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Nachlese Havarie

CSCL-Indian-Ocean-Heck  Nachdem das Havariekommando mit seiner letzten Pressemitteilung den Einsatz (ganz am Ende) um die CSCL Indian Ocean beendet und das Schiff mittlerweile den Hamburger Hafen wieder verlassen hat, bleiben viele der bislang gestellten Fragen unbeantwortet.

Im öffentlichen Umgang mit der Havarie werden Meinungen geäußert, die uns Menschen zeigen sollen, dass hier alles vollkommen im Griff gewesen ist.

Technik kann immer und überall versagen, meint der Ältermann der Elblotsen, Ben Lodemann. Entscheidend sei, wie man darauf reagiert, wie das Krisenmanagement klappt.” ist in einem NDR-Kommentar zu lesen, der dazu noch Gefahrlosigkeit suggeriert: “Auch ohne funktionierende Ruderanlage bekamen die Lotsen die “Indian Ocean” an einer Stelle zum Stehen, an der sie keinen Schaden nahm – und keinen Schaden für Umwelt und den Schiffsverkehr anrichten konnte.” Ach ja?

  • In der fünften Pressemitteilung vom Havariekommando ist zu lesen, dass zum Zeitpunkt der Bergung noch rund 732 Tonnen Schmier- und Treibstoffe an Bord des Havaristen verblieben sind. Obwohl das Abpumpen der umweltgefährdenden Stoffe unmittelbar nach dem Auflaufen begonnen wurde, ist es anscheinend nicht gelungen, diese binnen vier Tagen – bis auf einen Rest für das Betreiben von Stromerzeugern – vollständig abzupumpen. Warum nicht?
  • Stattdessen wurde das Ballastwasser entfernt. Wenn, was wir uns gut vorstellen können, noch rund 700 Tonnen Trimgewicht für das Schiffes erforderlich gewesen sein sollen, warum wurde dann nicht das „harmlose“ Ballastwasser genutzt sondern umweltgefährdende Schmier- und Treibstoffe?
  • Das von den Behörden nicht beeinflussbare Wetter schaffte mit einem kurzen Sturm ein kleines Zeitfenster von wenigen Nachtstunden, das zeitgleich mit einer alle 14 Tage stattfindenden Springtide zusammenfiel. Das soll kein Glück gewesen sein?
  • Havariespezialisten und zugkräftige Schlepper standen in ganz Deutschland nicht zur Verfügung – sie mussten erst aus Niederlanden herbeigeordert werden. Nicht mal ein Kran zum Abbergen von Containern geschweige denn ein geeignetes Löschboot zur etwaigen Brändbekämpfung standen bereit. Diese Notfallausrüstung soll ausreichend gewesen sein?
  • “65.000 Kubikmeter Erdboden” mussten laut siebter Pressemitteilung des Havariekommandos “abgetragen” werden, um dem Havaristen den Weg ins tiefe Fahrwasser zu ermöglichen. Das sind 21 Schwimmbecken in olympischer Größe, d.h. 50 m Bahnlänge bei 25 m Breite und 2,5 Tiefe, die in nicht mal 5 Tagen gegraben wurden. Auch diese Bagger mussten erst aus den Niederlanden herbeigeschafft werden. Ein ganz normaler Vorgang?

Für uns sind das alles keine Indikatoren für ein wohlorganisiertes Notfallmanagement, das aus einem Fundus von vorbereiteten Notfallplänen auswählen und dabei unverzüglich ausreichendes technisches Gerät herbeischaffen kann. Ganz im Gegenteil – in Deutschland sind “Glück” und “Schwein” die wesentlichen Zutaten des Krisenmanagements.

CSCL-Indian-Ocean-CTHEine öffentliche Diskussion der Havarie, wie bei vergleichbaren Unglücken beobachtet, mit Forderungen z.B. über Verschärfungen von Sicherungssystemen bei großen Schiffen oder Kritik am Notfallmanagement findet nicht statt. Erinnerungen an die “Pallas”, die im Oktober 1998 vor Amrum strandete und die daraufhin einsetzende Notfall-Schlepper-Diskussion werden wach. Das Notschleppkonzept aus 2001 und die Fortentwicklung durch das Havariekommando “Anpassung der Leistungskriterien an Notschleppkapzitäten in Nord- und Ostsee …” vom Mai 2006 zeigen auf, dass dieses Konzept nicht für die Seehafenzufahrten konzipiert worden ist, sondern nur für die hohe See, um Schiffe bei Starkwind und mehr mit Schleppern in den Wind zu drehen, auf der Stelle zu halten und kontrolliert zu verdriften. Von Flüssen mit engem Seeraum ist da keine Rede.

In Erinnerung des 19.000 TEU-Havaristen “CSCL Indian Ocean” lesen wir in der o.a. Fortentwicklung auf Seite 15 etwas von Bemessungsfahrzeugen als Havaristen (9.200 TEU Containerschiff, 13.000 TEU Containerschiff Nordsee) und definierten Schleppern (175 t Pfahlzug und 110 t Pfahlzug). In Simulation wurde ermittelt:

  • Bei Windstärke Bft. 9 , in Böen 11 reicht die Schleppkraft eines 175 t-Pfahlzug- Schleppers in der Nordsee aus, um Containerschiffe der simulierten Größe in den Wind zu drehen, auf der Stelle zu halten und kontrolliert zu verdriften.
  • Schlepper mit 110 t Pfahlzug verfügen bei einem 13.000 TEU – Schiff unter den genannten Wetterbedingungen nicht über eine ausreichende Kraft zum „in-den- Wind- Drehen“ und „Halten“.
  • Auch bei einem 9200 TEU – Schiffes ist ein Schlepper mit 110 t Pfahlzug am Rand seiner Leistungsfähigkeit. Der Havarist kann in den Wind und Strom gedreht und damit die Achterausdrift des Havaristen entscheidend verlangsamt werden.

