank ist der wahre Albtraum deutscher Steuerzahler“, ein sehr gut recherchierter Welt-Artikel aus dem April 2016, zeigt auf, wie diese HSH-Geschäfte über politische Einflussnahmen über die Jahre zu Stande gekommen sind und was uns in Hamburg und Schleswig-Holstein durch den im Dezember 2015 ausgestellten Blankoscheck beider Parlamente noch blühen wird. Raten Sie doch mal, wer Urheber der im Welt-Artikel angeführten Bürgerschaftsdrucksache 17/2947 ist und wie er im Dezember 2015 bei der Erteilung des Blankoschecks votiert hat?

Zurück zur hsh-portfoliomanagement. Das von bösen Schelmen angeführte Geschmäckle bei der HSH-Portfolioauswahl, dass ja auch Kreditnehmer ausgesucht werden könnten, die in Norddeutschland einer bestimmten Partei, einer persönlichen Karriere, e.t.c. später an anderer Stelle weiterhelfen könnten, können wir derzeit nicht erkennen. Aber fehlende Transparenz bei der Auswahl ermöglicht eben erst derartige Verschwörungstheorien. Ein Kompliment an Herrn Marnette, das er diese Transparenz mit seiner Strafanzeige einfordert und einfach keine Ruhe gibt.

“Die Spur führt…

…nach Hamburg” lautet der Titel eines Beitrags der März-Ausgabe von Hinz & Kunzt.

Der Autor berichtet über eine Reise nach Bangladesh, Qittagong, dem elenden Schiffsfriedhof, besser Schiffsabwrackplatz in Bangladesh. Er berichtet von den Arbeitsbedingungen, davon, wie die Schiffe dort landen und welchen Profit Bangladesh, aber vor allem einzelne mächtige Familien davon haben. Deutsche Reedereien mischen dabei ordentlich mit, wenn auch selten direkt. Und wir erfahren, dass sich Deutschland schwer tut, die Hongkong-Konvention gegen die menschen- und umweltverachtende Verschrottung, wie sie in Bangladesh stattfindet, zu unterschreiben.

Da, verständlicherweise, der Artikel nicht online zu finden ist, hat ein Mitglied unserer Initiative diesen eingelesen. Verweisen möchten wir auch auf unseren Beitrag vom 05.02.2015 zu diesem Thema, in welchem Sie viele LInks für HIntergrundinformationen finden. Empfehlenswert ist auch der Film “Eisenfresser”, den Sie im Buchhandel bestellen können. Dieser Film behandelt die bengladesh-internen Abhängigkeiten und Auswirkungen der Schiffsverschrottung.

 

Einfach nur Schrott…

Wir ehemaligen “Hamburger Gören”, die sich jetzt dem Rentenalter nähern, sind noch Zeitzeugen dafür, dass die damals größten Schiffe in Hamburg vom Stapel liefen und auch die Werften anliefen.

Die großen Tanker, wie die „Lagena“ ( 351,45 m lang und 55,40 m breit) kamen zwar nur in Ballast zur Reparatur, aber es war so beeindruckend, dass wir es nicht vergessen haben. Lange schon kommen die größten Tanker und Schüttgutschiffe (Bulker) nicht mehr nach Hamburg, trotzdem hat der Hamburger Hafen seine Bedeutung behalten und wird sie behalten – auch wenn die Konkurrenz einmal vorbeiziehen sollte.

Wir können uns noch gut erinnern, als vor knapp 50 Jahren die in New York ausgebrannte „Hanseatic“ nach Hamburg geschleppt wurde. Sie wurde nach Altenwerder zur WrackBlankeneseAbwrackwerft „Eisen und Metall“ gebracht und dort zerlegt. Nur eine Bodengruppe dient noch heute als Ponton in Cuxhaven.

Bei den deutschen Abwrackwerften war der Arbeitsschutz nicht perfekt und so mancher Hamburger hat dort seine Gesundheit eingebüßt. Aber gegen das, was sich seit dieser Zeit in Indien, Pakistan und Bangladesch abspielte und noch abspielt, war das „vorbildlich“.

Das blieb uns lange verborgen. Nach Veröffentlichungen von spektakulärem Bild- und Filmmaterial in den Medien wurde man in der Welt sehr langsam aktiv. Internationale Regelungen wurden z.B. von der EU in 2007 gefordert und in 2009 zu einem internationalen Standard der IMO (Hongkong Konvention) formuliert. Der Standard ist allerdings aufgrund fehlender qualifizierter Mehrheiten befremdlicherweise noch nicht in Kraft getreten. Den langen Weg zur Hongkong-Konvention finden Sie hier in englischer Sprache.

Als die Werften und die Reedereien in den letzten Jahren mit ihrem Wettlauf um das größte Containerschiff erneut für enorme Überkapazitäten sorgten, wurde wieder nach billigen Möglichkeiten gesucht, den Schiffsschrott loszuwerden.

Wie wir einer aktuellen Pressemitteilung der NGO-Shipbreaking-Platform, einem internationalen Zusammenschluss von Nichtregierungsorganisationen wie z.B. bellona oder Greenpeace entnehmen können, steht das Hamburger Traditionsunternehmen Komrowski auf Platz Eins der Liste der Unternehmen, die sich keine anständige Entsorgung leisten.

Komrowski scheint ein Opfer des o.g. Größenwahns geworden zu sein, dem Hamburg mit der Elbvertiefung nun auch noch den roten Teppich ausrollen will. Aber auch die in Buxtehude beheimatete NSB Niederelbe Schiffahrtsgesellschaft, die die deutsche Flagge verlassen will, nimmt unter dem Namen “Conti-Schiffe”einen Spitzenplatz ein. Die in München beheimatete “Conti-Gruppe” bietet Schiffsbeteiligungen als Geldanlagen an. Die Bereederung dieser “Conti-Schiffe” erfolgt überwiegend durch die NSB. Und einige dieser von NSB bereederten Schiffe sollen nun sehr billig zerlegt werden.

Liebe Hamburger,
wenn Sie die noch kommenden großen und noch größeren Containerschiffe bewundern, bedenken Sie bitte, dass viele Hamburger Reedereien und deren Beschäftigte dafür ihr Geschäft und ihre Arbeitsplätze verloren haben und verlieren werden: Hamburg hat schon lange keine große Abwrackwerft, keine Seemannsschule und keine Fachhochschule Seefahrt mehr. Der Schiffsführungssimulator ist weg, unsere Werften bauen keine Schiffe mehr und die Hersteller der Navigations- und Funkausrüstung werden in Hamburg immer weniger.

Hamburg ist „weiter vorn“ beim Ausstieg aus der Seeschifffahrt – es belegt bald einen Spitzenplatz. Die aktuelle Elbvertiefung wird diesen seit Jahren andauernden Ausstieg vom maritimen Spitzenstandort in Deutschland nicht aufhalten! Im Gegenteil!

Bitte gehen Sie wählen, aber wählen Sie eine Partei oder Person, die nicht nur über Hafen reden kann, sondern auch über Hafen-Kompetenzen verfügt. Wählen Sie Politiker, die Hamburg funktionieren lassen können. Politiker, die seit Jahren partout keine neuen Ideen haben wollen oder sich an keinen Plan B heranwagen, können über anstehende Gerichtsentscheidungen nur mit einem “wird das wirtschaftliche Folgen haben” lamentieren. Für einen Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg erscheint uns das als viel zu wenig!