Archiv für den Monat: Oktober 2015

Was ist los mit der Port-Feeder-Barge?

Containerumfuhren im Hamburger Hafen mittels Schiff statt Lkw klingt nach einer klugen Lösung. Nicht aufgrund geringerer Abgase – da sind wir angesichts des  VW-Skandals und dem beim Schiffsdiesel im Verhältnis zum Lkw-Diesel immer noch immens hohen Schwefelanteil sehr skeptisch. Für die unhaltbare Verkehrssituation in Hamburg könnte die Port-Feeder-Barge (PFB) eine Entlastung darstellen. So scheint die PFB auch im rot-grünen Koalitionsvertrag auf Seite 27 gelandet zu sein – was tut sich da politisch?

Eine Schriftliche Kleine Anfrage fragt den Stand ab. Unser Senat antwortet erneut in den bekannten sparsamen Worten – man spürt richtig den Widerwillen gegen die PFB. So werden aus den bisher mit dem neudeutschen Begriff “Barges” bezeichneten Lastfahrzeugen nun wieder “schrottige” Schuten. HHLA-Vorstand Herrn Stefan Behn, denBinnenschifffahrt bisherigen Verhinderer in Sachen PFB, scheint man im Senat immerhin zu kennen – genauso wie die Zahl der auf dem Wasserweg “umgefahrenen” TEU: 72.000 TEU waren es in 2014. Damit bewegen wir uns im Nullkomma-Prozent-Bereich bei Hafenumfuhren. Es ist ein Desaster, wie der Senat für unseren Hafen neue Ideen verfolgt – insbesondere wenn wir die seit 2010 installierten Bargeservices für hafeninterne Umfuhren in Antwerpen oder Rotterdam beobachten.

Warum die Senatspolitik so ist, kann man vielleicht aus dem Artikel im Hamburger Abendblatt ableiten. Dort durfte sich vor wenigen Tagen Herr Prof. Dr.-Ing. Ulrich Malchow, der Motor der hamburgischen Port-Feeder-Barge, äußern. Der Einstieg im Abendblatt-Artikel entspricht den Tatsachen. Die Situation der Schiffsgrößenentwicklung, die Ohnmacht der deutschen Einzelhäfen Hamburg, Bremen und Wilhelmshaven gegenüber den mächtigen Reederei-Allianzen wird zutreffend beschrieben. Aber warum kann dieser anscheinend kluge Geist bloß nicht das Wort Hafenkooperation aussprechen? Warum muss er dagegen betonen, dass die Elbvertiefung auf jeden Fall kommen müsse: “Denn große Schiffe bis 22.000 TEU werden nun einmal Realität. Da hätte man viel früher gegensteuern müssen.”?

Er weiß es doch besser: ein vollbeladenes 22.000 TEU-Schiff mit mehr als 440 Meter Länge, mehr als 60 Meter Breite und über 16 Meter Tiefgang wird auch mit den geplanten Vertiefungen von Weser und Elbe weder in Hamburg noch in Bremerhaven einlaufen können  – die aktuellen Vertiefungspläne sind doch auf max. 10.000 TEU-Schiffe ausgelegt.
Er hat zudem die OECD-Studie „The impact of mega-ships“ (Auswirkungen von Großschiffen) gelesen, beschreibt die Auslastungssituation samt Abnahme der Skaleneffekte von Riesenschiffen zutreffend und nimmt Bezug auf die Risikostudie einer Versicherungen zu Großcontainerschiffen. Und trotz all dieser Fakten fällt diesem Mann nur ein, dass die Elbvertiefung kommen müsse?

PFB-Schwergut
HHLA-Kran beim Verladen eines schweren Containern

Wenn ein Wissenschaftler an einer deutschen Hochschule im Bereich “Maritime Economics” als Ergebnis zu vermeintlich “ökonomischen Zwängen von Großreedereien” nur Lösungen darstellen kann, die einseitige Lasten für die Allgemeinheit durch absurd anmutende Hafen- und Flussausbauten bedeuten, dann ist es nicht verwunderlich, dass der Hamburger Hafen mit seinen ebenfalls vermeintlich “ökonomischen Zwängen” keine neuen Ideen wie beispielsweise die Port-Feeder-Barges braucht.

Es schüttelt uns – dieser Weg kann nicht sinnvoll sein. Die Port-Feeder-Barge erscheint uns dagegen weiterhin als sinnvoll.

Was ist los mit smartPORT?