Wenn diese Simulationsergebnisse für die hohe See und dann bei wesentlich kleineren Bemessungsschiffen gelten, fragen wir uns, wie man dort einen 19.000 TEU-Riesen in Schach halten will und insbesondere, was auf den engen Flüssen mit den anfänglich zum Einsatz gebrachten “Schlepperzwergen” von bis zu 90 t Pfahlzug überhaupt noch gerichtet werden könnte. Darauf gibt es keine Antworten.

Das Statement des o.a. Elblotsen Technik kann immer und überall versagen. Entscheidend sei, wie man darauf reagiert, wie das Krisenmanagement klappt.” enthält mit Kenntnis des Schleppkonzeptes eine gewaltige Portion Zynismus und Selbstüberschätzung. Wenn dieser Elblotse sich dann auch noch in seiner Funktion als Ältermann äußert, ist Angst angesagt. Angst vor zukünftigen Havarien, wo Glück nicht die führende Rolle spielt.

Sprung: Beim aktuellen Zugunglück in Bayern nehmen wir gegenüber der Havarielethargie an der Elbe aktive Aufräumstimmung wahr. Da werden nach Räumung des havarierten Zuges und Wiederherstellung der Strecke zeitnahe Simulationen des Unfallherganges angekündigt. “Derzeit wird der dritte Fahrtenschreiber, auch Blackbox genannt, ausgewertet. Er war am Freitag zwar beschädigt geborgen worden, die Daten können aber ausgelesen werden.” – haben Sie etwas von einer Blackbox auf dem havarierten Riesencontainerschiff “CSCL Indian Ocean” gelesen?

Bayerische “Polizei und Staatsanwaltschaft sprechen davon, dass es noch Wochen dauern könne, bis Klarheit über die Unfallursache herrsche. Eine 50-köpfige Sonderkommission arbeitet an dem Fall. Das Unglück soll in der kommenden Woche auch Thema im Verkehrsausschuss des Bayerischen Landtags sein.” Wir können vermutlich froh sein, wenn überhaupt eine Sonderkommission gegründet und diese über eine Handvoll Mitarbeiter verfügen wird.

Für die Erstellung des Untersuchungsberichtes zum Brand der mit atomarer Ladung beladenen “Atlantic Cartier” im Hamburger Hafen, unweit des mit Zehntausenden von Menschen besuchten Hauptveranstaltungsortes des  Kirchentages, wurden nicht Wochen benötigt, sondern rund 2,5 Jahre. Eine Thematisierung in der Bürgerschaft oder im Bundestag?

Damit überhaupt etwas passiert, muss die Havarie der “CSCL Indian Ocean” zunächst erst einmal als relevanter Untersuchungsvorgang gemäß dem SUG (Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetz) definiert werden. Unterschieden wird dabei nach den Begriffsdefinitionen gemäß §1a SUG zwischen einem Seeunfall, einem sehr schwerem Seeunfall und einem schwerem Seeunfall. Nach §11 SUG entscheidet der Direktor der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung über die Einstufung: Mit der jeweiligen Einstufung wird festgelegt, welche Untersuchungen in welcher Form durchgeführt werden müssen.

Auf den Internetseiten der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung Kotug2ist die Havarie der “CSCL Indian Ocean” noch nicht angekommen. So wird es in den nächsten Tagen, Wochen oder Jahren spannend, ob wir von den Ereignissen des Februars 2016 an der Unterelbe vor Grünendeich überhaupt noch mal etwas hören werden und vielleicht ein “Konsequenzchen” gezogen wird.

Polizei und Staatsanwaltschaft haben jedenfalls bei derartigen Schiffsunglücken nichts zu sagen – das ist doch “maritimes Schweigen” oder “Havarieschlepper im Nebel” par excellence, oder?

Havarist frei

CSCL-Indian-Ocean-Havarie-EAm frühen Morgen gegen 02:20 Uhr ist der Havarist CSCL Indian Ocean mit 12 Schleppern wieder in das Fahrwasser gezogen worden. Mit Schleppern wurde der Havarist in den Hafen geschleppt und dort am Eurogate-Terminal am Predöhlkai festgemacht.

Mit sechs Tagen Verzögerung hat das Riesenschiff nun sein Ziel erreicht. Da ist es schon erstaunlich, dass das Havariekommando in seiner sechsten Pressemitteilung mitteilt, dass der bislang benannte Fehler an der Ruderanlage sich anscheinend in Luft aufgelöst hat: “Nach ersten Erkenntnissen ist das Schiff voll funktionstüchtig. Die Ruderanlage ist ebenfalls in Betrieb.” Gestern hatte der NDR noch berichtet: “Die Reederei teilte mit, dass an der Ruderanlage ein elektronisches Teil ausgefallen war. Das Ersatzteil liege bereits bereit und könne schnell eingebaut werden, sobald das Schiff den Hamburger Hafen erreicht hat.

