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Schlickverdoppelung!

Man mag es nicht mehr glauben. Unscheinbar finden Helgoland1wir heute bei Hafen-Hamburg in den Neuigkeiten ein kurze Mitteilung der HPA  von 11:47 Uhr. Der Titel “Wegen trockenem Sommer: HPA bringt mehr Sedimente zur Tonne E3” lässt schon schlimmes ahnen.

Und so lesen wir, dass statt 1 Mio. m³ giftigen Hafenschlicks nun die doppelte Menge, d.h. bis zu 2 Mio. m³, bei Helgoland verklappt werden sollen. Das Land Schleswig-Holstein habe bereits sein Einverständnis erteilt. Holterdipolter, ratzfatz, so mal eben, ohne Regeln. Ist der Katastrophenfall eingetreten?

  • Die gültigen Baggerregeln, namentlich die GÜBAK (Gemeinsame Übergangsbestimmungen zum Umgang mit Baggergut in den Küstengewässern) schreiben den Behörden vor, dass für eine derartige Umlagerungsbaggerei repräsentative Beprobungen durchzuführen sind. Beprobungen sind nicht über Nacht zu nehmen, zu analysieren und auszuwerten. Das dauert mehrere Wochen. Wo sind die Parameter dieser Beprobung und die Ergebnisse veröffentlicht? Bei der HPA jedenfalls nicht.
  • Wird jetzt vielleicht sogar der nochmals giftigere Schlick aus den Hamburger Hafenbecken, der bislang über METHA behandelt wurde, vor Helgoland verklappt? Bislang war dieses im Einvernehmen mit Schleswig-Holstein ausgeschlossen – nur Schlick aus den Fahrwassern durfte nach Tonne E3 verbracht werden.
  • Wieso hat der grüne Umweltminister von Schleswig-Holstein, Herr Robert Habeck, erneut einer derartigen Verklappung anscheinend über Nacht zugestimmt? Für seine eigenen Landeshäfen nimmt er in Anspruch, dass Baggerungen mindestens drei Monate vorher zur Genehmigung angekündigt werden. Warum schweigt er sich weiterhin aus? Ist das die neue grüne Interpretation einer ökologisch nachhaltigen Politik?
  • Ach ja, in der HPA-Meldung wird wieder das Dialogforum Tideelbe angeführt, damit bei dieser unglaublichen Verklappungsaktion erneut die Worte “ökologisch nachhaltig” missbraucht werden können. Wie müssen sich die Mitglieder dieses Dialogforums  bloß vorgeführt fühlen, wenn Sie diese Nachricht durch die kalte Küche erreicht?

Zusammenfassend kann man feststellen, dass Hamburg den Katastrophenfall in Sachen Hafenschlick ausgerufen haben muss. Die vom Senat und HPA angeführte Ursache des trockenen Sommers ist dabei ein wirkliches Ammenmärchen – wer soll das denn noch glauben? Sollen die Wassertiefen im Hamburger Hafen nur noch bei Jahrhunderthochwassern an der Mittel- und Oberelbe zu halten sein? So ein Unsinn!

Es ist an der Zeit, dass der Senat die Karten offen auf den Tisch legt. Der sogenannte morphologische Nachlauf, d.h. die Folgen der letzten Elbvertiefung aus 1999 scheinen mit ihren Sedimentationsfolgen jetzt richtig zur Wirkung zu kommen. Die Anwohner der Unterelbe, z.B. der Hafen von Friedrichskoog, haben die Folgen schon früher zu spüren bekommen – nun sind diese auch endlich beim Verursacher in Hamburg angekommen.

“Grünes Leitbild” mit E3

Bereits am 16.12.2014 wurde das Verklappungs-Einvernehmen Bagger Njördzwischen dem Schleswig-Holsteinischen Umweltminister Herrn Robert Habeck und der HPA verlängert. Zeitgleich wurden von Hamburg für die in 2014 verklappten 992.503 m³ giftigen Hafenschlicks 1,985 Mio. Euro an das Umweltministeriums als “Ablassgeld” gezahlt.