SmartPort“smartPORT”, das war das vom HPA-Chef Herrn Jens Meier ins Leben gerufene Hafenprojekt, um auf noch weniger Fläche noch mehr Leistung zu erbringen. Mehr Verkehr auf dem bestehenden Hafengelände mit intelligenten Ampeln, Tablets, Verkehrslenkung etc. Die Durchbrechung des ökonomischen Prinzips, mehr Verkehr auf weniger Fläche, soll im Hamburger Hafen dank “smartPORT” erstmalig gelingen.

“smartPORT” erscheint mittlerweile in jeder HPA-Veröffentlichung, ohne dass dieses dem Interessierten erklärt wird. Die HPA selber erklärt den Begriff mit einem sehr eigenwilligen Satz: “Mit dem Projekt smartPORT forciert die Hamburg Port Authority (HPA) als intelligenter Hamburger Hafen nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum und den bestmöglichen Nutzen für seine Kunden unter Minimierung der Umwelteinflüsse.” Alles klar?

Beschäftigt man sich tiefer mit dem Thema, stehen einem, mit dem aktuellen facebook-Urteil des EuGH im Kopf, in kürzester Zeit die Nackenhaare zu Berge. Zunächst wird man von einem Sammelsurium von IT-Begrifflichkeiten erschlagen, die vermutlich alle dem begrenzten Wortschatz eines populären Smartphone-Produzenten entliehen worden sind: Tablets, Clouds, App garniert mit Echtzeitverarbeitung. Das “Internet der Dinge” soll es richten, sei es mit einer vernetzten Baustellenbake oder einem Scharnier der Rethebrücke.

Aber es gibt auch noch einen ökologisch anmutenden Teil: “smartPORT Energy“. Und da sind sie wieder, die Windmühlen mit hübschen Bildern im Hamburger Hafen. Und da suche wir dann auch mal nach dem Thema Landstrom. Auf Seite 30 werden wir fündig: “Ziele bis 2015 sind der Bau einer festen Landstromanlage am Kreuzfahrtterminal Altona sowie die Pilotierung einer mobilen Stromversorgung für Kreuzfahrtschiffe und einer externen Stromversorgung für Containerschiffe.” Wie erfolgreich die Landstromversorgung in Altona war, wissen wir – nicht ein einziges Schiff hat in 2015 die im Sommer fertiggestellte Anlage genutzt bzw. wird sie noch nutzen können.

Wie erfolgreich ist das mit den Containerschiffen? Wir lesen: “Zudem erfolgt die Pilotierung einer externen Stromversorgung für Containerschiffe im Rahmen der „Green Shipping Line“ zwischen den Häfen Hamburg und Shanghai.”  Ganz schräg – “Green Shipping Line” ist  eine Kabotage-Reederei an der US-Ostküste und hat Hamburg bzw. Shanghai so garnichts zu tun. Erneut ein leeres HPA-Versprechen, wie das Landstromterminal in Altona!

Na, aber ein smartesGRÜN blitzt doch trotzdem bei der HPA um unseren Herrn Meier durch. Er hält sich anscheinen als Einziger an den Koalitionsvertrag und kümmert sich um die “Radtransporte im Hafen“.

Das erste smartPORT-Projekt für verkehrliche Verbesserungen SmartPortHoheSchaar1von Containerumfuhren mittels Radtransport im Hamburger Hafen wurde im Rahmen von smart Road (Seite 12) nun an der Hohen-Schaar-Straße zwischen Rethebrücke und Kattwykdamm umgesetzt. Mit Smart Lightning wird auf mehr Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer gesetzt. Mit dem Follow-me-Light-Konzept und einer intelligenten Verkehrsdetektion über Video sind für die Fahrradgetriebene Containerumfuhren wahre Maßstäbe gesetzt worden.

Vor gut einer Woche konnten wir uns am Sonntagnachmittag mit einer Radlergruppe auf einer Tour durch den Hafen von dem fahrradfreundlichen “smartPORT”-Konzept überzeugen: an der Hohen-Schaar-Straße SmartPortHoheSchaar2schien die Sonne (Follow-me-Light-Konzept) und es war dank der intelligenten Verkehrsdetektion absolut kein Gegenwind spüren. Technik macht es möglich – jeder, wirklich jeder Laternenmast an der Hohen-Schaar-Straße war mit dieser abgebildeten umfangreichen Technik bestückt.