Es wird spannend, was die nächsten Stunden und Tage noch bekannt werden wird. Jetzt gilt es kurz aufzuatmen und sich zu freuen, dass die gesamte Havarie glimpflich ausgegangen ist.

Bergungsschlepper

CSCL-Indian-Ocean-Havarie-DNach einem aktuellem Bericht der HAZ hat das Havariekommando für die Bergung der “CSCL Indian Ocean” das niederländische Bergungsunternehmen Smit Salvage beauftragt und weitere Schlepperverstärkung aus den Niederlanden und Belgien angefordert. Die beiden Schlepper ” Fairmount Expedition” und “Union Manta” mit jeweils über 200 Tonnen Zugkraft sind auf dem Weg zum Havaristen vor Grünendeich.

In einer Mitteilung vom 06.02.2016 berichtet www.esys.org zudem weiteres über den verlorenen Steuerbordanker der “CSCL Indian Ocean”: “Wie inzwischen bekannt wurde, gab es bereits wenige Stunden vor dem Auflaufen auf der Elbe bereits in der Deutschen Bucht einen Zwischenfall: Das Schiff verlor seinen Steuerbord-Anker vor Helgoland. Der Frachter war von Felixstowe kommend zunächst auf der Tiefwasserreede vor Helgoland zu einem Ankerplatz gelaufen, wo er auf ein Zeitfenster fürs Einlaufen in die Elbe warten sollte. Bei dem Ankermanöver verlor die „CSCL Indian Ocean“ auf der Tiefwasserreede jedoch einen ihrer beiden 10 Tonnen schweren Buganker und mehr als 100 Meter Ankerkette auf einer Position westlich von Helgoland. Am 3.2. trat der Frachter die Fahrt elbaufwärts um 16 Uhr deshalb mit nur einem Anker an. Ob das Auflaufen durch Ankermanöver hätte verhindert werden können, stand noch nicht fest. Die beiden Lotsen und der Kapitän hatten aus Sicherheitsgründen auch auf das Werfen des Backbordankers verzichtet, da er bei der Grundberührung möglicherweise zwischen Schiffsboden und Elbgrund geraten wäre und den Doppelboden des Frachters hätte aufreißen können. Die Position des verlorenen Ankers wurde inzwischen in den Nachrichten für Seefahrer als Warnhinweis durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie für andere Schiffe bekannt gemacht.”

Die Bekanntmachung für Seefahrer 5/16 CSCL IO 2016-02-04_12-02-20ist die einzige BfS über einen verlorenen Anker im von der CSCL Indian Ocean durchkreuzten Seegebiet. Die BfS führt dabei lediglich an, dass “auf der Position 54° 08.00′ N; 007° 22.28′ E ein Anker mit 12 Kettenlängen verlorengegangen ist“. Weitere Details zum Ankerverlust werden nicht benannt. Die angegebene Position liegt dicht westlich der Tiefwasserreede und passt zum Einlauftrack des Havaristen vom 03.02.2016. Die in der BfS genannte Längenangabe der verlorengegangenen Kette lässt besonders aufmerken. Eine Kettenlänge entspricht 25 Meter und würde entgegen der o.a. ESYS-Nachricht bedeuten, dass der Havarist bei 12 Kettenlängen nahezu seine gesamte Kette von 300 Metern verloren haben muss. Beim Ankerverlust muss etwas losgewesen sein.

Schweigen im Hafen

CSCL Indian Ocean Havarie 4In der kurzen vierten Pressemitteilung des Havariekommandos vom gestrigen Abend wird über den Fortgang der Bergungsarbeiten der “CSCL Indian Ocean” berichtet – einen aktuellen Blick auf den Havaristen ermöglicht die Elbdeichcam.

Zu den Ursachen und dem Hergang der Havarie kommen immer weitere Fragen auf. So lesen wir in der Pressemitteilung des Umweltverbandes GNU aus Cuxhaven Interessantes, das bislang in der Berichterstattung nicht thematisiert wurde:

  • Warum konnte das nagelneue Schiff ohne einen vorgeschriebenen zweiten Anker in die Elbe einlaufen? Welche Behörde hat dieses Einlaufen genehmigt?
  • Divergierende Aussagen des Lotsenältermannes Herrn Ben Lodemann: war das Aufsetzen wirklich ein “kontrolliertes Handeln” oder doch eine bei Tempo 180 eintretende Lenkradsperre? Warum die direkte Fahrt auf Grund und nicht das Halten des Schiffes auf Kurs?

Wir ergänzen die Fragen:

  • Wie ist es möglich, dass eine IT-gesteuerte Ruderanlage bei dem Havaristen zugelassen wurde, die bei einem Ausfall über anscheinend über keinerlei Backup-Komponenten verfügt. Ungewöhnlich für ein brandneues Schiff, das doch erst in 2015 in Dienst gestellt worden ist.
  • Warum ist von den Lotsen, die sich ja für die Schiffsicherheit verantwortlich fühlen, kein Wort der Kritik zu diesen fehlenden Sicherheitskomponenten zu hören?
  • Welche Rolle spielt der auch in Hamburg ansässige “Schiffs-TÜV“, namentlich die Klassifikationsgesellschaft “DNV-GL“, die der “CSCL Indian Ocean” die Zertifikate ausgestellt haben soll?

