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Mehr Demokratie in Hamburg

Im Abendblatt wiederfährt dem Leser eine “Geisterdiskussion” zwischen zwei Demokraten über die Stärkung der kommunalen Rechte der Hamburger Bezirke. Da wir in dieser Diskussion einen starken Bezug zum Hafen und zur Elbvertiefung erkennen, informieren wir Sie über diese Diskussion und sagen hamburgisch “Wahrschau”.

Hamburg ist durch das Groß-Hamburg-Gesetz aus dem Jahre 1937 zu seinen heutigen Stadt-Staatsgrenzen gelangt. Mit diesem politischen Akt  wurden die ehemaligen kommunalen Rechte der damals zu Hamburg gehörenden kommunalen Gliederungen und der Neuerwerbungen demontiert. Die vor 1937 bestehenden kommunalen Rechte wurden über den Begriff der “Einheitsgemeinde” in eine Zentralverwaltung im Hamburger Rathaus überführt: die Kommunen verlieren ihre Selbstverwaltungsrechte.  Die Hamburgische Definition der “Einheitsgemeinde” aus 1937 wurde dann in die Nachkriegsverfassung aus 1952 übernommen und wird bis heute in das Jahr 2014 nahezu unverändert fortgeführt.

Was bedeutet das?
In jedem Bundesland gibt es Kommunalparlamente, die über eigene Haushalte und Rechtssetzungsmöglichkeiten verfügen. So gibt es beispielsweise in Schleswig-Holstein kommunale Gliederungen, wie Kreise, Städte und Gemeinden, die verfassungsrechtlich eine Vielzahl von Rechten und Aufgaben vor Ort innehalten. Der Bau und die Finanzierung eines Kindergartens oder Altersheim oder die Höhe der Gewerbesteuer wird dort vor Ort entschieden und nicht in der Landeshauptstadt Kiel!

In Hamburg ist das anders: Hier wird alles im Hamburger Rathaus entschieden. Sollte ein kommunales Bezirksparlament oder die Mehrheit der Bürger über einen Bürgerentscheid ihren Willen einfordern, verfügt der Senat in Hamburg über die Möglichkeit, diesen demokratisch gebildeten Willen über die o.a. Verfassung mittels “Evokationsrecht” zu kassieren. Ein Beschluss der Bezirksversammlung wird durch einen einfachen Beschluss des Senats aufgehoben. Basta! Bitte nicht glauben, dass Berlin als Einheitsgemeinde z.B. mit Herrn Buschkowsky, dem Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, von den Rechten und Befugnissen her mit einem Bezirksamtsleiter gleichzusetzen ist.

Für den Bezug zum Hamburger Hafen müssen wir wieder die Geschichte aus dem Groß-Hamburg-Gesetz bemühen. Hamburg wollte DER deutsche Handels-Seehafen werden und rief Geister, an die sich heute keiner mehr erinnern will. Mit dem Groß-Hamburg-Gesetz vom 01.04.1937 wurde Wilhelmshaven mit Gebietsänderungen gleichzeitig der Weg zu DEM  deutschen Marine-Seehafen geebnet.

Für diese im Jahre 1937 verfolgten politisch-strategischen Ziele zur nationalen Hafenpolitik wurde Hamburg von den Braunen die o.a. “Einheitsgemeinde” verordnet. Es könnte noch verständlich sein, dass man in der Nachkriegszeit Hamburg mit der Nachkriegsverfassung dieses Relikt weiterhin für den Wiederaufbau nutzen wollte.

In der heutigen Zeit sind aber diese “Sonder-Rechte” des Senates, abgeleitet aus braunen Strategien oder Wiederaufbaunotwendigkeiten vollkommen unangebracht. Der aktuellen Initiative von “Mehr Demokratie” ist großer Respekt zu zollen. Wir bitten das Abendblatt, aber auch den Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion der Bürgerschaft, Herrn Dressel, in einer derartigen Diskussion auch die geschichtlichen Themen zu diskutieren.