Was das alles an technischen Apparaten gewesen ist, war uns egal – “keine Überwachung” auf dem o.a. Straßenschild hat uns vollkommen ausgereicht und überzeugt – Datenschutz gewährleistet – wir sind doch in Deutschland, oder?

Halt, da war noch etwas. Vor drei Monaten wurde in der Bürgerschaft eine Schriftliche kleine Anfrage “FHH/HPA Hamburg Port Authority Bezug: Zusammenarbeit mit Cisco” gestellt. Man erinnert sich noch dunkel an die engen in 2014 aufgedeckten Verbindungen zwischen der US-Schnüffelbehörde NSA und der Ohnmacht bei dem US-Spezialisten für Netzwerktechnik CISCO. Und ebenso an die feierliche Bekundung einer Zusammenarbeit zwischen jenem Netzwerkspezialisten CISCO und der Freien und Hansestadt Hamburg. Und zwar für die gesamte Fläche der Stadt Hamburg!

Wer jetzt nur den Gedanken hegt “Ich habe nix zu verbergen“, der scheint keinen Begriff von Datenschutz, Menschenrechten und Demokratie zu haben. Aber dafür haben wir Gerichte in unserem Staat – und das ist gut so!

Hafenperlen

Es ist schon eine bemerkenswerte Nachrichtenfolge, die wir in den letzten Tagen von der Hamburger Hafenperle, der HHLA, lesen durften. Das größte Hamburger Containerumschlagsunternehmen im staatlichen Mehrheitsbesitz warb um öffentliche Teilnahme bei der Vorstandsbesetzung, gab indirekt über Rationalisierungsinvestitionen einen gewaltigen Arbeitsplatzabbau bekannt und erläuterte die Gewinnaussichten in der Sparte Intermodal. In den letzten 14 Tagen müssen die Pressestelle der HHLA und der Senatskanzlei Betriebsferien gehabt haben.

Nun scheinen die Marketingverantwortlichen – zumindest der HHLA – zurück zu sein. Eine HHLAStAnneneine Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG, eine sogenannte “Gewinnwarnung”, wurde veröffentlicht: “Aufgrund der anhaltend schwachen und weiterhin rückläufigen Mengenentwicklung im Segment Container wird nunmehr ein Konzernbetriebsergebnis
(EBIT) im Bereich von 150 Mio. EUR erwartet (bislang: auf dem Niveau des Vorjahres, Ist 2014: 169,3 Mio. EUR).

Dieser Gewinneinbruch hat eigenlich keinenso  wirklich überrascht. Am 17. August 2015 hatte die Jubelmaschine HHM von einbrechenden Umschlagszahlen berichtet – Stadt-Land-Hafen erläuterte zeitnah die Auswirkungen für die HHLA. Kein wahres Meisterstück, was den Hamburgerinnen und Hamburgern in Sachen Hafen-Öffentlichkeit geboten wird. Auch das Hamburger Hafenblatt erläutert dem geneigten Leser erneut gar nichts. Bei der Welt finden wir aber wieder einen Hafenblattredakteur, der im Interesse von Hamburg Hafen Marketing versucht, uns die Hafenwelt zu erklären. Und da sind am heutigen HHLA-Hafenungemach – wie immer – die Anderen dran schuld. Niemals jemand im Senat oder bei der HHLA selbst!

HHLA-CTBUnd so lesen wir wieder ein Gemisch aus “konnte ja keiner ahnen” und Ammenmärchen. Die “40% im Russlandhandel” hatten wir bereits im Frühjahr erläutert – den Einbruch dürfte ein so toller Hafen wie Hamburg gar nicht merken. Die Änderungen im China-Handel samt der Veränderung der Transportwege hätte man als Senat, der einen Hamburg-Summit nach dem anderen abreißt, dagegen wohl deutlich vorhersehen können, oder?

Nein, das hat man im Senat und der HHLA nicht. Man wurstelt weiter wie eh und je! Neue Ideen für Hamburg und den Hafen? Was geht das den Senat und die HHLA an – Container sind das ausschließlich Heil bringende!

Und dann müssen eben die Ammenmärchen aus dem Schrank geholt werden. So darf ein BVerwGLeipzig4Hafenblattredakteur einfach mal rumposaunen: “Die Vertiefung und Verbreiterung der Elbfahrrinne steht weiterhin aus. Die Hamburger Hafenwirtschaft wartet schon seit Jahren darauf. Mittlerweile müssen die Terminals in der Hansestadt Großcontainerschiffe mit annähernd 20.000 TEU Kapazität abfertigen. Diese Schiffe kommen nur unter großen logistischen Einschränkungen nach Hamburg und wieder heraus. Meist können sie, wegen der Restriktionen auf der Elbe, nur halb beladen wieder auslaufen.