Auffällig ist die Sprachlosigkeit von Politikern und Spezialisten aus der maritimen Wirtschaft gegenüber den Medien. Konnten diese uns vor Kurzem noch die Notwendigkeit der Elbvertiefung und deren Bedeutung für den Hamburger Hafen wortgewaltig und in epischer Breite erklären, scheinen sie nun beim Havariethema vollständig abgetaucht zu sein. Alle, egal ob Sie Wirtschaftssenator, Sprecher des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg oder Vorstand bei Hamburg Hafen Marketing sind, ducken sich weg – als ob bei diesem Thema eine gewaltige Leiche im “Hamburger Keller” liegen würde.

Notfallkonzept fehlt

CSCL-Indian-Ocean-Havarie-AAus der dritten Pressemitteilung des Havariekommandos deutet sich an, dass der nächste Bergungsversuch auf den kommenden Dienstag, 09.02.2016 terminiert worden ist. Die mit dem Beginn der Springtide wieder höher auflaufende Flut wird als nächste Möglichkeit gesehen, die “CSCL Indian Ocean” frei zuschleppen. Angesichts der derzeitigen Windvorhersagen (Stärke und Richtung) sind wir nicht sehr optimistisch.

Zwischenzeitlich werden andere Fragen an die Qualität der Notfallkonzepte auf der Elbe gestellt, die bislang von den Verantwortlichen negiert werden. Beispielhaft sei das Hamburger Abendblatt angeführt, das bereits einige dramatische Löcher benennt.

  • Wohin soll das Schiff nach der Bergung gebracht werden?
    “Zunächst offenbar zu seinem ursprünglichen Ziel am Eurogate-Terminal… Wenn das Containerterminal Eurogate noch belegt ist, kann das Schiff an die Finkenwerder Pfähle verholt werden. Da diese zu kurz sind, müsste es ständig von zwei Schleppern begleitet werden. Der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) hat 2014 den Bau zusätzlicher Dalben gefordert, an denen man ein Schiff der Kategorie ULCV (Ultra Large Container Vessel) anbinden kann. Diese gibt es bisher aber nicht.”
    Hamburg verfügt über keinen funktionsfähigen Notfallliegeplatz für die Großschiffe.
  • Wie lange wird die Reparatur des havarierten Schiffs dauern?
    Sowohl ein rein elektronischer als auch ein hydraulischer Defekt ließe sich vermutlich an Bord reparieren. Hätte sich dagegen das Ruderblatt verzogen oder die Hülle des Schiffes Schaden genommen, droht eine aufwendige Instandsetzung. Die nächste Werft, die ein Schiff dieser Größe aufnehmen kann, liegt auf Malta. Bei der Hamburg Port Authority (HPA) gibt es Überlegungen, das Schiff in diesem Fall in den Kaiser-Wilhelm-Hafen zu bringen, da am dortigen Kronprinzkai in nächster Zeit keine Kreuzfahrtschiffe erwartet werden.
    Hamburg verfügt über keine Reparatur- und Ausrüstungsplätze und für Großschiffe.
  • Ist Hamburg ausreichend auf schwere Havarien vorbereitet?

    Die Abläufe nach dem Ausfall an Bord der “Indian Ocean” funktionieren seit Mittwoch reibungslos: Bereits 45 Minuten nach dem Ausfall waren sechs Schlepper vor Ort. Die Firma Port Feeder Barge kritisiert, dass an der gesamten deutschen Küste kein geeignetes Gerät zur Verfügung stünde, um etwa die oberen Containerreihen auf den Riesenfrachtern abtragen zu können. Dieser Mangel trete nun “eklatant” zu Tage. Das Angebot, einen entsprechenden Schwimmkran zu kaufen, schlug die HHLA vor zwei Jahren aus. Die Partei Die Linke warnt, dass mit der Größe der Containerschiffe auch die Gefahr für Havarien im Hafen wachse.
    Hamburg verfügt über kein technisches Gerät, um havarierte Riesen zu löschen.

Dem Hamburger Hafen fehlen somit wesentliche Komponenten einer ausreichenden technischen Notfallausstattung zur Bewältigung von Großschiffshavarien. Aber auch einzelne Ablaufpläne sind anscheinend nicht ausreichend: Im Abendblatt-Artikel wird lobend erwähnt, dass erste Schlepper den Havaristen bereits nach 45 Minuten erreicht hätten und die Abläufe reibungslos funktioniert haben. Diese Feststellung soll vermitteln, dass der bestehende Notfallplan gut gegriffen hätte. Ist ein derartiger Notfallplan aber ausreichend, wenn dabei das zu schützende Objekt auf Grund läuft und nicht binnen angemessener Frist geborgen werden kann?