Eine Stiftung für die Verwaltung des Hamburgischen “Ablassgeldes” wurde von Schleswig-Holstein seit der Verinbarung über den “Ablasshandel” im Jahr 2013 noch nicht gegründet. Das Geld fließt also in den normalen Haushalt des Landes Schleswig-Holstein. Aber das WICHTIGSTE:  “Die verbrachten Elbesedimente weisen im Übrigen nur eine geringe Schadstoffbelastung auf.” So ist es heute in den Senatsantworten auf eine Schriftliche Kleine Anfrage zu entnehmen, die unisono zur Pressemitteilung des grünen Umweltministers Herrn Habeck klingen: “Schleswig-Holstein achtet darauf, dass das Baggergut streng auf  Schadstoffgehalte untersucht wird. Die Ergebnisse zeigen, dass es gering belastet ist – die Umweltauflagen des Einvernehmens werden erfüllt.

Was bedeuten diese Senatsantwort und die Äußerungen von Herrn Habeck? Ist alles ganz “flauschig” und wir sollen uns nicht in die Hose machen? Im Gegensatz zu den politisch Verantwortlichen versuchen wir es mit einer Erklärung. Da passt es gut, dass am 22.07.2015 nachmittags die neuen Sedimentbeprobungen für das zu verklappende Baggergut von der HPA veröffentlicht worden sind.

Wir nehmen diese aktuellen Beprobungen z.B. für den Raum Süderelbe und stellen diese den geltenden “Verklappungs”-Bedingungen, namentlich der GÜBAK (Gemeinsame Übergangsbestimmungen zum Umgang mit Baggergut in Küstengewässern) samt deren Schadstoffrichtwerten gegenüber. Wir beschränken uns auf die chemischen Analysen und Regelungen. Die Herleitung und das Ergebnis finden Sie hier.

Von 19 chemischen Schadstoffbeprobungen wurde bei 13 Beprobungen der untere Richtwert R1 mehr als deutlich überschritten. Davon wurde bei vier Schadstoffen sogar der obere Richtwert überschritten.

Kann man darunter eine “geringe Belastung” verstehen? Mit Sicherheit nein. Aber das wird uns seit dem Jahre 2005, dem Beginn der E3-Verklappungen vor Helgoland, so verkauft. Und wir dürfen nicht vergessen, dass die GÜBAK ein schlechter Kompromiss der Verantwortlichen aus dem Bund und den Küstenländern ist. Seit 2009 wird an der Überarbeitung der Übergangsbestimmungen gearbeitet. Seit der Ankündigung der Überarbeitung durch den Bundesverkehrsminister ist nicht mehr viel geschehen. Die zuständige Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) will in sechs Jahren einfach kein Ergebnis zu Stande bringen. Nicht mal Zwischenstände werden auf Anfragen veröffentlicht. Ein Politikum!

Noch schlimmer ist, dass sich Hamburg bequem auf die Seite legen kann: die Stadt ist in dem LAWA-Arbeitsausschuss zur GÜBAK-Überarbeitung nicht beteiligt. Nein, das wundert uns auch nicht wirklich. Mit Sitz und Stimme vertritt dort das Land Schleswig-Holstein, hier das Umweltministerium um Herrn Habeck, auch die Interessen Hamburgs.

Nun wird ein Schuh daraus, wie man “Einvernehmen” erwirken kann: es konnte auch in 2015 keine Überarbeitung der GÜBAK erwirkt werden – so muss die E3-Verklappung zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein einvernehmlich vereinbart, “leider” verlängert werden. Und das ist wohl die eigentliche Ästuarpartnerschaft, die wir im Norden mit maßgeblicher Beteiligung von grünen Politikern erleben dürfen.