So ein Olaf P. oder ein Martin K. vom Hafenblatt werden nicht einmal rot, wenn Sie so einen Unsinn in Sachen Elbvertiefung schreiben. Mit einer journalistischer Arbeit haben die vermeindlichen “großen logistischen Einschränkungen“, wie Insider vor kurzem detailliert nachweisen konnten, nichts zu tun – eben Ammenmärchen oder Souffliertexte von HHM?

Letztes Jahr haben wir von den vier Hamburger H’s, der HHLA, der HPA, der Hapag-Lloyd und der HSH-Nordbank berichtet:

  • Die HHLA hat sich mit der Gewinnwarnung für dieses Jahr versenkt,
  • die HPA wird mit den exorbitant angestiegenen Baggerkosten in 2015 dunkelrote Zahlen zeigen,
  • HSH – da hören wir in kürzester Zeit von Milliardenlöchern,
  • Hapag-Lloyd – die Perle geht in Kürze an die Börse – wirklich?

Kollision vor Zeebrugge

Wie aus verschiedenen Medien zu entnehmen ist, WrackBlankenesekollidierten gestern Nacht der Frachter “Flinterstar” (129m lang, 17m breit, 7,5m tief) und der Gastanker “Al Oraiq” (315m lang, 50m breit, 13,62m tief) in der Nordsee vor der belgischen Küste, nahe Zeebrugge. Die “Flinterstar” sank, die Besatzung konnte gerettet werden. Der LNG-Gastanker erlitt anscheinend nur relativ geringe Schäden und wurde nach Zeebrugge verholt.

Die “Flinterstar” soll 73 Tonnen Heizöl und 125 Tonnen Diesel, zudem Stahl und Baumaterialien transportiert haben. Nach der Kollision gibt es daher offenbar zwei bedrohliche Ölteppiche, die vor der belgischen Küste treiben und möglicherweise niederländische Küstengebiete erreichen können. Zu diesem Zeitpunkt gefährden die Ölteppiche insbesondere die Zugvögel, die auf ihrem Flug nach Süden an der Küste einen Zwischenstopp machen.

Zur Ursache der Kollision scheint man noch im Dunkeln zu tappen. Auf Youtube gibt es einen Zeitrafferfilm der den Zusammenstoß zu dokumentieren scheint. Beide Schiffe nehmen Kurskorrekturen vor, jedoch jeweils in dieselbe Richtung. Auf der hohen See wäre “Al Oraiq” ausweichpflichtig und “Flinterstar” Kurshalter. Flinterstar leitet kein “Manöver des letzten Augenblicks” ein. “Al Oraiq” dreht kurz vor der Kollision nach Steuerbord ein und hält auf “Flinterstar” zu. Es kommt zu einem frontalen Zusammenstoß.

Wir fragen uns, wie so etwas im Zeitalter von GPS, Radar, AIS, Funkverkehr passieren kann. Waren die Brücken nicht ausreichend besetzt? War eine sprachliche Verständigung nicht möglich? Gab es technische Probleme auf einem oder beiden Schiffen? Oder hat der berüchtigte Flaggenstaat von “Al Oraiq”, die Republik Marshallinseln, etwas übersehen?

Diese Havarie ist heute auf der Nordsee passiert und es gibt noch etwas Zeit, Ölsperren auszubringen und vielleicht die Naturkatastrophe etwas zu reduzieren. Wenn eine solche Havarie auf der Elbe passiert, verbleibt keine Zeit für irgendwelche Maßnahmen.

Was ist los mit der Elbvertiefung?

BVerwGLeipzig4Vor einem Jahr, am 2. Oktober 2014 hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Aussetzung des Verfahrens zur Elbvertiefung bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union in Luxemburg C-461/13 (Weservertiefung) ausgesetzt. Zudem hatte das Gericht mit seinem Beschluss den Betreibern der Elbvertiefung, dem Bund und der Stadt Hamburg, u.a. umfangreiche Hausaufgaben (Hinweisverfügungen) zu Brutvögeln, der Finte, dem Schierlings-Wasserfenchel samt Kohärenzsicherungsmaßnahmen mitgegeben. Nachzulesen in der Zusammenfassung von Herrn Weyland.