Wie lautet denn überhaupt der von Hamburg aufgestellte Notfallplan für Havarien derartiger Riesenschiffe? Die Senatsantwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage anlässlich der Havarie der “NYK Olympus” lautet: “Notfällen wird im Hamburger Hafen immer im Rahmen von Einzelfallentscheidungen begegnet” und “Aus Sicherheitsgründen und einsatztaktischen Gründen ist eine Veröffentlichung von Notfallplänen grundsätzlich nicht vorgesehen.” Auch die Senatsantworten auf eine Schriflichen Kleine Anfrage zu der Havarie der “Choapa Trader” bestätigen, dass auf Havarien nur situativ reagiert wird: “Generell gilt, dass Notfallmaßnahmen einzelfallabhängig sind und Entscheidungen insofern nach konkreter Gefährdungslage getroffen werden.” Die Antworten lassen die Vermutung zu, dass es für die Havarien von Großschiffen keine ausformulierten Notfallpläne gibt, die in anderen Wirtschaftbereichen “State of the Art” sind und regelmäßig überprüft, mit Notfallübungen getestet und anschließend nachjustiert werden.

Die Planer der Elbvertiefung wurden im Planfeststellungsverfahren von den Kritikern der Elbvertiefung mehrfach auf die Havariegefahren sowie die unzureichenden technischen und ablauforganisatorischen Notfallpläne hingewiesen. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Unbekümmertheit die benannten Gefahren von Havarien im Planfeststellungsbeschluss (PFB) vom 23.04.2012 abgehandelt und heruntergespielt werden. Wenn deren Existenz auch nicht verneint wurde, entstand insbesondere für den weniger kundigen und gutgläubigen Leser, dennoch der Eindruck, dass diese Gefahr jederzeit beherrschbar wäre. Die Grundberührung der „CSCL Indian Ocean“ hat jedoch deutlich gemacht, dass in diesem Fall so gut wie keine der im PFB behaupteten Möglichkeiten zur Schadensbegrenzung „gegriffen hat.“ Wir zeigen Ihnen das anhand der Tidekonstellation und der Schlepperhilfe auf:

Schlepperhilfe: Im PFB wird auf Seite 2.375 darauf hingewiesen, ,,dass in Hamburg genügend Schlepperassistenz verfügbar“ sei. Da da CSCL-Indian-Ocean-Havarie-Cs Aufgrundlaufen der “CSCL Indian Ocean” in relativer Nähe zum Hamburger Hafen erfolgte, war die zeitliche Verzögerung von 45 Minuten bis zum Eintreffen der ersten Schlepper glücklicherweise nicht besonders groß. Aber wie würde es bei einem Unfall weiter elbab aussehen? Bei größeren Entfernungen ist zu befürchten, dass sich ein havariertes Schiff – vom kontrollierten Auflaufen wie in diesem Fall einmal abgesehen – bis zum Eintreffen der Schlepper nicht halten und es zu weiteren Folgen, auch für die Umwelt, kommen kann.

Die Geschwindigkeit der im Hamburger Hafen vorgehaltenen Schlepper liegt zwischen 11 und 13 kn. Unter der Annahme von Flutstrom (bei Aufkommen von Großschiffen) müssten die Schlepper bei einem Schiffsunfall auf der Unterelbe gegen die Tide elbabwärts fahren. Bei Annahme einer Geschwindigkeit der Schlepper von 13 kn (= 24 km/h) und eines gemäßigten Flutstromes von nur 2,5 kn (= 4,6 km/h) würde das ihre Geschwindigkeit über Grund auf ca. 19,4 km/h reduzieren. Bei Abfahrt ab Schlepperponton Neumühlen (Strom km 626,5) wäre man in einer Stunde nach dem Ablegen gerade eben an der Lühe vorbei, nach zwei Stunden hätte man etwa die Höhe Kollmar erreicht. In diesen Zeiträumen könnten sich die Umstände auf einem verunfallten Schiff, von der übrigen Verkehrslage einmal abgesehen, dramatisch entwickelt haben.

Der nach der Lesart im PFB und im Abendblatt propagierte, in jedem Fall erfolgreiche Schleppereinsatz erscheint, wie der aktuelle Fall zeigt, damit zumindest fraglich und dürfte auf reinem Zweckoptimismus beruhen.

Tidekonstellation: Auch die ebenfalls auf Seite 2.375 befindlichen Ausführungen, dass nach einem Festkommen bei steigendem Wasser das Freikommen begünstigt wird, müssen hinterfragt werden: “Für alle tideabhängigen einkommenden Schiffe gilt, dass diese mit dem Flutstrom fahren und bei einer Notankkerung schwoien würden. Weil aber der Wasserstand steigt, ist genügend Zeit vorhanden, um Schlepperassistenz heranzuführen, bevor der Wasserstand wieder fällt, so dass ein längeres Festsitzen am Grund verhindert werden kann.”

Die Havarie der “CSCL Indian Ocean”, die genau in dieser Tidenkonstellation eingelaufen ist, hat gezeigt, dass diese Annahme des PFB falsch ist. Auf dem Scheitel der Flutwelle einlaufenden Großschiffen läuft bei einem Aufsitzen das Wasser davon. In Abhängigkeit von den örtlichen Verhältnissen, der Masse, dem Tiefgang und anderen Abmessungen des fest gekommenen Schiffes sowie der verbleibenden Zeit bis Hochwasser stellt sich die Frage, um welchen Betrag sich der Wasserstand bei der auflaufenden Tide überhaupt noch erhöht und ob er geeignet ist, das Schiff wieder freikommen zu lassen. Je dichter ein derartig fahrendes Schiff zu Hamburg  fest kommt, umso geringer die Zeit, die bis zum Hochwasser verbleibt.