Ja, werden die Freunde der Verklappung jetzt entgegnen, warum klagt Ihr denn nicht? Wir danken für die Steilvorlage: die GÜBAK ist nur eine Vereinbarung des Bundes und der Länder, die keine Rechtswirkung gegenüber den Bürgern hat. Sie stellt nur einen sogenannten politischen Orientierungsrahmen bzw. Leitbild dar. Und Orientierungen und Leitbilder gibt man, wenn man grüne Farbe am Hemd hat, anscheinend schnell auf…

Lex Nesssand?

Über Hafenbaggerei fertigt die HPA jährlich nachträglich, zumeist im Mai, einen

Radarstation Nesssand
Radarstation Nesssand im November

Bericht über den “Umgang mit Baggergut aus dem Hamburger Hafen” an. Aus diesem Gesamtbericht werden auf den Internetseiten der HPA lediglich zwei Teilberichte veröffentlicht, namentlich den “Teilbericht Umlagerung von Baggergut nach Neßsand” und den “Teilbericht Verbringung von Baggergut zur Tonne E3”.

Für das Jahr 2013 sind diese Berichte bislang (Stand 30.11.2014, 10:00 Uhr) nicht erschienen. Eine schriftliche kleine Anfrage fragt nach, wann diese Berichte veröffentlicht werden sollen. Die kleine Anfrage versucht zudem zu ergründen, welche spezifischen, bislang nicht öffentlichen Vorschriften, Vereinbarungen und Verträge als rechtliche Basis zur Beurteilung der Giftigkeit des Hamburger Baggerguts herangezogen werden und aus denen Verklappungsgenehmigungen vom Senat ausgesprochen werden.

Eigentlich müsste die HABAB, die “Handlungsanweisung für den Umgang mit Baggergut im Binnenland vom August 2000“(bitte als Programm zum Öffnen den Acrobat Reader auswählen), im Hamburger Hafen zur Anwendung gebracht werden. Die HABAB hat mittels Erlass des Bundesverkehrsministeriums vom August 2000 bundesweite Rechtsgültigkeit erlangt.

In den von HPA bekannt gegebenen o.a. Teilberichten wird als Rechtsgrundlage für das Berichtswesen zur Verklappung bei Nesssand ein Handlungskonzept „Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe“ sowie in der schriflichen kleinen Anfrage 20/5888 die “Übergangsregelung zum Handlungskonzept zur Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe“ angeführt. In dem Teilbericht für Nesssand finden wir kein Wort über die bundeseinheitliche Regelung der HABAB. Bricht Hamburger Recht mittlerweile Bundesrecht?

Eine ähnliche Situation ergibt sich für die Verklappung des giftigen Hamburger Hafenschlicks vor Helgoland bei der Tonne E3. Hier würde normalerweise die GÜBAK, die “Gemeinsamen Übergangsbestimmungen zum Umgang mit Baggergut in Küstengewässern” aus dem Jahr 2009 gelten. Als Berichtsgrundlage gilt der Vertrag zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg zur Verbringung von Elbesedimenten aus dem Bereich Hamburgs zur Verbringstelle E3 – die Regelungen der GÜBAK werden einbezogen. Nachweislich wird gegen diese GÜBAK-Regelungen verstoßen. Mit welchem Recht? Ist dieses als Abrede im bislang geheimen Vertrag zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein geregelt?

Wir wissen, dass wir als Bürger aus der HABAB und GÜBAK keinerlei Rechte gegenüber dem Staat ableiten können. Es sind eben interne Handlungsanweisungen: vergleichbar mit dem Baurecht, wo die zahlreichen Landschaftsprogramme gegenüber den Flächennutzungs- und Bauplänen keinerlei Rechtswirkung für Sie und uns bewirken.

Wenn man dann feststellt, dass Behörden gegen ihre eigenen, bislang nicht veröffentlichten Regeln verstoßen, hätte das ein sehr strenges Geschmäckle…

Denken Sie mal an den 15.02.2015, Wahltermin in Hamburg…!