Ein dreiviertel Jahr später hat der Europäische Gerichtshof am 1. Juli 2015 sein Urteil zum o.a. Aktenzeichen C-461/13 gesprochen. Am 17. September 2015 wurden aus dem Wirtschaftsausschuss der Bürgerschaft die weiteren Pläne des Senates zur Beschleunigung des  Gerichtsverfahren bekannt , die jedoch umgehend vom Bundesverwaltungsgericht nicht akzeptiert wurden. Wie diese Pläne des Senates ausgesehen haben, sollte im aktuell veröffentlichten Protokoll des Wirtschaftsausschuss nachzulesen sein. Im Protokoll finden wir für den relevaten Tagesordnungspunkt 1 lediglich den Vermerk: “Keine Niederschrift; siehe Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Innovation und Medien an die Bürgerschaft.” Und dieser Bericht ist selbsverständlich noch nicht erschienen…!

Die Senatsantworten auf die Schriftliche Kleine Anfrage mit dem Titel “Weitere Verzögerungen bei Fahrrinnenanpassung der Elbe: Vorgehen des Senats wirkt planlos und bleibt undurchsichtig!” liegen hingegen jetzt vor.

Und da dürfen wir so Einiges lesen.
Uns überrascht nicht, dass die Überarbeitung der Fachbeiträge aufgrund der gerichtlichen Hinweise fast fertig sein sollen und die bisherige Luschigkeit des Senates mindestens 1,5 Mio. Euro kosten wird. Das ist in Hamburg nicht der Rede wert.
Die Antwort auf die Fragen 7 und 8 sind relevant: Daraus entnehmen wir, dass “nur” die klagenden Verbände NABU und BUND die ergänzenden Fachbeiträge in einem Planergänzungsverfahren vorgelegt bekommen sollen. Die Bürger bleiben außen vor. Nach Abschluss dieses Verfahrens werden Planergänzungsbeschlüsse durch die Behörden getroffen werden, um diese dann dem Gericht vorzulegen.

Nicht falsch verstehen: Die von den Verbänden im bisherigen lang andauernden Verfahren zur Elbvertiefung vor Gericht vertretenen Argumentationen decken sich mit den Unsrigen. Die klagenden Verbände genießen unser Vertrauen: wir als Gegner der Elbvertiefung unterstützen diese in Ihrem Gerichtsverfahren, dass damit ebenfalls das Unsrige ist!

In der Senatsantwort auf Frage 9 dürfen wir aber lesen: “Seit Beginn der Planungen der Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe informieren die Träger des Vorhabens (Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und HPA) in regelmäßigen monatlichen Sitzungen den Unternehmensverband Hafen Hamburg e.V. als Vertretung der Hamburger Hafenwirtschaft über den Fortgang des Vorhabens.

Und so fragen wir unseren Senat: Wo haben Sie uns Bürger dieser Stadt denn je über den Fortgang des Vorhabens zur Elbvertiefung regelmäßig monatlich informiert? Sie informieren als Senat ja nicht einmal regelmäßig monatlich die von uns gewählten Volksvertreter in der Bürgerschaft, geschweige denn uns Bürger!

Sie, sehr verehrter Senat, scheinen es als ganz normal zu empfinden, dass die Stakeholder und Profiteure der Elbvertiefung mehr wissen, als die Bürger, die Sie mittelbar über die Bürgerschaft gewählt haben. Dass Sie dann auch noch die Bürger von diesem weiteren Verfahren zur Elbvertiefung ganz bewusst fernhalten, zeugt von einem sehr befremdlichen Demokratieverständnis – insbesonders angesichts des 25. Jahrestages der Deutschen Einheit, der seine Quellen insbesondere in einer Bürgerbewegung hatte, die auch Bündnis 90 und die SDP einschloss.

Kapazitätsausbau CTB

Hamburg soll in 2015 um die 9 Mio. TEU Container umschlagen, so sagt es Hamburg-Hafen-Marketing (letzter Absatz) voraus. Eurogate hat letztes Jahr am CTH knapp 2,3 Mio. TEU umgeschlagen und will diesen Umschlag auch in diesem Jahr erreichen. Für die HHLA verbleibt nach den verhaltenen Aussichten des Vorstandes ein Umschlag von 6,7 Mio. TEU.

HHLA-CTB2Am 01.10.2015 lesen wir im Hamburger Hafenblatt die Überschrift “100 Millionen für den Hamburger Hafen” zu den Ausbaumaßnahmen am HHLA-Terminal CTB am Burchardkai.