Einer Entgegnung, dass die “CSCL Indian Ocean” aufgrund des geringen Tiefgangs ja in tidenunabhängiger Fahrt nach Hamburg gelaufen sei, kann erwidert werden, dass Schiffe dieser Größe aufgrund der Restriktionen des Wendekreises am Parkhafen immer in dieser Tidekonstellation einlaufen müssen. Ein früherer oder späterer Tidezeitpunkt würde dazu führen, dass das ein solch großes Schiff nicht mehr sicher gedreht werden kann.

Zusammenfassung
Die Havarierisiken durch große Containerschiffe auf der Unterelbe sind durch die Politik und Verkehrslenkung in der Vergangenheit nahezu ignoriert worden. Das bereits mehrtägige Festliegen des derzeitigen Havaristen spricht dafür, dass diese Risiken auch hinsichtlich der geplanten Elbvertiefung neu bewertet und das Thema der fehlenden Notfallpläne und -ausrüstung auf der Elbe offen diskutiert werden müssen. Dabei ist zu bewerten, ob sich der Größenwahn bei den Schiffen aufgrund der Vielzahl der zu ergreifenden Maßnahmen für einen Hafen wie Hamburg überhaupt noch rechnen wird.

CSCL Indian Ocean – Aktuell

Der Bergungsversuch der “CSCL Indian Ocean” am Donnerstagmittag ist gescheitert. 7 (in Worten “sieben”) Schlepper waren nicht in der Lage, das Containerschiff aus seiner Zwangslage zu befreien.

CSCL Indian Ocean - Schlepperballett
Photo EOS

Das wundert uns nicht. Wie aus dem Track bei Vesselfinder zu sehen war, hatte die “CSCL Indian Ocean” nur ca. 1 – 2 Minuten vor dem Auflaufen noch gut 10 Knoten Geschwindigkeit. Bei der Größe und dem Gewicht des Schiffes sicherlich ein zusätzlicher Schub, um tief ins flache Wasser gedrückt zu werden. Die “Indian Ocean” war nicht voll beladen und hatte lediglich einen Tiefgang von 11m, wie in unterschiedlichen Medien berichtet wird. Es kristallisiert sich immer sicherer heraus, dass ein Ausfall der Ruderanlage Grund für die Havarie war.

Im Hamburger Abendblatt ist zu lesen, dass die Bergung wegen des geringen Wasserstands in der Elbe vermutlich erst in der kommenden Woche stattfinden wird. Spekuliert wird auch, dass eine vorherige Bergung eventuell durch Freispülen und Teilentladung gelingen könnte. Bemerkenswert ist der letzte Satz in dem Artikel: “Grund für den Ausfall der Ruderanlage könnte sein, dass auf diesen Schiffen Computer immer mehr Aufgaben übernähmen, diese seien womöglich anfälliger.” Tja, das könnte wohl tatsächlich so sein. Wir erleben in unserer volldigitalisierten Welt ja immer wieder in den verschiedensten beruflichen und privaten Bereichen die Grenzen der Technik.

CSCL Indian Ocean - Apfelplantage
Photo EOS

In der WELT finden wir einen Artikel zur misslungenen Bergung und einen Kommentar zur Havarie von Großcontainerschiffen. Der Kommentar erstaunt, greift er doch endlich einmal die Argumente der Kritiker der Elbvertiefung und des Ehrgeizes, Schiffe aller Größen unter allen Bedingungen nach Hamburg holen zu wollen, auf. Die Havarierisiken bei diesen Schiffsgrößen bzw. deren Auswirkungen können für den Hamburger Hafen eine Katastrophe bedeuten. Spätestens, wenn sich der erste Riese in der Fahrrinne quer legt und die Zu- und Ausfahrt versperrt, werden es auch die Verantwortlichen in Senat und Hafen endlich wahrnehmen. Wir wünschen uns keine solche Havarie, bestünde dann auch die Gefahr des Auseinanderbrechens. Leider scheinen aber weltweit verantwortliche Politiker und Wirtschaftsbosse immer nur bei Katastrophen zu lernen.

Offizielle Mitteilungen über die Havarie befinden sich erneut auf dem Presseportal der Polizei und, seitdem das Havariekommando die Koordination der Bergungsmaßnahmen übernommen hat, auch auf deren Internetseite. Der letzten abendlichen Pressemitteilung ist entgegen des Updates von Hamburg Hafen Marketing zu entnehmen, dass mit dem Nachthochwasser kein weiterer Schleppversuch unternommen werden soll.

Aktualisierung 05.02.
Laut Havariekommando wird das Schiff geleichtert (Schweröl und Gasöl werden abgepumpt). Nach der Pressemitteilung Nr. 3 vom 05.02. soll die Bergung am kommenden Dienstag erfolgen: “Nach derzeitigen Vorhersagen und Berechnungen öffnet sich ein Zeitfenster, in dem ein Schleppvorgang möglich wäre.

MSC Katrina – Feuer

Heute Nacht ist auf dem Containerschiff “MSC Katrina” um 03:49 Uhr eine Rauchentwicklung in einem Container entdeckt worden. Das Havariekommando hat um 09:00 Uhr die Gesamteinsatzleitung übernommen.