Schon wieder werden Millionen in die Hand genommen, um die Kapazitäten am CTB zu auszubauen. Die Bestellung neuer Containerbrücken für die Abfertigung der immer breiter werdenden Ultra-Large-Containerships (ULCS) von Anfang Juni 2015 und den Ausbau des Containerbahnhofs am Terminal (Stand September 2015) um weitere Gleise samt Straßenanbindungen sind bekannte Bauprojekte mit Millionenbeträgen. Vor diesem HIntergrund ergibt auch das Hafenbahnausbauprogramm der HPA im Rahmen des Gesamtprojekt Verkehrsanbindung Burchardkai (Stand September 2015) einen Sinn.

Und nun lesen wir vom Bau vier weiterer automatisierter Lagerblöcke. Diese weitere Maßnahme soll die Kapazitätsverdoppelung des Terminals im Vergleich zum Stand von 2007 nochmals voran treiben. Ziel ist es, das CTB auf eine Kapazität von 6 Millionen TEU pro Jahr auszubauen. Woher die Summe von 100 Millionen Euro kommt, können wir aus der Pressemitteilung der HHLA nicht ableiten. Die aufgelisteten drei Maßnahmen erscheinen uns deutlich teurer, zumal ja auch anscheinend die Anschaffung neuer automatisierter Transportfahrzeuge als Ersatz für die Van-Carrier hinzu kommen.

Angesichts des Planfeststellungsverfahrens zur CTH-Westerweiterung ist das Vorgehen der HHLA am CTB begrüßenswert. Statt immer mehr Fläche zu fressen – wie bei der geplanten Westerweiterung von Eurogate – werden die vorhandenen Flächen effizienter durch den Einsatz von automatisierten Laberblöcke genutzt: Bisher sollen auf den Flächen 4.000 TEU gelagert werden können, nach dem Umbau sollen es 8.200 TEU sein.

Acht dieser automatisierten Lagerblöcke soll es bereits geben – jetzt kommen noch einmal vier dazu. Auf gleicher Fläche würde das zu einer Kapazitätssteigerung von mehr als 100% führen. Respekt, das ist eine beeindruckende Steigerung der Flächeneffizienz. Völlig anders, als beim Nachbarn und Konkurrenten Eurogate, der seine Terminalkapazität nur ineffektiv über eine massive Flächenausweitung steigern kann.

HHLA-CTB4Es gibt aber auch einen großen Haken an der Maßnahme der HHLA. Bisher werden die Container zwischen Schiff und Lagerplatz mit einem Van-Carrier (Bild) befördert. Diese “Ungetüme” werden aus einer Fahrerkanzel in über 10 m Höhe von Menschen gefahren. Jeder im Einsatz befindliche Van-Carrier bedeutet also Arbeitsplätze: Wir rechnen, dass für einen 24-Stunden-Betrieb mit drei Schichten drei Fahrer pro Van-Carrier beschäftigt sind. Urlaub, Krankheit etc. nicht einberechnet.

In der Pressemitteilung der HHLA ist zu lesen, dass die Van-Carrier von automatisierten führerlosen Fahrzeugen abgelöst werden, wie es diese schon jetzt am Containerterminal Altenwerder mit der Bezeichnung AGV HHLA-CTB3gibt. Wenn z. Zt. also noch 134 Van-Carrier in Betrieb sind, bedeutet das, dass für mindestens 402 Menschen der bisherige Arbeitsplatz am CTB wegrationalisiert wird. Die Fahrerkanzeln bleiben leer! Stillschweigen in Hamburg bei der Gewerkschaft aber auch der HHLA über diese Rationalisierungsinvestition am CTB.

Wer kann in dieser Stadt überhaupt noch denken und rechnen?
Die HHLA schlägt dieses Jahr in Hamburg rund 6,7 Mio. TEU um. Warum muss dann überhaupt das CTB auf eine Kapazität von 6 Mio. TEU ausgebaut werden, wenn es dann zugleich noch zwei weitere HHLA-Terminals, CTA und CTT, mit jeweils 4 Mio. TEU Kapazität gibt? Warum müssen wir rund 500 Mio. Euro für die Westerweiterung des CTH ausgeben, wenn Eurogate die bestehenden Kapazitäten von 4 Mio. TEU bei ineffizientester Terminalorganisation gerade zur Hälfte nutzt?