Havariekommando
“Purple Beach”, Foto: Havariekommando

Wieder hielt sich das Schiff südlich von Helgoland auf, als das Feuer entdeckt wurde. Ein Seenotkreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger und ein Hubschrauber der Bundespolizei haben jeweils eine Brandbekämpfungseinheit aus Cuxhaven in das Seegebiet gebracht. Das Mehrzweckschiff “Neuwerk” hält sich in unmittelbarer Nähe des Havaristen auf.

Die “MSC Katrina” hat unter anderem Holzkohle in Containern geladen, von denen sich einer entzündet hatte. Was gibt es noch dort an Bord, Uranhexachlorid, Waffen, Munition, Brennstäbe? Wir hoffen, dass der Brand gelöscht ist und freuen uns, dass wieder einmal Hamburg mit blauem Auge davon gekommen ist. Das Containerschiff ist nämlich auf dem Weg von Antwerpen nach Hamburg.

Zur Erinnerung: Es ist erst 6 Monate her, dass die Purple Beach in dem Seegebiet vor Helgoland in Brand geriet und es mehrere Tage dauerte, bis der Brand unter Kontrolle gebracht werden konnte.

Aktualisierung: Die “MSC Katrina” macht sich auf den Weg nach Hamburg. Der Container sei gelöscht, berichtet das Havariekommando in seiner zweiten Pressemitteilung zur Havarie.

Was wäre in Hamburg?

Es wirkt alles etwas hilflos, was wir in den Pressemeldungen von 1, 2, 3, 4, 5 bis 6 vom Havariekommando über den Brand der “Purple Beach” lesen dürfen.

Havariekommando
Quelle: Havariekommando

Bereits am Pfingsmontag, 25.05., abends, ist die Havarie eingetreten. Heute, über drei Tage später, ist die Rauchentwicklung zwar deutlich geringer, aber an Bord des Schiffes kann kein Mensch etwas ausrichten. Von unserer obersten Havariebehörde bekommen wir nicht das Gefühl vermittelt, das man dort, trotz großem persönlichen Engagements, alles im Griff hat. Wir hören nur: Sechzig Kilometer vom Havaristen entfernt sollen Küstenbewohner ihre Fenster schließen. Wegen Explosions- und Vergiftungsgefahr wird eine 5km-Sperrzohne eingerichtet.

Wir stellen uns einen derartigen “Unfall” einfach mal im Hamburger Hafen vor.

  • Bis Lübeck, Elmshorn und Soltau müssen Bürger Türen und Fenster geschlossen halten – und auf neue Nachrichten warten.
  • Wegen Explosions- und Vergiftungsgefahr wird eine 5km-Sperrzohne um den Havaristen eingerichtet.

Gut, dass der Rot-Grüne Hamburger Senat einen ausgetüftelten Plan für die Evakuierung der Stadtgebiete bereit hält. Wir zeigen Ihnen, was  eine derartige 5km-Sperrzone für Hamburg bedeuten würde:Sperrzone HH 5km

Und nun stellen wir uns diese Havarie im Hamburger Hafen vor… NEIN, das tun wir lieber nicht!

Aber unser Hamburger Senat kennt die “Purple Beach” schon seit einigen Jahren. Sie ist in Sachen Atomtransporte für ihn eine alte “Bekannte”: bis vor Kurzem transportierte sie noch Uranerzkonzentrat aus Namibia, Walvis-Bay nach Hamburg. Letzter Anlauf war der 17. Juli 2013, wie wir auf den offiziellen Seiten des Hafens nachlesen dürfen.

Zur Zeit fährt die “Purple Beach” für die Reederei MACS auf der Route “MACS Transatlantic” zwischen Europa/Groß Britanninen (u.a. Bremen) und Mexiko/US-amerikanischer Golfküste. Was sie auf dieser Route geladen hat, ist uns nicht bekannt.

Erinnern können wir dagegen noch sehr gut den Brand der “Atlantic Cartier” in unmittelbarer Nachbarschaft zum Kirchentag in Hamburg am 1. und 2. Mai 2013 in Hamburg. Hamburg ist damals mit einem “blauen Auge” davon gekommen.

Lehren aus diesem “Fast”-GAU hat unser Hamburger Senat keine gezogen. Unbehelligt geht der Atomumschlag in Hamburg mit Katastrophenschiffen weiter: Gestern hat die “Sheksna” erneut atomare Fracht am Südwestkai in Nachbarschaft zur Hafencity umgeschlagen.Die “Purple Beach” qualmt weiter, wir schlagen in unmittelbarer Nähe zur Hamburger Innenstadt “Yellow Cake” und “Uranhexafluorid” bei Firma Steinweg am Südwestkai um und klären die Umstände um den Brand der “Atlantic Cartier” weiterhin nicht öffentlich auf. Feuerlöschboote brauchen wir nicht, oder erst in 2017. Alles prima im Hamburger Hafen.

Ach ja, das Havariekommando ist eine gemeinsame Einrichtung des Bundes und der Küstenländer. Hamburg ist also auch dran beteiligt. Das lässt nichts Gutes erwarten…

Havarie vor Helgoland

In der Nacht vom 25. auf den 26. Mai 2015 ereignetet sich auf einem Frachter, der auf der Tiefwasserreede Deutsche Bucht, ca. 30 km westlich von Helgoland liegt, eine Havarie. Moment Mal, Tiefwasserreede Deutsche Bucht, nahe Helgoland…, war da nicht erst was? Genau, der Chemie- und ÖSilverCarla2ltanker “Silver Carla” hatte einen totalen Maschinenausfall.