Hamburg und der Bund wollen Milliarden dafür ausgeben, dass die Elbe vertieft und die Hinterlandkapazität ausgebaut wird. Die HHLA nimmt hundert Millionen für die arbeitsplatzsparende Optimierung der Terminalkapazität aus. Das alles nur für ULCS, die niemals im Leben Hamburg voll beladen anlaufen werden und es mit der anstehenden Elbvertiefung auch nie können werden? Das alles für den vermeintlichen Job-Motor Hafen, mit dem alle Vorhaben begründet werden?

In Berlin in Sachen BER scheint langsam das Denken einzusetzen. Erste Gedanken zu einer Neukonzeption des unglaublichen Flughafenprojektes werden sogar von staatstragenden Politikern geäußert. Hoffentlich wird dieses “Nachdenken” zu dem unglaublichen Projekt Elbvertiefung endlich auch in Norddeutschland einsetzen.

Tiefgangstatistik und Baggerei

KeineElbvertiefungDas Regionale Bündnis gegen die Elbvertiefung (ReBügEl) und die Gesellschaft für Natur- und Umweltschutz (GNU) informierten am 29.09.2015 in einer Pressemitteilung über die aktuelle Tiefgangstatistik der großen Containerschiffe auf der Unterelbe. Wie der Artikel im Stader Tageblatt in seiner Überschrift feststellt war in 2015 genügend “Wasser unter dem Kiel” der Containerschiffe.

Die Statistiker von der Unterelbe beobachten seit einigen Jahren jedes Containerschiff mit mehr als 8.000 TEU beim Befahren der Unterelbe. So werden seit Jahren hochprofessionell taggenau nicht nur die Tiefgänge der Schiffe beim Einlaufen und Auslaufen notiert, sondern u.a. auch die Schiffslängen und -breiten, die Aufenthaltsdauer und Liegeplatz in Hamburg sowie Vor- und Anschlußhäfen. Fachmännische Berechnungen ermitteln über Rumpfform, Maße und Tiefgang die geladenen Container – und damit die Kapazitätsreserven eines jeden Schiffes.

Passend zur neuen Baggersaison, die ja nun gestern vorzeitig in Hamburg eröffnet wurde, legen die Statistiker erstaunliche Auswertungen vor.

  • Die Mehrheit der Containerschiffe über 8.000 TEU befährt auch in diesem Jahr die Elbe tidenunabhängig. Es sind einlaufend 78% und auslaufend 70%.
  • Die durchschnittliche Tiefgangsreserve betrug für Schiffe über 13.000 TEU beim Einlaufen 2,73 m und beim Auslaufen 1,43 m. Nur 2 Promille der Schiffe haben den maximal möglichen Tiefgang, d.h. eine Tiefgangsreserve von 0 Metern, ausgenutzt.
  • Die Ladungsreserven dieser Riesen für eine Fahrt nach Hamburg, d.h. freie Containerplätze, stieg dabei erheblich an und betrug fast 4.000 TEU je Schiff einlaufend und über 2.000 TEU auslaufend.
  • Die Zahl der Schiffsankünfte ist gegenüber dem Vorjahr um 6 % gestiegen und die
    Schiffsgrößen haben um 6,7 % zugenommen haben. Im Jahr 2014 wurde der Hamburger Hafen bis zum 12.9. von 256 Schiffen mit mehr als 13.000 TEU angelaufen; in diesem Jahr waren es bis zum 12.9.2015 bereits 356 Schiffe dieser Größenordnung.

Wenn weniger Ladung auf mehr und breitere Schiffe verteilt wird, liegt die Erklärung für diese Tiefgangsentwicklung plausibel auf der Hand. Nun könnten allergrößte Skeptiker noch anführen, dass die Reedereien mehr Ladung für ihre Schiffe und Hamburg hätten, sich aber wegen der fehlenden Elbvertiefung nicht trauen würden. Dieser Skepsis kann man dann mit einem fast “süffisanten Pfeffersacklächeln” und dem Verweis auf die Frachtratenentwicklung samt eines simplen Hinweis auf die ökonomischen Regeln von Angebot und Nachfrage, dem Marktgleichgewicht, begegnen. Die Ladung gibt es nicht!

Derartige valide Zahlen und Statistiken haben wir bislang weder vom Senat noch der Hafenwirtschaft oder den Reedereien vorgelegt bekommen. Im Gegenteil: hier werden uns Umschlags- und Potenzialprognosen vorgelegt, die bar jeglicher Realitität sind.

Und so schließen wir uns der Meinung des Sprechers des ReBügEl’s, Herrn Walter Rademacher an: „Diese Fakten widerlegen die gebetsmühlenartige Behauptung der Hafenwirtschaft und des Senats, die Elbvertiefung wäre ‚dringend notwendig‘ – tatsächlich fehlt nicht die Tiefe, sondern die Ladung.

Nicht genug – die Absurditäten der Baggerei führen die Kollegen in der Pressemitteilung ebenfalls an. Die Folgen der letzten Elbvertiefung haben dazu geführt, dass jährlich mittlerweile über 18 Mio. m³ Schlick aus der Elbe gebaggert werden –  vor wenigen Jahren ware es noch 4 Mio. m³. Für die Schlickbeseitigung müssen wir Bürger jährlich über 100 Mio. Euro ausgeben. Weniger Ladung, dafür mehr Schlick. Das soll ökonomisch sinnvoll sein? Aber es kommt noch besser:

In der Bürgerschaft wurden heute die Senatsantworten auf eine schriftliche kleine Anfrage zur Verklappung von Hamburger Hafenschlick in der Außenwirtschaftszone AWZ, d.h. außerhalb der Hoheitsgewässer der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht. Beim Lesen der Senatsantwort auf Frage 3 haben wir aufgemerkt: “Die HPA bereitet sich aktuell darauf vor, in der kommenden Umlagersaison circa 7 Millionen Kubikmeter Sediment (Laderaumvolumen) aus der Delegationsstrecke und den Hafenbecken umzulagern.

Das wären 2,5 Mio. m³ mehr auf dem Hamburger Streckenabschnitt als im Jahr 2014, für die wir Hamburgerinnen und Hamburger im letzten Jahr 66 Mio. Euro ausgegeben haben. Bei einer linearen Hochrechnung der 7 Mio. m³ auf das Jahr 2015 würden dann über 100 Mio. Euro Baggerkosten nur für die Hamburgische Delegationsstrecke zwischen Tinsdal und dem Hafen anfallen? Das wäre ein Desaster…

Die Pressemitteilung vom ReBügEl und GNU finden Sie hier!

Morgen wieder Neßsand

Am frühen Mittwochabend berichtet NDR Info darüber, dass die gerichtliche Auseinandersetzung über die nicht ausreichende Tiefe der Hafenbecken zwischen der HHLA-Tochter Hansaport und der HPA durch einen Vergleich beigelegt wurde.

Die HPA hat eine Ausnahmegenehmigung von der Umweltbehörde bekommen und kann ab morgen den Schlick aus den Hafenbecken vor Neßsand verklappen, einen Monat früher, als normal. Begründung: Die derzeitige Wassertemperatur und der Sauerstoffgehalt würden das zulassen. Wir lesen dagegen AlexandervonHumboldtBaggergerade 7 mg Sauerstoff/Liter Wasser und eine Temperatur von um die 15° Celsius ab – letztes Jahr um diese Zeit waren es mit rund 8,5 mg deutlich höhere Sauerstoffkonzentrationen.

Und dann wird uns in der NDR-Meldung wieder vorgegaukelt: “Hansaport muss für die Baggerarbeiten den Betrieb stoppen, zunächst für zwei Tage müssen voll beladene Schiffe in der Nordsee warten. Das wird aber nicht ausreichen, um die höchsten Schlickberge zu beseitigen. Um die größten Hügel wegzubaggern, würde man einen Monat brauchen, sagte ein Vertreter der HPA.” Es wartet genau ein Bulker auf der Außenelbe-Reede in der Nordsee: die Sunshine mit 178 m Länge und 10 m Tiefgang. Was für eine Lüge, die von der HPA und Hansaport öffentlich über den NDR publiziert wird.

Der Baggerplan war bereits in den auf den 25.09.2015 datierenden Senatsantworten auf eine schriftliche kleine Anfrage angedeutet worden.  Die unsinnige Kreislaufbaggerei vor Neßsand soll bereits einen Monat früher, als zwischen Umwelt- und Wirtschaftsbehörde vereinbart, beginnen. Die Alternative, den Schlick aus den Hafenbecken landseitig zu entsorgen, wird aus kurzfristigen Kostengründen von der HPA nicht verfolgt.  Einzig Erfreuliches an der Meldung: Schleswig-Holstein bleibt (noch) hartnäckig beim NEIN zur Verklappung des Schlicks aus den Hafenbecken bei Tonne E3. Wir sind gespannt, wie lange dieser Widerstand noch anhalten wird.