Doch nun zur aktuellen Situation:
Der Frachter “Purple Beach” (192m lang, 26,7m breit, 11m tief) soll mit Düngemitteln beladen auf dem Weg nach Brake (Weser) gewesen sein. In der Nacht quoll aus einer Ladeluke Rauch. Die Mannschaft hat sofort die bordeigene Löscheinrichtung aktiviert (CO2) und die Luke geschlossen. Das Problem konnte dadurch jedoch nicht gelöst werden, es qualmte weiter und das Havariekommando musste die Einsatzleitung übernehmen. Eine Brandbekämpfungseinheit sowie mehrere Mehrzweckschiffe und Seenotrettungsschiffe fuhren zum havarierten Frachter. Unklar scheint zu sein, ob es einen Brand oder eine chemische Reaktion der Ladung gibt. Messungen ergaben auf jeden Fall eine gesundheitsgefährdende Schadstoffbelastungen der Luft und die Mannschaft des Schiffes wurde vollständig evakuiert und vorsichtshalber in das Cuxhavener Krankenhaus geflogen.

“Es ist nicht klar, was in dem Laderaum passiert”, wird ein Sprecher des Havariekommandos in verschiedenen Artikeln zitiert. Sicher scheint zu sein, dass  weiterhin die Temperatur in dem betroffenen Laderaum ansteigt. Nun wird überlegt, wie dieser Bereich vollständig geflutet werden kann. Ein Kommentar auf der Internetseite von NDR-Info wirkt nicht vertrauenserweckend bezüglich möglicher Folgen.

Es ist keine zwei Wochen her, da gab es in Otterndorf eine Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema Havarierisiken auf der Elbe. Die Redner auf dem Podium bezogen sich zwar in erster Linie auf die immer größer werdenden Containerschiffe und malten aus, welche Auswirkungen eine Havarie beispielsweise der “CSCL Globe” auf den Schiffsverkehr und die Umwelt haben würde. Ein brennender Frachter à la “Purple Beach” hätte für den Schiffsverkehr auf der Elbe die selben Auswirkungen: dieser müsste sofort eingestellt werden, der Hamburger Hafen könnte weder verlassen noch angelaufen werden. Und was machen die Containerriesen, die bereits in der Elbe fahren, nicht mehr drehen können und auf den Havaristen zu fahren…

Entwicklungen zur Havarie der “Purple Beach” können Sie in den Pressemitteilungen vom Havariekommando hier finden. Zum Beispiel, dass mittlerweile 36 Personen (so viele Besatzungsmitglieder hat ein derartiger Frachter im Leben nicht) zu einer Behandlung ausgeflogen worden sind….

Total Blackout

Am 11.01.2015 diesen Jahres, nachts gegen 03:00 Uhr, ereignete sich etwa 18 sm nördlich SilverCarla1von Norderney ein totaler Maschinenausfall auf dem Chemie- und Öltanker “Silver Carla”, mit Flaggenstaat “Republik Marshallinseln”. Laut der Wikipedia sind die Marshallinseln nach Angaben der ITF ein Billig-Flaggenstaat. Der Tankerneubau aus 2014 hatte in dem Seegebiet auf seinen nächsten Auftrag gewartet, er war bei der Havarie unbeladen. Das Havariekomando in Cuxhaven hat ab 10:00 Uhr die Sicherung übernommen und berichtete regelmäßig in Pressemitteilungen über den Stand.

Brisant war die Situation deshalb, weil zum Zeitpunkt der Havarie in dem Seegebiet Windstärke 10 bft mit Wellenhöhen zwischen 6 und 9 Meter geherrscht haben sollen. Schlepper stellten eine Notschleppverbindung her, um die unkontrollierte Drift des Tankers zu verhindern. Der Schleppverband musste wegen des schlechten Wetters ständig in Bewegung bleiben und befand sich am 12.01.2015 zeitweilig ca. 35 sm nördlich von Juist. Zu diesem Zeitpunkt herrschten 9bft mit durchschnittlichen Wellenhöhen von 5m. Am Abend desselben Tages erreichte der Verband die Tiefwasserreede rund 15sm westlich von Helgoland, wo ein spezielles Bordingteam auf den Tanker übergesetzt wurde, um von dort die Sicherheit während des Havariemanövers zu gewährleisten. Am 13.01.2015 konnte ein neu eingetroffener Schlepper die Schleppverbindung übernehmen. Dabei stellte sich heraus, dass auf der “NORDIC” die Schleppwinde beschädigt wurde. Am Dienstagabend machte das Schiff dann am Südwestkai in Wilhelmshaven fest.

In einer Kleinen Anfrage im Bundestag wurde nach der Havarie und vor allem dem Sicherungseinsatz durch das Havariekommando nachgefragt und beantwortet.

Am 15.02.2015 haben wir bei einem Stadtausflug mit Fährpassage die “Silver Carla” auf SilverCarla2der Werft bei Blohm und Voss im Trockendock in Hamburg gesehen. Offenbar wurde sie zwischenzeitlich dort hin geschleppt und repariert. Uns so legen wir uns wieder ganz entspannt aufs Hamburger Sofa – auf der Elbe kann nämlich so etwas mit einem 400 m langen Containerschiff überhaupt nicht passieren.